[swahili, "Geschichte, Legende"]

Wie der Tukur den Leoparden überlistete

Der Leopard, der schon lange nach Beute suchte, fiel eines Tages in eine Fallgrube. Sie gehörte dem Tukur. Ein Affe kam dazu und fragte: »Soll ich dir helfen?« Er ließ seinen Schwanz in die Grube hinab, und der Leopard begann herauszuklettern. Da tauchte der Tukur auf. »Wer hat dich geheißen, dem Leoparden beizustehen?« herrschte er zornig den Affen an. Da ließ der Affe ab vom Leoparden, gab ihm aber noch sein Junges. Dennoch sagte der Leopard zu ihm: »Dich werde ich töten und auffressen!«

»Warum denn das?« staunte der Tukur. »Der Affe hat dir doch geholfen!« Inzwischen war der Affe seiner Wege gegangen.

Als der Leopard nach einiger Zeit wieder einmal in einer Fallgrube gefangen war, fand sich kein Helfer, und der Tukur schlug nun so lange auf den Leoparden ein, bis er der Meinung war, dass er ihm den Garaus gemacht hatte. Er legte ihn in einen Flechtkorb, trug ihn zum Versammlungsplatz des Dorfes und rief den anderen Tieren zu: »Ich habe den Leoparden getötet, kommt, schaut ihn euch an!« Dann trug der Tukur den Leoparden ins Haus, und alle Tiere kamen, schlugen auf den Leoparden ein und sagten dazu: »Da hast du's, weil du immer unsere Kinder getötet hast!« Zuletzt flogen die Bienen herbei und stachen den Leoparden ins Ohr, in die Seite und in den Hals. Da sprang der Leopard plötzlich auf, lief hinaus und legte sich vor den Eingang. Nun konnte niemand mehr hinaus, nur dem Tukur, seinen Freunden und seinen Kindern gelang die Flucht. Die anderen Tiere wurden alle ein Opfer des Leoparden, und als er sie getötet hatte, folgte er auch der Spur des Tukurs. Hoch oben im Wipfel eines Baumes entdeckte der Leopard ihn schließlich. Als es Nacht geworden war, kletterte der Leopard auf den Baum, und der Tukur empfing ihn höflich: »Nun, Großväterchen, was ist dein Begehr?«

»Ihr habt mich geschlagen, deshalb verfolge ich dich und deine Familie«, entgegnete der Leopard. »So warte doch ein Weilchen«, beruhigte ihn der Tukur, »ich koche dir erst etwas. Wenn du gegessen hast, kannst du mich und meine Frauen immer noch fangen.« Er holte ein Büffelfell und sagte zum Leoparden: »Halte dich gut fest, ich zerteile jetzt das Fleisch für dich.« Und der Leopard ließ sich auf einem dicken Ast nieder. In Wirklichkeit wollte der Tukur den Baum umhauen, aber der Leopard merkte etwas und fragte: »Was ist los?«

»Nichts, nichts«, beschwichtigte ihn der Tukur. »Ich zerkleinere nur Fleisch.« Da legte sich der Leopard tatsächlich wieder hin und schlief ein. Während der Tukur nun das Fleisch in kleine Stücke hackte, in einen Topf mit Wasser legte und den aufs Feuer stellte, machten sich die Frauen und die Kinder davon. Und als das Wasser anfing zu kochen, versetzte der Tukur dem Baum noch ein paar kräftige Schläge, bis er schwankte, sprang selbst rasch auf einen anderen Baum, und befand sich kaum in Sicherheit, da stürzte der Baum mit dem Leoparden um. Der Leopard wurde erschlagen, und aus war's mit ihm.