[swahili, "Geschichte, Legende"]

Der goldene Becher

Es war einmal eine Dame, die hatte eine kleine Tochter, und diese Tochter hatte einen schönen goldenen Becher. Eines Tages nun ging die Dame aus, um ihre Freunde zu besuchen, und ihre kleine Tochter fragte, ob sie auch mitgehen dürfe. Ihre Mutter sagte: »Nein, mein Liebes, ich kann dich jetzt nicht mitnehmen, aber du kannst deinen goldenen Becher zum Spielen haben, bis ich zurückkomme.«

Als die Mutter fort war, sagte das kleine Mädchen zu der Magd: »Hol mir meinen goldenen Becher aus dem Schrank.« Die Magd sagte: »Ich kann ihn jetzt nicht holen, ich habe zu viel zu tun.« Aber das kleine Mädchen bat immer wieder und immer wieder um den Becher, bis schließlich die Magd zornig wurde und sagte: »Wenn du noch einmal darum bittest, dann schlage ich dir den Kopf ab.« Aber das kleine Mädchen bat noch einmal um den Becher, und da brachte die Magd sie in den Keller, holte das Beil und schlug ihr den Kopf ab. Dann nahm sie Hacke und Schaufel und grub ein Loch und begrub das kleine Mädchen unter einer der Steinplatten im Keller.

Als die Mutter am Abend zurückkam, sagte sie: »Wo ist die Kleine?« Die Magd sagte: »Ich habe sie hinausgelassen zum Spazierengehen.«

»Dann geh und suche sie«, sagte die Mutter. Die Magd ging hinaus, und als sie zurückkam, sagte sie: »Ich habe überall nach ihr gesucht und konnte sie nicht finden.«

Da grämte sich die Mutter sehr, und sie blieb die ganze Nacht auf und auch die nächste Nacht. Als sie in der dritten Nacht da allein saß und ganz wach war, hörte sie draußen vor der Tür die Stimme ihrer Tochter sagen: »Kann ich meinen goldenen Becher haben?« Die Mutter öffnete die Tür, und als ihre Tochter die Frage dreimal wiederholt hatte, sah sie ihren Geist, aber sogleich verschwand der Geist, und sie sah ihn niemals wieder.