[swahili, "Geschichte, Legende"]

Gobborn Seer

Da. war einmal ein Mann namens Gobborn Seer, und der hatte einen Sohn, der hieß Jack. Eines Tages schickte er ihn aus, eine Schafshaut zu verkaufen, und sagte zu ihm: »Du musst mir die Haut zurückbringen und dazu, was sie wert ist.« So machte sich Jack auf, konnte aber niemanden finden, der ihm die Haut lassen und den Preis noch obendrein dafür geben wollte. So kam er entmutigt nach Hause zurück. Gobborn Seer aber sagte: »Es macht nichts, du musst es morgen noch mal versuchen.« So versuchte er es wieder, aber niemand wollte die Haut zu solchen Bedingungen kaufen. Als er nach Hause kam, sagte sein Vater: »Du musst morgen gehen und dein Glück versuchen.«

Und am dritten Tag schien es wieder die gleiche Sache damit zu sein. Und halb war er schon entschlossen, überhaupt nicht zurückzugehen, sein Vater würde sich doch sehr ärgern. Als er zu einer Brücke kam, es war so eine wie die drüben am Bachweg, da lehnte er sich über das Geländer und dachte an seinen Kummer, und vielleicht wäre es töricht, von zu Hause fortzulaufen, aber er konnte einfach nicht sagen, was er tun sollte. Da sah er ein Mädchen, das wusch drunten am Bach seine Wäsche. Sie schaute auf und sagte: »Wenn es nicht ungehörig ist zu fragen - was bekümmert dich so?«

»Mein Vater hat mir diese Haut gegeben, und ich soll sie zurückbringen und ihren Wert noch obendrein.«

»Ist das alles? Gib sie her, das ist leicht getan.« Darauf wusch das Mädchen die Haut im Fluss, schor die Wolle herunter, bezahlte ihm den Wert davon und gab ihm die Haut wieder mit.

Seinem Vater gefiel das wohl, und er sagte zu Jack: »Das war ein kluges Mädchen, sie wäre eine gute Frau für dich. Glaubst du, du könntest noch einmal mit ihr sprechen?« Jack meinte, das könne er, und so sagte sein Vater zu ihm, er solle nächstens zur Brücke gehen und schauen, ob sie dort sei. Und wenn er sie sähe, solle er sie nach Hause zum Tee einladen.

Und wirklich erblickte Jack das Mädchen und sagte ihr, dass sein alter Vater sie recht gern kennen lernen wolle, und ob sie vielleicht Lust habe, mit ihnen Tee zu trinken. Das Mädchen dankte ihm freundlich und sagte, sie könne am nächsten Tag kommen, im Augenblick habe sie zuviel zu tun. »Um so besser«, sagte Jack, »dann habe ich Zeit zum Vorbereiten.« Als sie nun kam, da konnte Gobborn Seer sehen, dass sie eine kluge Frau war, und er fragte sie, ob sie seinen Jack heiraten wolle. Sie sagte »ja«, und sie heirateten.

Nicht lange danach sagte Jacks Vater zu ihm, er müsse mit ihm kommen und für einen König das schönste Schloss bauen, das man je gesehen hat. Der König wolle mit seinem wunderbaren Schloss alle andern übertreffen. Und als sie zum Grundsteinlegen hingingen, da sagte Gobborn Seer zu Jack: »Kannst du mir nicht den Weg verkürzen?« Aber Jack sah nach vorn, und da lag ein langer Weg vor ihnen, und er sagte: »Vater, ich weiß nicht, wie ich davon ein Stück abbrechen könnte.«

»Dann taugst du nicht für mich und solltest lieber heimgehen.«

So kehrte der arme Jack um, und als er ins Haus trat, sagte seine Frau: »Nanu, warum bist du allein gekommen?« Und er erzählte ihr, was der Vater gesagt hatte und seine Antwort darauf. »Du Dummkopf«, sagte seine kluge Frau, »wenn du eine Geschichte erzählt hättest, hättest du den Weg verkürzt! Nun hör gut zu, ich erzähle dir eine Geschichte, und dann lauf und hol Gobborn Seer ein und fang gleich damit an. Er wird sie gerne hören, und bis du damit fertig bist, habt ihr den Grundstein erreicht.«

Jack strengte sich also an und holte seinen Vater ein. Gobborn Seer sprach kein einziges Wort, aber Jack fing mit seiner Geschichte an, und der Weg wurde damit kürzer, wie seine Frau gesagt hatte.

