[swahili, "Geschichte, Legende"]

Der Junge auf dem Stier

In längst vergangener Zeit hatte ein Häuptling viele Frauen geheiratet, und eine von ihnen war schwanger. Da kam ein Stierkalb zur Welt. Der Häuptling sprach: »Wenn die Frau niederkommt, soll ihr Kind auf diesen Stier gelegt werden.« Der Name des Stiers war Ubongopa-kamagadhlela. Das Kind wurde geboren und auf den Stier gelegt. Es blieb da und schlief auf ihm, bekam dort auch sein Essen und hatte nichts auf dem Leibe. Bei Einbruch der Dunkelheit wurde das Tor des Dorfes geschlossen, und die Leute gingen zum Schlafen in die Hütten. Das Kind aber schlief auf dem Stier.

Gegen Morgen sagte das Kind: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
Wach auf nun, es ist an der Zeit,
wach auf nun, es ist an der Zeit.«
Ubongopa erhob sich. Da sagte das Kind: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
Geh los nun, es ist an der Zeit,
geh los nun, es ist an der Zeit.«
Der Stier ging los, das Vieh folgte ihm, es kam auf der Weide an und graste. Dann sagte der Junge: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
Kehr heim nun, es ist an der Zeit,
kehr heim nun, es ist an der Zeit.«
Also ging er wieder nach Hause und das Vieh mit ihm. Der Junge sagte: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
Geh in den Kraal, es ist an der Zeit,
geh in den Kraal, es ist an der Zeit.«
Da gingen der Stier und alles Vieh hinein. Dem Jungen wurde das Essen gebracht, und er aß es auf seinem Stier sitzend. So lebte der Junge, bis er groß wurde, und er kannte kein Feuer, hatte nie ein Kleidungsstück angehabt und nie den Fuß auf die Erde gesetzt. Schließlich war er zu einem jungen Mann herangewachsen.

Da kamen von einem anderen Stamm Diebe, um Vieh zu stehlen. Sie öffneten das Tor und gingen mit Stöcken in den Händen in den Viehkraal. Die Leute, die im Schlaf lagen, hörten nichts. Die Diebe schlugen das Vieh, aber es erhob sich nicht. Als ihre Stöcke zerbrochen waren, gingen die Diebe im Schutze der Nacht wieder davon. Am Morgen sagte der junge Mann: »Wach auf, Ubongopa-kamagadhlela.« Der Stier wachte auf. Dann sagte der junge Mann: »Geh weiden.« Da ging er, und alle Rinder liefen mit ihm. Der junge Mann befahl ihnen, sie sollten weiden, und alle taten das. Mittags kehrten sie wieder nach Hause zurück. Das Essen wurde gebracht, und der junge Mann aß es auf seinem Stier. Dann sagte er dem Vieh, es solle gehen, und es ging; er sagte ihm, es solle fressen, und es fraß; er sagte ihm, es solle wieder heimkehren, und es kehrte um.

Abends wurde das Tor geschlossen, die Leute versperrten ihre Hütten und schliefen. In der Nacht kamen die Diebe mit Stöcken und öffneten das Tor. Sie schlugen das Vieh, aber das Vieh erhob sich nicht, die Stöcke zerbrachen. Da gingen die Diebe wieder davon. Sie unterhielten sich dabei und fragten einander: »Was ist bloß mit diesem Vieh los, dass es nicht aufsteht?« Und dann beschlossen sie: »Wir wollen eine große Menge Stöcke schneiden.«

