[swahili, "Geschichte, Legende"]

Der Kranich und die Reiherin

Es lebten einmal im Sumpf ein Kranich und eine Reiherin. Sie bauten sich, jedes an einem Ende des Sumpfes, ein Häuschen. Da gefiel es dem Kranich nicht mehr, so einsam zu leben, und er gedachte zu heiraten.

»Ich will doch mal um die Reiherin freien!«

Der Kranich stelzte los - schlapp, schlapp! - sieben Werst weit watete er durch den Sumpf.

Kommt an und spricht:

»Ist die Reiherin daheim?«

»Ist daheim.«

»Will sie mich nicht heiraten?«

»Nein, Kranich, ich mag dich nicht heiraten, du hast so lange Beine und ein zu kurzes Gewand, kannst schlecht fliegen und hast nichts, um mich zu ernähren! Scher dich weg, du Langbeiniger!«

Der Kranich ging unverrichteter Sache wieder nach Hause.

Die Reiherin aber überlegte hin und her: »Statt so einsam dahinzuleben, ist es doch besser, ich heirate den Kranich!«

Sie kommt zum Kranich und spricht: »Kranich, möchtest du mich nicht heiraten?«

»Nein, Reiherin, ich brauch' dich nicht, ich mag nicht heiraten, und nehm' dich nicht zur Frau. Mach, dass du fort kommst!«

Die Reiherin weinte vor Scham und ging nach Hause.

Kaum war sie weg, da überlegte sich der Kranich: »Ich hätte die Reiherin nehmen sollen! Das Alleinsein ist gar so langweilig.«

Er kommt wieder zur Reiherin und spricht: »Reiherin, ich hab' mir's überlegt, ich will dich heiraten, nimm mich zum Mann!«

»Nein, Kranich, ich mag dich nicht zum Manne haben!«

Der Kranich ging heim. Da überlegte es sich die Reiherin nochmals: »Warum habe ich ihn weggeschickt? Warum soll ich alleine leben! Besser ist's, ich heirate den Kranich doch.«

Sie kommt zum Kranich und hält um ihn an. Der Kranich aber will nicht.

So gehn sie bis auf den heutigen Tag eines zum anderen, werben umeinander und kommen nicht zum Heiraten.