Als sie am Ziel ihrer Reise waren, begannen sie, das Schloss zu bauen, das alle andern überstrahlen sollte. Nun hatte die Frau ihnen den Rat gegeben, sie sollten sich mit den Dienstleuten auf guten Fuß stellen, und sie taten also, wie sie gesagt hatte, und so hieß es »Guten Morgen« und »Schönen guten Tag auch«, wenn sie hinein- und herausgingen. Und nach einem Jahr hatte nun Gobborn Seer, der weise Mann, solch ein Schloss gebaut, dass Tausende zusammenkamen, um es zu bewundern. Und der König sagte: »Das Schloss ist fertig. Ich werde morgen zurückkommen und euch alle bezahlen.«

»Ich muss gerade noch eine Decke in einem der oberen Säle fertigmachen«, sagte Gobborn, »und dann fehlt nichts mehr.«

Aber nachdem der König weggegangen war, schickte die Haushälterin nach Gobborn und Jack und sagte ihnen, dass sie auf eine Gelegenheit gewartet habe, sie zu warnen. Der König nämlich befürchtete so sehr, sie könnten ihre Kunst mit sich nehmen und einem anderen König ein ebenso schönes Schloss bauen, dass er vorhabe, ihnen am nächsten Morgen das Leben zu nehmen. Gobborn sagte Jack, er solle guten Muts bleiben, und sie würden schon heil davonkommen.

Als der König zurückgekommen war, sagte Gobborn zu ihm, er habe seine Arbeit nicht vollenden können, weil ihm ein Werkzeug fehle, das er zu Hause gelassen habe, und er wolle gern Jack danach schicken. »Nein, nein«, sagte der König, »kann es nicht einer der Leute besorgen?«

»Nein, sie könnten es nicht verständlich ausdrücken«, sagte der Seer, »aber Jack könnte es besorgen.«

»Du und dein Sohn, ihr müsst hier bleiben. Aber wie wäre es, wenn ich meinen eigenen Sohn schickte?«

»Das wird gehen.« So schickte Gobborn durch ihn eine Botschaft an Jacks Frau: »Gib ihm Krumm und Gerade!«

Nun gab es dort ziemlich hoch in der Wand eine kleine Aushöhlung, und Jacks Frau versuchte, dort hinauf in eine Truhe zu langen, um »Krumm und Gerade« zu holen, aber sie bat schließlich den Königssohn, ihr zu helfen, weil seine Arme länger seien. Als er sich aber über die Truhe beugte, packte sie ihn an den Fersen und warf ihn in die Truhe hinein und verschloss sie. Und da war er also, und war »Krumm und Gerade« in einem. Da bat er um Tinte und Feder, die brachte sie ihm, aber er durfte nicht heraus, und es wurden Löcher hineingebohrt, damit er atmen konnte. Als sein Brief ankam, der dem König, seinem Vater, mitteilte, er werde freigelassen werden, wenn Gobborn und Jack heil zu Hause seien, da sah der König ein, dass er für den Bau zu zahlen habe und sie fortgehen lassen müsse.

Als sie fort gingen, sagte Gobborn zu Jack: Da er nun mit dieser Arbeit fertig sei, sollte Jack bald für seine kluge Frau ein Schloss bauen, weit prächtiger als das des Königs. Und das tat er, und dort lebten sie fortan glücklich allezeit.