[swahili, "Geschichte, Legende"]

Spinnt, Mädchen, denn die Buschmutter ist tot

Die Ileana der Muhme Nastasia war ein so schönes Mädchen, dass man ihresgleichen suchen konnte, und es ist nicht zu verwundern, dass sie eine kleine Schlafmütze war - schönen Menschen steht ja auch die Schlafmützigkeit gut. Die alten Weiber mit den losen Mäulern brachten das Gerücht auf, sie sei sogar faul und, wie alle Faulen, sitze sie den ganzen, langen Tag untätig herum, esse und schaue offenen Mundes den Vorübergehenden nach und verstehe nur, sich aufzuputzen... und was weiß ich, was diese verwünschten Weiber über die Ileana der Muhme Nastasia alles sagten. Ein Körnchen Wahrheit mag ja an den Worten der alten Weiber gewesen sein, aber so arg, wie sie es erzählten, war es natürlich nicht. Ja, was sollen wir auch dazu sagen! Einige Bösmäulige - Gott verzeihe ihnen die Sünde! -, mögen sie nun Freundinnen der Alten oder Feinde der Ileana gewesen sein, einige von diesen Leuten also verbreiteten die Lüge, dass die Muhme Nastasia die schöne und faule Ileana von Zeit zu Zeit mit einem Holzscheit streichele, um sie fleißiger und tüchtiger zu machen - aber vergeblich! Ich bin nicht der Mensch, Lügen zu glauben, am allerwenigsten über schöne Mädchen, ich will nicht die geringste Verleumdung anhören, und wenn ich eine höre, glaube ich sie nicht.

Genug, eines Tages, so wird erzählt, striegelte die Muhme Nastasia wieder einmal die Ileana mit einem Holzscheit und noch dazu so kräftig, dass das arme Mädchen ein Wehgeschrei ausstieß, dass man hätte meinen können, die Welt gehe unter. Diese Muhme Nastasia war eine gar grausame Mutter! Gerade, als Ileana am lautesten schrie, als sie Tränen vergoss und unter tiefen Seufzern schluchzte, fuhr der Sohn des Kaisers in einem Wagen, wie man ihn nur bei Kaisersöhnen sehen kann, vorbei. Das Mädchen weinte bitterlich. Da der Prinz dachte, er könne hier etwas helfen, hielt er den Wagen an und trat in das Haus. Zu jenen Zeiten waren, wie man sieht, die Prinzen noch nicht so hochnäsig wie heutzutage, sie gingen noch in die Häuser der gemeinen Leute. Er fragte also das Mädchen, weshalb sie weine. Die gute Mutter aber, die Muhme Nastasia, ließ es gar nicht zu, dass sich Ileana mit einer Antwort ermüde, Sondern erwiderte selber: »Seht doch, junger Herr, dieses verwünschte Mädchen wird mir noch meine Lebenstage auffressen mit ihrer Widerspenstigkeit. Wir haben Hanf, wir haben auch Flachs gehabt, ich selbst habe keinen Faden gesponnen, immer nur sie, aber werde ich es einmal erleben, dass sie das Spinnen satt hat? Woher? Bald hat, sie den Nachbarn, bald den Verwandten, sogar fremden Leuten geholfen; wenn sie nur wusste, dass jemand Flachs habe, wurde man sie nicht mehr los, ehe man ihr nicht ein Flachsbündel zum Spinnen gegeben hatte, bis schließlich das ganze Dorf nichts mehr hatte. Jetzt, da niemand mehr etwas zum Spinnen hat, hat sich die Hitzige, denn anders kann ich sie nicht nennen, darangemacht, seht nur, junger Herr, die Ruten vom Zaun zu spinnen, womit doch bisher kein Mensch auf dieser Welt gesponnen hat. Soll ich sie da nicht schlagen? Ich schlage sie noch tot!«

»Das ist ihr ganzer Fehler?« fragte der Prinz. »Wenn dieses ihr ganzes Verbrechen ist, dann schlag' sie nicht mehr, sondern lass sie mit mir zu meiner Mutter gehen, die wird ihr soviel Hanf und Flachs geben, dass sie das Spinnen satt bekommt und nicht mehr gezwungen ist, Zaunruten zu spinnen.«

Muhme Nastasia in ihrem Wutanfall gab Ileana gerne her, und von dieser Minute an hat sie sie nicht mehr gesehen.

