[swahili, "Geschichte, Legende"]

Die böse Stiefmutter

In alten, sehr alten Zeiten lebte einmal eine, wie man erzählt, sehr böse Stiefmutter. Sie war grausam und niederträchtig. Na, und die hatte eine Stieftochter mit Namen Krisiute. So sehr hasst sie diese Stieftochter, dass sie sie auf jede Art peinigt, sie weiß schon gar nicht mehr, was sie ihr für Lasten und Qualen aufbürden soll! Mit Arbeit und mit allem sonst -. Einen Aschenhaufen schüttete die Stiefmutter ihr am Ofen auf: das war ihr Bett. »Das ist für dich zum Schlafen, Schlafmütze Aschenputtel!« Sie nannte sie nicht mehr mit ihrem Namen, sondern gab ihr von sich aus diesen Namen: Schlafmütze Aschenputtel. Na, dort schlief nun das Mädchen manchmal. Doch selten kann sie schlafen: die Stiefmutter treibt sie zu jeder Art Arbeit.

Na, einmal überlegt sie, die Stiefmutter: Wie kann ich sie nur umbringen? Was kann ich ihr bloß antun? Wie kann ich ihr irgendeine sehr schwere Arbeit aufbürden, die sie unmöglich fertig bringt? Denn dann habe ich ein Recht, sie umzubringen!

Sie dachte nach: Na, was kann ich ihr also auftragen?

Der Abend kam. Die Stiefmutter fragt: »Na, Schlafmütze Aschenputtel, was ist - hast du dich satt gegessen?«

»Wie«, sagt sie, »könnte ich mich denn satt gegessen haben? Es ist doch nichts mehr übrig.« »Ach! Kratze doch den Topf aus, lecke die Schüssel ab - für dich ist es genug. So viel wie du arbeitest, soviel bekommst du auch zu essen.« Na, sie leckte nun alles Geschirr ab, aus dem sie, die Stiefmutter, gegessen hatte. »Na, jetzt aber. Schlafmütze, schlafe nicht! Los, suche alle meine Kleider zusammen und bringe sie an den See, wasche sie mit Aschenlauge aus, klopfe sie gut durch, trockne sie und bringe sie nach Hause! Wenn du das nicht tust, dann werde ich dich mit Ruten tot prügeln.«

Na, was nun, überlegt das Mädchen, wie soll ich nur eine so schwere Arbeit fertig bringen? Zum See soll sie sie tragen! Sie hatte schon so viele Kleider zusammengesucht. Sie weinte und weinte und weinte, und dann sagt sie: »Ich will zu meiner lieben Mutter auf den Friedhof laufen. Vielleicht gibt sie mir einen Rat oder nimmt mich zu sich?« Sie läuft zum Friedhof, wirft sich auf das Grab ihrer Mutter und weint bitterlich.

Doch da hört sie, dass jemand fragt: »Ob's wohl regnet, ob wohl Schnee fällt,
Ob von Bäumen wohl der Tau tropft?«
Doch Krisiute antwortet darauf: »Nicht fällt Regen, und nicht schneit es,
Nicht von Bäumen Tau tropft nieder,
Deine Tochter bitter weint hier:
Gab doch die Hexe schwerste Arbeit,
Kleider soll am See ich heute für sie waschen
Und auch klopfen, trocknen und noch heim dann tragen!«
Und die Mutter erwidert aus dem Grabe: »Weine nicht, lieb Töchterlein,
weine nicht, Krisiute lieb!
Viele hab' ich, die mir dienen.
Will sie bitten, will sie senden,
alles machen sie für dich.
Aber hör mich an, was ich dir sage: Kommst du nun nach Hause, bringe alle Kleider hin zum See, wirf sie hinein und rufe dann: ›Zu mir schwimmt, Meeres Schwäne,
Zu mir fliegt, Sumpfes Enten!
Oh, helft mir doch bei schwerer Arbeit,
Wascht rein mir doch meine Kleider!‹
Alles tun sie dann für dich.« Na, sie ging nach Hause, holte alle Kleider der Stiefmutter zusammen, trug alles hin, weicht es im See ein und ruft so: »Zu mir schwimmt, Meeres Schwäne,
Zu mir fliegt, Sumpfes Enten!
Oh, helft mir doch bei schwerer Arbeit,
Wascht rein mir doch meine Kleider!«
Und sie sieht, dass immer mehr Schwäne herbei geschwommen kommen, schon ist der See ganz voll und weiß von Schwänen! Darauf die Enten - es schäumt nur so und spritzt mit Flügeln und Füßen! Die Kleider schwenken sie im Wasser mit den Schnäbeln, mit den Füßen treten sie sie, und die Schwäne, immer zwei, nehmen sie, spülen und spülen, ziehen sie, breiten sie am Ufer aus und lassen sie trocknen und trocknen. Und wie schnell haben sie alle die Kleider durchgewalkt! Dann waren sie trocken; sie trugen sie zusammen, banden sie zu Bündeln und gebieten: »Jetzt trage sie nach Hause! Nun ist deine Arbeit schon getan.« Oh, sie dankte ihnen so herzlich, sie war so froh, dass sie vor den Ruten der Stiefmutter gerettet war! Sie kam nach Hause, brachte alles hin, legte ihre Kleiderbündel ab und ging wieder auf die Asche schlafen.

