[swahili, "Geschichte, Legende"]

Märchen aus tausend und einer Nacht Geschichte Djaudars

Es lebte einst ein Kaufmann, welcher Omar hieß und drei Söhne hatte. Der eine hieß Salem, der andere Djaudar und der dritte Selim. Omar liebte Djaudar mehr als die beiden anderen Söhne; diese waren deshalb eifersüchtig auf ihren Bruder und hassten ihn. Als Omar das merkte, befürchtete er, es möchte Djaudar nach seinem Tode Unrecht geschehen, daher ließ er gerichtliche Teilungskommissäre und rechtskundige Männer zu sich rufen, holte all sein Geld und seine Waren herbei, teilte es in vier Teile, gab jedem seiner Söhne einen Teil und behielt für sich einen Teil, der nach seinem Tode seiner Frau zufallen sollte. Omar starb bald nach dieser Teilung. Salem und Selim forderten Djaudar vor Gericht und behaupteten, er habe einen Teil des Vermögens ihres Vaters für sich behalten. Djaudar berief die Zeugen, die bei der Teilung zugegen waren, und wurde freigesprochen; doch kostete ihn der Prozess viel Geld und seine Brüder büßten noch mehr ein durch allerlei Bestechungen, die sie gegeben hatten. Bald darauf gingen sie zu einem anderen Gericht, teilten wieder viele Bestechungen aus und führten solange Prozess mit Djaudar, bis sie endlich insgesamt ihr Vermögen eingebüßt hatten und alle drei arm wurden. Salem und Selim gingen dann zu ihrer Mutter, verspotteten und schlugen sie und nahmen ihr Geld. Sie kam zu Djaudar und klagte ihm, was seine Brüder ihr getan und verwünschte sie. Djaudar sagte: »lass sie sein, Gott wird ihnen ihre Handlungen vergelten, wir haben lange Prozess geführt, bis wir alle verarmten: soll ich jetzt deinetwillen einen neuen Prozess anfangen? Das wird zu nichts führen; bleibe du bei mir und ich lasse dir den Laib Brot, den ich essen wollte: Gott wird mir deinetwillen helfen und mir Nahrung verschaffen. Djaudar kaufte sich ein Netz und fischte in Bulak, Altkahirah und anderen Orten, jeden Tag bald für zwanzig, bald für dreißig Drachmen Fische, dafür kaufte er zu essen für sich und seine Mutter und lebte recht vergnügt. Seine Brüder trieben aber kein Handwerk und keinen Handel, verschwendeten bald, was sie von ihrer Mutter genommen, und liefen nackt und hungrig als gemeine Bettler umher. Während Djaudar fischte, kamen sie zu ihrer Mutter, demütigten sich vor ihr und klagten ihr ihre Not. Da einer Mutter Herz immer weich ist, gab sie ihnen trockenes Brot, das sie hatte, oder übrig gebliebene Speisen und sagte: »Esset geschwind und gehet wieder, ehe euer Bruder Djaudar zurückkommt, dass er mir nicht böse werde.« Sie aßen immer schnell und machten sich wieder fort, bis eines Tages, als sie gerade aßen, Djaudar zurückkehrte. Die Alte wurde verlegen, als Djaudar ins Zimmer trat; sie fürchtete seine Heftigkeit und neigte beschämt ihr Haupt zur Erde; er aber war freundlich gegen seine Brüder, hieß sie willkommen, nannte diesen Tag einen gesegneten, umarmte sie und machte ihnen Vorwürfe, dass sie ihn solange nicht besucht. Sie sagten: »Bei Gott! wir hatten schon viele Sehnsucht nach dir, aber wir schämten uns zu kommen, wegen dessen, was zwischen uns vorgefallen. Wir bereuen schön längst unsere Handlungsweise und erkennen sie als ein Werk des Satans, den Gott verdamme. Was haben wir denn auf der Welt außer dir und unserer Mutter?« Die Alte sagte zu Djaudar: »Mein Sohn, Gott lasse dein Gesicht hell strahlen und vermehre dein Wohl!« Djaudar lud seine Brüder ein, bei ihm zu bleiben und Gottes Segen mit ihm zu genießen. Sie übernachteten bei ihm und frühstückten am anderen Morgen.

Djaudar ging dann mit seinem Netz auf Gott vertrauend vor das Tor; des Mittags gab ihnen seine Mutter zu essen und des Abends kam er mit Fleisch und Gemüse zurück, das sie miteinander verzehrten. So lebten sie einen Monat lang, Djaudar fischte und seine Brüder gingen ihrem Vergnügen nach. Eines Tages ging Djaudar, wie gewöhnlich, an den Fluss, warf aber das Netz dreimal aus und zog keinen Fisch herauf. Er dachte: an dieser Stelle gibt es keine Fische, ging weiter, warf von neuem das Netz aus und zog es wieder leer herauf. So ging er von morgens bis abends vom einem Ort zum andern, ohne den kleinsten Fisch zu fangen. Da sagte er: »Sonderbar; es gibt gar keine Fische mehr im Fluss!« nahm das Netz auf den Rücken und ging traurig heimwärts wegen seiner Mutter und seiner Brüder, denen er nichts zu essen bringen konnte. Als er an einem Bäckerladen vorüberkam, an den sich die Leute mit dem Geld in der Hand hindrängten, ohne dass der Bäcker sie beachtete, blieb er seufzend stehen. Da fragte ihn der Bäcker: »Djaudar, brauchst du Brot?« Djaudar schwieg. Der Bäcker, der seine Verlegenheit bemerkte, sagte: »Wenn du kein Geld hast, so tut das nichts; nimm nur, soviel du brauchst, ich borge dir.« Djaudar versetzte: »Gib für zehn Fadda Brot und nimm dieses Netz zum Unterpfand.« Aber der Bäcker erwiderte: »Wovon sollst du dich ernähren, wenn ich das Netz habe? Nimm nur das Brot, hier hast du noch zehn Fadda dazu und bring mir morgen für zwanzig Fadda Fische.« Djaudar nahm das Brot und das Geld, kaufte Fleisch und Gemüse dafür und brachte es nach Hause; seine Mutter kochte es und sie aßen zusammen und legten sich schlafen. Am anderen Morgen stand er früh auf und ging mit dem Netz fort. Seine Mutter sagte ihm: »Frühstücke zuerst!« Er erwiderte aber: »Frühstücke du nur und meine Brüder«, und ging nach Bulak an den Nil, warf das Netz wieder dreimal aus, ohne etwas zu fangen; er ging an einen anderen Ort und lief den ganzen Tag herum, ohne einen Fisch zu sehen. Er nahm nun sein Netz auf den Rücken, ging bestürzt zum Bäcker und wollte sich bei ihm entschuldigen. Aber der Bäcker sagte: »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, nimm nur dein Brot; hast du heute nichts gefangen, so wirst du morgen um so mehr fangen; und wenn du auch morgen leer heimkehrst, so komme nur und hole dein Brot, ich borge dir.« Aber auch am dritten Tage, als Djaudar an den Seen fischte, kehrte er ohne Fische heim, und ebenso die folgenden vier Tage. Da dachte er: Ich will nun einmal an den See Karun gehen und dort mein Glück versuchen. Als er dort war und eben das Netz auswerfen wollte, kam ein Abendländer auf einem Maulesel reitend; er selbst war königlich gekleidet, und alles Geschirr des Tiers, sowie der auf demselben liegende Quersack war mit Gold gestickt, er grüßte Djaudar und sagte ihm: »Wenn du mir einen Dienst tun willst, sollst du reichen Lohn dafür erhalten und mein Glücksgefährte werden.« Djaudar sagte: »Mein Herr, ich bin zu allem bereit: was soll dich tun.« Der Abendländer erwiderte: »Zuerst lass uns die ersten Verse des Korans beten«, und als dies geschehen war, zog er eine seidene Schnur heraus und sagte zu Djaudar: »Binde mich damit fest, wirf mich in den Teich und warte eine Weile; siehst du, dass ich eine Hand aus dem Wasser strecke, so fange mich mit deinem Netz; strecke ich aber zuerst einen Fuß aus dem Wasser, so wisse, dass ich tot bin; du kannst mich im Teich lassen; nimm nur dieses Maultier und den Sack, bring ihn einem Juden, Namens Schamia, der auf dem Bazar sitzt, er wird dir hundert Dinare geben; behalte sie für deine Mühe und sage niemanden etwas.«

