[swahili, "Geschichte, Legende"]

Usikulumi heiratet

Uzembeni, die zwei Töchter hatte, war eine bedeutende Frau. Allerdings aß sie die Menschen ihres Landes, bis alle vertilgt waren. Sie aß Menschen und Tiere. Ob Mensch, ob Wild, sie tötete und kochte beider Fleisch zusammen in einem Topf. So kam es dahin, dass alle Menschen aufgezehrt waren und nur sie und ihre Töchter, die wegen ihrer Schönheit bei den Stämmen ringsum berühmt waren, übrig blieben. Als es keine Menschen mehr gab, weil sie alle aufgegessen hatte, fing sie eine ihrer Töchter, riss ihr eine Wange ab, kochte und aß sie. Aber die war bitter. Da verlor sie den Appetit, denn der widerliche Geschmack des Fleisches verdross sie. Sie wunderte sich und verstand nicht, warum das Fleisch so schmeckte. Und nur deswegen kamen die beiden Töchter mit dem Leben davon.

Da tauchte ein junger Mann auf, der Sohn eines Häuptlings, Usikulumi war sein Name. Er wollte von den beiden die Hübscheste wählen. Als er kam, war es Tag, und Uzembeni war nicht da. Sie war zur Jagd gegangen. Man nannte sie auch Langzehe, weil eine ihrer großen Zehen sehr lang war. Daran wurde sie erkannt, denn wenn sie näher kam, erhoben sich Staubwolken. Und bevor sie erschien, sah man die Staubwolken, die ihre Zehe aufwirbelte. Als also Usikulumi ankam, fand er die beiden jungen Mädchen. Er sah, dass sie wirklich schön waren. Sie gefielen ihm, und er gefiel ihnen auch, denn er war der Sohn eines Häuptlings und sah gut aus. Aber sie weinten seinetwegen manche Träne und sagten: »Du bist an keinen guten Ort gekommen. Wir sind betrübt, weil wir nicht wissen, wo wir dich verstecken sollen, denn unsere Mutter isst Menschen. Du bereitest uns nichts als Kummer.« Und die eine sagte: »Sieh dir mein Gesicht an. Das war meine Mutter! Wir wissen nicht, wohin mit dir.« Hier muss noch etwas hinzugefügt werden: Usikulumi war allein zu den Mädchen gekommen. Als er von zu Haus wegging, nahm er aber seine Hundemeute mit, die er jetzt in einem Schilfdickicht zurückgelassen hatte. Die Mädchen schmiedeten nun einen Plan, weil sie sich sagten: »Wenn wir ihn bitten zu gehen, wird ihn Langzehe verfolgen.« Also gruben sie im Haus ein Loch und steckten ihn hinein. Dann bedeckten sie es wieder und setzten sich darüber.

Bei Sonnenuntergang erschienen die Staubwolken. Die Mädchen sagten: »Schau, jetzt kommt sie.« Zuerst kam die Zehe, dann kam sie. Sie lachte in sich hinein. Sie lachte und wälzte sich auf dem Boden und rief: »Haha! In meinem Haus ist heute ein köstlicher Duft. Was habt ihr getan, Kinder? Woher kommt dieser Duft?« Sie betrat das Haus, lachte, tätschelte die Mädchen und sagte: »Ach, meine Kinder, was ist hier im Haus?« Die Mädchen sagten: »Fort! lass uns in Frieden. Wir wissen nicht, woher wir etwas bekommen sollen.« Aber sie sprach:

»Dann lasst mich selber nachsehen, meine Kinder.« Da sagten sie: »Wir wissen nicht einmal, was du zu finden hoffst, denn hier ist nichts.« Sie aber sagte: »Dann geht weg, dass ich selber suchen kann.« Da antworteten sie: »Wir werden nicht aufstehen. Wir wissen von nichts. Tu, was du willst. Wir wissen nicht, was du uns noch antun wirst, verletzt hast du uns ja schon, so dass wir jetzt so aussehen.« Das sagte die eine und zeigte auf ihre Wange, die die Mutter gegessen hatte. Da ließ die Mutter von ihnen ab und legte sich schlafen.

Am Morgen ging sie zur Jagd. In Windeseile verschwand sie hinter dem Hügel, und man sah nur noch, wie sich die Staubwolke senkte. Die Mädchen holten Usikulumi aus seinem Versteck. Die eine sagte: »lasst uns gehen.« Da sprach die andere: »O Tochter meines Vaters, geh du. Ich kann nicht mit euch gehen, ich bin ein Schandfleck. Sieh mich an! Meine Mutter hat mich verstümmelt. Geh du allein. Ich werde hier bleiben, damit Langzehe ein Ende mit mir macht.«

Also ging die andere mit Usikulumi. Sie wanderten bis Sonnenuntergang. Er ging bei dem Schilfdickicht vorbei, um seine Hunde zu holen, und sie nahmen sie mit sich. Schließlich wurde es dunkel. Als es wieder Morgen wurde, waren sie immer noch unterwegs. Sie liefen vor Angst, weil sie sich sagten: »Wenn wir schlafen, wird sie uns einholen. Wir wollen den ganzen Tag und die Nacht hindurch bis zum Morgengrauen laufen, vielleicht lassen wir sie hinter uns.«

Langzehe kam nach Hause und fand nur eine Tochter. Ohne sich aufzuhalten, ging sie wieder und fragte sich: Wohin ist mein Kind gegangen? Sie lief bis zum Morgen. Gegen Mittag sahen Usikulumi und das Mädchen den Staub. Das Mädchen sagte: »Siehst du, dort drüben ist Langzehe. Jetzt hat sie uns eingeholt. Wohin können wir nur gehen?« Da erblickten sie einen mächtigen Gelbholzbaum, sie rannten hin und kletterten hinauf, während die Hunde unten blieben. Da kam Langzehe, die eine sehr starke Frau war. Sie hatte ihre Axt bei sich. Als sie hinaufschaute, sah sie die beiden. Ohne Zögern schlug sie ihre Axt in den Baum. Aber als sie mit aller Kraft auf den Baum einschlug, bissen die Hunde sie, sie aber schlug weiter. Und als der Baum krachte, zum Zeichen, dass er gleich niederbrechen würde, da bissen sich die Hunde fest. Einer riss ihr den Kopf ab, ein anderer den Arm. Wieder andere rissen ihr die Glieder aus und schleiften sie weg, und einige zerrten ihre Eingeweide fort. Der Baum aber wuchs sogleich wieder und nahm seine alte Gestalt an. Und auch Uzembeni wurde wieder lebendig. Ihre Glieder fügten sich wieder zusammen, sie stand auf, nahm ihre Axt und hieb wieder kräftig auf den Baum ein. Und als der wieder krachte, rissen ihr die Hunde noch einmal Kopf und Glieder aus; und jeder lief mit einem Stück davon an den Fluss, zu einem Felsen. Und alle Hunde taten das gleiche: Sie nahmen große Kieselsteine und zerrieben Uzembenis Glieder zu Pulver. Da stiegen Usikulumi und das Mädchen von dem Baum herunter und rannten zu Usikulumis Leuten. Die Hunde aber streuten Uzembenis Körper, der zu Pulver zermahlen war, ins Wasser und folgten ihnen. So starb Uzembeni, und Usikulumi kam heim zu seinem Volk. Dort hielt man gerade eine Trauerklage ab, aber dann wurden Ochsen geschlachtet, und die Leute freuten sich sehr und fragten ihn: »Woher hast du dieses wunderschöne Mädchen? Wir dachten, du lebst nicht mehr. Wir glaubten, du bist tot.«