Als der Kaisersohn Hause angekommen war, erzählte er seiner Mutter den Vorfall mit dem schönen Mädchen, genau so, wie ich ihn euch berichtet habe, das heißt, er erzählte seiner Mutter das, was er von Muhme Nastasia wusste, ich aber, weil ich mehr weiß als er, habe euch auch etwas mehr erzählt. Genug, der Kaiserin gefiel es, dass ihr Sohn ihr ein so fleißiges Mädchen, eine so wunderbare Spinnerin gebracht hatte, denn, müsst ihr wissen, auch an den kaiserlichen Höfen gibt es Arbeit und noch dazu viel Arbeit. Bis man allein die vielen Soldaten bekleidet, bis man sie ernährt und ihnen auch noch Waffen gibt, Gott allein weiß, wie viel es dort zu arbeiten und zu verrichten gibt. Die Kaiserin aber, eine gute und kluge Frau, gab Ileana einige Tage lang nichts zu arbeiten, da sie ja von der Reise ermüdet war, und ließ sie in Ruhe, bis sie sich erholen würde. Eines Abends aber, als die Kaiserin der Meinung war, dass sich Ileana genügend ausgeruht habe, rief sie sie zu Hofe und gab ihr nicht mehr und nicht weniger als zwei volle Säcke, den einen mit Hanfbüscheln, den andern mit Leinbüscheln und sagte ihr: »Ileana, siehst du hier diese beiden Säcke? Sie sind voller Flachs, und ich denke, du wirst bis zum Morgen alles spinnen. Am Morgen komm dann, meine Liebe, mit dem Sack voll Knäueln. Jetzt kannst du gehen, aber spinne fein und winde den Faden gut, damit er stark wird, und wir beim Weben mit ihm keine Ungelegenheiten haben.«

Die arme Ileana! Kaum konnte die Bedauernswerte diese Lasten bis in ihre Kammer tragen, sie wagte es gar nicht, die Säcke zu öffnen, sondern begann zu jammern und zu klagen, und weinte und wehklagte und verwünschte die Stunde, in der sie geboren war, und verwünschte ihre Mutter, weil sie dem Prinzen nicht die Wahrheit gesagt hatte, denn dann hätte er sie auch nicht an den Hof gebracht und sie müsste nicht solche Schande erleben. Bis Mitternacht weinte sie ununterbrochen. Da sah sie plötzlich, wie sich die Türe von selbst öffnete, und eine hagere, bucklige Alte, vertrocknet und mit langen Zähnen, wie die Zinken eines Rechens, trat in die Kammer. Sie war wirklich so hässlich, dass man sie nicht treffender hätte benennen können als »Mitternacht« oder »Dienstagabend« oder »Waldhexe«. Es war aber die Buschmutter. Da der Zufall Ileana gerade an einem Dienstagabend hierher geführt hatte, glaubte sie das Dienstagsgespenst vor sich zu sehen. Nachdem die Alte die Stube betreten hatte, schnäuzte sie sich mit den Fingern und, auf ihren Stock gestützt, begann sie Ileana Mut zuzusprechen: »Fürchte dich nicht, mein Liebling, es wird so kommen, wie Gott es bestimmt. Ich weiß, warum du weinst, ich weiß, was dich kränkt, ich kenne das Unglück, in das du geraten bist. Aber betrübe dich nicht, lege dich hin und schlafe in Frieden, ich will alle deine Arbeit verrichten, und, solange du in dieser wunderlichen Welt lebst, wirst du mir schon noch einmal meine Mühe lohnen können.«

Da legte sich Ileana, teils aus Furcht und teils aus Kummer, aber auch aus Scham und Freude nieder. Bald wollte sie glauben, dass die Alte ein Gespenst sei, das sie ums Leben bringen wolle, und sie entsetzte sich und fürchtete sich vor ihr. Dann aber überlegte sie, wenn es nun wirklich die Buschmutter wäre, die sie nicht umbringen, sondern ihr den Hanf spinnen wolle, es aber nachher der Kaiserin sagen würde - was wäre das dann für eine Schande für sie! Kaum traute sie sich im Bett unter der Decke hervorzusehen und konnte sich nicht genug über die Schnelligkeit wundern, mit der sich die Spindel in den Fingern der Alten drehte. Man musste glauben, dass niemand anders als der Teufel sie führe - Gott wolle mir verzeihen und es mir nicht als Sünde anrechnen! -, so schnell drehte sich die Spindel in den langen, dünnen Fingern der Alten.

