[swahili, "Geschichte, Legende"]

Der Mond scheint, der Tote fährt

Eine Witwe saß eines Abends vor dem Spinnrad und dachte an ihren verstorbenen lieben Mann. Plötzlich geht die Tür auf, und der Tote tritt ins Zimmer. »Gib mir etwas zu essen«, fordert er von der Frau.

Die Frau bringt eine Erbsensuppe und gekochte Hühnereier. Der Tote beginnt gierig zu essen, nimmt aber die Erbsen aus der Suppe heraus, legt sie auf den Tisch und schneidet sie mit einem Holzmesser in zwei Hälften, isst sie dann und lässt die Erbsenschalen liegen. Die Hühnereier isst er jedoch mit der ganzen Schale.

Die Nachbarskinder sahen, dass ein Mann mit einem schönen Pferd, das ein schmuckes Kummet hatte, vorgefahren war, liefen hin, schauten durch das Schlüsselloch, sahen dieses sonderbare Essen und wunderten sich. Sie kehrten nach Hause zurück und sagten: »Der Mann der anderen ist nach Hause gekommen und isst. Die Erbsen schält er, und die Hühnereier isst er mit der Schale. Das ist bestimmt kein Mensch!«

Der Mann der Witwe hatte inzwischen gegessen und trieb die Frau an, sich schnell anzuziehen, damit sie fortkönnten.

Sowie die Frau angezogen war, setzten sie sich in den Schlitten und fuhren wie der Wind davon.

Da gibt der Mann der Frau die Hand eines Menschen und sagt: »Iss!« Die Frau aber legt die Hand auf den Boden des Schlittens.

Der Mann sagt: »Der Mond scheint, der Tote fährt, meine Schöne, meine Liebe, fürchtest du dich?«

Die Frau erwidert: »Warum soll ich mich fürchten, wenn doch mein Liebster bei mir ist.«

Der Mann ruft: »Hand, wo bist du?«

»Auf dem Boden des Schlittens!« erwidert die Hand.

»Warum hast du sie nicht gegessen?« fragt der Mann.

»Ich werde sie schon essen«, entgegnet die Frau.

Sie fahren weiter. Der Mann sagt: »Der Mond scheint, der tote fährt, meine Schöne, meine Liebe, fürchtest du dich?«

Die Frau erwidert: »Warum soll ich mich fürchten, wenn doch mein Liebster bei mir sitzt.«

Der Mann ruft: »Hand, wo bist du?«

»Unter dem Hintern«, antwortet die Hand.

»Warum hast du sie da hingelegt und nicht aufgegessen?« fragte der Mann.

»Ich werde sie schon essen«, antwortete die Frau.

Nun kommen sie zu einem Wirtshaus. Der Mann hält das Pferd an und geht ins Wirtshaus.

Die Frau geht ihm nach und schaut durch die Tür, was er dort tut, sieht aber, dass er wie ein Hund auf dem Fußboden des Wirtshauses unter dem Tisch hervor in eine Ecke kriecht und Knochen nagt.

Die Frau versteckt die Menschenhand unter ihren Kleidern am Herzen.

Der Mann kommt heraus, setzt sich wieder in den Schlitten, und sie jagen weiter.

»Der Mond scheint, der tote fährt, meine Schöne, meine Liebe, fürchtest du dich?« fragt der Mann.

»Was soll ich mich fürchten, wenn der Liebste neben mir ist«, erwidert die Frau.

»Hand, wo bist du?« ruft der Mann.

»Unter dem Herzen«, antwortet die Hand.

Der Mann nimmt an, dass die Frau jetzt die Hand aufgegessen habe.

Sie jagen weiter und kommen zum Friedhof. Der Mann fängt an, ein Loch zu graben, und seine Frau steht am Rande des Loches.

Wie das Loch schon so tief war, dass der Mann nicht mehr über den Rand schauen konnte, zog die Frau die Kleider aus und hängte sie über ein Kreuz, selbst aber lief sie zum Pastor und erzählte ihm ihre Geschichte.

Der Mann zieht vom Rande des Loches seine Frau zu sich auf den Schoss, schreit aber: »Ei, ei, sie ist hart!« und rennt sofort zum Pastor, um die Frau zu holen. Dort ruft er vor der Tür: »Kärnau! Gebt mir die Meine heraus!«

Der Pastor nimmt den Trauring vom Finger der Frau, setzt ihn an die Pflugspitze und erhitzt im Ofen die Pflugspitze und den Ring. Dann reicht er sie zwischen der Tür dem Mann. Der greift nach dem Ring und verschwindet daraufhin mit so großem Getöse und Gepolter, dass die Türpfosten und die Schornsteine vom Hause des Pastors herabfallen.

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