Am Morgen des dritten Tages befahl der junge Mann den Tieren aufzustehen und weiden zu gehen. Ubongopa-kamagadhlela folgte dem Befehl, und das Vieh graste. Der Junge ließ die Rinder umkehren. Sein Essen wurde gebracht, und er aß es, oben auf seinem Stier. Dann sagte er dem Vieh, es solle fressen gehen, und es ging. Er sagte ihm, es solle wieder umkehren, und es kehrte um. Dann wurde es dunkel. Die Diebe kamen, sie schlugen das Vieh. Die Leute hörten nichts. Die Stöcke zerbrachen, aber das Vieh stand nicht auf. Sie verdrehten ihm die Schwänze, aber das Vieh stand nicht auf. Da gingen sie im Schutze der Nacht davon. Wütend sagten sie: »Wir werden jeder zwei Bündel Stöcke schneiden, so dass wir, wenn eines zerbrochen ist, immer noch das andere haben.« Und dann meinten sie: »So etwas haben wir noch nie erlebt.«

Am Abend des vierten Tages gingen sie zweimal hin und her und brachten die Bündel, die sie außerhalb des Dorfes ablegten. Das Tor wurde geschlossen, und die Leute schliefen. In der Nacht kamen die Diebe. Sie öffneten das Tor und gingen in den Viehkraal. Dann schlugen sie das Vieh, aber ihre Stöcke zerbrachen. Die ersten Bündel Stöcke waren aufgebraucht. Da holten sie die anderen. Sie schlugen das Vieh, und die Stöcke zerbrachen. Da gingen die Diebe davon.

Am Morgen des fünften Tages befahl der junge Mann dem Vieh, weiden zu gehen. Er sagte den Leuten nicht, dass nachts Diebe kamen, um das Vieh zu stehlen. Das war eine Angelegenheit, von der nur er wusste. Das Vieh ging also los. Er hieß es grasen, da graste es. Er befahl ihm, nach Hause zu gehen, und es ging. Sein Essen wurde gebracht, er aß es. Die Leute tuschelten, und sein Vater sagte zu ihm: »Mein Kind, du bist zu wild. Du hast das Vieh geschlagen.« Sie hatten die geschwollenen Striemen gesehen, die dem Vieh in der Nacht von den Dieben beigebracht worden waren, und sie dachten, er habe die Tiere geschlagen.

In der nächsten Nacht kamen die Diebe wieder. Sie öffneten das Tor und kamen herein. Sie schlugen das Vieh, aber es erhob sich nicht. Ihre Stöcke zerbrachen, jeder hatte nur noch einen übrig. Da entdeckte einer der Diebe den jungen Mann und sprach: »Da ist der Bursche, der dem Vieh nicht erlaubt, sich zu bewegen.« Sie sagten zu ihm: »Sprich!«, und da sagte er: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
Wach auf nun, es ist an der Zeit,
wach auf nun, es ist an der Zeit.
Du siehst doch, sie werden uns töten,
die Diebe vom anderen Stamm.«
Ubongopa-kamagadhlela wachte auf und erhob sich. Der junge Mann sagte: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
Geh los nun, es ist an der Zeit,
geh los nun, es ist an der Zeit.
Du siehst doch, sie werden uns töten,
die Diebe vom anderen Stamm.«
Ubongopa ging los und alles Vieh mit ihm. Die Kälber kamen aus dem Gehege und befreiten sich von den Stricken, mit denen sie angebunden waren. Sie öffneten das Gatter und folgten ihren Müttern. Die Leute aber lagen im Schlaf. Am Tor blieben die Tiere stehen. Da sagten die Diebe: »Sprich, Junge, oder wir erstechen dich.« Er erwiderte: »Ihr könnt mich nicht erstechen.« Dann aber sagte er: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
Geh los nun, es ist an der Zeit,
geh los nun, es ist an der Zeit.
Du siehst doch, sie werden uns töten,
die Diebe vom anderen Stamm.«
Und Ubongopa-kamagadhlela ging los.

