[swahili, "Geschichte, Legende"]

Der Herr, der in ein Pferd verwandelt wurde

Es war einmal ein Gut, dessen Herr seine Leute oft furchtbar schlug. Auf dem Gutshof stand ein hoher Pfosten, an den band er die Unglückseligen und peitschte sie aus. Diesen Pfahl fürchteten alle wie die Pest. Oft beteten sie, dass Gott diesen Gräuel von ihnen nehmen möchte. Und Gott erhörte das Gebet der Unglücklichen.

Eines Abends kamen zwei Bettler und baten um ein Nachtlager. Der Herr schüttelte sich: »Ihr schleppt mir das Haus voller Läuse! Ihr brütet mir allerlei Ungeziefer aus! Solche Bettler wissen viele Märchen zu erzählen und halten die Leute von der Arbeit ab. Wenn ihr mir versprecht, zu schweigen und keine Märchen zu erzählen, dann nehme ich euch für die Nacht auf.« Die Bettler versprachen es und blieben über Nacht. Für das Nachtlager wollten sie dem Herrn eine Tenne voll Roggen ausdreschen, das Stroh herausschaffen und die Körner worfeln.

Am nächsten Morgen kommt der Herr und findet die Bettler noch in tiefem Schlaf, und die Tenne voll Roggen ist noch nicht ausgedroschen. Da geriet er in unsagbare Wut! Sofort holte er einen Strick, legte ihn den Bettlern um den Hals und führte sie in die Mitte des Hofes, wo der hohe Pfahl stand. Als er mit ihnen dorthin auf dem Wege war, wollte er mit dem Strickende dem einen Bettler einen Hieb versetzen (dieser Bettler war Gott), aber dieser sagt: »Prrr!« Da wurde der Herr sofort zu einem Pferd. Die Bettler gingen zur Herrin, dankten für das Nachtlager und gingen hinaus.

Sie gehen des Weges und kommen zu Leuten, die sich selber vor den Holzpflug gespannt haben und so den Acker pflügen. Sie fühlten Mitleid mit den Menschen. Sie schauten sie an und sprachen: »Schwer ist es, selbst den Pflug zu ziehen und zu pflügen. Wir haben euch hier ein Pferd mitgebracht. Nehmt es, spannt es ein und pflügt.« Die armen Leute machen große Augen und trauen ihren Ohren nicht. Für sie solch ein Pferd? Das muss gut gefüttert werden, das braucht Hafer, und sie haben doch nichts! Einer sagt dann auch, nachdem er die Sprache wieder gefunden hat: »Das ist ein herrschaftliches Pferd, das können wir nicht füttern. Wir nehmen es lieber nicht. Wenn wir es annehmen, handeln wir uns nur neue Not ein.«

Die Bettler (Gott und der heilige Petrus) redeten ihnen zu, das Pferd wenigstens für ein paar Tage zu nehmen, bis die Felder gepflügt sind. Die armen Leute spannen es vor den Holzpflug und pflügen. Am Abend lassen sie es zum Grasen frei, doch das Pferd frisst nichts, nur Ströme von Tränen fließen aus seinen Augen. Nach einigen Tagen war es schwach und mager geworden. Die armen Leute warteten schon ängstlich auf die Rückkehr der Bettler.

Sie kamen nach einigen Tagen zurück, nahmen das Pferd und gingen wieder zu jenem Gut, wo der böse Herr war und wo sie übernachtet hatten. Hier baten sie wieder um ein Nachtlager. Die Herrin war voller Trauer und etwas gefälliger, aber als sie sah, dass ihre Schlafgäste ein Pferd hatten, lehnte sie ihre Bitte rundweg ab. Die Bettler erklärten, dass ihr Pferd über Nacht ruhig ist und dass es nicht in den Kohl geht, weil es Kohl überhaupt nicht frisst. Die Herrin gab nach und nahm sie zur Nacht auf. Die beiden banden das Pferd an und gingen schlafen. Aber obwohl das Pferd von hochherrschaftlichem Geblüt war, kam ihm eine Begierde nach Kohlköpfen an, es riss sich los und fraß über ein Dutzend Köpfe ab.

Am nächsten Morgen sah das die Herrin und fing an zu schimpfen. Die Bettler bitten um Vergebung und bieten ihr dafür das Pferd an, nur müsste es zuvor an den schrecklichen Prügelpfahl gebunden werden und fünfzehn Hiebe mit der Lederpeitsche bekommen. Die Herrin ist einverstanden. Das Pferd bekommt fünfzehn Hiebe mit der Lederpeitsche und bleibt die Nacht über angebunden.

Die Herrin wacht in der Nacht auf und hört ein herzergreifendes Klagen. Es klingt wie die Stimme ihres Mannes. Sie lauscht und hört, dass auf dem Hofe jemand stöhnt. Sie möchte schon hinausgehen, doch sie fürchtet sich. Vielleicht spukt da der Verstorbene? Vielleicht stöhnt da seine Seele voller Qualen? Die Herrin kann die ganze Nacht nicht schlafen, sie wälzt sich auf ihrem Lager herum und zittert.

Als es zu tagen begann, öffnete sie die Tür ein wenig und sah ihren Mann an den Pfahl gebunden und zusammengeschlagen. Sie erschrak, war aber zugleich auch voller Freude. Der Herr war einige Tage krank. Dann rief er die Hörigen seines Gutes zusammen und gebot, den Pfahl auszugraben und zu verbrennen. Seit der Zeit hat er nicht einen Menschen mehr geschlagen und wurde sehr gut. Die Arbeiter auf dem Gut freuten sich unsäglich und dankten Gott für das Wunder.