[swahili, "Geschichte, Legende"]

Der Verleumder

Vor langer Zeit machte einmal ein junger Bursche einem tugendhaften und sehr schönen Mädchen den Hof, und der Tag ihrer Hochzeit stand nahe bevor. Im selben Dorf lebte ein missgünstiger Bursche. Der traf eines Tages das Mädchen und fragte sie, ob sie seine Braut werden wolle. Darauf antwortete sie: »Wie kannst du es wagen, mir einen solchen Vorschlag zu machen, wo du doch weißt, dass ich mich sehr bald verheirate.« Bald darauf begegnete der Bursche dem Bräutigam des Mädchens, und dieser sagte zu ihm: »Hallo! Weißt du eigentlich schon, dass ich mich in einigen Tagen verheirate, wenn Gott will?«

»Wie dumm von dir, dass du dieses Mädchen heiraten willst!«

»Warum?«

»Pah! Weil ich sie gehabt habe; ich will es dir nur sagen, damit du nicht unschuldig reinfällst.«

»Danke!«

Tief betrübt ging der Bursche zu seiner Braut und sagte ihr: »Von heute ab hören unsere Beziehungen zueinander auf. Du kannst einen anderen heiraten.« Und unter Tränen antwortete sie ihm: »Bei der Seele deiner Mutter, sage mir, warum du mich verlassen willst!«

»Warum soll ich dir das sagen?«

Von diesem Tage an wurde das Mädchen herzkrank, und nach kurzer Zeit starb es.

Das Gewissen ließ dem Verleumder keine Ruhe. Und eines Tages ging er in die Kirche, um seine Sünde zu beichten. Und der Beichtvater legte ihm als Buße auf, drei Nächte auf dem Grab des Mädchens zu beten. Er ging hin, und die erste Nacht und die zweite Nacht geschah nichts, in der dritten Nacht aber sah er einen Schatten mit einem Krug voll Wasser auf sich zukommen, der sagte mit schwacher Stimme: »Nimm diesen Krug voll Wasser!« Der Verleumder nahm ihn, und der Schatten sagte: »Jetzt schütte das Wasser auf die Erde dieses Grabes.« Er tat es, und der Schatten sagte: »Jetzt gib es dem Krug wieder zurück!«

»Das kann ich nicht!« antwortete der Verleumder ganz entsetzt. »Nun, wie man dieses Wasser dem Krug nicht wieder zurückgeben kann, kann man auch jemandem die Ehre nicht wiedergeben, wenn böse Zungen wie deine sie verletzt haben. Bald wirst du die Strafe erhalten, die du als Verleumder verdienst.«

Der Schatten verschwand. Und kaum war der Verleumder nach Hause zurückgekehrt, da starb er.