Djaudar tat, wie der Abendländer ihm befohlen hatte, er band ihn, warf ihn ins Wasser und wartete eine Weile, bis seine Füße hervorkamen; dann setzte er sich auf das Maultier und ritt damit auf den Bazar zum Juden, der vor seinem Magazin saß. Dieser fragte: »Ist der Mann gestorbene Djaudar antwortete: »Er ist tot.« Da sagte der Jude: »Den hat seine Habgier getötet.« Er nahm Djaudar das Maultier ab, gab ihm hundert Dinare und empfahl ihm, das Geheimnis treu zu bewahren. Djaudar ging mit dem Geld zum Bäcker, kaufte das nötige Brot, gab ihm ein Goldstück und sagte: »Nimm davon, was ich dir schuldig bin, und halte mir das übrige zu gut.« Der Bäcker sagte: »Ich habe ja nichts von dir gefordert, du hättest nicht so zu eilen brauchen.« Er rechnete dann, was Djaudar ihm schuldig war, und sagte: »Du hast noch auf zwei Tage Brot bei mir gut.« Djaudar kaufte hierauf Fleisch beim Metzger, dem er auch -ein Goldstück gab und den er auch bat, ihm das übrige zu gut zu halten und ging dann zum Gemüsehändler. Er kam gerade nach Hause, als seine Brüder von ihrer Mutter zu essen forderten und sie ihnen sagte: »Ich habe nichts; wartet, bis Djaudar nach Hause kommt.« Freudig rief er ihnen zu: »Hier ist Brot, esset!« und sie fielen darüber her wie Wölfe. Djaudar gab dann das übrige Geld seiner Mutter und beauftragte sie, seinen Brüdern davon zu geben, so oft sie hungern. Am folgenden Morgen ging er wieder an den See Karun mit dem Netz auf dem Rücken; als er es auswerfen wollte, kam ein anderer Abendländer auf einem Maultier, noch reicher ausgestattet als der Erste; er hatte auch einen Quersack auf dem Maulesel, in dem zwei Büchsen waren; er grüßte Djaudar und sagte ihm: »Ist nicht gestern Abend ein Abendländer zu dir hergekommen auf einem Maulesel, wie dieser?« Djaudar, aus Furcht, er möchte fragen, wo er hingekommen und dann glauben, er habe ihn ertränkt, leugnete es und sagte: »Ich habe niemanden gesehen.« Der Abendländer fuhr dann fort: »Gestern war mein Bruder da, der mir vorangeeilt ist; hast du ihn nicht gebunden in den See geworfen? und hat er dir nicht gesagt: Wenn ich die Hand aus dem Wasser strecke, so zieh mich schnell mit dem Netz heraus, wenn aber zuerst mein Fuß aus dem Wasser hervorgeht, so bin ich tot, nimm dann den Maulesel und führe ihn zum Juden Schamia, der wird dir hundert Dinare geben? Nun ist sein Fuß aus dem Wasser gekommen und du hast wirklich den Maulesel dem Juden gebracht und hundert Dinare von ihm empfangene Djaudar erwiderte: »Da du doch alles dies so genau weißt, warum fragst du mich?« Der Abendländer antwortete: »Ich wünsche, dass du mir dasselbe tuest, wie meinem Bruder.« Hierauf zog er eine seidene Schnur heraus und sagte ihm: »Binde mich, wie meinen Bruder, und stürze mich in den See; geht es mir, wie meinem Bruder, so bringe den Maulesel dem Juden Schamia, er wird dir wieder hundert Dinare geben.« Djaudar band ihn, warf ihn in den See und wartete eine Weile, bis er die Füße aus dem Wasser steigen sah. Da sagte er: »Auch der ist tot; so Gott will, werden alle Abendländer zu mir kommen, ich will sie alle binden und in den See werfen, und für jede Leiche hundert Dinare nehmen.«

Djaudar nahm den Maulesel und ging auf den Bazar; als der Jude ihn sah, sagte er: »Auch der ist tot?« Djaudar antwortete: »Mögest du für ihn leben!« Der Jude rief: »Das ist der Lohn der Habgierigen!« nahm den Maulesel und gab Djaudar hundert Dinare. Dieser ging damit zu seiner Mutter und als sie ihn fragte, woher er so viel Geld habe, erzählte er ihr alles. Seine Mutter sagte ihm: »Mein Sohn, geh nicht mehr an den See Karun; ich fürchte, die Abendländer möchten dich ins Unglück stürzen.« Er aber erwiderte: »Da ich sie nur auf ihr Verlangen in den See werfe, was kann mir geschehen? Das ist eine Arbeit, dir mir täglich hundert Dinare einbringt; bei Gott! ich höre nicht auf, an den See zu geben, bis von den Abendländern keine Spur mehr übrig bleibt.« Am folgenden Tage ging er nochmals an den See: da kam wieder ein Abendländer auf einem Maulesel, noch reicher ausgestattet, als die beiden ersten und dieser hatte auch einen Quersack mit zwei Büchsen bei sich. Er ging auf Djaudar zu und sagte ihm: »Friede sei mit dir, o Djaudar, Sohn Omars!« Djaudar dachte bei sich: »Es scheint, sie kennen mich alle«, und erwiderte den Gruß. »Sind Abendländer hier vorübergekommen?«

»Zwei sind hergekommen und haben sich von mir fesseln und in den See werfen lassen, und sind darin umgekommen, und so wird es auch dir gehen.« Der Abendländer lächelte und sagte: »O Armer! alles Lebende muss seiner Bestimmung folgen; verfahre mit mir, wie mit den beiden andern!« »Gib die Schnur und lege deine Hände auf den Rücken, dass ich dich schnell binde, denn es ist schon spät, ich habe Eile.« Der Abendländer legte seine Hände auf den Rücken, Djaudar band und stieß ihn in den See; er wartete eine Weile, und siehe da, der Abendländer hob die Hände aus dem Wasser und rief: »Rette mich mit deinem Netz!« Djaudar warf sein Netz aus und zog den Abendländer, der in jeder Hand einen roten Fisch mit Korallen trug, ans Land. Als er das Ufer erreicht hatte, bat er Djaudar, die zwei Büchsen zu öffnen, und als Djaudar dies getan hatte, Schloss er die zwei Fische hinein und machte die Büchsen wieder zu. Dann umarmte er Djaudar, küsste ihn auf der rechten und linken Wange und sagte ihm: »Gott beschütze dich vor jedem Übel! bei Gott! hättest du mir dein Netz nicht zugeworfen, ich wär ertrunken mit diesen beiden Fischen in der Hand.« Djaudar sagte: »Mein Herr, ich beschwöre dich bei Gott, sage mir die Wahrheit, wer bist du und wer waren die beiden Abendländer, die vor dir gekommen und ertrunken sind? und wer ist der Jude auf dem Bazar? und was bedeuten diese beiden Fische?«

Der Abendländer antwortete: »Wisse, o Djaudar, die beiden Männer, die ertrunken sind, waren meine Brüder; der eine hieß Abd Assalam, der andere Abd Alahad, und mein Name ist Abd Assamd; auch der, den du für einen Juden hältst, ist unser Bruder und heißt Abd Arrahim, er ist aber kein Jude, sondern ein Muselmann und echter Malikite, wie wir; wir waren vier Söhne eines Zauberers, welcher Abd Allwudud hieß. Unser Vater hatte uns die Kunst, Geheimnisse zu lösen, verborgene Schätze zu entdecken und andere Künste gelehrt, unter anderen auch, die Geister zu beschwören und sie uns dienstbar zu machen.

»Als unser Vater starb, hinterließ er uns viele Schätze und Talismane, die wir miteinander teilten, als wir aber an die Teilung der Bücher kamen, da entstand ein Streit wegen eines Buches aus alter Zeit, das »Schriften der Alten« hieß und mit keinen Schätzen zu bezahlen ist, weil es die verborgensten Zauberkünste enthielt; es war das Buch, das unser Vater gebrauchte und aus dem wir einiges auswendig gelernt hatten. Nun wollte jeder von uns dieses Buch haben, um sich darin zu belehren. Während wir so stritten, trat der Lehrer und Erzieher unseres Vaters in unsere Mitte, sein Name war: »der tiefste Wahrsager« und sagte: »Gebet mir das Buch, ich werde gewiss keinem von euch Unrecht tun, ihr seid ja die Kinder meines Sohnes: Derjenige von euch, der die Schätze Schamardals öffnet, der soll es haben. Diese Schätze bestehen aus einem Schwert, einem Zirkel, einer Zeichnung der Himmelskugel und einem Augenschminkeschächtelchen. Durch das Siegel wird man Herr eines Geistes, welcher der lärmende Donner heißt, und durch welchen man sich die ganze Erde unterwerfen kann. Mit dem Schwert, aus dem ein tötender Blitz hervorstrahlt, kann man auf einmal eine ganze Armee schlagen oder in die Flucht treiben; mit der Himmelskugel kann man sich in der ganzen Welt umsehen, von Osten bis Westen, je nachdem man sie nach der einen oder der anderen Seite dreht, und alles so genau beobachten, als wäre man überall zugleich; auch kann man, wenn man sie gegen die Sonne dreht, jede beliebige Stadt samt ihren Bewohnern damit verbrennen. Das Schächtelchen endlich enthält ein Pulver: wenn man damit das Auge schminkt, so sieht man alle Schätze, die in der Erde verborgen sind. Wer mir also diese vier Kleinodien zu bringen vermag, der soll das Buch haben. Wisset aber, fuhr der Erzieher fort, dass diese Schätze unter der Obhut der Söhne des roten Königs stehen, die sich in den See Karun nach Ägypten geflüchtet, als euer Vater sie fangen wollte, er verfolgte sie zwar, konnte ihnen aber nicht beikommen, weil ein Talisman sie in diesem See schützt, weshalb er auch die Schätze nicht holen konnte und mir sein Missgeschick klagte. Ich rechnete nun aus, dass die Söhne des roten Königs nur durch Hilfe eines Mannes, Namens Djaudar, gefangen werden können; wen er in den See wirft und auf ein Zeichen mit der Hand wieder mit dem Netz aus dem Wasser herauszieht, der ist der Glückliche. Wir beschlossen hierauf, nach Ägypten zu gehen; nur unser vierter Bruder hatte keine Lust, sein Leben solcher Gefahr auszusetzen; er verkleidete sich als jüdischer Kaufmann, um uns zu begleiten, den Maulesel der Ertrinkenden zu nehmen und dir hundert Dinare zu geben. Nun haben die Söhne des roten Königs meine Brüder getötet, ich aber habe sie gefangen, denn was du in diesen Büchsen siehst, sind keine Fische, sondern Geister in Gestalt von Fischen. Nun folge mir nach Fez und Miknas (Mequinez), wo die Schätze begraben sind, die ich nur mit deiner Hilfe öffnen kann: ich gebe dir, was du willst, und bleibe stets dein Freund; sobald ich die Schätze habe, schicke ich dich wieder frohen Herzens zu den Deinigen.« Djaudar sagte zu Abd Assamd: »Ich habe eine Mutter und zwei Brüder am Hals, die ich versorgen muss; wer wird ihnen zu essen bringen, wenn ich weg bin?« Abd Assamd antwortete: »Das ist ein schlechter Vorwand: wenn es dir bloß wegen des Geldes ist, so will ich dir tausend Dinare für deine Mutter geben, davon kann sie leben, bis du zurückkehrst, denn du wirst längstens vier Monate ausbleiben.« Als Djaudar von tausend Dinaren hörte, sagte er: »Gib tausend Dinare, mein Herr, für meine Mutter und ich gehe mit dir.« Abd Assamd gab das Geld sogleich her, und Djaudar ging damit zu seiner Mutter und erzählte ihr, was zwischen ihm und Abd Assamd vorgefallen. Seine Mutter sagte: »Mein Sohn, ich werde Verlangen nach dir haben und ängstlich um dich sein.« Djaudar erwiderte aber: »Wen Gott beschützt, dem stößt nichts Übles zu; auch ist Abd Assamd ein guter Mann.«

»Gott neige sein Herz dir zu«, rief seine Mutter; »geh mit ihm, mein Sohn! vielleicht belohnt er dich dafür.« Djaudar nahm von ihr Abschied und ging wieder zu Abd Assamd, der ihn auf einem Maulesel reiten ließ.

