[swahili, "Geschichte, Legende"]

Warum die Menschen so oft krank werden

Es war einmal ein Mann, der hatte zwei Frauen. Beide gingen mit ihm aufs Feld, um Yams zu pflanzen. Als sie heimkamen, hatte die eine Frau kein Wasser zum Kochen, so ging sie und borgte sich welches von der anderen.

Am nächsten Tag schickte diese Frau ihre Tochter zum Wasserholen, damit sie zurückgeben konnte, was sie geborgt hatte. Es war sehr heiß, und als die Tochter am Fluss anlangte, war der ganz und gar ausgetrocknet. Sie lief weiter und weiter, um nach Wasser zu suchen, konnte aber keins finden. Schließlich kam sie auf einem Marktplatz an. Sie setzte sich still hin und dachte: »Vielleicht sollte ich Wasser kaufen.«

Ein Geist sah das Mädchen zwischen den Ständen sitzen. Er bemerkte, dass sie sehr hübsch war und wollte sie zur Frau haben. So fragte er: »Willst du mit zu mir nach Hause kommen?« Sie willigte ein. Als sie das Haus des Mannes erreichten, fragten seine Leute sie: »Woher kommst du?« Sie antwortete: »Meine Mutter schickte mich Wasser holen.« Ihr Liebster aber sagte: »Wir wollen jetzt keine Fragen stellen, lasst uns nur gleich das Hochzeitsfest vorbereiten.« Kaum war die Hochzeit vorüber, da hörte das Mädchen, wie eine Stimme rief: »Fremdes Mädchen, komm zu mir herüber.« Sie sah auf und gewahrte einen lahmen Jungen an seiner Tür stehen. Sie lief gleich zu ihm, und er sagte: »Wenn dir dein Mann etwas zu essen anbietet, darfst du es nicht essen. Leg es beiseite und iß nur, was ich dir gebe.« Daraufhin gab er ihr ein großes Stück essbaren Ton. Dann warnte er sie: »Betritt dein Mann in der Nacht dein Zimmer, dann sag zu ihm: ›Ich darf nicht auf einem Bett liegen, sondern muss in der Asche schlafen.‹ Du wirst sehen, dass er Wunden an seinem Körper hat, aber achte darauf, dass du sie nicht berührst. Erlaube niemandem, dein Haar zu kämmen, und wenn du morgens zum Baden gehst, achte auf den Badeplatz. Du wirst aus zwei Quellen Wasser nebeneinander vom Felsen in den flachen Teich fallen sehen. Das Wasser der einen ist schwarz, das der anderen hell und glänzend. Wasche dich nur in dem schwarzen Wasser und bring davon etwas mit nach Haus. Berühre auf keinen Fall das klare Wasser und lass nicht einen einzigen Tropfen davon auf dich fallen, sonst bekäme dein Körper lauter Krankheiten. Wenn du all das befolgst, wirst du wieder wohlbehalten nach Hause zurückkehren können, obwohl dich die Geister, bei denen du gefangen bist, gern bei sich behalten möchten. Hörst du aber nicht auf das, was ich gesagt habe, wird ein großes Unglück geschehen.« Das Mädchen dankte ihm und versprach, all seine Ratschläge zu befolgen.

Eines Tages in der Dämmerung fegte sie das Haus aus, denn sie hielt es stets sehr sauber und ordentlich, da sah sie ein Stück altes Fleisch auf dem Boden liegen und fegte es zwischen die Asche. Dann warf sie alles hinten in den Hof, wo verwelktes Laub und andere Abfälle lagen.

Als es an der Zeit war, heim zu ihrer Mutter zu gehen, begann sie sich zu kämmen. Eine der Geisterfrauen kam und sagte: »lass mich das für dich tun.« Doch das Mädchen wollte nicht. Noch ein Geist kam, aber sie weigerte sich wieder. Danach ging sie ein letztes Mal hinunter zur Quelle. Als sie zurückkam, fragten die Geister: »Gehst du jetzt nach Hause?«

Sie antwortete: »Ja« und ging ins Haus, um ein kleines Kästchen zu holen. Sie fragten: »Ist das deins?« Sie antwortete: »Es gehört mir.« Da sagten sie ihr Lebewohl.

Der Mann begleitete sie. Als sie die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten, fragte er: »Was gefällt dir besser, eine leichte Brise oder ein richtiger Wind?« Und sie antwortete: »Ich liebe eine kleine Brise mehr.« Der Mann wollte nun zurückgehen, aber sie bat: »Nein, bring mich noch bis zum Stadtrand.« So begleitet er sie weiter, bis sie zu dem Fluss kamen. Der war jetzt voll Wasser. So füllte sie ihren Krug und trug ihn heim. Der Mann kehrte zurück, aber von diesem Tage an folgte dem Mädchen eine leichte Brise, wohin sie auch ging. Die Mutter und alle ihre Freundinnen waren sehr froh, sie wieder zu sehen, und das Wasser, das sie mitgebracht hatte, erhielt die andere Frau als Gegenleistung für das, was man so lange vorher von ihr geborgt hatte.

Eines Tages, als die Trockenzeit wieder herrschte, kam die andere Frau, um sich Wasser zu borgen. Die Mutter war nicht da, aber das Mädchen gab ihr alles Wasser, das sich im Hause befand. Die andere Frau befahl nun ihrer Tochter, nach Wasser zu gehen, um das geborgte zurückzugeben.

Das Mädchen ging direkt zu dem Marktplatz und setzte sich hin, wie es das erste Mädchen getan hatte. Der gleiche Mann kam und nahm sie mit sich nach Hause.

Am Wohnort der Geister rief der lahme Junge das zweite Mädchen, wie er es mit dem ersten getan hatte: »Willst du mal zu mir kommen? Ich habe dir etwas zu sagen.« Sie ging zu ihm, und er teilte ihr alles das mit, was er dem ersten Mädchen geraten hatte. Die zweite aber antwortete: »Nein, ich werde Fleisch essen, wann immer ich welches sehe. Außerdem fürchte ich mich nicht, den Körper meines Mannes zu berühren.«

Als eine Frau kam und anbot, ihr das Haar zu kämmen, stimmte sie sofort zu, und sie wusch sich natürlich auch in der klaren, glitzernden Quelle. Daher wurde ihr Körper ganz von Krankheiten befallen, und schließlich bekam sie Lepra. Als sie sich fertig machte, um zu ihrer Mutter zurückzukehren, ging sie ins Haus, nahm sich eine ziemlich große Kiste und füllte sie mit allem Wertvollen, was sie nur finden konnte. Der Mann begleitete sie nicht, wie er es mit der ersten getan hatte, aber er fragte auch sie: »Was liebst du mehr, eine Brise oder starken Wind?« Sie antwortete: »Den Wind.« Da erhob sich ein starker Wind und blies das Mädchen auf und nieder und warf es gegen die Bäume. Als sie zu Haus ankam, erkannte niemand sie, denn ihr Gesicht und ihr Körper waren so entstellt durch die Krankheit und die Stöße. Sie starb bald und kehrte für immer zu den Geistern zurück.

Dies ist der Grund, warum es so oft Krankheiten gibt: Die Menschen essen schlechtes Fleisch, sie berühren andere, die Krankheiten haben, und baden im klaren Wasser, das sauber bleiben sollte zum Trinken und Kochen. Und noch etwas: Wenn eine Frau ihren Mann verlässt oder wenn der Tod ihn von ihr genommen hat, soll sie sich zur Reinigung nicht in klarem Wasser waschen, sondern in trübem.