[swahili, "Geschichte, Legende"]

Wie die Antilope Ndip Elefantenzahn heiratete

Der Elefant rief eines Tages alle Tiere zu sich. Als sie versammelt waren, verkündete er: »Ich habe euch etwas zu sagen, hört zu: Ich habe hier eine Palme. Wer es schafft, hinaufzuklettern, der soll meine Tochter Ndip Elefantenzahn zur Frau bekommen.«

Als die Tiere das vernahmen, waren sie gleich voller Eifer bei der Sache. Sie schickten die Antilope in den Wald, Lianen zu suchen. Die ging und sammelte dicke und dünne Lianen. Nachdem sie genug zusammengetragen hatte, versah sie die dicken Lianen mit Einschnitten. Dann nahm sie alle auf und brachte sie zu den Tieren, die dünnen Lianen legte sie unten hin und die dicken obenauf.

Zuerst kam der Schimpanse, wählte sich eine dicke Liane aus und begann damit an der Palme hinaufzuklettern. Dabei sang er: »Ich stieg an der Palme des Elefanten hinauf, kpangdang,
Ich heiratete meine Frau, kpangdang,
meine Frau Andang,
meine so dumme Frau.«
Da riss die Liane, und er fiel auf die Erde. Nun versuchten es die anderen Tiere, aber ihnen erging es ebenso. Schließlich war die Antilope an der Reihe. Sie suchte sich eine dünne Liane heraus und stieg damit die Palme hinauf. Dabei sang sie, genauso wie es die anderen Tiere getan hatten. Oben angekommen, pflückte sie eine einzelne Palmnuss aus der Traube und warf sie hinunter. Sogleich stürzten sich alle Tiere darauf. Dann schlug sie tüchtig Palmnüsse ab, bis nur noch eine Traube übrig war. Die legte sie vor sich hin und rief den Tieren zu: »Seht her, ich werfe euch jetzt die letzte Traube herunter!« Als alle hoch schauten, holte sie Pfeffer aus der Tasche und streute ihn den Tieren in die Augen. Dann stieg sie schnell vom Baum und ging mit der Elefantentochter davon. Wie wütend waren da die Tiere, dass die Antilope sie um die Frau betrogen hatte!

Nach einiger Zeit versammelten sie sich beim Elefanten und beredeten ihn: »Tu, als ob du gestorben wärst; kommt dann die Antilope zu deiner Totenfeier, werden wir ihr die Frau wieder wegnehmen.« Der Elefant willigte ein. Da sandten sie der Antilope folgende Nachricht: »Der Elefant ist gestorben; alle Tiere sind zur Totenfeier versammelt. Auch du musst kommen mit deiner Frau Ndip Elefantenzahn. «

Die Antilope machte sich auf den Weg und nahm auch ihre Frau mit. Aber auf halber Strecke sagte sie zu ihr: »Bleib du hier und lausche. Sobald du die Worte hörst: ›0ho, ein kleines Tier kneift seine Hinterbacken zusammen‹, oder wenn du hörst: ›Kind des Berges, steig den Berg hinauf‹, dann mach dich aus dem Staub. Singe ich aber: ›Steig den Berg herab, komm her‹, dann ist der Elefant tatsächlich gestorben.«

Die Antilope ging nun allein weiter, betrat das Trauerhaus und setzte sich unmittelbar hinter den Elefanten. Dann zog sie dem großen Stacheltier ein paar Stacheln heraus und stach damit den Elefanten in sein Hinterteil. Da presste der Elefant die Hinterbacken zusammen. Die Antilope ging nun in den Hof und sang, wie sie es mit ihrer Frau verabredet hatte: »Kind des Berges, steig den Berg hinauf, steige langsam, langsam!« Die anderen Tiere wussten aber nicht, was es damit auf sich hatte. Hierauf stach sie den Elefanten noch unzählige Male in sein Hinterteil, so dass er schließlich aufsprang und die anderen Tiere wütend anschrie: »Die Antilope sticht mich fortwährend in den Hintern, und ihr wollt zuschauen?« Da schlüpfte die Antilope hinaus und floh.

Zwei Monate später benachrichtigte der Elefant die Tiere, dass sie zusammenkommen sollten, um Dachmatten zu flechten. Alle kamen, nur die Antilope nicht. Sie ließ ausrichten, die anderen sollten nur beginnen und ihren Teil liegenlassen. Am dritten Tag ging sie von zu Hause los, um das Flechtmaterial abzuholen. Unterwegs suchte sie sich ein paar Lianen. Beim Elefanten angekommen, zeigte man ihr die Mattenblätter. Sie wusste nicht, dass ein wildes Tier zwischen den Blättern versteckt war. Trotzdem rief sie: »Blätterbündel, du, Blätterbündel!« Keine Antwort. Darauf sagte sie: »Der Elefant hat mich wissen lassen, wenn du mir keine Antwort gibst, so brauche ich dich nicht zu tragen.« Dann sprach sie es noch einmal an, und diesmal erhielt sie eine Antwort. Da holte die Antilope die Lianen hervor, verschnürte das Bündel fest und ging damit nach Hause. Wann immer sie an einen Bach oder Fluss kam, legte sie das Bündel hinein. Wann immer sie einen Knüppel fand, schlug sie damit auf das Bündel los, bis sie zu Hause anlangte. Dort flocht sie die Matten und lieferte sie beim Elefanten ab.

Ein andermal wünschte der Elefant, dass alle Tiere kommen und sein Feld bestellen sollten. Die Antilope aber ging nicht, sondern ließ wieder ausrichten, die anderen sollten nur beginnen und ihren Teil übriglassen. Die Tiere bestellten nun das Feld. Auf dem übrig gebliebenen Teil aber versteckten sie Raubtiere. Bei Tagesanbruch machte sich die Antilope auf, um ihren Anteil zu bestellen. Sie nahm auch Streichhölzer und Petroleum mit. Auf dem Feld angekommen, rief sie: »Feld, Feld!« Das Feld gab keine Antwort. Da sprach sie: »Der Elefant hat gesagt, wenn du mir keine Antwort gibst, so brauche ich dich nicht zu bestellen.« Sie rief noch einmal, und diesmal bekam sie eine Antwort. Da goss sie das Petroleum über das Feld, zündete ein Streichholz an und warf es darauf. Sogleich brannte alles lichterloh, und die wilden Tiere verbrannten mit. Nun ging sie zum Elefanten und berichtete ihm, sie hätte das Feld bestellt, und abgebrannt hätte sie es auch. Da schlug der Elefant die Sprechtrommel, so dass alle Tiere zu ihm kamen, und dann verkündete er ihnen: »lasst die Antilope in Ruhe, denn sie ist euch doch allen überlegen.«