[swahili, "Geschichte, Legende"]

Wie es dem Leoparden erging

Der Tukur, der Leopard und noch andere Tiere gingen einmal zum Spiel. Ein Mädchen, das sie dort trafen, verliebte sich in den Tukur, und er nahm es zur Frau. Nach einiger Zeit bat der Tukur die Zwergantilope: »Bring doch meine Frau zu mir ins Dorf.« Und so machten sich die Zwergantilope und die junge Frau auf den Weg. Auf einem Berg begegneten sie dem Leoparden. »Her mit deinem Fell und dem von der Frau des Tukurs!« herrschte er die Zwergantilope an. Da fuhr den beiden der Schreck in die Glieder.

Ungefähr zu der Zeit war es dem Tukur eingefallen, seiner Frau zu folgen. Auf jenem Berg hatte er sie eingeholt und fragte: »Was tust du denn hier?«

»Der Leopard will uns nicht vorbeilassen«, antwortete ihm die Verängstigte. Da hob der Tukur, der einen Felsspalt erblickt hatte, drohend seinen Speer und schleuderte ihn dort hinein. Der Leopard wandte sich zur Flucht. Ein paar faule Eier, die der Tukur ihm nachwarf, trafen ihn im Genick. Als er mit der Pfote dorthin fasste und den üblen Geruch wahrnahm, flüchtete er Hals über Kopf in einen hohlen Baumstamm und von dort auf den Baum. Rasch verstopfte nun der Tukur die Öffnung mit Laub, so dass dem Leoparden dieser Weg versperrt war, und rief ihm dann zu: »Meinen Speer lasse ich hier stecken. Springst du herunter, bist du ein toter Mann, bleibst du oben, stirbst du ebenfalls!« Danach zog der Tukur sich zurück.

Nach einer Weile sah der Leopard eine Zibetkatze mit ihren vier Jungen des Weges kommen. »Sei doch so gut und zieh den Speer heraus«, bat er sie flehentlich, »damit ich herunter springen kann.« Die Zibetkatze tat ihm den Gefallen, und mit einem Satz war der Leopard wieder auf dem Boden. »Bleib, wo du willst!« rief die Zibetkatze ihm nun zu, »lass mich mit meinen Jungen in Ruhe.« Der Leopard aber entgegnete: »Nein, nein! Wir gehen zusammen.« Sprach's und verschlang sogleich zwei der vier Jungen. Und es dauerte nicht lange, da hatte er auch die beiden anderen aufgefressen. Die Zibetkatze floh, und der Leopard verfolgte sie.

Auf ihrer Flucht traf die Zibetkatze den Tukur. »Verkriech dich in diesen Spalt«, riet er ihr. Und kaum war die Zibetkatze hineingeschlüpft, war der Leopard heran und fragte: »Wo ist meine Beute!« Der Tukur zeigte ihm das Versteck und schlug vor: »Hol ein Stück Holz, wir machen Feuer und braten die Zibetkatze.«

In der Abwesenheit des Leoparden knüpfte der Tukur eine feste Schlinge und reichte sie der Zibetkatze mit den Worten: »Wenn der Leopard seine Pfote in den Spalt steckt, halt sie mit der Schlinge fest.« Bald war der Leopard wieder zurück, langte in den Spalt, um die Zibetkatze zu erwischen, aber die fing seine Pfote in der Schlinge und hielt fest, während der Tukur dem Leoparden einen Keulenschlag auf den Kopf gab. Aber bei diesem Schlag riss der Leopard seine Pfote mit einem so kräftigen Ruck aus der Schlinge, dass er den Tukur zu Boden stieß.

Erschrocken heuchelte nun der Tukur: »Was dir zustößt, sei auch mein Los. Versuch doch noch einmal, die Zibetkatze zu packen, damit wir ihr den Garaus machen können.« Der Leopard fiel darauf herein und folgte dem Vorschlag des Tukurs. Diesmal aber hatte die Zibetkatze den Leoparden fest in der Schlinge, und der Tukur versetzte ihm einen solchen Schlag mit der Keule, dass er tot war.