[swahili, "Geschichte, Legende"]

Wie Tuba Mbange in die Himmelsstadt ging und dort getötet wurde

Es war einmal ein Mann mit Namen Sesanyambe. Der besaß auf seinem Feld eine Ölpalme und ließ nicht zu, dass andere sich Früchte abschlugen. Kaum hatte Tuba Mbange davon gehört, ging er immer wieder zu dem Feld, kletterte auf die Palme und schlug sich Früchte ab. Dabei fiel ihm auf, dass er auf diese Weise jedes Mal nahe am Himmel war. Als er Anda erblickte, sprach er zu ihm: »Nimm das Seil, steig in den Himmel hinauf und binde es dort an einen Hauspfosten an.« Anda nahm das Seil und tat, was Tuba ihm befohlen hatte. »Ich komme auch hinauf«, meinte Tuba nun und kletterte wirklich in den Himmel. Dort trat er in ein Versammlungshaus. Die Leute, die darin saßen, fragten ihn: »Was willst du denn?«

»Eine Frau«, antwortete er. Darauf erwiderten sie: »Es sei dir gestattet. Nimm dir die Frau, die du möchtest.« So kam Tuba Mbange im Himmel zu einer Frau.

Als er nun verheiratet war, erzählte ihm seine Frau vom Leben der Leute im Himmel. »Bei uns ist es so«, sprach sie, »dass wir uns während der Trockenzeit alle in Rinder verwandeln. In der Zeit komm also lieber nicht hierher.« Tuba ließ seine Frau nun im Himmel zurück und stieg wieder auf die Erde. Als die Trockenzeit kam, hatte er den Rat seiner Frau längst vergessen, und als er sie nun im Himmel besuchen wollte, fand er dort oben lauter Rinder, das ganze Haus voll! Erschrocken rief er aus: »O weh, wo sind denn nur die Menschen hin?« Sorgfältig betrachtete er alle Rinder, die im Haus waren, aber es waren eben Rinder, nichts anderes. Bei seinem Schwager fand er ebenfalls nur Rinder, das gleiche bei seiner Schwägerin, und Tubas Frau hatte sich natürlich auch in ein Rind verwandelt, ihr Kind in ein Kälbchen. Tuba war ratlos.

Weil er hungrig geworden war, lief er aufs Feld, hieb sich eine Pisangtraube ab und kochte sie. Nun suchte er noch eine Fleischbeilage, und als er in der Nähe auf eine große Kuh traf, hieb er ihr einen Schenkel ab und aß ihn zu seinem Pisang. In der Morgendämmerung des folgenden Tages kehrte Tuba wieder zur Erde zurück.

Als seine Frau ihm erzählt hatte, dass sich die Himmelsbewohner während der Trockenzeit in Rinder verwandeln, hatte Tuba ihr ebenfalls etwas anvertraut. »Mich kann man nicht töten«, hatte er gesagt, »was man auch nimmt, Gewehr, Speer, Messer, Knüppel oder Zaubermittel aller Art, nichts davon bringt mich um. Sticht man mich aber mit einem kleinen Spießchen, das aus der Rinde der Raphiapalme geschnitzt ist, in den Rachen, bin ich sofort tot. Nur so kann man mir das Leben nehmen, anders wird es niemals gelingen.«

In der nun folgenden Regenzeit stieg Tuba wieder zu seiner Frau in den Himmel. Diesmal fand er alle Leute im Haus versammelt, nur seine Schwägerin war nicht da. Ihr fehlte ein Schenkel, und den hatte Tuba ihr bei seinem Besuch während der Trockenzeit abgeschlagen. Die Familie war nun versammelt, um Blutrache zu nehmen, und als Tuba sich bei seiner Frau nach der Schwägerin erkundigte, verriet sie ihm nichts.

Am nächsten Morgen kamen alle Dorfbewohner zusammen. Man holte Tuba und teilte ihm mit, dass er sterben müsse. Dann schoss man mit Gewehren auf ihn und konnte ihn doch nicht umbringen. Man hieb mit Haumessern auf ihn ein, aber er starb nicht. Mit Knüppeln ging man auf ihn los, er blieb am Leben. Weil er seiner Frau aber gesagt hatte, dass er gegen alle Waffen, allen Zauber gefeit sei, ein kleiner Spieß aus Raphiapalmenrinde ihn aber doch töten könnte, riet Tubas Frau nun den anderen: »Stecht ihn mit kleinen Spießen aus Raphiapalmenrinde in den Rachen, das wird ihn umbringen!«

Die anderen befolgten den Rat der Frau, und wie sie vorhergesagt hatte, so geschah es. Tuba war ein Kind des Todes. Was aber hatte dazu geführt? Er hatte seiner Frau ein Geheimnis anvertraut.