Nachdem sie von Mittags bis zur Zeit des Nachmittagsgebets miteinander geritten waren, wurde Djaudar hungrig und sah, dass Abd Assamd nichts zu essen noch zu trinken bei sich führte. Er sagte ihm: »Mein Herr, es scheint, du hast Mundvorrat vergessene - »Bist du hungrig?«

»O ja.« Da stieg Abd Assamd von seinem Maulesel ab und sagte zu Djaudar, der auch abstieg: »Nimm den Quersack herunter.« Djaudar nahm ihn vom Esel. Da fragte Abd Assamd: »Was wünschest du, mein Freund?«

»Mir ist alles recht.«

»Ich beschwöre dich bei Gott, sage, was du essen willst?«

»Brot und Käse.«

»Armer Mann, Brot und Käse ist eine zu geringe Kost für dich, fordere etwas Besseres! isst du gerne Reis mit Honig und gebackene Hühner?«

»Allerdings.« Abd Assamd fragte ihn dann noch über vierundzwanzig Speisen, ob er sie gerne esse, so dass Djaudar dachte: der Mann ist toll, woher will er alles dies schaffen? er hat ja keine Küche und keinen Koch; er sagte: »Es ist genug, mein Herr, du machst mir ja nur Lust und ich sehe doch nichts.« Abd Assamd antwortete hierauf: »Willkommen Djaudar!« steckte seine Hand in den Sack zog einen goldenen Teller mit zwei gebratenen Hühnern heraus, die ganz warm waren, dann streckte er die Hand wieder hinein und holte eine Schüssel mit Braten heraus und so noch die vierundzwanzig verschiedenen Speisen, die er ihm genannt hatte, und forderte den verblüfften Djaudar zum Essen auf. Djaudar rief erstaunt: »Du hast in diesem Sack Köche und eine Küche verborgenen Abd Assamd sagte lachend: »In diesem Sack wohnt ein Diener, der uns jede Stunde tausend Gerichte bringt, wenn wir sie wollen.« Sie aßen nun, bis sie satt waren. Abd Assamd warf das übrige weg, legte die Schüsseln wieder leer in den Sack und holte einen vollen Wassertrug heraus; sie tranken, wuschen sich und beteten; dann luden sie den Sack mit den zwei Büchsen wieder auf den Esel und ritten weiter. Abd Assamd fragte dann Djaudar: »Weißt du wohl, wie weit wir seit Mittag gekommen?«

»Das weiß ich nicht.«

»Bei Gott! wir haben einen Weg von einem Monat zurückgelegt; zwar geht ein Maulesel, der einem Geiste gehorcht, jeden Tag ein Jahr weit, aber dir zulieb lasse ich ihn langsamer gehen.« Bei Sonnenuntergang hielten sie wieder stille, Abd Assamd holte das Nachtessen aus dem Quersack und des Morgens wieder das Frühstück; so reisten sie immer gen Westen, vier Tage lang, den ganzen Tag und die Hälfte der Nacht.

Am fünften Tag kamen sie nach Fez. Alle Bewohner der Stadt, die Abd Assamd begegneten, grüßten ihn und küssten ihm die Hände. Nach einer Weile blieb er vor einem Tor stehen und klopfte. Da trat ein Mädchen mit schmachtendem Aussehen, wie eine durstige Gazelle, aus dem Hof. Abd Assamd rief: »Öffne uns das Schloss, meine Tochter Rahmah.« Sie erwiderte: »Bei meinem Haupte und meinen Augen, mein Vater!« öffnete die Türe und ging ihrem Vater voran. Djaudar verlor fast den Verstand, als sie sich so hin und her wiegte und dachte: »Bei Gott, das muss eine Prinzessin sein.« Rahmah nahm den Sack vom Maulesel und sagte: »Geh deines Weges, Gott segne dich!« Da spaltete sich die Erde, der Maulesel stieg hinunter und die Erde Schloss sich wieder. Djaudar rief: »Gelobt sei Gott, der uns glücklich vom Rücken dieses Tieres heruntergebracht.« Abd Assamd sagte ihm: »Wundere dich nicht, ich habe dir gesagt, der Maulesel ist ein Geist, komm jetzt mit uns ins Schloss!« Als Djaudar ins Schloss kam, war er höchst erstaunt über die vielen prachtvollen Divane und anderen mit Perlen und Edelsteinen besetzten Kostbarkeiten, Abd Assamd ließ dann von seiner Tochter Rahmah einen Bündel bringen, öffnete ihn und zog ein Kleid heraus, das tausend Dinare wert war, und sagte zu Djaudar: »Zieh es an, Djaudar, und sei uns hier willkommen.« Djaudar zog das Kleid an und glich darin einem König von den Königen des Westens. Dann holte Abd Assamd aus dem Quersack vierzig Schüsseln mit verschiedenen Speisen und sagte zu Djaudar: »Komm her und iss, und wenn dir diese Speisen nicht schmecken, so sage uns nur, was dir beliebte Djaudar erwiderte: »Bei Gott, mein Herr, ich esse alles gern, frage mich nicht, gib mir, was du willst.«

Djaudar blieb nun zwanzig Tage in diesem Schloss, zog jeden Tag ein anderes Kleid an und aß immer aus dem Quersack. Abd Assamd brauchte nie auf den Markt zu gehen, um etwas zu kaufen, sogar allerlei frische Früchte konnte er aus dem Quersack holen. Am einundzwanzigsten Tage sagte Abd Assamd zu Djaudar: »Komm jetzt, das ist der Tag, an dem die Schätze von Schamardal geöffnet werden können.« Sie gingen zusammen zur Stadt hinaus, das standen zwei Diener mit zwei Mauleseln, die ihrer harrten. Abd Assamd bestieg den einen und hieß Djaudar den anderen besteigen. Sie ritten bis Mittag, da kamen sie an einem Fluss und Abd Assamd sagte zu Djaudar: »Steige ab!« Auch er stieg ab und winkte den Dienern; sie kamen und führten die Maulesel weg. Nach einer Weile brachte der eine ein Zelt und der andere Divane; sie schlugen alsbald das Zelt auf und ordneten die Teppiche und Kissen. Dann holte der eine die beiden Büchsen mit den Fischen und der andere den Quersack. Abd Assamd nahm einige Speisen heraus, und als er mit Djaudar gegessen hatte, murmelte er Beschwörungen über die Fische, worauf sie aus den Büchsen herausriefen.- »Jawohl, o Zauberer der Welt, habe Mitleid mit uns, was willst du von uns?« Abd Assamd fuhr fort, Zaubersprüche herzusagen, bis die Büchsen in Stücke fuhren und zwei gefesselte Geister hervorkamen. Sie schrien: »Gnade, Zauberer der Welt, was willst du mit uns beginnen?« »Ich werde euch verbrennen, oder ihr sollt mir helfen die Schätze Schamardals öffnen.«

»Das kann nur durch den Fischer Djaudar, den Sohn Omars, geschehen.«

»Gut, der ist schon bei mir und hört euer Versprechen.« Als sie ihm dann versprachen, ihm zu helfen, ließ er sie frei.

Abd Assamd nahm dann ein Rohr, legte einige Täfelchen rotes Karneol darauf, holte einen Weihrauchkessel, legte Kohlen darauf und zündete durch ein einziges Blasen Feuer an. Hierauf legte er den Weihrauch zurecht und sagte zu Djaudar: »Ich werde jetzt meine Beschwörungen beginnen und darf dann nicht mehr sprechen, sonst werden sie ganz nutzlos, darum will ich, ehe ich den Weihrauch auf die Pfanne tue, dir sagen, was du tun musst, um zum Ziel zu gelangen. Wisse, dass durch meine Beschwörungen dieser Fluss austrocknen wird, du wirst ein goldenes Tor sehen, so groß wie ein Stadttor, mit zwei Ringen von Edelsteinen; klopfe leise am Tor und warte ein wenig, klopfe dann etwas stärker und warte wieder, dann klopfe zum dritten Mal. Eine Stimme wird fragen: Wer klopft an dem Tor des Schatzes, ohne zu verstehen, wie man Geheimnisse löst? Antworte darauf: »Ich bin Djaudar, der Sohn Omars. Es wird dann ein Mann, mit einem Schwert in der Hand, zu dir herauskommen und dir sagen: Wenn du Djaudar bist, so gib deinen Hals her, dass ich dir den Kopf abschneide; streckte ihm nur den Hals hin, fürchte nichts, denn sobald er dich schlagen will, fällt er leblos hin und du empfindest nicht den mindesten Schmerz; widersetzest du dich aber, so tötet er dich. Du gehst dann weiter bis zu einem anderen Tor, klopfe daran, es wird ein Reiter herauskommen mit einer Lanze und dich fragen: wer hat dich hier hergebracht an einem Ort, den niemand betreten soll? Bei diesen Worten wird er die Lanze über dich schwingen; öffne ihm nur die Brust, denn sobald er dich schlägt, fällt er tot vor dir hin; tust du es nicht, so bringt er dich um.

