[swahili, "Geschichte, Legende"]

Der Wunderring

Eine Frau hatte einen Sohn, und den schickte sie aus und ließ ihn für einen Heller dienen. Er diente ein Jahr, dann brachte er den Heller mit nach Hause, und die Mutter hieß ihn, den Heller in den Brunnen zu werfen. Als er ihn hineingeworfen hatte, sank er unter und lag nun dort auf dem Grunde. »Kind, du hast nicht richtig gedient!« Er ging auch das zweite Jahr dienen. Wieder für einen Heller. Wieder hieß sie ihn, den Heller in den Brunnen zu werfen, und auch der ging unter. Sie sagt: »Kind, du hast nicht richtig gedient. Geh noch ein Jahr dienen!« Er ging wiederum für einen Heller dienen. Er diente seine Zeit ab und brachte den Heller nach Hause. Die Mutter hieß ihn, die Münze wieder in den Brunnen zu werfen. Als er sie hineingeworfen hatte, versank auch sie und lag nun da unten.

Doch dann stiegen alle auf und kamen an die Oberfläche.

Da nahm er alle drei und brachte sie ins Haus. Die Mutter sagt: »Jetzt hast du gut gedient! Geh, und was dir begegnet, das kaufe!«

Er geht los. Da führt ein Mann ein Kätzchen mit sich, um es zu erhängen. Der Sohn fragt: »Wohin führst du das Kätzchen?«

»Ich führe es weg, um es zu erhängen. Es taugt nichts, überall kriecht es herum.« Der Sohn kaufte es für einen Heller. Da kommt ein Mann, der ein Hündchen mit sich führt. Der Sohn fragt: »Wohin führst du das Hündchen?«

»Ach, das ist ein Taugenichts, da bringe ich ihn weg, um ihn zu erhängen.«

»Dann verkaufe ihn mir.« Der Mann sagt: »Nimm es, ich gebe ihn dir umsonst.«

»Nein, ich will dafür bezahlen.« Der Sohn bezahlte ihm einen Heller und führt nun das Hündchen und das Kätzchen mit sich. So hat er noch einen Heller.

Darauf ging er mit ihnen in eine kleine Stadt. Da stehen Wagen und können nicht fahren. Auf dem vordersten Wagen liegt eine sehr große Schlange und lässt niemanden fahren. Sie liegt da schon den dritten Tag und lässt keinen durch. Sie haben schon alles verfüttert und selber nichts mehr zu essen. Da sagt der Sohn: »Verkauft mir die Schlange!« Die Leute sagen: »Nimm sie dir! Wir zahlen dir noch was dazu!«

»Nein, ich kaufe sie für einen Heller.« Er kaufte die Schlange und steckte sie sich in den Brustausschnitt. Nun führt er das Hündchen und das Kätzchen und trägt die Schlange an seinem Busen - so geht er nach Hause. Als er zu Hause angekommen ist, bindet er das Hündchen und das Kätzchen an die Bettpfosten, doch die Schlange legt er auf das Wandbrett unter eine Holzmulde. Die Mutter schlief.

Am Morgen wachte sie auf und schaut sich um nach dem, was er für den dritten Heller gekauft hat. Was für die ersten zwei Heller gekauft ist, sieht sie. Sie deckt die Holzmulde auf und findet dort ein Wesen - halb junges Mädchen, halb Schlange. Sie deckt die Mulde wieder darauf. Als der Sohn aufgewacht war, fragt sie: »Wo ist das, was du für den dritten Heller gekauft hast?« Er sagt es ihr nicht sofort. Denn deckt er die Mulde ab - da sitzt ein wunderschönes Mädchen. Da sagt er zu ihr: »Wir wollen beide heiraten.«

»Nein«, sagt sie, »deine Mutter hat ein Wesen gefunden - halb Schlange, halb junges Mädchen. Wenn sie dann auf mich böse ist, wird sie mich ›Schlange‹ schelten. Bringe mich nach Hause, und weil du mich losgekauft hast, werden sie dir alles Geld geben, das du forderst. Aber du fordere den zwölffach gewundenen Ring, dann werden sie ihn dir geben.«

Darauf wollte er sie nach Hause bringen. Sie gingen fort und fanden eine Höhle. Sie krochen und krochen immer tiefer in die Höhle. Alle freuten sich, dass er ihnen ihre Tochter wiedergebracht hatte. Sie boten ihm dafür Geld. Er nimmt keins, sondern bittet um den zwölffach gewundenen Ring.

Sie gaben ihm den zwölffach gewundenen Ring.

