[swahili, "Geschichte, Legende"]

Der Ritter und sein Weib

In einem gewissen Land lebte ein Ritter, der war einst sehr reich, und jedes Jahr hielt er zu Ehren Unserer Lieben Frau ein großes Fest. Aber er gab so reichlich, dass er mit der Zeit arm wurde. Er war mit einer guten Frau verheiratet, der war die Jungfrau so lieb und teuer wie ihm, und darüber war der Böse sehr ergrimmt.

Es kam die Zeit für das jährliche Jubelfest für Unsere Frau, und der arme Ritter hatte nichts, womit er die Kosten dafür bestreiten konnte. Da war er so beschämt, dass er sich in die Wälder zurückzog, dort wollte er in der Einsamkeit bleiben, bis der Festtag vergangen und vorbei war. Der Teufel sah, wie es um den armen Ritter stand, und heimlich liebte er dessen Frau. Aber wegen des tugendsamen Lebens dieser Dame und wegen der Liebe, die Unsere Frau zu ihr hatte, hatte diese unheilige Leidenschaft keinen Erfolg.

Eines Tages, als ihr Gemahl, der Ritter, noch in den grünen Wäldern war, kam der Böse in menschlicher Gestalt zu ihm und fragte ihn, warum er hier umherstreife und weshalb er so niedergeschlagen drein sehe.

Da erzählte der arme Ritter dem Fremden seine Geschichte. »Einst war ich«, so sprach er, »ein reicher Mann, nun aber ist alles verloren. Ich war es gewöhnt, jedes Jahr das Fest Unserer Lieben Frau zu feiern, und jetzt fehlt es mir an Geld - ja, sogar für meinen Lebensunterhalt.«

Der Fremde antwortete und sprach: »Wenn Ihr mir einen Wunsch erfüllt, will ich Euch größere Reichtümer geben, als Ihr je zuvor besaßet. Geht an eine Stelle, die ich Euch nennen werde, und dort werdet Ihr eine Menge Gold finden. Kommt danach wieder hierher, sprecht wieder mit mir und bringt Euer Weib mit Euch.«

Der arme Ritter wusste nicht, dass es der Böse war, der so zu ihm sprach, und er versprach zu tun, was ihm geheißen wurde. Er ging also nach Hause und fand dort sogleich genug Geld, so wie es der Fremde vorhergesagt hatte. Er war sehr froh darüber, und das Fest Unserer Frau wurde mit größeren Gaben an Gold und Silber gefeiert als je zuvor, solange man sich erinnern konnte.

Die Zeit verstrich, und es kam der Tag näher, an dem er den Fremden noch einmal treffen und seine Frau dabei mitbringen sollte. Diese edle Dame wagte nichts anderes zu tun, als was ihr geheißen wurde, und so machte sie sich daher bereit, und sie bestiegen ihre Zelter und ritten fort zum Wald. Neben der Straße am Wegrand stand eine Kapelle Unserer Lieben Frau, und die Frau des Ritters sagte zu ihrem Gemahl: »lass uns in diese Kapelle gehen und Gott bitten, er möge uns in der Ehrfurcht vor ihm erhalten.« Der Ritter aber war voll Frohsinn und heiterer Laune und hielt nichts vom Gebet und sprach zu seiner Gemahlin: »Du kannst hineingehen, wenn du Lust hast, und beten; ich meinerseits aber will meinen Weg fortsetzen. Halte dich aber nicht lange auf, sonst bringst du mich in Zorn.«

Die Dame versprach, nicht zu lange zu bleiben, und begab sich in die Kapelle. Sie ließ sich vor einem Standbild Unserer Lieben Frau nieder, dort lehnte sie sich zurück, es überkam sie eine Müdigkeit, und sie fiel in Schlaf. Um all die Liebe zu vergelten, die das gute Weib des armen Ritters ihr entgegenbrachte, nahm nun Unsere Liebe Frau ihre Gestalt an, ritt auf dem Zelter und traf wieder auf den Ritter. Der wusste nicht, dass es Unsere Frau war, die neben ihm ritt. Als sie aber dorthin kamen, wo sie den Fremden antreffen sollten, stand er schon da. Weil er aber in Wirklichkeit der Böse war, wusste er, dass sie nicht die Frau des Ritters, sondern die Heilige Jungfrau war, und er schrie den Ritter an: »Verräter, ich hieß dich, dein Weib mit dir zu bringen, und du hast an ihrer Stelle Christi Mutter mitgebracht! An deinem Hals sollst du für deine Falschheit hängen!«

Diese Worte machten dem Ritter Angst, und er stieg ab vom Pferd und fiel vor Unserer Frau auf die Knie, er vergoss Tränen und flehte um Vergebung. Unsere Frau sagte zu ihm: »Ritter, du bist in die Irre gegangen. Du hast dich dem Bösen ausgeliefert. Gib ihm seine Geschenke zurück. Mühe dich hinfort in Gottes Dienst ab, so wird er dich in deine Güter wieder einsetzen.« Sie sprach diese Worte und verschwand. Der Ritter sprang auf seinen Zelter, ritt zu der Kapelle, und dort lag seine Frau vor dem Altar noch im Schlaf.