Am Morgen steht die Stiefmutter auf, schaut sich um - da liegen Bündel auf dem Tisch. Sie betrachtet alles aufmerksam - ausgewaschen, sauber. Es Passt ihr aber gar nicht, dass sie nun die Tochter nicht mehr mit Ruten zu Tode peitschen kann. »Na, Schlafmütze Aschenputtel, steh auf! Was willst du hier so lange schlafen? Da ist Arbeit!« Sie stand auf, schüttelte die Asche ab und war wieder ganz sauber und schön: an ihr bleibt die Asche nicht haften. Na, wieder arbeitete sie den ganzen Tag, alle Arbeiten muss sie tun, die schwer und schmutzig sind. Niemals darf sie aus dem Hause gehen, weder zu fröhlichem Beisammensein junger Burschen und Mädchen am Abend noch auch nur einmal etwas Spazierengehen. Wenn sie auch nur ein bisschen Zeit hat, heißt es gleich: »Setz dich und sammle die Mohnkörnchen aus der Asche!«

Die Stiefmutter hatte Mohnkörnchen in ein Glas geschüttet, füllte dann eine Schüssel mit Asche, schüttete darauf die Mohnkörnchen aus dem Glas in die Asche und mengte alles durcheinander: »Na, nimm, Schlafmütze Aschenputtel! dass du mir in dieser Nacht alle Mohnkörnchen aus der Asche suchst!« Sie selbst legte sich darauf schlafen. Doch das Mädchen weint und weint! »Na, wie kann ich hier alle Mohnkörnchen herauslesen? Wie viele werde ich während der Nacht zusammensuchen - vielleicht ein klein wenig, eine winzige Handvoll. Doch das war ein ganzes Glas!« Sie sitzt und klagt und klagt. Sie lief wieder auf den Friedhof, warf sich über das Grab und weint wieder. Sie weint und weint bitterlich. Und da hört sie eine Stimme: »Ob's wohl regnet, ob wohl Schnee fällt,
Ob von Bäumen wohl der Tau tropft?«
Krisiute antwortet wieder: »Nicht fällt Regen, und nicht schneit es,
Nicht von Bäumen Tau tropft nieder,
Deine Tochter bitter weint hier:
Gab doch die Hexe schwerste Arbeit,
Mohnsaat soll heut' Nacht ich lesen aus der Asche.
Wie soll die Arbeit ich nur schaffen?«
Die Mutter erwidert aus dem Grabe: »Weine nicht, Krisiute, weine nicht, lieb Töchterlein!
Viele hab' ich, die mir dienen,
gerne helfen sie und lesen für dich die Körner aus.
Hör mich an: Wenn du nun heimkommst, rufe sie und sage: ›Oh, ihr Mäuslein, große ihr und kleine,
Kriecht aus allen euren Löchlein,
Kommt aus allen euren Spalten,
Oh, helft mir doch bei dieser Arbeit!‹
Zu dir«, sagt sie, »kommen in Scharen die Mäuslein und lesen die Körnchen heraus.« Na, als sie nach Hause gekommen war, nahm sie jenes Glas und ruft: »Oh, ihr Mäuslein, große ihr und kleine,
Kriecht aus allen euren Löchlein,
Kommt aus allen euren Spalten,
Oh, helft mir doch bei dieser Arbeit!«
Und sie sieht: es wird schwarz von dichtem Gewimmel! Als die Schar der Mäuse herangekommen war, wie springen sie da herbei und blasen in die Schüssel und blasen in einem fort die Asche heraus, und die Mohnkörnlein bleiben zurück. Sie suchen und lesen alle schön heraus, die ganze Asche haben sie weggeblasen, die Mohnkörnlein sind sauber und schön zurückgeblieben. Danach dankte sie den Mäuslein herzlich, dass sie ihr geholfen hatten. Sie liefen dann ihres Weges. Sie nahm die Mohnkörnlein, schüttete sie in das Glas - sauber und schön - und stellte es auf den Tisch. Sie selbst aber legte sich auf die Asche.