Nun geht er nach Hause. Ihm wurde es schwer, bergauf zu gehen, er hatte Hunger bekommen. Er setzte sich und überlegte, was er tun sollte. Er sagt: »Ach, wozu habe ich den Ring genommen? Wenn ich Geld genommen hätte, dann hätte ich jetzt etwas zu essen!« Er fing an, die Windungen zu drehen - da sprangen zwölf Knechte heraus und fragen ihn: »Was sollen wir tun?« Er antwortet: »Ebnet mir den Weg!« Und - hast du nicht gesehen! - hatten sie den Weg geebnet. Er drehte die Windungen zurück und machte sich auf den Heimweg. Da sieht er, dass er eine gute Sache bekommen hat.

Er kam nach Hause.

Dort auf der anderen Seite des Sees wohnte ein reicher Gutsherr. Da schickte er seine Mutter zu dem Herrn, um ihn zu fragen, ob er ihm seine Tochter zur Frau geben wolle. Die alte Frau ging in ihren Bastschuhen hin. Der Herr fragt: »Warum bist du gekommen?«

»Da hat mich doch mein Sohn geschickt. Gibst du meinem Sohn deine Tochter zur Frau?« Der Herr antwortet: »Wenn drüben so ein Gutshaus stehen wird wie meins hier, dann werde ich ihm meine Tochter geben.«

Der Sohn fragte nun seine Mutter: »Was hat der Herr gesagt?« »Er hat gesagt: ›Wenn drüben so ein Gutshaus stehen wird wie meins hier, dann werde ich ihm meine Tochter geben.‹« Der Sohn wartete, bis es Nacht wurde, drehte seinen Ring mit den zwölf Windungen um, da kamen die zwölf Knechte heraus und fragen: »Was sollen wir tun?« Er antwortet: »Baut hier ein Gutshaus, das schöner ist als das des Herrn drüben.«

Am anderen Morgen tritt der Herr heraus - schon leuchtet drüben ein Gutshaus, das schöner ist als seins. Darauf schickt der Sohn die Mutter zu dem Herrn: »Gibst du nun deine Tochter?« Diesmal geht sie ohne Furcht. Sie kam an und fragt: »Gibst du deine Tochter meinem Sohn zur Frau?« Er antwortet: »Ja, aber es muss noch von einem Gutshaus zum anderen über den See eine Brücke gebaut werden - halb aus Gold, halb aus Diamanten.«

Die Frau kam zurück. Er fragt: »Was hat der Herr gesagt?«

»Der Herr hat gesagt, es müsste noch eine Brücke von Gutshaus zu Gutshaus gebaut werden, halb aus Gold, halb aus Diamanten.«

Der Sohn wartete wieder bis zum Abend, drehte den Ring mit den zwölf Windungen um, es kamen die zwölf Knechte heraus und fragen: »Was sollen wir tun?«

»Hört«, sagt er, »baut eine Brücke von Gutshaus zu Gutshaus, halb aus Gold, halb aus Diamanten.« Über Nacht bauten sie auch die Brücke. Als der Herr am folgenden Morgen heraustrat, erschrak er, dass da schon eine Brücke glänzte. Die Mutter kommt schon über die Brücke zum Herrn. Sie fragt: »Gibst du meinem Sohn deine Tochter zur Frau?« Er antwortet: »Ja, nur müsste zuvor an diesem Ort eine Kirche aus Wachs gebaut werden.«

Die Mutter kam zurück. Er fragt: »Was hat er gesagt?«

»Er hat gesagt, dass zuvor eine Kirche aus Wachs an diesem Ort gebaut werden müsste, damit man nicht so weit zur Trauung fahren muss.«

Der Sohn wartete wieder bis zur Nacht, dreht den Ring um, zwölf Knechte kamen heraus. Sie fragen: »Was sollen wir tun?« Er antwortet: »Baut eine Kirche aus Wachs!« Sie bauten die Kirche. Die alte Frau geht nun mutig zu dem Herrn und fragt: »Wirst du ihm nun deine Tochter geben?« Er antwortet: »Ja, soll er nur hergefahren kommen.«

Der Sohn fragt die Mutter: »Wird er sie mir geben?« »Er sagt: ›Soll er nur hergefahren kommen!‹«

Darauf fuhr er selbst werben, heiratete sie - die Kirche war ja am selben Ort.

Nun lebt die Tochter mit ihm.

Sie fragt ihn immer wieder: »Wie hast du das alles gemacht?« Der Sohn wollte anfangs nicht die Wahrheit offenbaren, dann aber sagt er, wie es war: »Ich habe einen besonderen Ring - der hat mir alles gemacht.« Als sie das erfahren hatte, stahl sie ihm den Ring. Sie befahl den zwölf Knechten: »Tragt ihn mit dem Bett in die kleine Hütte, doch mich tragt mit dem Herrenhaus und der Brücke über das Meer - dorthin, wo die Mäuse arbeiten!« Da erwacht der Herr: weder das Gutshaus noch sonst etwas ist da, nur die kleine Hütte. Er befahl, den Sohn herzubringen und ihn ins Gefängnis zu werfen. Sie setzten ihn ins Gefängnis. Da sitzt er nun.