Ein Mann aus dem Dorf, aus dem das Vieh fortgetrieben worden war, trat vor seine Hütte. Er sagte: »Der Häuptlingssohn ist Mann geworden, denn er hat bei Nacht das Vieh weggetrieben.« Dann rief er den Vater des Jungen. Der befahl: »lasst Bier zubereiten. Der Häuptlingssohn, der Vater von Ubongopa, ist Mann geworden.« Der ganze Stamm bereitete Bier zu. Die Sonne sank, sie ging unter, und es wurde dunkel. Die Leute hielten nach dem Häuptlingssohn Ausschau und riefen: »Von wem ist der Junge in der Nacht verschlungen worden? Er ist mit dem Vieh und den Kälbern verschwunden!«

Als sie so dahin zogen, sagte der Junge: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
Steh still nun, es ist an der Zeit,
teh still nun, es ist an der Zeit.
Du siehst doch, sie werden uns töten,
die Diebe vom anderen Stamm.«
Da blieben die Tiere stehen. Die Diebe sagten: »Sprich, sonst erstechen wir dich.« Er antwortete: »Ihr könnt mich nicht erstechen.« Da fragten sie: »Was bist du?« Er antwortete: »Ich bin nichts.« Darauf fragten die Diebe: »Warum spielst du dich dann so auf? Redest du vielleicht so, damit wir das Vieh des Häuptlings nicht eher bekommen, bis wir durch dich einen ganzen Monat verloren haben?« Da sagte er: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
Geh los nun, es ist an der Zeit,
geh los nun, es ist an der Zeit.
Du siehst doch, sie werden uns töten,
die Diebe vom anderen Stamm.«
Und damit zogen sie weiter.

Einer der Diebe wurde vorausgeschickt. Als er zu seinem Häuptling kam, sagte er: »Wir haben das Vieh gestohlen, aber es wird von einem Zauber beherrscht. Da ist ein Mann, der auf einem Stier liegt, auf Ubongopa-kamagadhlela.« Der Häuptling befahl dem Mann, zurückzugehen und den anderen zu sagen, sie sollten schleunigst mit dem Vieh zu ihm kommen. Da beeilten sie sich sehr. Als sie auf einem Hügel erschienen, sagte einer der Diebe: »Da sind sie. Da ist ein Junge auf einem weißen Stier, er hat Zauberkräfte. Wenn er den Tieren sagt, sie sollen stehen bleiben, dann halten sie an.« Da befahl der Häuptling: »Wenn er ankommt, soll der Stier, mit dem er seinen Zauber ausübt, getötet werden. Und obgleich der Junge nicht auf die Erde darf, soll man ihn dazu bringen.« Sie erreichten das freie Feld vor dem Dorf und hielten an. Der Häuptling befahl ihnen weiterzugehen, da erwiderten die Männer: »Der Junge erlaubt es den Tieren nicht. Sie bewegen sich nur, wenn er es sagt.« Da befahl ihm der Häuptling zu sprechen. Er sagte: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
Geh los nun, es ist an der Zeit,
geh los nun, es ist an der Zeit.
Du siehst doch, sie werden uns töten,
die Diebe vom anderen Stamm.«
Ubongopa ging weiter und das Vieh mit ihm. Dann sagte der Junge: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
Geh in den Kraal nun, es ist an der Zeit,
geh in den Kraal nun, es ist an der Zeit.
Du siehst doch, sie werden uns töten,
die Diebe vom anderen Stamm.«
Also ging Ubongopa in den Kraal. Da sagten die Männer: »Komm herunter. Junge.« Und er erwiderte: »Ich komme nicht herunter. Ich gehe nicht auf der Erde herum, ich bleibe auf dem Stier. Von Geburt an habe ich noch nie die Erde gespürt.« Der Häuptling sagte: »Komm herunter.« Er antwortete: »Ich kann nicht.« Da sagte der Häuptling: »Sprich, Junge.« Und er sagte: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
lass mich herunter, es ist an der Zeit,
lass mich herunter, es ist an der Zeit.
Du siehst doch, sie werden uns töten,
die Diebe vom anderen Stamm.«
Er kam herunter. Sie hießen ihn, in die Hütte zu gehen, aber er sagte: »Ich kann in einer Hütte nicht leben.« Sie befahlen: »Geh in die Hütte!« Er antwortete: »Ich gehe nicht.« Da fragten sie: »Was ist los mit dir?« Sie brachten ihn zur Hütte eines Mannes, der gestorben war, und die schon zerfiel. Man konnte die Sterne durch das Dach hindurch sehen. Dort befahlen sie ihm hineinzugehen. Er ging. Sie gaben ihm Essen, und er sagte: »Ich weiß nicht, wie man auf der Erde isst.« Da sagten sie: »Was bist du denn für einer?« und nahmen das Essen fort.

