[swahili, "Geschichte, Legende"]

Wie Usikulumi seinen Vater besiegte

Von einem Häuptling wird erzählt, dass er viele Söhne zeugte. Aber er wollte keine Söhne haben, denn er pflegte zu sagen, dass es dann geschehen könnte, dass ihn seine Söhne, wären sie erst erwachsen, als Häuptling absetzten. Man trug alten Frauen auf, die Söhne dieses Häuptlings zu töten. Wenn also ein männliches Kind zur Welt kam, wurde es zu den alten Frauen gebracht, damit sie es töteten. Und die taten das mit allen männlichen Kindern, die der Häuptling bekam.

Da wurde ihm wieder ein Sohn geboren. Die Mutter verbarg ihn an ihrer Brust und trug ihn zu den alten Frauen. Sie machte ihnen Geschenke und bat sie flehentlich, diesen Jungen nicht zu töten, sondern ihn zu seinem Onkel zu bringen, denn sie liebte den Sohn sehr. Sie flehte die alten Frauen an und bat sie, das Kind zu säugen. Das taten sie, brachten den Jungen zu seinem Onkel und ließen ihn dort.

Als aus dem Kind ein junger Mann geworden war, hütete er gern das Vieh und begleitete die Jungen aus dem Kraal seines Onkels, die ihn achteten und ehrten. Als sie einmal bei der Herde waren, sagte er zu den Jungen: »Sammelt große Steine, wir wollen sie erhitzen.« Sie sammelten die Steine und warfen sie auf einen Haufen. Dann sagte er: »Sucht ein schönes Kalb aus, wir wollen es schlachten.« Sie suchten aus der Herde, die sie hüteten, eines aus. Er trug ihnen auf, es abzuhäuten, und das taten sie und brieten voller Freude das Fleisch. Die Jungen fragten: »Was soll das bedeuten?« Er antwortete: »Ich weiß, was ich will.« Eines Tages, als sie das Vieh hüteten, geschah es, dass auf einer Reise die Induna seines Vaters vorüber kamen. Sie fragten: »Wer bist du?« Er sagte es ihnen aber nicht. Da ergriffen sie ihn, und ohne den geringsten Zweifel zu haben, meinten sie: »Dieser junge Mann gleicht unserem Häuptling.« Sie nahmen ihn zu seinem Vater mit.

Als sie ankamen, sagten sie zu seinem Vater: »Was gibst du uns, wenn wir dir gute Nachrichten bringen?« Der Vater antwortete: »Ich werde euch Vieh geben, in dieser Farbe oder in der Farbe oder in jener Farbe.« Die Induna lehnten ab: »Nein, das wollen wir alles nicht.« Es gab da eine ausgesuchte Herde schwarzer Ochsen, auf die spielten sie an. Er fragte: »Was möchtet ihr?« Da sagten die Induna: »Die Herde schwarzer Ochsen.« Er gab sie ihnen und da erzählten sie: »Auf unserer Reise sahen wir zufällig einen jungen Mann, der wie ein Sohn von dir aussieht.« Da sah denn der Vater, dass das wirklich sein Sohn war und fragte: »Von welcher Frau ist das Kind?« Und die, die wussten, dass die Häuptlingsfrau ihn versteckt hatte, sagten: »Von Eurer Frau, Häuptling.«

Sehr ärgerlich rief er das Volk zusammen und befahl, seinen Sohn von ihm fernzuhalten. Das Volk versammelte sich, auch die Mutter und die Schwester des Häuptlingssohnes kamen. Der Häuptling befahl, seinen Sohn in den großen Wald zu bringen. Es war bekannt, dass es in diesem Wald ein riesiges vielköpfiges Ungeheuer gab, das Menschen fraß. Sie brachen dorthin auf. Aber viele wurden unterwegs müde und kehrten vorher um. Die Mutter, die Schwester und der Sohn des Häuptlings, diese drei gingen weiter. Die Mutter sagte: »Ich kann ihn nicht so allein lassen. Ich werde ihn dorthin bringen, wo er hingehen soll.« Sie gingen zu dem großen Wald, betraten ihn und geleiteten den Jungen zu einem hohen Felsen in der Mitte des Waldes. Dort setzte er sich nieder. Da verließen auch sie ihn und kehrten zurück. Der Häuptlingssohn aber blieb allein, oben auf dem Felsen.