»Du kommst dann«, fuhr Abd Assamd fort, »an eine dritte Tür; klopfe wieder, es wird ein Mann herauskommen mit einem Bogen in der Hand und wird einen Pfeil gegen dich schießen, öffne nur deine Brust, er sinkt leblos zu deinen Füßen. Dann trete vor das vierte Tor und klopfe, es wird ein reißendes Tier auf dich zukommen von ungeheurer Gestalt, um dich zu fressen; fürchte dich nicht, wenn es den Rachen aufsperrt, und entfliehe nicht, sondern strecke ihm deine Hand hin, denn sobald es dich beißen will, fällt es zu Boden und du bleibst unverletzt. Geh dann zur fünften Türe, da wird ein schwarzer Sklave herauskommen und dich fragen, wer bist du? Antworte: Ich bin der Fischer Djaudar, der Sohn Omars. Er wird dir sagen: So komme zur sechsten Türe. Du gehst hin und rufest: »O Jesus, bitte Moses, dass er mir die 'Für öffne! Die Türe wird sich öffnen und du wirst zwei Schlangen sehen, eine zur Rechten und eine zur Linken, die mit aufgesperrtem Rachen auf dich losrennen, strecke ihnen nur deine Hände hin, jede wird eine Hand beißen wollen und nur, wenn du dich fürchtest, werden sie dich töten. Dann klopfe an der siebenten Tür, da wird deine Mutter dir entgegenkommen und dir sagen: »Willkommen, mein Sohn, tritt näher, dass ich dich grüße! Sage ihr aber: Bleibe fern von mir und entkleide dich! Deine Mutter wird sagen. »Mein Sohn, ich habe dich ja gesäugt und erzogen, wie soll ich mich vor dir entkleiden? Antworte ihr: Wenn du dich nicht entkleidest, so bringe ich dich um; nimm bei diesen Worten das Schwert, das zu deiner Rechten an einer Schnur hängen wird, und schwinge es drohend über sie, und lass dich ja nicht durch Bitten und Tränen erweichen, bis sie sich entkleidet, dann wird sie sogleich vor deinem Augen niederstürzen. Wird auf diese Weise aller Zauber gelöst, so hast du nichts mehr zu befürchten, du wirst dann eine Schatzkammer mit Goldhaufen sehen, kehre dich nicht daran, sondern hebe am obern Ende der Schatzkammer einen Vorhang auf, da siehst du den Zauberer Schamardal auf einem goldenen Thron sitzen und auf seinem Haupt glänzt etwas wie der Mond, das ist die Himmelskugel; auch ist er mit einem Schwert umgürtet, hat ein Schächtelchen am Hals hängen und einen goldenen Siegelring am Finger, nimm diese vier Dinge und bringe sie mir, hüte dich aber, etwas zu vergessen von dem, was ich dir gesagt und sei furchtlos, sonst wirst du es bereuen.« Er wiederholte ihm dann alles mehrere Male. Djaudar sagte: »Ich habe mir alles wohl gemerkt, aber wer kann diesen Talismanen entgegentreten und so schreckliche Dinge ertragen?« Abd Assamd versetzte aber: »Fürchte dich nicht, es sind leblose Körper«, und er sprach ihm solange zu, bis er ausrief: »Nun, ich setze mein Vertrauen auf Gott.« Abd Assamd warf dann den Weihrauch auf die Pfanne und rezitierte einige Zauberformeln, der Fluss trocknete aus und Djaudar klopfte an den verschiedenen Türen und überstieg alle Hindernisse, bis ihm seine Mutter begegnete und ihn beschwor, sie nicht zu zwingen, sich zu entkleiden. Als er ihr mit dem Schwert drohte, zog sie sich zur Hälfte aus und sagte: »O mein Sohn, es ist eine Sünde, mich ganz vor dir zu entblößen, sei nicht so hart, fordere dies nicht von deiner Mutter, lass dich erweichen!« Djaudar sagte: »Das ist wahr, du hast recht, du brauchst dich nicht weiter zu entkleiden.« Kaum hatte er das gesagt, schrie sie: »Er hat gefehlt, prügelt ihn!« Da kamen schwarze Sklaven herbei, prügelten ihn, dass er in seinem Leben daran zu denken hatte, warfen ihn zur Tür hinaus und schlossen sie wieder. Abd Assamd nahm ihn zu sich und das Wasser kehrte, wie zuvor, in den Fluss zurück.

Abd Assamd brachte Djaudar durch Beschwörungen wieder zum Bewusstsein zurück, dann fragte er ihn, was er gemacht? Djaudar sagte: »Ich hatte alle Hindernisse besiegt, bis meine Mutter kam, mit der ich lange stritt, und die ich nötigte, sich bis auf ihre Beinkleider zu entkleiden; dann bat sie mich aber so sehr, sie nicht zu beschämen, dass ich nachgab und sie nicht ganz nackt sehen wollte. Darauf schrie sie: »Er hat gefehlt. Da kamen Leute, ich weiß nicht woher, und schlugen mich und stießen mich zur Tür hinaus; was nachher geschah, weiß ich nicht.« Abd Assamd sagte: »Habe ich dich nicht gewarnt, ja nichts zu unterlassen von allem, was ich dir angegeben? Hättest du sie gezwungen, sich völlig zu entkleiden, so wären wir jetzt am Ziele. Du hast mir und dir selbst geschadet. Nun musst du bis aufs nächste Jahr um diesen Tag bei mir bleiben.« Er ließ hierauf die Sklaven das Zelt zerstören und die zwei Maulesel bringen, und kehrte mit Djaudar nach der Stadt Fez zurück, wo sie ein ganzes Jahr verweilten, in welchem Djaudar gut aß und gut trank und jeden Tag ein neues Kleid anzog.

Nach einem Jahr ritten sie wieder zusammen an den Fluss, die Sklaven schlugen ein Zelt auf und Abd Assamd machte Rauchwerk, schärfte Djaudar wieder alles ein, wie das vorige Jahr und sagte ihm: »Die Frau, die sich entkleiden soll, ist nicht deine wirkliche Mutter, es ist nur ein Talisman, der dich irre führen will, und fehlst du diesmal wieder, so kommst du nicht lebendig davon.« Djaudar sagte: »Ich werde deine Ermahnung so wenig vergessen, als die erhaltenen Prügel, wenn ich diesmal fehle, so mag man mich verbrennend Er ging hierauf über den wieder ausgetrockneten Fluss, klopfte an den verschiedenen Türen und besiegte alle Hindernisse, bis seine Mutter wieder kam und ihn bewillkommte; er sagte aber: »Entkleide dich, Verruchte! wieso bin ich dein Sohn?« Sie entkleidete sich zur Hälfte und bat wieder um Schonung, aber sich seiner Tracht Prügel erinnernd, unterdrückte er jedes Mitleid und drohte ihr solange, bis sie sich ganz zu entkleiden anfing, worauf sie leblos hinfiel. Djaudar trat dann in die Schatzkammer und kehrte sich nicht an den Haufen Gold, der dalag, sondern ging in das Nebengemach zum Zauberer Schamardal, nahm ihm die Himmelskugel, das Schwert, das Schächtelchen und den Ring, und ging damit heraus zu Abd Assamd. Auf den ganzen Weg vernahm er Musik und die Diener des Schatzes riefen ihm zu: Möge das, was du erlangt hast, dir Glück bringen! Abd Assamd ließ von seinen Beräucherungen und Beschwörungen ab, umarmte Djaudar und befahl den Dienern, das Zelt zu zerstören und die Maulesel zu bringen, und ritt mit Djaudar wieder nach Fez. In Fez angelangt, sagte Abd Assamd, nachdem sie zusammen sich an Speisen, die aus dem Quersack geholt wurden, gesättigt hatten, zu Djaudar: »Du hast meinetwillen deine Heimat verlassen und mich an das Ziel meiner Wünsche gebracht, nun fordere von mir, was du willst.« Djaudar sagte: »Ich möchte gern deinen Quersack haben.« Abd Assamd gab ihm den Quersack mit den Worten: »Dieser Sack wird allerdings dir deine Nahrung gewähren, so oft du einen heiligen Namen nennst, mit der Hand hingreifst und sagst: Diener des Quersackes, bringe mir diese oder jene Speise! Doch ich habe dir versprochen, dich vollkommen glücklich in deiner Heimat zu machen, darum sollst du noch einen anderen Sack mit Gold und Edelsteinen gefüllt haben; werde Kaufmann und handle damit!« Er ließ hierauf einen Sklaven mit einem Maulesel kommen, der einen Quersack voll Gold und Edelsteine trug, und sagte zu Djaudar: »Besteige diesen Maulesel! der Sklave, der den Weg kennt, wird vor dir hergehen bis an die Tür deines Hauses, dann nimmst du die zwei Säcke und er wird mir den Maulesel zurückbringen. Teile aber ja niemanden dein Geheimnis mit, ich vertraue dir meine Ehre an!« Djaudar dankte ihm und ritt hinter dem Sklaven her.