Er spuckte aus, und der Speichel schäumte auf und fing an zu sprechen: »Häuptling, du Sohn des Mächtigsten, du Geheimnisvoller, der du groß bist, wie die Berge.« Der Speichel füllte die Hütte aus. Da donnerte es, und es regnete heftig, und in alle Hütten regnete es hinein, selbst in die, die vorher immer trocken waren. Die Leute riefen: »Der Häuptling ist nass geworden!« Und der Häuptling sagte: »Der Junge ist schon tot, wenn selbst ich nass bin. Noch nie vorher ist ein Tropfen in meine Hütte gedrungen.« Und dann fuhr er fort: »Wenn der Junge draußen gesessen hat, lebt er nicht mehr. Er ist tot.« Der Himmel wurde wieder hell. Man schickte ein paar Männer, nach dem Jungen zu sehen. Als sie zu der Hütte kamen, da war sie trocken. Sie fragten: »Wie kommt das, dass es in der Hütte des Jungen trocken ist? Der Junge besitzt Zauberkräfte. Wir haben das gleich gesehen. Wir wollen seinen Stier töten, dann werden wir sehen, ob er seine Kunststücke, die wir jetzt erleben, noch vollbringen kann.«

Es wurden alle Leute zusammengerufen. Ein Mann nahm einen Speer und betrat den Viehkraal. Dann rief man den Jungen und sagte zu ihm: »Wir wollen den Stier töten.« Er erwiderte: »Ich werde sterben, wenn dieser Stier stirbt.« Da fragten sie: »Was bist du denn?« Man gab einem der Diebe den Speer. Er stieß damit nach dem Stier, aber der Speer durchbohrte den Dieb. Da sagten sie: »Sprich, Junge, dass der Stier sterben soll.« Er sprach: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
Stirb nun, es ist an der Zeit,
stirb nun, es ist an der Zeit.
Du siehst doch, sie werden uns töten,
die Diebe vom anderen Stamm.«
Da durchbohrte der Speer Ubongopa, und er fiel nieder. Nun griffen sie nach den Messern, um ihn abzuziehen. Einer durchtrennte die Haut und schnitt sich dabei. Da sagten sie: »Sprich, Junge, du bist so gut wie tot.« Und er sagte: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
lass dich abziehen nun, es ist an der Zeit,
lass dich abziehen nun, es ist an der Zeit.
Du siehst doch, sie werden uns töten,
die Diebe vom anderen Stamm.«
Dann zogen sie den Stier ab. Die Männer sprachen: »Zündet ein großes Feuer an.« Die Diebe sagten: »lasst uns ein Weilchen warten, ehe wir den Stier braten. Wir wollen uns erst waschen, um uns von dem bösen Omen zu reinigen. Dieser Stier hatte Zauberkräfte, alles an ihm ist anders als bei anderem Vieh.« Schließlich schnitt man das Schwanzende ab. Dabei schnitt sich einer. Da sagten sie: »Sprich, Junge, du bist so gut wie tot.« Und er sagte: »Ubongopa-kamagadhlela,
bongopa-kamagadhlela!
lass den Schwanz abschneiden, es ist an der Zeit,
lass den Schwanz abschneiden, es ist an der Zeit.
Du siehst doch, sie werden uns töten,
die Diebe vom anderen Stamm.«
Nun schöpften sie das Blut aus dem toten Körper und gossen es in Gefäße. Sie schnitten die Beine ab und hängten den Stier in den Viehkraal. Die Jungen schnitten sich Stücke davon und legten sie beiseite. Dann rief der Häuptling die Leute zusammen und sagte: »Geht und badet, und wenn ihr zurückkommt, esst!« Alle Leute gingen davon.