Kaum war eine gute Stunde vorbei, da hatte, die Alte den einen Sack mit den Hanfbüscheln geleert und ihn mit Knäueln gefüllt. Ebenso leicht verwandelte sie auch den Flachs in lauter Knäuel, natürlich, indem sie ihn aufspann, und als sie die Arbeit beendet hatte, verschwand sie und verging wie ein Trugbild. Ileana konnte es nicht glauben, dass die Büschel gesponnen seien; sie dachte, sie habe die Begebenheit mit der Alten, die ich euch erzählt habe, nur geträumt. Aber diese Nacht konnte nicht ewig dauern; es tagte auch wieder, und, bevor sie sich ankleidete, lief sie zu den Säcken. Welche Freude, als sie die Säcke voll mit Fadenknäueln fand, sie nahm sie nicht mehr heraus, sie wog sie nicht mehr in den Händen, sie war nur guter Laune, man hätte Hasen mit ihr fangen können, so fröhlich war sie. Gleich nach dem Frühstück begab sie sieh mit den Säcken voller Knäuel zu der erhabenen Kaiserin. Ihr hättet hören sollen, wie sie gelobt wurde, ihr hättet sehen sollen, wie sie von nun ab das beste Leben, die kostbarsten Speisen, die erlesensten Kleider hatte, kurzum: Ileana lebte auf dem Kaiserhofe wie im Himmel auf Erden!

Die Kaiserin war ihr wohlgesinnt, der Kaisersohn war auch nicht verdrießlich, oh, Ileana war glücklich. Der Ruhm des Mädchens verbreitete sieh über Länder und Meere, Kaiserinnen und Königinnen kamen, um die fleißige und schöne Ileana zu sehen und nahmen nur Worte des Lobes mit über sie.

Einmal, es waren gerade wieder viele hohe Damen bei Hof, rief die Kaiserin Ileana zu sich und sprach: »Ileana, damit diese Damen sehen können, wie fleißig du bist, wirst du bis morgen früh diese Flachsbüschel spinnen.« Es waren aber vier große Säcke, randvoll mit Flachsbüscheln, so dass sie sie nicht einmal tragen konnte, zwei kaiserliche Knechte mussten sie bis in die Kammer Ileanas schleppen. Jetzt überließ sich Ileana wieder ihren Gedanken, weinte, seufzte und betete zu Gott, er wolle ihr entweder das Leben nehmen oder ihr wieder die Buschmutter schicken, damit diese sie erlöse aus ihrer Not. Als es Mitternacht war, öffnete sich die Türe und die hagere Alte trat ein: »Guten Abend, mein Liebling, warum weinst du? Leg dich nieder und schlafe in Frieden! Überlasse alles der Muhme, und ihre Schuld soll es sein, wenn irgendein Schaden entsteht.«

Was brauche ich noch viele Worte zu machen? Ileana legte sich nieder und schlief herrlich, die Alte aber verspann in wenigen Minuten den ganzen Flachs, dann machte sie Knäuel daraus und warf sie in den Sack und machte sich wieder auf den Weg.

Am folgenden Morgen fand Ileana den Sack mit den Knäueln, zählte sie ab, wog sie in den Händen, dann kniete sie nieder und dankte, vor Freude weinend, Gott. Nach dem Frühstück brachte sie alle der Frau Kaiserin, die sie sehr lobte und sie in noch schönere Gewänder kleidete, dann zeigte sie alles den fremden Damen, die sie gleichfalls für ihren Fleiß lobten und sie mit goldenen und silbernen Münzen beschenkten. Es ist nicht mehr nötig, euch zu beschreiben, wie froh Ileana war. Jetzt begannen sogar Kaisersöhne herbeizukommen, um sie zu sehen. Und sie gefiel ihnen sehr, denn sie war schön, damit war nicht zu spaßen, und es gab niemanden weit und breit, der nicht von ihrem Fleiß wusste. Alles geriet wunderbar zu ihren Gunsten.

Eines Tages sprach der Kaisersohn, der sie hergebracht hatte, zu seiner Mutter: »Mutter, die Zeit ist gekommen, dass ich heiraten könnte. Wir haben genügend Vermögen, auch Länder haben wir genug, wenn wir trotzdem noch etwas brauchen, so ist es eine fleißige Frau. Was meinst du, Mutter, sollte ich nicht Ileana zur Frau nehmen?« Seine Mutter bedachte sich nicht lange und sagte; »Mein Sohn, gerade dies wollte ich sagen, aber ich habe gewartet, um zuerst deine Wünsche kennen zu lernen. Seit wir sie in unser Haus gebracht haben, weiß ich, dass, weil sie so schön und fleißig ist, viele Freier kommen werden, und es wäre eine Schande für uns, wenn wir sie ohne jede Mitgift ziehen lassen würden. Weiß Gott, ob du - wen du auch zur Frau nehmen würdest - es besser treffen kannst. Ich will mit ihr noch eine Probe machen, mein Liebling, und wenn sie sich auch diesmal als so fleißig erweist wie bisher, dann soll sie dein sein, oder vielmehr, unser: deine Gemahlin und meine Schwiegertochter.«

Wie man daraus sehen kann, schämten sich zu jenen Zeiten die Kaisersöhne nicht, Mädchen aus dem Volke zur Frau zu nehmen, wenn sie erkannten, dass sie fleißig waren; heute sucht jeder Haderlump eine Dame zu heiraten und noch dazu eine reiche und schöne und gebildete Dame!

