[swahili, "Geschichte, Legende"]

Der Bär mit dem Lindenholzfuß

Es waren einmal ein Greis und eine Greisin. Eines Tages wollte die Greisin Bärenfleisch essen. Sie ruft ihren Alten und sagt: »Geh in den Wald und bringe mir Bärenfleisch.« Der Greis nahm ein Beil und ging fort in den Wald. Im Walde fand er einen Bären, der in einem Reisighaufen lag und ganz tief schlief. Dem schlug er einen Fuß ab - und der Bär wurde nicht wach. Den Fuß aber brachte der Greis in die Hütte und gab ihn der Greisin. Sofort nahm sie eine Schere, schnitt die Wolle von dem Fuß und zog die Haut ab. Das Fleisch aber legte sie in einen Topf und stellte ihn in den Ofen zum Kochen. Die Haut breitete sie aus, setzte sich darauf und fing an, die Wolle zu spinnen. Sie spann und spann, bis die Mitternacht kam.

Der Bär aber wachte auf und sah, dass ihm ein Fuß fehlte. Da fing er an zu schreien, dass der ganze Wald erdröhnte. Doch dann überlegt er und sagt: »Auf drei Füßen - das geht nicht. Es muss einer aus Lindenholz gemacht werden.« Sogleich machte er sich einen Fuß aus Lindenholz und zog nun los ins Dorf, um seinen Fuß zu suchen. Und wie er so ging, sang er: »Knarre, mein Fuß,
Knarre, Lindenholz!
Erde schläft jetzt tief,
Wasser schlafen tief,
Das ganze Dorf schläft tief.
Nur eine Greisin ist ganz wach.
Auf meiner Haut sitzt sie da,
Meine Wolle spinnt sie,
Und mein Fleisch, das kocht sie.«
Da erschrak das Weib, als sie solche Worte von dem Bären hörte. Sie sagt zu ihrem Alten: »Krieche schnell in das Futternetz! Dann hänge ich dich über die Tür, und ich selbst krieche hinter den Ofen.« Sogleich hängte sie den Greis auf, kroch hinter den Ofen und deckte sich mit Reisig zu. Da trat auch schon der Bär in die Tür! Dabei riss das Futternetz ab und fiel auf den Bären. Der erschrak, lief aus der Stube und wieder in den Wald! Greis und Greisin aber blieben so am Leben.