Als sie weg waren, nahm der Junge die Haut und breitete sie auf dem Boden aus. Er legte den Kopf darauf, nahm die Rippen und legte sie an ihren Platz. Dann nahm er eine Lende und tat auch sie an ihren Platz. Er nahm eine Schulter und legte sie an ihren Platz und nahm nacheinander ein Bein, die Eingeweide, die Leber, die Lunge, den Pansen und seinen Inhalt, dann den Schwanz und legte alles an seinen Platz. Dann nahm er das Blut und goss es zurück. Nun hüllte er alles in die Haut und sprach: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
Steh auf nun, es ist an der Zeit,
steh auf nun, es ist an der Zeit.
Du siehst doch, sie werden uns töten,
die Diebe vom anderen Stamm.«
Da kam der Atem in den Stier zurück, und er blickte auf. Der Junge sagte: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
Steh auf nun, es ist an der Zeit,
steh auf nun, es ist an der Zeit.
Du siehst doch, sie werden uns töten,
die Diebe vom anderen Stamm.«
Also erhob sich der Stier. Der Junge sagte: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
lass mich hinauf, es ist an der Zeit,
lass mich hinauf, es ist an der Zeit.
Du siehst doch, sie werden uns töten,
die Diebe vom anderen Stamm.«
Er bestieg den Stier und sprach: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
Geh los nun, es ist an der Zeit,
geh los nun, es ist an der Zeit.
Du siehst doch, sie werden uns töten,
die Diebe vom anderen Stamm.«
Ubongopa brach auf. Und die Hütten und Gärten, der Viehkraal und alle Dinge im Dorfe folgten ihm. Da kamen die Männer vom Fluss herauf. Einer rief aus: »Seht nur, Männer, welch ein Ereignis! Das ganze Land geht.« Der Häuptling versammelte den Stamm und sagte: »Folgt dem Jungen und tötet ihn.« Der Stier lief schnell, aber als der Junge hörte, dass sie ihm näher kamen, sagte er: »Ubongopa-kamagadhlela,
Ubongopa-kamagadhlela!
Steh still nun, es ist an der Zeit,
steh still nun, es ist an der Zeit.
Du siehst doch, sie werden uns töten,
die Diebe vom anderen Stamm.«
Die Tiere blieben stehen, und die Männer riefen ihm zu: »Bleib, wo du bist, damit wir dich töten können. Du hast die längste Zeit gezaubert.« Dann sagten sie noch: »Komm herunter, dass wir dich töten können.« Er stieg auf den Boden hinunter. Sie befahlen ihm, sich abseits vom Vieh hinzustellen, damit die Speere nicht die Tiere treffen konnten. Und dann schleuderten sie ihre Speere, die aber erreichten ihn nicht, sondern bohrten sich in den Boden. Da höhnte er: »Was ist das denn? Ihr seid Männer, noch dazu so viele, und die Speere treffen mich nicht, sondern fallen auf die Erde?« Über die anderen lachend, sagte einer der Krieger: »Was denn? Ein Junge besiegt euch? Eure Speere fallen auf die Erde und erreichen ihn gar nicht?« Da gaben es ein paar auf. Der Junge aber sagte: »Gebt mir auch einen Speer, dass ich gegen euch antreten kann.« Sie aber weigerten sich und meinten: »Wir sind noch nicht besiegt.« Dann schleuderten sie wieder ihre Speere und trafen nur die Erde. Sie hoben sie auf und warfen sie noch einmal, aber sie trafen ihn nicht. Da sagten sie: »Wir sind besiegt, versuch du es.«