Einige Tage nachher, es war gerade an einem Dienstag um die Vesperstunde, traf die Kaiserin in die Kammer Ileanas und sprach zu ihr: »Mein Liebling, komm, damit ich dir zeige, was du heute Nacht spinnen sollst.« Ileana ging mit der erhabenen Kaiserin, und diese zählte fünf volle Säcke ab, fünf mit Hanf-, und fünf mit Flachsbüscheln, und sagte: »Bis morgen soll dies fertig gesponnen sein und sieh zu, dass du ihn fest wie Draht spinnst, denn wir wollen daraus Zwirn zum Nähen der Soldatenkleider machen.« Zehn Knechte konnten die Säcke kaum in die Kammer Ileanas tragen.

Als Ileana in ihrer Kammer allein zurückgeblieben war, fing sie wieder an zu weinen und, meine Lieben, sie weinte so sehr, dass ihr die Tränen in großen Tropfen über das Gesicht nieder rannen. »Wie hat mich doch Gott geschlagen!« klagte sie. »Wenn ich doch meine Mutter und die Kaisersöhne und die Kaiserhöfe nie gekannt hätte! Wer hat mich verleitet, zu schweigen und nicht von Anfang an zu sagen, dass ich nicht spinnen kann? Hat doch schon unser Pfarrer in der Kirche gesagt, dass Lügen kurze Beine haben. Du magst mit der Lüge zu Abend essen, du magst mit ihr frühstücken, aber beides wirst du kaum ein zweites Mal tun. Zweimal ist die Anfechtung an mir vorübergegangen, aber ich weiß, dass ich ein drittes Mal sie nicht überstehe. Wenn sie meine Lüge entdecken, werden sie mich doch töten, und tun sie das nicht, so nehme ich mir vor Scham das Leben. Ich werfe mich kopfüber in den Brunnen, wenn es gegen den Morgen geht.«

Solche Gedanken gingen dem Mädchen durch den Kopf bis gegen Mitternacht. Da öffnete sieh die Tür und - Herr hilf! - die Buschmutter trat ein. »Guten Abend, mein Liebling. Wieder bist du betrübt, wieder weinst du. Mein Gott, wie schwach du noch bist im Vertrauen. Beruhige dich, denn ich will dir auch aus dieser Not helfen. Für meine Mühe aber musst du mich auf deine Hochzeit laden. Wen immer du zu heiraten ausersehen bist, du sollst mich rufen, ich aber werde kommen, und das wird dir zum Wohle gereichen.« »Wie aber soll ich wissen, wo ich dich rufen soll?« fragte Ileana. »Wenn die Gäste versammelt sind, musst du herauskommen«, sagte die Alte, »und wenn du bei jenem Holzklotz bist, musst du rufen: Buschmutter, komm zum Festmahl, denn heute habe ich geheiratet. Hast du mich verstanden?«

»Ich habe verstanden.«

»Und willst du mir versprechen, mich zu rufen?«

»Ich verspreche es.«

Ileana überließ sich nun einem so tiefen Schlaf, dass man hätte meinen mögen, sie würde, wenn sieben Nächte miteinander verbunden gewesen wären, wohl auch diese noch durchschlafen haben. Sie erwachte - wie ein Mensch, den nachts die Gedanken gequält haben, - erst, als es schon lange Tag war. Die Kaiserin hatte schon zwei-, dreimal durch das Fenster nach ihr gesehen, seit es Tag geworden war; aber sie sagte sich: die Arme wird müde sein, es wäre schade, sie jetzt zu wecken, denn jetzt ist, nach so schwerer Arbeit, der Schlaf am süßesten. Schließlich aber, als der Hunger Ileana peinigte, wachte sie auf, und ging, kaum hatte sie sich die Augen gerieben, zu den Säcken, um die verrichtete Arbeit anzusehen. Nachdem sie sorgfältig die Säcke abgefühlt und in allen Knäuel, groß und fest wie Kürbisse, gespürt hatte, konnte sie sich nicht mehr beherrschen, sie brach in Freudentränen aus und rief: »Ich danke dir, mein Herrgott, dass du mich auch von dieser Arbeit befreit hast, erbarme dich und verlasse mich nicht, solange ich lebe.« Ihre Gedanken aber waren bei der Buschmutter. Auch die Kaiserin hörte ihre Worte, denn sie stand gerade an der Türe, und auch sie begann vor Freude zu weinen, dann trat sie in Ileanas Kämmerlein, hob sie von den Knien auf, zog sie an ihre Brust und küsste sie mit den Worten: »lass das, Ileana, wisse, dass du mir durch deinen Fleiß so lieb geworden bist, dass ich mich entschlossen habe, dich zu meiner Schwiegertochter zu machen.«