Nachdem Djaudar einen Tag und eine Nacht lang hinter dem Sklaven geritten war, befand er sich an dem Siegestor von Kahirah, da saß seine Mutter und bettelte. Sobald er sie erblickte sprang er vom Maulesel herunter und umarmte sie, dann setzte er sie auf den Maulesel und ging neben ihr her bis zu ihrer Wohnung; hier hob er sie herunter und entließ den Diener und den Maulesel, welche Geister waren und zu ihrem Herrn zurückkehrten. Djaudar fragte dann seine Mutter: »Wie kommt es, dass du betteln musstest, wo sind den die zwölfhundert Dinare hingekommen, die ich dir vor meiner Abreise gegeben?«

»Deine Brüder haben mir sie weggenommen und gesagt, sie wollten damit etwas verdienen, sie haben aber das Geld verschwendet und mich aus dem Hause gejagt, so dass ich vor Hunger betteln musste.«

»Betrübe dich nun nicht mehr, ich habe viel Glück gehabt, hier ist ein Sack voll mit Gold.«

»Du hast Glück, Gott sei dir ferner gnädig! Doch geh schnell und hole Brot, denn ich habe gestern nicht zu Nacht gegessen und bin sehr hungrig.«

»Sogleich, meine Mutter, sollst du haben, was du verlangst; sag mir nur was du gern essen willst, ich brauche nichts zu kaufen und bedarf auch keines Kochs.«

»Mein Sohn, ich sehe doch nicht, dass du etwas bei dir hast.«

»Aus diesem Quersack kann ich allerlei Speisen holen.« »Mir ist alles recht, man begnügt sich mit allem, wenn man nichts Anderes haben kann.«

»Wenn sich aber allerlei vorfindet, so wählt man, was man gerne ist, drum sage mir, was du gerne wünschest.«

»Frisches Brot und ein Stückchen Käse.«

»Das ist zu gering für dich.«

»Nun, Brot und Bohnen.«

»Auch das ist nicht vornehm genug.«

»Nun, da du doch meinen Rang kennst, so sage du, was mir ziemt.«

»Dir ziemen gebratene Hühner, Reis mit Pfeffer, Honig, farcierte Rippen und süße Mehlspeise.«

»Spottest du meiner? träumst du oder bist du verrückt? Woher sollen alle diese kostbaren Gerichte kommen? wer kann die zubereitend - »Bei meinem Leben, du sollst sogleich alle Speisen haben, die ich dir genannt.«

Djaudar nahm hierauf den leeren Sack, streckte die Hand hinein und holte alle Speisen hervor, die er genannt hatte. Seine Mutter wunderte sich und sagte: »Der Sack war doch ganz leer?« Djaudar sagte ihr, er habe diesen Sack von Abd Assamd und ein Geist sei ihm dienstbar, der alle Speisen herbeischaffen müsse. Sie stellte dann selbst einen Versuch an und forderte eine farcierte Rippe, die sie sogleich im Sack fand. Als sie gegessen hatte, sagte ihr Djaudar: »Tu das übrige in andere Schüsseln, lege die leeren Schüsseln wieder in den Sack, bewahre ihn auf und entdecke niemanden das Geheimnis.« Während sie so beisammen saßen, traten Salem und Selim herein, welche die Ankunft ihres Bruders mit einem Sklaven auf einem Maulesel, in einem Aufzuge, der seinesgleichen nicht findet, vernommen hatten. Sie bereuten es jetzt, ihre Mutter so mißhandelt zu haben, und fürchteten, sie möchte es Djaudar erzählen; doch wagten sie es, zu ihm zu gehen, weil sie wussten, dass, wenn sie sich entschuldigten, er so großmütig sein werde, ihnen zu verzeihen. Djaudar hieß sie sitzen, bewillkommte sie und ließ sie essen, bis sie satt waren.

Als sie genug gegessen hatten, wollten sie das übrige für das Nachtessen aufbewahren, aber Djaudar sagte ihnen: »Teilet es den Armen aus, ich will für heute Abend noch mehr als dieses herbeischaffend Sie nahmen nun die übrig gebliebenen Speisen mit und gaben davon jedem Armen, der ihnen begegnete, bis sie nichts mehr hatten; dann brachten sie die leeren Schüsseln ihrer Mutter, die sie auf Djaudar Befehl wieder in den Sack steckte. Des Abends holte Djaudar wieder vierzig Speisen heraus und hieß seine Mutter den Tisch decken; ebenso am folgenden Morgen zum Frühstück und so zehn Tage lang. Am elften Tage sagte Salem zu Selim: »Wie ist unser Bruder auf einmal so reich geworden, dass er dreimal täglich wie ein Sultan speist und das übrige austeilt?« Selim sagte: »Frage eher noch, woher diese Speisen kommen, da er doch nie etwas einkauft, auch nie ein Feuer bei ihm brennt.« Salem versetzte: »Es ist wahrlich zum Erstaunen, wir müssen nun irgend eine List gebrauchen, um durch unsere Mutter zu erfahren, wie es damit zugeht.« Sie begaben sich hierauf, in ihres Bruders Abwesenheit, zu ihrer Mutter und sagten, sie wären hungrig. Die Mutter ging in das Nebenzimmer und holte die warme Schüssel heraus. Da sagten sie: »O Mutter! diese Schüssel ist warm und du hast doch gar kein Feuer im Hause.« Sie antwortete: »Ich habe sie aus dem Quersack geholt.«

»Aus welchem Sack?«

»Aus dem, welchem ein Geist dienstbar ist und den ein Zauberer aus dem Abendlande eurem Bruder geschenkt hat; saget aber niemanden etwas davon.«

»Wir wollen es geheim halten, aber zeige es uns doch einmal, wie das zugeht.« Als sie ihnen den Sack gezeigt hatte, sagte Salem zu Selim: »Wie lange sollen wir noch bei Djaudar uns wie Diener behandeln lassen und von Almosen leben? Wir wollen List gegen ihn gebrauchen und den Sack in unsere Gewalt bringen.« Selim fragte: »Wie willst du dies anfangen?«

» Wir verkaufen ihn als Matrosen.«

»Wie können wir dies?«

»Du sollst es diesen Abend schon sehen, wir gehen zusammen zum Kapitän des roten Meers und laden ihn zu uns ein, er wird uns glauben, was wir ihm über Djaudar sagen.« Als sie so beschlossen hatten, ihren Bruder zu verkaufen, gingen sie zum Kapitän uns Salem sagte ihm: »Herr! wir beide sind Brüder und haben noch einen dritten Bruder, der ein sehr verworfener Mensch ist, an dem gar nichts Gutes. Als unser Vater starb und uns Vermögen hinterließ, teilten wir es untereinander, aber unser Bruder hatte bald seinen Anteil in sündhafter Weise verschwendet; er klagte uns dann an, wir hätten ihm zu wenig gegeben und führte so lang Prozesse gegen uns, bis wir auch arm wurden; es wäre uns daher sehr lieb, wenn du ihn uns abkaufen wolltest.« Da sagte der Präfekt: »Wenn ihr durch irgend eine List mir ihn hier herschaffen könnt, so schicke ich ihn gleich auf die See.«

»Wir können ihn nicht hier herbringen«, erwiderte Salem; »doch sei du unser Gast und bringe nur zwei Männer mit dir; wenn unser Bruder dann schläft, so fallen wir alle über ihn her und knebeln ihn und führen ihn unter dem Schutz der Nacht aus der Stadt.« Der Präfekt sagte: »Gut, wollt ihr ihn für vierzig Dinare verkaufend - »Recht gern«, antwortete Salem, und er bezeichnete ihm einen Platz, wo er nach dem Nachtgebet sich einfinden sollte. Die beiden Brüder gingen hierauf wieder zu Djaudar und Salem küsste ihm die Hand. Djaudar fragte: »Was hast du, mein Bruder?« Salem antwortete: »Wisse, wir haben einen Freund, der uns oft schon eingeladen und uns tausend andere Gefälligkeiten erwiesen hat; als ich heute ihn sah und grüßte, lud er mich wieder ein; ich sagte ihm aber, ich könne meinen Bruder nicht allein lassen. Da sagte er: Bringe ihn mit dir. Ich erwiderte: Das wird er nicht wollen, sie du lieber mit deinen Freunden - es saßen deren einige bei ihm - unser Gast. Ich sagte dies, weil ich nicht glaubte, dass er meine Einladung annehmen würde, nun nahm er sie aber an und bat mich, ihn am Tor der kleinen Moschee zu erwarten; ich komme daher ganz beschämt zu dir und frage, ob du unser Herz stärken und sie als deine Gäste aufnehmen wirst, oder wenn du sie nicht in dein Haus nehmen willst, sie doch bei einem unserer Nachbarn bewirten lässt?«

Djaudar sagte: »Warum soll ich sie zu den Nachbarn schicken? Ist etwa unser Haus zu eng oder haben wir nicht für sie zu essen? Schäme dich, mich nur über so etwas zu fragen. Haben wir nicht die besten Speisen und Süßigkeiten und so viel, dass immer noch übrig bleibt? Du kannst Leute bringen, so viel du willst, und wenn ich nicht zu Hause bin, so wird meine Mutter dir Speisen in Masse bringen; geh also und hole deine Gäste. Gottes Segen mag über uns kommen!« Salem küsste ihm die Hand und ging an das Tor der kleinen Moschee, wo nach dem Nachtgebet der Kapitän mit seinem Leuten sich einfand, und führte sie in Djaudars Haus. Djaudar stand auf, bewillkommte sie, hieß sie sitzen und ahnte nicht, was sie im Herzen gegen ihn verbargen. Er bot dann seine Mutter, das Nachtessen zu bringen, und sie holte vierzig Speisen, die ihr Djaudar nacheinander angab. Der Kapitän und seine Leute aßen nun, bis sie satt waren, und glaubten, das alles käme von Salem. Als der dritte Teil der Nacht vorüber war und sie auch süße Speisen gegessen hatten, legten sie sich schlafen. Sobald aber Djaudar einschlief, fielen sie über ihn her, und ehe er erwachte, stopften sie ihm den Mund zu und führten ihn zur Stadt hinaus nach Suez, wo er ein ganzes Jahr lang mit Fesseln an den Füßen, wie ein Sklave, die gemeinsten Arbeiten verrichten musste. - Das ist, was Djaudar betrifft; seine Brüder aber gingen am folgenden Morgen zu ihrer Mutter und fragten sie, ob Djaudar noch nicht wache? - »Wecket ihn auf!«

»Wo schläft er denn?«

»Bei den Gästen.«

»Nun, so ist er wahrscheinlich mit den Gästen fortgegangen, um neue Schätze zu entdecken, denn er findet Geschmack an der Fremde, und ich habe gehört, wie die Gäste, welche Abendländer waren, ihm zuredeten, mit ihnen zu gehen.«

»Ist er denn mit Abendländern zusammengekommene - » Waren denn nicht solche unsere Gäste.«

»Nun, so wird er mit ihnen gegangen sein, Gott lenke ihn, er wird gewiss mit vielem Segen zurückkehren;« doch fiel es ihr so schwer, von ihm getrennt zu leben, dass sie weinte. - »Du Verruchte, so sehr liebst du Djaudar, wenn wir aber noch solange abwesend bleiben, betrübst du dich nicht, und wenn wir bei dir sind, freust du dich nicht; sind wir nicht ebenso gut deine Kinder, als Djaudar?«

