[swahili, "Geschichte, Legende"]

Der verwilderte Königssohn

Einst spielte ein Königssohn auf dem Hof mit einem goldenen Apfel. Da kam ein Kolkrabe geflogen, fing den Apfel auf und trug ihn mit sich fort. Das Kind auf und hinter dem Raben her. Bei der Verfolgung geriet der Knabe in einen Wald und verirrte sich dort. Er sucht und sucht und kann den Weg nach Hause nicht finden. So lebt nun der Königssohn allein im Walde.

Wie er dort lebt, weiß niemand zu sagen. Manchmal erblickt ihn ein Hirtenjunge oder ein Jäger, doch so sehr sie sich auch mühen, es gelingt ihnen nicht, ihn anzulocken - kaum sieht der Königssohn einen Menschen, so flieht er auch schon wie ein scheues Tier, versteckt sich, und niemand kann ihn wieder finden.

Was der König auch unternahm, welche Belohnung er auch dem Finder versprach - alles war vergebens. Es verging eine Reihe von Jahren, der Königssohn wuchs heran.

Am Hofe des Königs dienten drei Schwestern. Sie beschlossen, den Königssohn zu sich zu locken. Da geht die älteste zum König und sagt: »Im Walde muss ein zierliches Speicherhaus gebaut werden, und schöne Pferde müssen darinnen stehen. Der Königssohn wird die Pferde haben wollen, und wir werden ihn dort fangen.« Alles wurde so gemacht. Die erste Nacht geht die älteste Schwester in das Haus. Da kommt der Königssohn, spaziert um das Haus herum und singt: »Wem gehört der schöne Speicher,
Wessen sind die Silberrosse,
Saffiansattel, sie zu satteln,
Goldne Zügel auch, sie schön zu zäumen?«
Das Mädchen kann das Schweigen nicht länger ertragen und sagt: »Dem Väterchen gehört der Speicher,
Sein eigen sind die Silberrosse,
Mit Saffiansattel, sie zu satteln,
Mit goldnen Zügeln, sie schön zu zäumen.«
Kaum hatte der Königssohn ihre Stimme vernommen, da floh er auch schon in den Wald. In der nächsten Nacht geht die zweite Schwester. Wieder kommt der Königssohn und singt ebenso. Doch noch schweigt sie. Der Königssohn spaziert und spaziert herum - die Rosse schnauben, er möchte sie gern haben. Schon steigt er an der Tür auf den Speicherumgang, und immer fragt er singend: »Wem gehört der schöne Speicher,
Wessen sind die Silberrosse,
Saffiansattel, sie zu satteln,
Goldne Zügel auch, sie schön zu zäumen?«
Da ertrug es das Mädchen nicht länger zu schweigen und antwortete: »Dem Väterchen gehört der Speicher,
Sein eigen sind die Silberrosse,
Mit Saffiansattel, sie zu satteln,
Mit goldnen Zügeln, sie schön zu zäumen.«
Da floh der Königssohn wieder von hinnen.

In der dritten Nacht geht die Jüngste. Und wieder kommt der Königssohn, wieder singt er. Sie hat sich hinter der Tür versteckt, schweigt und schweigt. Aber kaum ist der Königssohn zur Tür hereingekommen, macht sie die Tür zu und schiebt den Riegel vor. Der Königssohn bat sie flehentlich, doch sie öffnete die Tür nicht. Schöne Rosse, ein schönes Mädchen - der Königssohn beruhigte sich. Am nächsten Morgen kommt sein Vater gefahren und findet den Sohn mit dem Mädchen. Da war der König hocherfreut und vermählte beide miteinander.

Auch ich bin dabei gewesen, habe Bier und Honigmet getrunken, über den Bart ist es mir geflossen, doch im Mund habe ich nichts gehabt.