Furchtlos
Es war einmal ein Vater, der hatte einen Sohn. Und dieser Sohn kannte keine Furcht. Da gab ihn der Vater zum Pfarrer: vielleicht konnte der Pfarrer ihm Furcht beibringen. So brachte er ihn zum Pfarrer und ließ ihn dort. Der Pfarrer schickte ihn jeden Abend um die zwölfte Stunde Bier holen. Und er zog einer Magd weiße Kleider an und befahl ihr, zum Tor zu gehen und dort zu warten. »Und wenn er kommt, dann Lass ihn nicht durch!« Und sie stellte sich ins Tor. Der Bursche kam aus der Stadt heim und sah: Dort im Tor steht etwas Weißes. Und er kam näher und sagte: »Was stehst du hier? Pack dich fort und Lass mich nach Hause gehen!« Aber sie lässt ihn nicht durch. Doch er sagt zu ihr: »Pack dich fort, denn wenn ich dir eins mit dem Krug auf die Stirn gebe, schlage ich dich tot!« Die Magd bekam Furcht und wich zurück.
Er ging zum Pfarrer. Der Pfarrer fragte ihn: »Was hast du auf dem Heimweg gesehen?« Und der Junge sagt: »Ich habe nichts gesehen. Nur im Tor stand etwas Weißes. Ich wollte ihm eins mit dem Krug auf die Stirn geben, da wich es zurück.«
Des andern Tags schickte er ihn aufs Neue. Wieder zog er der Magd weiße Kleider an und befahl ihr, am Tor zu warten und nicht von der Stelle zu weichen. Und der Bursche kommt zurück und sieht: Wieder steht etwas im Tor. Er sagt: »Du stehst schon wieder da? Pack dich fort, denn wenn ich dir eins mit dem Krug gebe, schlage ich dich tot!« Doch die Magd wich nicht von der Stelle. Als er ihr mit dem Krug eins auf die Stirn gab, hatte er sie erschlagen. Und der Bursche ging zum Pfarrer.
Der Pfarrer fragt: »Wo hast du das Bier mit dem Krug gelassen?« Doch der Bursche sagt: »Ich habe im Tor etwas Weißes stehen sehen. Als ich ihm mit dem Krug eins auf die Stirn gab, ging der Krug in Scherben, und das Weiße hatte ich erschlagen.« Der Pfarrer erschrak und ging zu der Magd, und er begrub sie heimlich.
Und er schickte den Burschen in die Kapelle auf dem Friedhof. Der Bursche nahm zwei Stühle mit, eine Flasche Schnaps, Karten und eine Kerze. Dort angekommen, setzte er sich auf einen Stuhl. Es war schon Nacht. Und er hörte jemanden hinter dem Altar rascheln. Und der Bursche sagte: »Komm her zu mir, wir wollen Karten spielen und Schnaps trinken!« Und der Tote, der dort geraschelt hatte, kam. Und beide spielten Karten, doch der Bursche gewann das Spiel, der Tote verlor. Da schlug es zwölf Uhr, und der Tote verschwand. Und der Bursche schlief auf dem Tisch ein und schlief die ganze Nacht. Des Morgens stand er auf und ging nach Hause.
Am folgenden Abend nahm er noch einen Stuhl mit. Und wieder setzte er sich auf einen der Stühle, und er hörte: Dort raschelt es wieder. Und er sagt: »Komm her zu mir, wir wollen Karten spielen und Schnaps trinken!« Und es kamen zwei Tote. Und sie spielten. Doch der Bursche gewann, und die beiden verloren. Da schlug es zwölf Uhr, und die Toten verschwanden. Und er schlief wieder ein und schlief die ganze Nacht. Des Morgens ging er nach Hause.
Am folgenden Abend nahm er noch einen vierten Stuhl mit. Und er setzte sich auf einen der Stühle, saß und wartete. Da hörte er wieder jemanden hinter dem Altar rascheln. Und der Bursche sagt: »Komm her zu mir, wir wollen Karten spielen und Schnaps trinken!« Und da kamen drei. Und sie spielten eine lange Zeit.