Sie boten ihm viele Speere an, aber er schlug alle aus und verlangte nur einen. Den gaben sie ihm. Und dann fragte er: »Kann ich werfen?« Sie lachten. Da spuckte er auf die Erde. Der Speichel zischte auf und sprach: »Sei gegrüßt, Häuptling, der du so groß bist wie die Berge!« Wieder fragte der Junge: »Kann ich euch erstechen?« Sie lachten und antworteten: »Versuch es, wir werden ja sehen.« Da schleuderte er den Speer auf ihren Häuptling, und alle fielen tot zu Boden. Er nahm den Schaft des Speers und schlug den Häuptling, da stand der auf und alle anderen mit ihm. Sie riefen dem Jungen zu: »Bleib, wo du bist, dass wir dich erstechen können.« Nun lachte er über sie und fragte: »Wo seid ihr denn schon gewesen?« Sie erwiderten: »Wir sind eben gekommen.« Da sagte er: »Ihr wart alle tot.« Sie aber sprachen: »Sag der Sonne Lebewohl.« Und dann warfen sie viele Speere auf ihn, die aber wieder nur die Erde trafen. Sie hoben sie auf und warfen sie wieder - es war wie zuvor. Da lachten die anderen Männer über die Werfer und sagten; »Gebt uns die Speere, dass wir ihn töten.« Sie warfen ihre Speere. Die fielen wieder zu Boden und wurden wieder aufgehoben.

Da sprach der Häuptling: »Geht mir aus dem Weg, ich werde ihn erstechen.« Er schleuderte einen Speer, der aber in die Erde fuhr. Da sagte er: »Ich bin bezwungen. Junge. Jetzt versuch du es, wir werden ja sehen.« Der Junge sagte: »Gebt mir einen Speer, dass auch ich werfen kann.« Sie boten ihm viele Speere an, aber er schlug sie aus und sagte: »Ich möchte nur einen.« Den gaben sie ihm. Er spuckte auf den Boden, und der Speichel sprach: »Sei gegrüßt, Häuptling, du Geheimnisvoller, du Sohn des Mächtigsten.« Der Junge fragte: »Kann ich euch erstechen?« Sie lachten und sagten: »Mach nur, wir werden ja sehen.« Er warf den Speer, und der traf ihren Häuptling, der mit all seinen Leuten starb. Der Junge nahm einen Speer und schlug auf die Leute ein. Da erhoben sie sich, der Häuptling aber blieb tot liegen. Die Leute sagten: »Nun sind wir dein. Wir gehen jetzt mit dir.«

Als sie durch das Land eines anderen Stammes zogen, schlugen die Leute dort Alarm und riefen: »Lauft und tötet. Dort geht ein Mann mit unseren Leuten weg!« Der Häuptling rief die Vorüberkommenden an und befahl dann, sie zu töten. Die Leute gingen hin und forderten den Jungen auf, vom Stier herunterzukommen. Aber er antwortete: »Ich gehe nicht auf der Erde.« Und die Diebe sagten ihnen: »Er hat uns getötet.« Da meinten die Leute: »Nun, uns wird er nicht bezwingen.« Dann warfen sie ihre Speere auf ihn, aber die fielen zu Boden. Da lachte sie einer der Krieger aus und sagte: »Macht uns Platz, dass wir ihn erstechen können.« Nun schleuderten die Krieger ihre Speere, und wieder fielen sie auf die Erde. Als man sie aufgesammelt hatte, sagte der Häuptling: »Gebt sie mir, ich werde ihn töten.« Da riefen die Leute: »Wir werden dich preisen, wenn du getötet hast.« Er aber meinte nur: »Ich bin sehr stark.« Dann schleuderte er die Speere, aber er vermochte den Jungen nicht zu töten.

