[swahili, "Geschichte, Legende"]

Die Verlobte des Bruders

Es waren einmal zwölf Brüder und eine Schwester. Jeder von ihnen hatte ein eigenes Zimmer. Doch der älteste Bruder kam auf den Gedanken zu heiraten. Er fuhr durch die ganze Welt, doch nirgends fand er ein Mädchen, das so schön war wie seine Schwester. Denn diese Schwester war sehr schön. Eine Sonne war auf ihrer Stirn und ein Mond auf ihrem Hinterhaupt. Da sagte der Bruder: »Lass uns beide heiraten!« Doch die Schwester sagte: »Wie können wir beide heiraten, da wir doch Geschwister sind?« Sie sagte: »Fahre du nur, suche dir ein Mädchen und heirate es.« Der Bruder fuhr in der ganzen Welt umher, doch er fand keine so wie seine Schwester. Er fuhr nach Hause und sagte zu seiner Schwester: »Ich habe keine wie dich gefunden, wir beide müssen heiraten!«, und sofort bestellte er das Aufgebot. Schon war die Hochzeitsfeier vorbereitet, und schon sollten sie zur Trauung fahren.

Was sollte sie machen? Sie ging in den Speicher, machte sich fertig, weinte dabei und sagte: »Birst, o Erde! Spaltet euch, o eichene Dielen!
Trenne doch mich, du lieber Gott, mich Junge vom Bruder!«
Da kamen schon die Brüder, sie zu holen, schon musste sie gehen, um loszufahren. Sie trat an den Wagen und sagte: »Ich habe den Ring noch im Speicher vergessen.« Und sie ging, um den Ring zu holen, verschloss die Tür hinter sich, streifte den Ring auf den Finger und sprach wieder so: »Birst, o Erde! Spaltet euch, o eichene Dielen!
Trenne doch mich, du lieber Gott, mich Junge vom Bruder!«
Da spalteten sich plötzlich die Dielen, und sie ging hinab. Und die Brüder warteten und warteten - doch sie kam nicht. Sie gingen zum Speicher - die Tür war verschlossen. Sie brachen die Tür auf, doch der Speicher war leer, die Schwester war nicht mehr da, und aus war es mit der Hochzeit.

Sie aber fand einen Pfad, auf dem ging sie und ging. Sie kam zu einem kleinen Häuschen, dort fand sie eine andere Jungfer, die war ebenso schön wie sie selbst. »Mich hat die Hexe als ihre Tochter hierher geschleppt. Doch du, warum bist du hierher gekommen? Wenn die Hexe nach Hause geflogen kommt, wird sie dich zerreißen! Und sie wird bald heim fliegen.« Die Jungfer bestrich die Schwester mit Sauerteig und stülpte den Backtrog über sie. Doch die Hexe kam heimgeflogen und sagte: »Was stinkt hier so nach Menschenfleisch?« Und die Jungfer sagte: »Was sollte hier stinken? Vielleicht hast du in den Zähnen noch eine Menschenferse?« Da sagte die Hexe: »Schau mal nach, Kindchen, ob du etwas findest!« Sofort nahm die Jungfer den Feuerhaken vom Ofen, rührte damit im Hexenmaul herum und zog eine Menschenferse heraus. »Jetzt«, sagte sie, »gib mir das Mittagessen!« Sie gab es ihr. Sie fraß es auf. »Jetzt«, sagte sie, »Kindchen, werde ich für sieben Monate fort reiten.« Sie setzte sich auf den hölzernen Stampfmörser und ritt davon.

Sofort nahm die Jungfer eine Bürste und ein Handtuch. und beide liefen fort von der Hexe. Doch die Hexe fühlte, dass sie flohen, und schon war ihr die Lust zur Reise vergangen: sie also - auf zur Verfolgung! Als die beiden sahen, dass die Hexe hinter ihnen her war, warf die Jungfer sofort die Bürste hin. Aus der Bürste wurde ein Wald, der so dicht war wie diese Bürste. Die Hexe kam an den Wald und konnte sich nicht hindurch winden! Sie lief nach Hause, holte sich ein Beil und schlug sich einen Pfad. Dann wollte sie das Beil nicht liegenlassen, damit es niemand stiehlt. Also brachte sie es nach Hause, kam zurück und lief durch den Wald.

Die beiden sehen, dass sie sie gleich eingeholt hat - sofort wirft die Jungfer das Handtuch hin. Aus dem Handtuch wurde ein unübersehbares Meer. Als die Hexe auf dem Stampfmörser angejagt kam, sah sie, dass sie das Meer nicht überqueren konnte. Sie sagte: »Saufe, Stampfmörser, das Wasser aus, auch ich werde saufen!
Saufe, Stampfmörser, das Wasser aus, auch ich werde saufen!«
Und da sie das Meer aussaufen musste, wurde sie lange aufgehalten. Doch die beiden jungen Mädchen liefen heim in den Speicher. Aber da sind die Dielen - sie können nicht hinauskommen. Sie begannen zu rufen und zu schreien. Da kam der Bruder, riss die Dielen auf, und sie traten in den Speicher. Und sie sagte ihrem Bruder: »So lange hast du ein junges Mädchen für dich gesucht und keines gefunden. Doch ich bin nur einmal hinausgegangen und habe sofort ein Mädchen für dich mitgebracht!« Danach vermählte sich der Bruder mit der Jungfer, und sie lebten in Eintracht miteinander.