Da sieht der Bursche an seiner Uhr: Die Zeit ist nicht mehr fern, dass sie verschwinden müssen. Und er - schwapp-schwapp-schwapp - zog ihnen die Mützen vom Kopf und sagte zu ihnen: »Du gibst das Geld für drei Nächte, und du für zwei Nächte, und du für eine Nacht!« Der erste sagt: »Da auf dem Friedhof liegt eine Geldbörse, die ist voller Geld, die sollst du für die drei Nächte haben.« Der zweite sagt: »Da unter dem Kreuz steht ein kleiner Kessel mit Geld, den sollst du für die zwei Nächte haben.« Der dritte sagt: »Da liegt ein Totenknochen auf dem Friedhof; nimm ihn dir, das wird für eine Nacht genug sein.« Und er sagt ihm weiter: »Wenn du irgendein Gespenst siehst, dann brauchst du den Knochen nur zu schütteln, und es wird von dir weichen.« Und der Bursche sagt: »Geht, geht, bringt alles her, dann werde ich euch eure Mützen wiedergeben!«
Und sie gingen los. Der eine brachte die Börse mit dem Geld, der andere den kleinen Kessel mit Geld und der dritte den Knochen. Und er gab ihnen die Mützen wieder, und sie verschwanden. Doch der Bursche schlief auf dem Tisch ein und schlief die ganze Nacht.
Des Morgens kam der Pfarrer, um nachzusehen, was er macht. Er sieht, dass er schläft, und neben ihm steht ein kleiner Kessel mit Geld. Und er trat heran und schöpfte Geld und tat es in seine Tasche. Doch der Junge erwachte und sagte zu ihm: »Hände weg! Hände weg! Das ist mein Geld!« Und der Pfarrer wich zurück. Er ging nach Hause und schickte den Burschen zurück zu seinem Vater, weil er keine Ehrfurcht mehr vor ihm habe. »Mache mit ihm, was du willst!«
Und der Bursche kam nach Hause zum Vater und schenkte ihm den kleinen Kessel mit Geld, doch die Geldbörse und den Totenknochen behielt er für sich. Und er ging in einen Wald.
Am Abend fand er dort eine kleine Hütte. Er trat ein, heizte den Ofen und machte das Zimmer warm. Nach kurzer Zeit wurde ein Sarg zu ihm in die Stube geworfen. Der Bursche zerhackte den Sarg und heizte damit den Ofen, und die Leiche stellte er an den Ofen. Der Tote aber wurde warm und fing an zusammenzusinken. Der Bursche sagt: »Warum bleibst du nicht stehen, wie ich dich hingestellt habe?« Und er stellt ihn wieder hin, doch der sinkt wieder zusammen. Da gab er ihm eine Maulschelle und sagte: »Warum bleibst du nicht stehen, wie ich dich hingestellt habe?«
Am nächsten Abend ging der Bursche in eine andere Hütte, und dort kletterte er auf den Ofen und legte sich hin. Abends hörte er: Es kam eine wilde Festgesellschaft und begann zu tanzen. Er vergaffte sich in ein Mädchen, das sehr schön war. Und er sann nach, wie er das Mädchen bekommen könnte. Den nächsten Abend legte er sich wieder auf den Ofen, da kam auch schon die wilde Gesellschaft. Er holt sich das schöne Mädchen. Doch die Teufel sagen: »Gib uns das Mädchen wieder, wir müssen tanzen!« Aber der Bursche sagt: »Ihr habt genug Mädchen, ihr könnt tanzen.« Und die Teufel machten, dass er ganz von Gewürm bedeckt war. Da schüttelte er seinen Knochen, und all das Gewürm kroch eiligst von ihm. Aber das Mädchen sagte: »Behalte mich noch zwei Nächte bei dir!«
Am folgenden Abend nahm er sich das Mädchen aufs Neue und behielt sie wieder bei sich. Doch die Teufel sagen: »Gib uns das Mädchen wieder!« Aber der Bursche sagt: »Ihr habt genug Mädchen, ihr könnt tanzen.« Und sie machten wieder, dass er ganz mit Würmern bedeckt war. Doch der Bursche schüttelt seinen Knochen, und all das Gewürm wich von ihm. Und das Mädchen sagte zu ihm: »Behalte mich noch eine Nacht bei dir.« Am folgenden Abend holte er sie sich wieder und gab sie den Teufeln nicht. Aber die Teufel sagten zu ihm: »Gib uns das Mädchen wieder, wir müssen tanzen!« Doch er sagt: »Ihr habt genug Mädchen, ihr könnt tanzen.«
Und er behielt sie drei Nächte lang bei sich und heiratete sie. Und da war ein großer Wald - aus dem Walde wurde ein Heer. Und der Tote in dem Sarg, der in die Hütte geworfen worden war, das war der König. Und sie lebten in großer Eintracht zusammen, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.