[swahili, "Geschichte, Legende"]

Der Mann, die Frau und der Edimo

Ein Mann und eine Frau lebten in der Stadt der Edimo. Die Frau war schwanger. Ihr Mann wollte aber dennoch in ein anderes Land reisen, um dort Handel zu treiben. Beim Abschied sprach er zu seiner Frau: »Ich reise nun ab und bin nicht da, wenn deine Stunde kommt. Frag trotzdem niemanden: ›Wer hilft mir bei der Entbindung?‹« Die Frau versprach es. Als dann aber der Mann weit fort war und ihre Stunde kam, da fragte sie doch: »Wer hilft mir nun bei der Entbindung?« Da kam ein Edimo zu ihr und sagte: »Ich will dir helfen.« Der Edimo half der Frau auch wirklich, aber er gab ihr kein Essen. Die Frau hatte Bananen, Yams und vieles andere. Doch wenn der Edimo gekocht hatte, erlaubte er nicht, dass sie aß. So war es jeden Tag. Wollte die Frau etwas essen, so sprach er: »Wenn du isst, töte ich dich auf der Stelle!« Da musste die Frau dem Edimo gehorchen.

Auf dem Dach aber saß ein Vogel, der hatte alles mit angesehen und flog in das ferne Land, in dem sich der Mann dieser Frau aufhielt. Als er ihn erblickte, setzte er sich auf ein Dach und sprach: »Mann, der du jene Frau geheiratet hast, deine Frau hat ihr Kind geboren, aber der Edimo gestattet ihr nicht zu essen.« Der Mann lauschte dem Vogel und dachte: Vielleicht hat meine Frau schon geboren und ist jetzt in großer Bedrängnis^ Schnell lud er seine Waren ins Boot und machte sich auf zu seiner Frau, um zu sehen, wie es ihr ginge.

Kaum angekommen, stieg er hinauf in die Stadt. Den Edimo traf er nicht in seinem Hause an, denn der war spazieren gegangen. Aber seine Frau war da und erzählte ihm: »Jeden Tag kommt ein Edimo zu mir. Jetzt ist er spazieren gegangen. Verbirg dich unter dem Bett, dann wirst du ihn sehen.« Der Mann versteckte sich unter dem Bett. Es dauerte nicht lange, da kam der Edimo. »Ich glaube, es ist ein Mann im Haus«, meinte er, »ich rieche etwas.«

»Ach, hier war niemand«, log die Frau und fing an, Essen zu kochen. Aber als sie fertig war, fuhr der Edimo sie an: »Wenn du davon isst, töte ich dich.« Kaum hatte der Mann das gehört, kam er unter dem Bett hervor und schrie: »Was hast du hier zu suchen!« Überrascht begrüßte ihn der Edimo ganz höflich: »Willkommen, Hausherr!«

»Ich will deine Grüße nicht!« erwiderte ihm der Mann und jagte ihn davon.

Mann und Frau begaben sich später auf ihr Feld. Dort beseitigten sie alles Unkraut, erst nachdem sie alles gründlich gejätet hatten, kehrten sie nach Hause zurück. Als sie nach einiger Zeit wieder aufs Feld kamen, war es, als hätten sie nie zuvor auch nur ein Grashälmchen ausgezupft. Darüber wunderten sie sich, denn sie hatten sich so große Mühe gegeben, aber überall wucherte das Unkraut. Da suchten sie eine Wahrsagerin auf, und zwar die Spinne. Von ihr erfuhr der Mann: »Es ist der Edimo, den du aus dem Haus gejagt hast, der lässt das Unkraut wachsen. Willst du ihn fangen, dann beginne das folgendermaßen: Mach einen Fetisch, der aussieht wie deine Frau und reibe ihn von oben bis unten mit Harz ein. Der Edimo wird kommen und dem Unkraut befehlen: ›Unkraut, wachset‹, und das Unkraut wächst wieder. Aber dann wird er den Fetisch sehen und ihn anfassen wollen, denn er denkt sicher, dass deine Frau das Feld bewacht. Du kannst all das im Verborgenen beobachten und wirst sehen, was dann geschieht.«

Als der Edimo nun den Fetisch auf dem Feld erblickte, rief er gleich: »Frau, dich werde ich schlagen!«, rannte herbei und verabreichte dem Fetisch eine Ohrfeige. Der Fetisch rührte sich nicht, der Edimo schlug mit der anderen Hand zu, da klebte er mit den Händen fest. Jetzt versetzte er der vermeintlichen Frau einen Tritt, stieß dann mit der Stirne gegen ihre und wollte sich schließlich noch mit dem Bauch gegen sie stemmen, aber was war der Erfolg, seine Füße klebten fest, und er hing an dem Fetisch auch mit der Stirn und dem Bauch. »Warum hast du mich denn nicht gleich gepackt?« fragte er, aber der Fetisch blieb natürlich stumm. Nun trat der Mann aus seinem Versteck. »Was wolltest du hier?« fragte er. Der Edimo log: »Mit diesem Ding spielen.« Der Mann aber ließ sich nicht täuschen und sprach: »Wir haben dir nie etwas getan. Jetzt willst du dich herausreden und die Schuld auf diesen Fetisch schieben. Ich werde dich töten.« - Und der Mann tötete den Edimo und warf ihn dann ins Wasser.