» Ihr seid auch meine Kinder, doch ihr habt mir nie Gutes erwiesen, von dem Tag an, wo euer Vater gestorben; Djaudar aber hat mich stets verehrt und gestärkt, er verdient, dass ich um ihn weine, denn ich sowohl, als ihr, haben ihm viel zu verdankend - Die beiden Brüder schmähten und schlugen ihre Mutter und gingen hierauf in das Kabinett, um den Quersack zu suchen; da stolperten sie über den anderen Quersack, der mit Gold und Edelsteinen gefüllt war und sagten: »O Verruchte! hier ist das Geld unseres Vaters.«

»Nein, bei Gott! es gehört eurem Bruder Djaudar, der es aus dem Westen gebracht.«

»Nein, es ist das Vermögen unseres Vater, das wir jetzt nehmen und unter uns teilen.« Als die Teilung des Geldes vorüber war und sie miteinander über den Besitz des anderen Quersacks stritten, sagte ihre Mutter: »O meine Söhne! ihr habt den Sack mit Gold und Edelsteinen unter euch geteilt, diesen Sack könnt ihr nicht teilen, sonst ist er nichts mehr wert; Lasst mir ihn also, ich will euch zu jeder Zeit die Speisen herausholen die ihr verlangt, und wollt ihr mich von eurem Geld kleiden, so bin ich zufrieden und wir können ruhig beisammen leben; wie leicht kann euer Bruder zurückkommen und euch zu schanden machen.« Sie zankten aber die ganze Nacht fort, bis ein Kawas des Königs, der in einem der benachbarten Häuser zu Gast war, an einem Fenster, das in die Wohnung Djaudar ging, alles hörte. Der Kawas berichtete am folgenden Morgen dem König, Schems Addaulat, alles, was er gehört hatte; der König schickte sogleich nach Djaudars Brüdern und ließ sie foltern, bis sie alles eingestanden; dann ließ er ihnen beide Quersäcke wegnehmen und sie einsperren, ihrer Mutter aber ließ er jeden Tag aus seinem Schloss bringen, was sie bedurfte.

Djaudar machte, nachdem er ein ganzes Jahr in Suez zugebracht hatte, eine Seereise; da erhob sich ein mächtiger Sturmwind, der das Schiff in Klippen stieß, die es zerschmetterten. Alle, die auf dem Schiff waren, ertranken, nur Djaudar rettete sich ans Land.

Da kam er zu einem arabischen Stamm und erzählte dem Obersten desselben, was ihm widerfahren. Bei diesen Arabern befand sich aber ein Kaufmann aus Djiddah, der ihn bemitleidete. Er sagte zu Djaudar: »Bleibe bei mir als Gehilfe und reise mit mir nach Djiddah.« Djaudar willigte ein und wurde von dem Kaufmann sehr würdig behandelt. Von Djiddah pilgerte der Kaufmann mit ihm nach Mekka.

Auf einmal, als Djaudar den Kreis um den Tempel machte, begegnete er seinem alten Freund Abd Assamd. Sobald dieser Djaudar sah, grüßte er ihn und fragte ihn, wie es ihm gehe? und als er von seinem Unglück hörte,' nahm er ihn mit in seine Wohnung, schenkte ihm ein unbeschreiblich schönes Kleid und sagte, nachdem er seine Geomancie zu Rat gezogen: »Die Zeit deines Unglücks ist zu Ende, deine Brüder sind längst in Ägypten eingesperrt, dir wird es aber gut gehen: bleibe nur bei mir, bis du die Pflichten der Pilgerfahrt vollbracht hast.«

Djaudar erwiderte dem Abd Assamd: »Ich will nur zu meinem Herrn gehen, bei dem ich diene, dann kehre ich wieder.« Abd Assamd fragte: »Bist du etwas schuldig?« »Nein«, antwortete Djaudar. »Nun«, sagte Abd Assamd, »so geh und verabschiede dich bei ihm, denn da du sein Brot gegessen, so hat er ein Recht, dies von dir zu verlangend Er ging zum Kaufmann und sagte ihm, er habe einen Freund getroffen, bei dem er bleiben wolle. Der Kaufmann sagte: »Wenn dein Freund mein Gast sein will, so bringe ihn mir her!« Djaudar erwiderte: »Er ist ein wohlhabender Mann, hat viele Diener und bedarf keiner Einladung.« Da gab ihm der Kaufmann für die Dienste, die er ihm geleistet, zwanzig Dinare. Djaudar nahm Abschied von ihm, ging mit dem Geld fort und schenkte es unterwegs einem Armen; dann kehrte er wieder zu Abd Assamd zurück und blieb bei ihm, bis alle Feierlichkeiten der Pilgerfahrt vorüber waren. Nun gab ihm Abd Assamd den Ring, den er unter den Schätzen Schamardals gefunden, und sagte ihm: »Dieser Ring führt dich an dein Ziel, ihm gehorcht ein Diener, welcher der zerschmetternde Donner heißt, er erscheint, sobald du den Ring reibst und du kannst ihm befehlen, was du willst.« Abd Assamd rieb hierauf den Ring in Djaudars Gegenwart; da erschien sogleich ein Diener, welcher sagte: »Was wünschest du, mein Herr? Wenn du willst, so verwüste ich Städte oder mache sie blühend, ich bringe Könige um und schlage ganze Armeen.« Abd Assamd antwortete: »Höre Donner! dieser Mann ist nun dein Herr, gehorche ihm!« Er sagte dann zu Djaudar: »Bewahre diesen Ring wohl, denn du kannst durch ihn alle deine Feinde überlisten, unterschätze dessen Wert nicht.« Djaudar sagte: »Mit deiner Erlaubnis möchte ich in meine Heimat zurückreisen.« Abd Assamd erwiderte: »Reibe nur den Ring, sobald du ihn reibst, wird der Diener erscheinen, der dich, wen du es forderst, heute noch nach Ägypten bringt.« Djaudar nahm hierauf Abschied von Abd Assamd, rieb den Ring, und als ihm der Diener erschien, sagte er: »Bringe mich heute nach Kahirah.« Der Diener sagte: »Es sei dir gewährte, nahm ihn auf den Rücken, flog mit ihm von Mittags bis Mitternacht, ließ ihn im Hof seines Hauses herunter und verschwand wieder. Als Djaudar zu seiner Mutter kam, erzählte sie ihm weinend, wie seine zwei Brüder sie behandelt haben und wie sie die beiden Quersäcke verloren.

Djaudar, den das Schicksal seiner Brüder betrübte, sagte seiner Mutter: »Betrübe dich nicht über die Vergangenheit, ich will dir gleich zeigen, was ich vermag und wie ich meine Brüder hier herbringe.« Er rieb den Siegelring, der Diener erschien und sagte: »Was verlangt mein Herr?« Djaudar antwortete. »Ich befehle dir, meine Brüder aus dem königlichen Gefängnis hierher zu holen.« Der Diener versank. in der Erde und stieg mitten im Gefängnis wieder herauf, in einem Augenblick, wo gerade Salem und Selim vor harter Bedrängnis sich den Tod wünschten. Sie fielen in Ohnmacht, als der Diener mit ihnen in die Erde hinunterstieg, und als sie wieder zu sich kamen, befanden sie sich in ihrem Haus, wo Djaudar bei seiner Mutter saß. Sobald Djaudar sie erblickte, grüßte und bemitleidete er sie, sie aber weinten und schlugen das Gesicht nieder. Djaudar sagte ihnen: »Weinet nicht, Satan hat euch durch Habgier dahin gebracht, dass ihr mich verkauft habt, doch haben Jakobs Söhne ihrem Bruder Joseph noch weit mehr Unrecht getan, als ihr mir, denn sie haben ihn in eine Grube geworfen, ich verzeihe euch; bekehret euch nur und betet zu Gott, dass er euch verzeihe: er ist der Vergebende, der Barmherzige.« Er heiß seine Brüder nochmals willkommen und redete ihnen so sehr ans Herz, bis es ihnen leichter wurde; dann erzählte er ihnen, was er in Suez und auf der Reise gelitten, bis er Abd Assamd traf, der ihm den Ring geschenkt. Da riefen sie: »Verzeihe uns diesmal noch, o Bruder! begehen wir aber noch einmal ein Unrecht gegen dich, so tu uns, was du willst.« Djaudar sagte: »Fürchtet nichts, doch erzählt mir, wie. der König gegen euch verfahrene Sie sagten: »Er hat uns eingeschüchtert, prügeln lassen und hat uns die beiden Quersäcke genommene Djaudar sagte: »Er wird schon aufmerksam.« Er rieb hierauf den Ring, der Diener erschien, und Salem und Selim fürchteten sich sehr, weil sie glaubten, Djaudar werde ihm Befehl erteilen, sie umzubringen; sie umfassten ihre Mutter und sagten: »Wir begehen uns unter deinen Schutz, bitte für uns.« Djaudar aber sagte: »Fürchtet euch nicht, meine Brüder!« Dann wendete er sich zum Diener und befahl ihm, alles, was in den Schatzkammern des Königs sei, zu bringen, besonders die beiden Quersäcke, die er von seinen Brüdern genommen. Der Diener flog sogleich ins Schloss, packte alles zusammen, was in den Schatzkammern des Königs war, und legte es vor Djaudar nieder. Dieser gab seiner Mutter den Quersack mit Edelsteinen aufzubewahren und legte den, welchem ein Geist untergeordnet war, vor sich nieder; dann sagte er dem Diener: »Baue mir diese Nacht ein hohes Schloss, streiche es mit Goldfarbe an und legte kostbare Divane hinein; du musst aber, ehe der Tag anbricht, damit zu Ende sein.« Er holte dann Speisen aus dem Sack, belustigte sich mit seinen Brüdern und schlief ein. Der Diener versammelte seine Genossen und befahl ihnen, ein Schloss zu bauen. Der eine musste Steine hauen, der andere bauen, der dritte anstreichen, der vierte malen, der fünfte Divane herrichten, und ehe der Tag anbrach, war das Schloss vollendet. Der Diener kam, um es Djaudar zu melden, und ihn zu bitten, es anzusehen; Djaudar ging mit seiner Mutter und seinen Brüdern, und sah ein Schloss, desgleichen nirgends zu finden ist, und dessen Malereien sie in Erstaunen versetzten. Es befand sich auf offener Straße und er hatte nichts dafür ausgegeben. Er bat seine Mutter, hineinzuziehen und es zu bewohnen. Er rieb dann den Ring wieder, und als der Diener erschien, sagte er ihm: »Bringe mir vierzig weiße Sklavinnen und vierzig schwarze, vierzig Mamelucken und vierzig schwarze Sklaven.« Der Diener schickte seine Genossen nach Indien, Sind und Persien, und sie brachten die hübschesten Sklaven und Sklavinnen und stellten sie Djaudar vor.

