[swahili, "Geschichte, Legende"]

Die drei Feen

Es waren einmal ein Mann und eine Frau, die hätten keine Kinder und waren daher sehr unzufrieden mit ihrem Dasein. Eines Tages schüttete die Frau dem heiligen Antonius ihr Herz aus und erzählte ihm ihren Kummer. Der Heilige gab ihr drei Äpfel, die sollte sie auf nüchternen Magen essen. Die Frau ging nach Hause, legte die Äpfel auf die Kommode und machte sich daran, das Essen zu bereiten. Als der Mann nach Hause kam, sah er die drei Äpfel und aß sie auf. Da ging die Frau wieder zum heiligen Antonius, und er sagte zu ihr:

»Dann muss nun dein Mann die Schmerzen erdulden, die du dulden solltest.«

Als nun die Zeit kam, begann der Mann zu schreien; man holte einen Sachverständigen, der schnitt ihm den Bauch auf, um ihn zu erleichtern. Und der verzweifelte Mann befahl, das Kind im Gebirge auszusetzen. Ein Adler stieß vom Himmel herab und packte das Kind mit dem Schnabel und zog es mit der Milch auf, die er den Kühen, die auf der Weide waren, abzapfte, und kleidete es mit der Wäsche, die er auf den Trockenböden wegnahm. Er baute ihm ein kleines Häuschen aus Stroh, und da wuchs nun das arme Geschöpf heran und wurde ein wunderhübsches Mädchen.

Eines Tages kam ein Prinz vorbei, der in dem Gebirge jagte. Er sah das hübsche Mädchen und fragte, ob sie mit ihm gehen wolle. Sie sagte ja, das wolle sie. Als er sie auf seinen Wagen hob, kam plötzlich der Adler herbei, um sie ihm wegzureißen; da er es aber nicht konnte, hackte er ihr im letzten Augenblick ein Auge heraus. Der Prinz aber liebte das Mädchen trotz ihres großen Fehlers wie vorher. Er nahm sie mit sich und verbarg sie im Schloss in seinem Zimmer. Als die Königin nun ihren Sohn immer in seinem Zimmer eingeschlossen fand, wurde sie argwöhnisch und wollte wissen, was wohl darin war. Und sie veranstaltete eine große Jagd, die mehrere Tage dauerte. Als alle fort waren, konnte die Königin durch eine Tür, die nur sie allein kannte, in das Gemach des Prinzen kommen.

Als sie eintrat, erblickte sie das Mädchen. »Ach, du bist es, schielendes Einaug, die meinen Sohn bestrickt? Komm heraus, um das Schloss und den Garten zu sehen?« Das Mädchen ging mit der Königin, und als sie in den Garten kamen, führte die Königin sie an einen tiefen Brunnen und stieß sie hinein.

Als der Sohn von der Jagd zurückkam, sagte sie zu ihm: »Das schielende Einaug, das du in deinem Zimmer eingeschlossen hattest, ist in Windeseile davongelaufen, als die Tür geöffnet wurde, und niemand hat es zurückbringen können.«

In der Nacht kamen drei Feen am Brunnen vorbei und hörten darin seufzen. »Was ist das? Was mag das sein?«

»Das ist eine Mädchenstimme.« Sie beugten sich über den Brunnenrand, um besser zu hören. Dann sagte die eine: »Ich schenke dir, dass du bald aus dem Brunnen herauskommst und von vollkommener Schönheit bist.«

»Und ich schenke dir eine silberne Schere, mit der sollst du demjenigen die Zunge abschneiden, der dich zweimal nach derselben Sache fragt.«

»Und ich schenke dir ein Schloss genau gegenüber dem Schloss der Königin, das soll von außen alt aussehen, aber von drinnen als lauterem Gold und Silber sein.«

Am nächsten Tage entsetzten sich alle sehr, als sie dem königlichen Schloss gegenüber ein großes altes Schloss sahen, ohne dass sie sich erinnerten, wie und wann es erbaut worden war. Am meisten entsetzte sich die Königin, und sie befahl ihrem alten Kammerherrn, in Erfahrung zu bringen, was das sei und wer darin wohne. Der Kammerherr ging in das alte Schloss, blieb aber voll Verwunderung stehen, als er das Innere erblickte. Da erschien ihm ein prächtig gekleidetes Mädchen, das er nun nach den Dingen fragte, die die Königin wissen wollte. Es antwortete: »Sage deiner Königin,
meine Mutter hat mich ersehnt,
mein Vater bekam mich,
in den Wald hat man mich gebracht;
ein Adler hat mich groß gemacht,
mich hat der Prinz dann auf der Jagd gefunden;
die Königin stieß mich in den Brunnen hinab,
drei Feen aber waren mir hold gesinnt;
sie haben mich hierher gebracht,
und nie geh ich nun von hier fort.«
Der Kammerherr konnte diese Auskunft nicht gleich im Kopf behalten und bat daher das Mädchen, sie zu wiederholen; da sagte es: »Schneide los, Schere!« Und im selben Augenblick fiel ihm die Zunge aus dem Mund. Der Kammerherr ging ins Schloss zurück und konnte nur noch sagen: »Lo-lo-ro, lo-lo-ro.« Da schickte die Königin einen anderen hin, aber dem geschah dasselbe. Schließlich ging der Prinz hin, und als er die Verse gehört hatte, die das Mädchen gesprochen, sagte er sie der Königin her. Sie aber wollte sich mit eigenen Augen von all dem überzeugen, und dann gab sie ihrem Sohn die Erlaubnis, das Mädchen zu heiraten.