[swahili, "Geschichte, Legende"]

Der Pfarrer und der Glöckner

Es war einmal ein Pfarrer und der war ein gar schlimmer Gesell. Jedes mal wenn er mit seinem Pferdegespann samt Wagen unterwegs war und ihm kam jemand auf der engen Straße entgegengefahren, dann schrie er bereits von weitem lauthals: »Aus dem Weg! Platz gemacht! Hier kommt der Pfarrer!« Doch eines Tages geschah es, das ihm der König selbst entgegen fuhr. Schon von weitem schrie der Pfarrer nichts ahnend das es der König war der ihm da entgegen kam: »Platz gemacht! Ich bin es, der Pfarrer! Also geht mir aus dem Weg und macht Platz!« Doch der König war eben der König! Denn der König fuhr einfach geradewegs weiter und dem Pfarrer blieb also nichts anderes übrig als sein Pferd auf die Seite zu lenken und selber Platz zu machen. Dem König war die Dreistigkeit des Pfarrers aber nicht entgangen und so sagte er beim vorbeifahren zum Pfarrer: »Morgen hast du dich auf dem Königshof zu melden! Ich werde dir dann für deine Frechheit drei Fragen stellen, und kannst du diese dann nicht beantworten, so werde ich dich für deinen Hochmut bestrafen lassen und wirst deinen Mantel samt Kragen verlieren!« Ja, das war eine andere Sprache, als sie der Pfarrer es sonst gewohnt war! Rumschreien, grölen und die kleinen Menschen herunterputzen und ihnen derb und grob kommen, das konnte er! Aber Rede und Antwort stehen? Das war nicht sein Fall! Voller Sorgen und Angst vor dem König fuhr er schließlich weiter nach Hause. Dort begab er sich eilig zum Glöckner der bei den Leuten im Ruf stand, mehr Verstand als der Pfarrer zu haben! Beim Glöckner angekommen sagte er zu ihm: »Ich soll zum König und ihm drei Fragen beantworten! Aber ich habe keine rechte Lust zu dieser Fahrt. Denn ein Narr fragt mehr als zehn Weise beantworten können!« Da der Glöckner zudem ein hilfsbereiter Mensch war, willigte dieser schließlich ein und fuhr an Stelle des Pfarrer am nächsten Tag zum Königshof. Damit der Schwindel aber nicht aufflog, gab der Pfarrer dem Glöckner auch noch seinen Mantel samt Kragen mit auf den Weg. Angetan mit des Pfarrers Mantel und Kragen erschien der Glöckner schließlich am Hofe des König, wo ihn dieser bereits mit aufgesetzter Krone, prächtig gekleidet und mit dem Zepter in der Hand erwartete. »Na, da bist du ja endlich«, sprach der König und fing auch schon gleich mit seinen drei Fragen an! »Sage mir als erste Antwort, wie weit ist es von Osten bis nach Westen?«

»Eine Tagesreise«, antwortete der Glöckner und der erstaunte König fragte: »Wieso?«

»Nun, die Sonne geht weit im Osten auf und im Westen unter und das macht sie bequem an einem einzigen Tag!« Nachdem sich der König mit der Antwort zufrieden geben musste, kam schließlich auch gleich seine nächste Frage: »Sage mir, was ich wohl Wert bin in all meiner Pracht samt Krone, Zepter und goldener Kleidung in der du mich hier siehst?«

»Jesus Christus wurde einst auf dreißig Silberlinge geschätzt! Da kann ich dich als König wohl nicht höher bewerten als neunundzwanzig Silberlinge«, war die Antwort des Glöckner und der immer noch erstaunte König sprach ob der klugen Worte seines Gegenüber: »Nun gut! Aber wenn du wirklich so gut und überaus klug bist, dann kannst du mir doch sicherlich auch sagen, was ich gerade denke?« Da antwortete der Glöckner: »Doch, auch das weiß ich. Du denkst der Pfarrer steht vor dir! Aber entschuldigt bitte, denn ich kann nichts dafür und ihr denkt falsch. Ich bin in Wirklichkeit der Glöckner!« Da sprach der König zum Glöckner: »In Ordnung. Dann mach, dass du nach Hause kommst und sei ab heute du der Pfarrer und lass den anderen Glöckner sein!« So kam es schließlich, das von nun an aus dem Glöckner ein bis ans Ende seiner Tage ein guter und allseits beliebter Pfarrer wurde, der seiner Gemeinde immer mit kluge Ratschläge und guten Taten hilfreich zur Seite stand.