Djaudar befahl dann dem Diener, jedem ein kostbares Kleid zu bringen, und als dies geschehen war, ließ er auch Kleider für sich, seine Mutter und Brüder bringen. Er stellte die Sklavinnen, als sie angekleidet waren, seiner Mutter vor und sagte ihnen: »Das ist eure Herrin, küsset ihr die Hand und befolget alle ihre Befehle.« Die Mamelucken aber küssten Djaudar die Hand, er glich einem Sultan und seine Brüder umgaben ihn wie Wesire und ein jeder von ihnen bewohnte mit seinen Sklaven und Sklavinnen einen Flügel des sehr geräumigen Schlosses. Das ist's, was Djaudar mit den Seinigen angeht. Der Schatzmeister des Königs aber, der am folgenden Morgen etwas aus der Schatzkammer holen wollte, fand sie ganz leer und schrie jämmerlich und fiel in Ohnmacht. Als er wieder zu sich kam, begab er sich zum König Schems Addaulat, und fragte ihm: »O Fürst der Gläubigen, deine Schatzkammer ist diese Nacht ausgeplündert worden.« Der König sagte: »Was hast du mit den Schätzen getan, die ich gesammelte - »Bei Gott! ich weiß nicht, die Schatzkammer war gestern noch voll, und als ich heute hineinkam, war sie leer und doch waren alle Türen verschlossen, es war nirgends ein Einbruch zu sehen, kein Schloss war zerbrochen, ich weiß nicht, wie sie geleert worden.«

»Sind auch die beiden Quersäcke weggekommen?«

»Auch diese sind nicht mehr da.« Der König verlor ganz den Verstand und sagte außer sich zum Schatzmeister: »Geh vor mir her in die Schatzkammer!« Als der König selbst in die Schatzkammer trat und sie ganz leer fand, geriet er in heftigen Zorn und sagte: »Wer wagt es, meinen Schatz zu berühren und meiner Macht zu trotzen?« Er versammelte nun seine Räte und die Anführer der Armeen und sagte ihnen: »Wisset, dass verflossene Nacht alle meine Schätze ausgeplündert worden sind; wer wagte es wohl, ein solches Verbrechen zu begehen?« Da trat der Kawas, welcher den früheren Streit zwischen Salem und Selim mit angehört hatte, hervor und sagte: »O König! wisse, ich habe diese Nacht so wunderbare Dinge gesehen, dass ich die ganze Nacht nicht schlafen konnte.«

»Was hast du gesehen?« fragte der König. - »Ich habe die ganze Nacht bauen hören«, erwiderte der Kawas, »und als der Morgen anbrach, sah ich ein vollendetes Schloss; ich fragte, wem es gehöre? und vernahm, es gehöre Djaudar, dem Sohn Omars, der mit vielen Schätzen, Mamelucken und Sklaven von seiner Reise zurückgekehrt ist; er hat auch seine Brüder aus dem Gefängnis befreit und lebt in seinem Schloss wie ein Sultan.« Der König sagte: »Seht einmal im Gefängnis nach, ob Salem und Selim wirklich entkommen sind.« Man öffnete die Türe des Gefängnisses, und fand weder Selim noch Salem. Da sagte der König: »gewiss hat derjenige, welcher Selim und Salem befreit, auch meine Schätze gestohlen, und beides kann kein anderer getan haben, als ihr Bruder Djaudar.«

Der König sagte dann dem Wesir: »Schicke einen Emir mit fünfzig Mann, um Djaudar und seine Brüder gefangen zu nehmen, lass auch alle ihre Güter versiegeln und hierher bringen. und recht schnelle Der Wesir sagte: »O König, mäßige deinen Zorn, Gott ist auch gnädig und straft nicht gleich die Menschen, die ihm widerspenstig sind; bedenke, dass wenn Djaudar sich, wie du hörst, in einer Nacht ein so großes Schloss hat bauen lassen, er so mächtig ist, dass niemand sich mit ihm messen kann; ich fürchte daher sehr für den Emir, es möchte ihm übel gehen; lass uns lieber erst den Stand der Dinge untersuchen und auf andere Mittel sinnen, zuletzt kann ja immer noch dein Wille geschehend Der König sagte: »So rate du, was ich tun soll.« Der Wesir erwiderte: »Schicke ihm den Emir und lasse ihn zu dir einladen, ich werde ihn an dich fesseln, und sehen, ob er mutig und stark ist, dann suchen wir ihn zu überlisten, ist er schwach, so kannst du ihn festnehmen und nach deinem Willen mit ihm verfahrene Der König billigte diesen Vorschlag und schickte den Emir Othman zu Djaudar, um ihn im Namen des Königs einzuladen. Dieser Emir war aber dumm und hochmütig; als er an Djaudars Schloss kam, sah er einen Verschnittenen vor dem Tor auf einem goldenen Stuhl sitzen; dieser Verschnittene war der Diener des Ringes selbst, dem Djaudar befohlen hatte, sich in der Gestalt eines Verschnittenen vor die Türe zu setzen. Der Verschnittene stand nicht vor dem Emir auf und trat ihm nicht entgegen, obschon er von fünfzig Mann Soldaten begleitet war. Der Emir Othman sagte ihm: »Sklave, wo ist dein Herr?« Er antwortete ihm sitzend: »Er ist im Schloss.« Othman geriet in Zorn und sagte: »Du verruchter Sklave, warum bist du so unverschämt und stehst nicht auf, wenn du mit mir sprichst?« Der Verschnittene antwortete: »Gehe deines Weges und spare die vielen Worte.« Othman, außer sich vor Wut über diese Antwort, zog seine Keule und wollt nach dem Geist, den er für einen Sklaven hielt, schlagen; als der Verschnittene aber dies sah, nahm er ihm die Keule weg und versetzte ihm vier Hiebe. Die Soldaten, welche Othman begleiteten, zogen nun ihre Schwerter, um ihrem Herrn zu helfen, aber der Verschnittene schlug sie zurück, und verwundete jeden, der sein Schwert gezogen hatte, so dass sie alle die Flucht ergriffen, und aus dem Angesicht des Schlosses sich entfernten; der Verschnittene setzte sich dann wieder auf seinen Stuhl und kümmerte sich dann um nichts.

Als der Emir mit seinen flüchtigen Soldaten wieder zum König kam, sagte er ihm: »O König, ich habe in meinem Leben kein Schloss gesehen, wie das, welches Djaudar gebaut. Als ich an dessen Tor kam, sah ich einen Verschnittenen auf einem goldenen Stuhl sitzen; er war so stolz, dass er sich nicht von seinem Platz bewegte, als er mich kommen sah und auch sitzend mich anredete; da wurde ich aufgebracht, und zog mein Schwert gegen ihn, er nahm mir aber mein Schwert weg und schlug mich und meine Soldaten, so dass wir fliehen mussten.«

Der König geriet in heftigen Zorn, als er dies hörte, und sagte: »Lasset hundert Reiter gegen das Schloss ziehen!« Es zogen hundert Reiter dahin, aber auch sie wurden vom Verschnittenen in die Flucht geschlagen; sie kehrten bestürzt zum König zurück und sagten: »O König der Zeit! der Verschnittene hat uns geschlagen und wir fürchteten uns so sehr, dass wir vor ihm entflohen.« Der König schickte hierauf zweihundert Mann gegen Djaudars Schloss, und als auch diese ihre Niederlage dem König berichteten, sagte er zu seinem Wesir: »Nun musst du mit fünfhundert Mann gegen dies Schloss ziehen und mir den Verschnittenen, Djaudar und seine Brüder hier herbringen.« Der Wesir sagte: »Mein Herr, ich brauche keine Truppen, ich will lieber ganz unbewaffnet hingehen.« Der König sagte: »Geh und tue, was du für angemessen hältst.« Der Wesir warf seine Waffen weg, zog ein weißes Kleid an, nahm einen Rosenkranz in die Hand und ging allein nach Djaudars Schloss. Als der Verschnittene ihn sah, erhob er sich von seinem Stuhl und begrüßte ihn ganz ehrerbietigst mit den Worten: »Friede sei mit dir, Mensch!« Der Wesir merkte aus dieser Anrede, dass der Verschnittene ein Genius sein müsse, und fragte, vor Angst zitternd: »Ist dein Herr Djaudar hier?«

»Er ist im Schloss.«

»Mein Herr, geh zu ihm und sagte ihm, der König Schems Addaulat lässt dich grüßen und zu einer Mahlzeit einladen.«

»Warte hier, ich will mit ihm sprechen.« Der Wesir blieb bescheiden vor dem Tor stehen und der Genius ging ins Schloss und sagte zu Djaudar: »Wisse, mein Herr, der König hat dir einen Emir geschickt, den ich geschlagen, und die fünfzig Mann, die er bei sich hatte, habe ich in die Flucht getrieben; dann schickte er hundert Reiter, dann zweihundert, die ich ebenfalls in die Flucht geschlagen; nun schickt er dir seinen Wesir ohne Waffen, um dich zu einer Mahlzeit einzuladen, was sagst du dazu?« Djaudar antwortete: »Geh und bringe mir den Wesir hierher.« Der Genius ging hinunter und sagte zum Wesir: »Mein Herr wünscht dich zu sprechen.« Der Wesir trat ins Schloss und sah Djaudar auf einem Divan sitzen, prachtvoller als der des Königs; sein Erstaunen über die Pracht dieses Schlosses und dessen Verzierungen war so groß, dass ihm der König nur noch wie ein Bettler erschien. Er verbeugte sich vor Djaudar und grüßte ihn. Djaudar sagte: »Was ist dein Begehren?«

»Der König lässt dich grüßen und wünscht dein edles Antlitz zu sehen; er hat auch schon ein Fest bereiten lassen, um dich zu empfangen, wirst du wohl ihm diese Freude gönnen?«

»Wenn er mein Freund ist, so grüße ihn und sage ihm, er soll zu mir kommen.« Der Wesir wollte wieder fortgehen, aber Djaudar rieb dann den Ring, und als der Diener erschien, sagte er ihm: »Bringe mir eines der schönsten Kleider!« Als der Diener es brachte, gab es Djaudar dem Wesir mit den Worten: »Zieh es an und sage deinem Herrn, dem König, was ich dir aufgetragen.« Als der Wesir in seinem neuen Kleid dem König erzählte, was er gesehen und was Djaudar ihm aufgetragen, brach jener auf und zog, von vielen Truppen begleitet, nach dem Schloss. Auch Djaudar hatte inzwischen dem Diener befohlen, den Hof des Schlosses mit Geistern in Gestalt kräftiger Soldaten mit allerlei Waffen und Kriegsrüstungen auszufüllen.