Einige Tage später kam das riesige vielköpfige Ungeheuer. Es stieg aus dem Wasser. Diesem Ungeheuer gehörte alles. Es griff den jungen Mann, aber es tötete ihn nicht. Es nahm ihn zu sich und gab ihm zu essen, bis er erwachsen war. Als er groß geworden war und nichts mehr brauchte, denn das vielköpfige Ungeheuer hatte ihm auch ein großes Volk gegeben, das ihm Untertan war, diesem Ungeheuer gehörte einfach alles, alles Essen, alle Menschen, als er also groß geworden war, wünschte er, seinen Vater zu besuchen. Er ging mit seinem Volk, denn er war jetzt ein Häuptling.

Er kam zu seinem Onkel, aber der erkannte ihn nicht. Da ging er in dessen Hütte, aber auch die Leute des Onkels erkannten ihn nicht. Sein Induna ging hin, um einen Ochsen zu fordern. Er sagte: »Usikulumi, der Sohn von Uthlokothloko, sagt, du sollst ihm einen schönen Ochsen geben, dass er ihn essen kann.« Als der Onkel den Namen Usikulumi, Sohn von Uthlokothloko, hörte, stutzte er und fragte: »Wer?« Der Induna erwiderte: »Der Häuptling.« Der Onkel ging hinaus, um ihn zu sehen. Er erkannte Usikulumi, den Sohn von Uthlokothloko. Fröhlich stieß er Freudenschreie aus: »Ji, ji, ji!« dann rief er: »Usikulumi, der Sohn von Uthlokothloko, ist gekommen!« Der ganze Stamm des Onkels versammelte sich. Und vor lauter Freude schenkte ihm sein Onkel einen Teil einer Ochsenherde und sagte dazu: »Das sind deine Ochsen.« Dann wurde ein großes Fest gefeiert. Sie aßen und freuten sich, dass sie ihn bei sich hatten, denn sie hätten nie geglaubt, ihn noch einmal wieder zu sehen.

Er zog weiter zu seinem Vater. Die Leute erkannten Usikulumi, den Sohn Uthlokothlokos. Sie erzählten es seinem Vater und sagten: »Schau auf deinen Sohn, den du in dem großen Wald ins Verderben stürzen wolltest.« Der Vater war sehr bestürzt, versammelte das ganze Volk und befahl ihm, sich zu bewaffnen. Alle seine Krieger kamen zusammen. Der Vater sagte: »Usikulumi, der Sohn Uthlokothlokos, soll getötet werden.« Das hörte Usikulumi und ging hinaus. Das gesamte Volk stand da. Sein Vater befahl, ihn mit einem Speer zu erstechen. Usikulumi stand auf einem freien Platz und sagte: »Schleudert eure Speere nur mit aller Kraft.« Er sagte das, weil er darauf vertraute, dass er nicht sterben würde. Und obwohl sie bis zum Sonnenuntergang ihre Speere auf ihn warfen, starb er nicht. Er stand da, bis die Sonne unterging. Sie warfen ihre Speere auf ihn, hatten aber nicht die Macht, ihn zu töten, denn er hatte die Kraft der Unsterblichkeit. Das Ungeheuer hatte ihn stark gemacht, weil es wusste, dass er zu seinem Volk wollte und dass sein Vater den Sohn nicht bei sich dulden würde. Es hatte vorausgesehen, dass sie Usikulumi, den Sohn Uthlokothlokos, töten wollten, und so hatte es ihm Macht gegeben.

Sie konnten ihn mit ihren Speeren nicht durchbohren. Da sagte er: »Seid ihr besiegt?« Und sie antworteten: »Jetzt sind wir besiegt.« Er nahm einen Speer, erstach sie alle, und sie starben. Dann nahm er sich das Vieh und verließ mit seinen Kriegern dieses Land. Seine Mutter und seine Schwester gingen mit ihm. Er war nun Häuptling.