Alles andere, nur so etwas hatte sich Ileana nicht träumen lassen, denn Kaiserin zu werden, ist eine große Sache und nicht so einfach. Man sieht, Ileana war unter einem glücklichen Stern geboren; der Prinz, der Sohn des Kaisers, kam zu ihr mit allerlei Gewändern und Kostbarkeiten, um ihr zu sagen, dass sie sich für die Hochzeit vorbereiten solle. Und schließlich, wer wird es nicht verstehen, sich zu schmücken, wenn er alles hat, was er dazu braucht?

Gegen Abend begannen die Gäste zu kommen, schließlich kam auch der Pfarrer und traute sie, dann machten sie sich ans Schmausen und Trinken und ergaben sich der Fröhlichkeit, so dass man hätte glauben können, nicht nur einer, sondern drei Prinzen feierten ihre Hochzeit.

Als die Fröhlichkeit am größten war, ging Ileana hinaus, begab sich bis zum. Holzklotz und sagte leise: »Buschmutter, Muhme, komm zum Hochzeitsmahl und verzeih, dass ich dich so spät rufe!« Gleich stand die Alte da, so wie ihr sie kennt: lang, hager und dürr, bucklig und mit langen Zähnen; und kaum war sie aufgetaucht, so sagte sie zu Ileana: »Mein. Liebling, wenn wir in den Saal treten, musst du sagen: Ehrenhafte und ehrenwerte Herrschaften, nehmt es mir nicht übel, dass ich es gewagt habe, zu meiner Hochzeitsfeier auch meine Muhme zu rufen, sie ist alt und hässlich, wie ihr seht, aber sie hat ein sehr gutes Herz für mich, so dass ich sie liebe und ehre wie meine Mutter, ja noch mehr, denn die Mutter ist ferne, sie aber ist hier bei mir.«

Und so machten sie es denn auch. Die Gäste aber wunderten sich über die hagere Alte, und die Kaiserin konnte sich nicht bezähmen zu sagen: »Muhme, weshalb hast du so lange Zähne und so verbogene Finger?«

»Oh, meine Liebe, das viele Spinnen, das Spinnen hat mich so verunstaltet, denn nur noch meine Nichte Ileana ist eine solche Spinnerin, wie ich es zu meiner Zeit war. Aber ich danke Gott, dass sie einen Mann gefunden hat, der sie wohl nicht zum Spinnen anhält, damit sie nicht ihr Gesicht entstellt und sich Zähne und Finger verdirbt und schließlich gar aus einem so schönen Mädchen zu einem so krüppelhaften Wesen, wie ich wird.« Die Kaiserin dankte der Alten, dass sie ihr dieses gesagt hatte, und sprach vor allen Gästen: »Ileana, mein Liebling, dass du dich von heute an nicht mehr unterstehst, ein Flachsbündel in die Hand zu nehmen, denn ich will nicht, dass du wie deine Muhme wirst, wenn du es aber wagst, diesen Befehl zu überschreiten, verstoße ich dich nicht nur von meinem Hofe, sondern auch aus meinen Ländern. Hast du mich verstanden?«

»Ich habe dich verstanden« antwortete Ileana, die Gäste aber riefen: Bravo und Vivat!

Die Buschmutter ging wieder dorthin, woher sie gekommen war, und seither hat es sich nicht mehr ereignet, dass sie jemandem beim Spinnen half. Vom kaiserlichen Hofe aber verschwand das Flachsbüschel schon am folgenden Morgen, und bis zum heutigen Tage ist es draußen geblieben. Ileana und ihr Prinz leben, wenn sie nicht gestorben sind, auch heute noch, ich aber sage, indem ich meine Lügenmäre beschließe: »Spinnt, Mädchen, spinnt, denn die Buschmutter ist gestorben!«