[swahili, "Geschichte, Legende"]

Die drei Dachslisten

Einstmals begegneten sich Fuchs und Dachs auf der Landstraße. »Wohin des Weges, Gevatter Dachs?« fragte der Fuchs. »Ich will mir einen Gefährten suchen, der imstande ist, mir durch seine klugen Listen aus jeglicher Not zu helfen«, antwortete der Dachs. »Von deiner Klugheit, Onkelchen, machen die Leute doch so viel Rühmens, sie wird sogar in Liedern besungen!«

»Nun, dann sage mir einmal, Gevatter Dachs, wie viel Listen du dir ersonnen hast, um dir aus der Not zu helfen?«

»Drei, Gevatter Fuchs! Es sind vorzügliche Listen, das kann ich dir versichern. Und wie viele hast du dir ersonnen?«

»Neun!« antwortete der Fuchs. Der Dachs sprang vor Freude in die Luft. »Dann müssen wir uns zusammentun!« rief er. »Wenn du über neun Listen verfügst und ich über drei, kann uns keiner mehr etwas anhaben. Wir wollen uns verbrüdern!«

»Einverstanden!« sagte der Fuchs, und sie gingen zusammen weiter.

Aber der Fuchs hatte nichts als Narreteien im Sinn, er lief hin und her, kreuz und quer und geriet dabei in eine Falle. »Ach, lieber Bruder Dachs!« jammerte er. »Was soll ich jetzt machen? Hilf mir aus der Not!«

»Hör zu«, sagte der Dachs. »Wenn der Fallensteller kommt, dann umschmeichle ihn und schmiege dich an seine Füße. Er wird glauben, dass du zahm bist, und dich freilassen. Aber nimm nicht gleich Reißaus, denn dann würde er dich einholen und totschlagen. Laufe vielmehr ein Weilchen hinter ihm her, bis du einen geeigneten Augenblick zum Entwischen findest!«

Da kam der Fallensteller auch schon herbei. Der Dachs duckte sich ins Gesträuch, und der Fuchs stellte sich zahm. Er umschmeichelte den Menschen und schmiegte sich an seine Füße. Dieser nahm wirklich an, dass er zahm wäre, ließ ihn frei und machte sich auf den Heimweg, nachdem er die Falle wieder aufgestellt hatte. Der Fuchs trabte ein Weilchen hinter ihm her und verschwand dann bei der ersten Gelegenheit im Dickicht. »Ei, du Listfuchs, ich fange dich doch noch einmal!« rief ihm der Mensch nach.

Etliche Tage später strich der Fuchs durch den Wald und geriet. wieder in eine Falle. Plötzlich kam der Dachs des Wegs daher. »Warum zappelst du so. Onkelchen?« fragte er verwundert. »Ach, lieber Bruder, wieder bin ich in eine Falle geraten!« jammerte der Fuchs. »Bitte, hilf mir! Du hast doch noch zwei Listen, verrate mir eine!«

»Gut!« erwiderte der Dachs. »Stelle dich tot, dann wird der Fallensteller dich wegwerfen. Aber spring nicht gleich auf, sondern warte, bis er die Falle richtet, dann kannst du entwischen.« Über kurz oder lang kam auch der Fallensteller, sah den Fuchs, glaubte wirklich, er wäre verreckt, zog ihn aus der Falle und warf ihn beiseite. Dann beugte er sich über die Falle, um sie erneut aufzustellen. In diesem Augenblick sprang der Fuchs auf die Beine und nahm Reißaus.

Nach einiger Zeit geriet der Dachs in die unglückselige Falle. Der Fuchs kam herzu, und als er den Dachs zappeln sah, lachte er ihn aus. »Um Gottes willen, Brüderchen, hilf mir!« flehte der Dachs. »Verrate mir eine von deinen neun Listen!« Doch der Fuchs hatte für die Bitten des Dachses nur Hohn und Spott. »Das gefällt mir! Neulich, als ich in der Falle saß, bist du nicht auf den Gedanken gekommen, mir zu helfen, und jetzt jammerst du mir die Ohren voll. Nein, meine neun Listen hebe ich für mich selber auf!«

»Nun«, sagte der Dachs, »wenn es so ist, dann komm zu mir, Bruder, und lass uns vor meinem Tode voneinander Abschied nehmen.« Der Fuchs fiel auf die List herein und lief zum Dachs hin. Dieser sprang ihn an und hielt ihn fest. Im selben Augenblick kam auch der Fallensteller, dem der Fuchs zweimal entwischt war, und sah schon von weitem, was sich bei seiner Falle tat. »Halt den Fuchs fest, Dachs, bis ich heran bin!« rief er. »Dann lass ich dich frei! Hauptsache, ich erwische den Betrüger, der mich schon so oft hinters Licht geführt hat!« Der Dachs tat es, der Fallensteller ließ ihn frei und schlug dem Fuchs den Schädel ein.