Da sagen das Kätzchen und das Hündchen: »Er hat uns vom Tode losgekauft, und wir sollten ihn nicht loskaufen können?« Das Kätzchen und das Hündchen gingen zum Gefängnis und krochen durch ein kleines Fenster zu ihm; sie sagen: »Fürchte dich nicht, wir tun alles, um dich zu retten!« Darauf gehen sie zum Meer. Dort angekommen, hieß das Hündchen das Kätzchen sich auf seinen Nacken setzen und schwamm über das Meer. Dort arbeiten Mäuse und machen Beete zurecht, und eine von ihnen geht als Schultheiß umher und beaufsichtigt sie. Da schaute das Kätzchen und schaute und packte den Schultheiß. Die Mäuse fingen an zu schreien: »Alle kannst du umbringen, nur den Schultheiß rühre nicht an!« Da sagt das Kätzchen: »Wir rühren von euch nicht einen an, aber bringt uns den Ring der Herrin!« Die Mäuse sagen: »Wir wissen nicht, wo sie ihn hat!« Doch eine meldet sich und sagt: »Ich weiß, dass sie ihn im Munde hat, ich werde ihn holen.« Und sie lief fort, um den Ring zu holen.

Die Herrin schläft mit offenem Munde, und im Munde hat sie den Ring. Das Mäuschen grub sich eine kleine Grube, nässte da hinein, tauchte seinen Schwanz ein und fuhr damit mehrmals über die Lippen der Herrin, und als sie ausspie, spuckte sie auch den Ring aus. Da ergriff ihn die Maus und brachte den Ring dem Kätzchen. Sie nahmen den Ring und gingen zurück. Als sie an das Meer gekommen waren, hieß der Hund das Kätzchen wieder, sich auf seinen Nacken zu setzen, und schwimmt über das Meer.

Die Herrin wacht auf - der Ring ist weg! Sie ging hinaus und fragt überall die Mäuse: »Ist hier nicht jemand gewesen?« Die Mäuse antworten: »Es war hier ein Hündchen mit einem Kätzlein.« Darauf schickte sie einen Raben aus, das Kätzchen und das Hündchen zu verfolgen. Und der Rabe holte Kätzchen und Hündchen ein, als sie noch über das Meer schwammen. Und als der Rabe das Kätzchen mit seinem Schnabel hackte, da fiel der Ring ins Meer.

Darauf kehrte der Rabe zurück, und Kätzchen und Hündchen schwammen ans Ufer. Da - das Kätzchen - husch! - auf einen Eichbaum. Das Hündlein sagt: »Wir waren so einträchtig miteinander, und jetzt fliehst du vor mir!« Es antwortet: »Du wirst mich umbringen!« Das Hündchen sagt: »Warum sollte ich dich umbringen?«

»Du hast es nicht gesehen. Der Rabe kam geflogen, hackte mir in den Rücken, und da fiel der Ring ins Meer.« Da stieg das Kätzchen herunter, und beide fingen an, kleine Gruben zu graben. Da kommt der Krebs und sagt: »Was macht ihr beide denn hier?«

»Das Meerwasser wollen wir ableiten, alle Fische ausweiden, wir suchen den Ring!« Da antwortet der Krebs: »Leitet das Wasser nicht ab! Ich habe gesehen, dass ein Hecht den Ring verschlungen hat, ich werde ihn zu euch hertreiben.«

Da ging der Krebs los, um den Hecht herzutreiben. Und so treibt er ihn: Er kneift ihn bald in die eine Seite, bald in die andere. So trieb er ihn auch herbei. Das Kätzchen packte ihn, riss ihn mittendurch und nahm sich den Ring. Und sie brachten ihn dem Sohn. Sie kletterten hinauf, stiegen durchs kleine Fenster und gaben ihm den Ring. Darauf drehte er den Ring mit den zwölf Windungen um, da kamen die zwölf Knechte heraus und fragen: »Was sollen wir tun?« Er antwortet: »Holt mein Gutshaus, die Brücke und die Kirche und stellt sie wieder an den Ort, wo sie früher waren.« Sie brachten alles und stellten es wieder da hin. Der Herr sieht, dass jetzt wieder alles wie früher ist. Er befahl, den Schwiegersohn aus dem Gefängnis freizulassen. Sie entließen ihn aus dem Gefängnis. Da fragt der Herr ihn: »Was war mit dir, dass deine ganze Habe verschwunden war?«

»Höre, warum meine ganze Habe verschwunden war: Ich habe einen Ring mit zwölf Windungen, den stahl mir meine Frau und hat alles über das Meer bringen lassen, wo die Mäuse arbeiten. Nun hat das Kätzchen und das Hündchen mir den Ring zurückgebracht.«

Darauf machte der Herr einen Scheiterhaufen, nahm diese Tochter und verbrannte sie. Doch den Schwiegersohn vermählte er mit seiner anderen Tochter.