Am Morgen steht die Stiefmutter auf, sie sieht, dass das Glas da steht, die Asche ist fort, und die Mohnkörnlein sind schön sauber ausgelesen. Da sagt sie (überlegt still bei sich): Das hat Schlafmütze Aschenputtel gemacht! Und die Stiefmutter ist böse, weil sie sie nicht bestrafen kann. Na gut: »He, steh auf. Schlafmütze Aschenputtel! Da ist ringsum Arbeit für dich! Du musst das Essen machen, ausfegen, abwaschen und mir dann alles geben!«

Na gut. Sie stand auf, schüttelte die Asche ab, heizte den Ofen und machte das Essen für die Stiefmutter. Alles machte sie fertig, setzte es auf den Tisch und stellte sich daneben. Na, die Stiefmutter hatte sich satt gegessen: »Da, für dich, Schlafmütze Aschenputtel, kratze den Topf aus, kratze die Schüssel leer.« Na, und dann verrichtet sie wieder den Tag über vielerlei Arbeiten.

Da wird es Abend, und die Stiefmutter überlegt: Was soll ich mir nun noch ausdenken, was sie nicht fertig bringt? »Na, Schlafmütze Aschenputtel, jetzt nimm dieses Glas mit Mohnsamen und säe sie mir draußen vor dem Fenster aus. Aber dass sie mir morgen schon blühen! Und wenn du das nicht so machst, dann schlage ich dir den Kopf ab!«

Und wieder packte das Mädchen die Furcht. Wie kann sie denn so etwas vollbringen? Bei irgendeiner gewöhnlichen Arbeit kann auch ein anderer helfen, aber - wachsen lassen?! Wieder läuft sie weinend zum Friedhof. Sie kommt auf den Friedhof, klagt so heftig: Jetzt ist ihr Ende gekommen, so oder so wird ihr die Stiefmutter den Kopf abschlagen. Und wieder hört sie: »Ob's wohl regnet, ob wohl Schnee fällt,
Ob von Bäumen wohl der Tau tropft?«
Und Krisiute antwortet: »Nicht fällt Regen, und nicht schneit es,
Nicht von Bäumen Tau tropft nieder,
Deine Tochter bitter weint hier:
Gab doch die Hexe schwerste Arbeit,
Sie gebot, den Mohn zu säen,
dass am Morgen er schon blühe!
Wie nur kann ich tun jetzt so schwere Arbeit?
Oh, hilf mir doch, du liebe Mutter!«
Und die Mutter antwortet: »Weine nicht, mein Töchterlein!« Doch die Stiefmutter war ihr gefolgt, um zu sehen, wohin sie geht, wie sie die Arbeiten fertig bringt. Und hinter den Bäumen versteckt steht die Stiefmutter. Denn auf dem Friedhof gibt es vielerlei Bäume. Und sie hört: »Steht auf, ihr Winde aus Norden,
So beugt euch, ragende Bäume,
Reißt ab den Kopf dem Hexenweibe!«
Wie erhoben sich da die Sturmwinde, wie begann es da zu brausen! Die hohen Bäume beugen ganz zur Erde sich herab. Wie packen sie die Stiefmutter am Rock und reißen sie nach allen Seiten! Von Ast zu Ast fiel da der Kopf herunter. Ganz in Stücke wurde sie gerissen, ihre Knochen trugen die Winde irgendwohin, und nichts mehr blieb von ihr übrig.