Als der König in den Hof des Schlosses kam und die aufgestellten Truppen sah, welche lauter große, starke Männer waren und die herrlichsten Waffen trugen, fürchtete er sich vor ihnen; er ging demütig in den Saal, wo Djaudar saß, von mehr Glanz umgeben, als irgend ein Sultan, grüßte ihn und wünschte ihm Glück. Djaudar stand nicht auf und hieß den König nicht sitzen. Dieser wurde daher sehr ängstlich, er wagte es weder, sich zu setzen, noch sich wieder zu entfernen, und dachte: wenn er sich etwas aus mir machte, so würde er mich nicht so stehen lassen, gewiss will er mich züchtigen wegen dessen, was ich seinen Brüdern getan. Djaudar redete ihn sitzend an: »O König, einem Mann, wie Ihr, ziemt es nicht, dass er die Menschen so unterdrücke und ihnen ihr Gut wegnehme!« Der König sagte: »Verzeih mir! die Habgier hat mich dazu getrieben; die Bestimmung wollte es so; gäbe es keine Schuld, so gäbe es auch keine Großmut.« Er entschuldigte sich dann solange und bat um Gnade, bis Djaudar ihm verzieh, ihn sitzen hieß und ihm einen Kaftan als Pfand der Gnade schenkte. Er befahl dann seinen Brüdern, den Tisch zu decken, und nachdem sie gegessen hatten, schenkte er dem ganzen Gefolge des Königs neue Kleider. Der König gab dann Befahl zum Aufbruch und verließ Djaudar. Im folgenden Tage besuchte er ihn wieder und so jeden Tag; auch hielt er alle Versammlungen in Djaudars Schloss und befreundete sich immer mehr mit ihm. Nach einiger Zeit aber sagte der König zu seinem Wesir: »Ich fürchte, Djaudar wird mich doch am Ende umbringen und mein Königreich an sich reißen.« Der Wesir erwiderte: »Was dein Königreich betrifft, so kannst du ohne Furcht sein, denn Djaudar besitzt mehr als ein Königreich; was aber deine Furcht, umgebracht zu werden, angeht, so hast du ja eine Tochter, gib sie ihm zur Frau, dann seid ihr verschwägert und du hast nichts von ihm zu fürchten.«

»Willst du Vermittler zwischen uns sein?«

»Recht gerne; lade ihn zu dir ein, und wenn wir nachts beisammen wachen, so lasse deine Tochter im schönsten Aufzug an der `Ihr des Saals vorübergehen, und wenn er sie bemerkt und schön findet, so sage ich ihm, sie sei deine Tochter; er wird dann bei mir um sie werben und du stellst dich, als wüsstest du von der ganzen Sache nichts, und heiratet er sie, bildet ihr nur eine Familie, du hast nichts mehr von ihm zu fürchten und erbst nach seinem Tode alles, was er besitzt.«

»Dein Rat ist vortreffliche Der König ließ sogleich eine Mahlzeit bereiten und lud Djaudar dazu ein, und nachdem sie bis abends in der höchsten Vertraulichkeit miteinander gezecht hatten, ließ er seine Tochter durch die Türe des Saales, herrlich geschmückt, vorübergehen; diese war so unvergleichlich schön und reizend, dass, sobald Djaudar sie erblickte, er ganz blass war, einen tiefen Seufzer ausstieß, an allen Gliedern zitterte und ganz außer sich geriet. Der Wesir neigte sich zu ihm hin und fragte, warum er so seufze?« »Wem gehört dieses Mädchen, das mein Herz geraubt und meinen Verstand?«

»Es ist die Tochter deines Freundes; wenn sie dir gefällt, so will ich mit dem König sprechen, dass er dir sie zur Frau gebe.«

»Tu dies, ich will eine so große Morgengabe herbeischaffen, als er verlangt, und dir schenken, was du willst.« Der Wesir neigte sich dann zum König hin und sagte: »Dein Freund Djaudar ersucht mich, dich zu bitten, dass du ihm deine Tochter zur Frau gebest, er will jede beliebige Morgengabe entrichtend Der König antwortete: »Es sei als habe ich die Morgengabe schon erhalten, ich bin sein Diener und meine Tochter seine Sklavin; er erweist mir noch eine Gnade, wenn er sie annimmt.«

Am folgenden Morgen versammelte der König alle seine Freunde und hohen Beamten, ließ auch den Scheich des Islams kommen und einen Ehekontrakt zwischen Djaudar und seiner Tochter schreiben. Djaudar ließ den Quersack mit Edelsteinen holen, und schenkte ihn dem König als Morgengabe; Trommeln und Psalter ertönten in der ganzen Stadt, die Hochzeit wurde mit großen Festlichkeiten gefeiert, und der König und Djaudar waren von nun an ein Herz und ein Sinn. Bald starb aber der König und Djaudar wurde von den Truppen als Sultan ausgerufen. Er weigerte sich zwar, die Regierung anzunehmen, man drang aber so sehr von allen Seiten in ihn, bis er nachgab. Er ließ eine Moschee auf dem Begräbnisplatz des verstorbenen Sultans bauen, und stiftete das Nötige für deren Unterhalt, sie befindet sich im Quartier Bundukanijeh. Djaudars Palast aber war ein Quartier Jemanijeh, das später, als er hier auch eine Moschee bauen ließ, Djaudarieh genannt wurde. Djaudar ernannte Salem zu seinem Wesir der Rechten und Selim zu seinem Wesir der Linken. Nach Verlauf von einem Jahr aber sagte Salem zu Selim: »Wie lange wollen wir noch die Diener unseres Bruders bleiben? sollen wir nie selbst Herren werden?« Selim sagte: »Ersinne eine L ist, wie wir ihn umbringen und ihm den Sack und den Ring nehmen.« Salem sagte: »Das will ich, unter der Bedingung, dass ich dann Sultan werde und den Ring behalte; dafür sollst du den Quersack nehmen und mein Wesir zur Rechten sein.« Nach weiterer Verabredung gingen sie zu Djaudar und sagen: »Wir wünschten, dass du uns auch einmal die Ehre erweisest, unser Gast zu sein.« Djaudar fragte; »Zu wem von euch soll ich diesen Abend kommen?« »Diesen Abend zu mir«, antwortet Salem, »und ein andermal zu Selim.« Salem ließ eine Mahlzeit zubereiten und vergiftete die Schüssel, die er Djaudar versetzte, so dass gleich sein Fleisch und seine Knochen zerfetzt wurden. Er wollte ihm dann den Ring nehmen, da er aber nicht losging, schnitt er ihm den Finger ab, rieb den Ring, und als der Diener erschien, befahl der ihm, seinen Bruder Selim zu töten und ihn nebst dem vergifteten Djaudar den Großen des Reichs, welche in einem anderen Saal an der Tafel waren, vorzuwerfen. Als die Gäste die zwei Leichen sahen, fragen sie den Genius, wer den König und den Wesir umgebrachte Der Genius antwortete: »Ihr Bruder Salem.« In diesem Augenblick trat Salem herein und sagte: »Esset nur weiter und seid vergnügt, ich besitze meines Bruders Ring, und Selim, dessen Verrat ich fürchtete, ist auch tot, ihr müsst mich nun als Sultan anerkennen, sonst lasse ich euch alle umbringend Aus Todesangst riefen nun alle: »Wir wollen dich gerne zum König erwählen.« Er hieß sie dann weiter essen, was sie auch aus Furcht taten, dann ließ er seine Brüder beerdigen und zog mit großem Pomp in den Thronsaal und ließ sich huldigen. Endlich verlangte er auch, dass man den Ehekontrakt zwischen seiner Schwägerin und ihm schreibe. Man sagte ihm: »Warte, bis die gesetzliche Zeit vorüber ist!« Salem erwiderte aber: »Ich kenne kein Gesetz, bei meinem Haupt, sie muss dies Nacht noch meine Gattin werden.« Man schrieb den Ehekontrakt und benachrichtigte Djaudars Witwe davon. Diese empfing Salem und bewillkommnete ihn freundlich, reichte ihm aber vergiftetes Wasser, woran er starb. Sie nahm dann den Ring und zerbrach ihn, damit ihn niemand mehr besitze, zerriss den Quersack und ließ dem Scheich Al Islam und den Truppen Nachricht von Salems Tode geben, und forderte sie auf, einen anderen Sultan zu wählen. Das ist alles, was uns von der Geschichte Djaudars zugekommen.

Den König entzückte die wunderbare Geschichte Djaudars sehr und er sagte daher zu seiner Gattin: »O Schehersad, erzähle mir nun auch einige Parabeln von den Vögeln und Tieren.« Schehersad erwiderte: »Recht gern, großer König!« und begann: Parabeln