Da sagte der Häuptling: »Versuch du es. Junge. Das möchte ich sehen.« Der Junge verlangte: »Gebt mir einen Speer.« Dann spuckte er aus, der Speichel zischte auf dem Boden auf und sprach: »Gruß dir, Häuptling, du Sohn des Mächtigsten.« Man bot ihm die Speere an, aber er schlug sie aus, nahm nur einen und fragte: »Kann ich jetzt werfen?« Nun schleuderte er den Speer auf den Häuptling, und alle starben. Er nahm den Speer und schlug den Häuptling, da stand der auf und alle anderen mit ihm.

Der Junge fragte: »Werdet ihr mich wieder angreifen?« Und sie antworteten: »Wir werden es noch einmal versuchen.« Sie warfen ihre Speere, die fielen zur Erde, sie sammelten sie wieder auf und warfen noch einmal. Da verlangte er einen Speer und fragte: »Gebt ihr euch geschlagen?« Die Leute antworteten: »Ja.« Sie gaben ihm einen Speer, und er erstach den Häuptling. Alle starben. Nun nahm er den Speer und schlug auf einen Mann ein, da erhoben sich alle, nur der Häuptling blieb tot liegen. Sie sagten: »Jetzt sind wir dein Volk.«

Er schickte ein paar Männer zu seinem Vater, die ihm ankündigen sollten, dass Ubongopa-kamagadhlela zurückkehre. Sein Vater schrie auf: »Wo habt ihr ihn gesehen?« Sie antworteten: »Er hat viele Leute getötet und kommt mit viel Vieh wieder.« Da schickte der Vater die Männer wieder zurück. Als sie ankamen, erzählten sie ihm, sein Vater habe ihnen nicht geglaubt. Nun wurden einige Rinder ausgesucht, und dazu kam ein Stier von ganz besonderer Farbe. Denn, so sagte er, an diesem Stier, der aus seinem Dorf war, würde sein Vater erkennen, dass er noch am Leben sei.

Der Vater rief nun das Volk zusammen und befahl, Bier zu brauen. Er sagte: »Der Häuptling kommt zurück.« Die Leute meinten, das könne nicht wahr sein. Aber der Vater sagte: »Geht und seht euch den Stier an, der zurückgekommen ist, er stammt aus unserem Dorf.« Die Leute sahen den Stier und sagten: »Es ist also wahr.« Und dann meinten sie: »Wir müssen eine junge Frau finden, dass er sie bei seiner Ankunft schon antrifft.« Und sie suchten nach einer Tochter von Ubungani, dem Sohn von Umakulukulu. Die Männer, die ihm sein Vater entgegengeschickt hatte, erreichten einen Hügel und sagten: »Dein Vater lässt dir ausrichten, du sollst dich beeilen.« Die Männer und das Vieh gingen rascher. Sie kamen auf einen Hügel nahe ihrem Dorf. Dort stellten sie Ubongopa-kamagadhlela an die Spitze. Das Vieh lief schneller und erreichte das Tor. Die Leute kamen heraus und schauten, und Vater und Mutter jubelten. Er aber sprach: »Ubongopa-kamagadhlela,
bongopa-kamagadhlela!
Geh hinein nun, es ist an der Zeit,
geh hinein nun, es ist an der Zeit.«
Da ging das Vieh in den Kraal. Nun wurde ein zweites Dorf gebaut. Er aber sagte: »Ich liebe die junge Frau nicht, weil sie auf der Erde geht.« Da schied das Mädchen von ihnen. Und er sprach: »Ich werde bis zu meinem Tode auf dem Rücken von Ubongopa-kamagadhlela leben.« Also sagten die Leute: »Dann bleib dort.« Und er hütete das Vieh seines Volkes und übte weiter seinen Zauber aus, wie er es von Kind an getan hatte.