[swahili, "Geschichte, Legende"]

Das Märchen von den drei Brüdern

Es lebten einmal drei Brüder, zwei kluge und ein dummer - das war ein richtiger Dummerjan. Nach dem Tode der Eltern teilten sie alles in drei Teile, und jeder baute sich einen kleinen Wohnspeicher. Die beiden Klugen flechten, wenn sie nur irgend Zeit haben, Bastschuhe und hängen sie in ihr Speicherhäuschen, doch der Dumme liegt auf dem Ofen und reibt sich den Bauchnabel mit Asche und mit Speck. Ob sie nun lange oder kurze Zeit so gelebt haben, weiß ich nicht.

Sie wurden jedoch einmal von fernen Bekannten zu einer Hochzeit eingeladen. Die klugen Brüder machten sich neue Kleider, fütterten ihre Pferde gut; schon einige Tage vor der Hochzeit fingen sie an sich zu waschen, sich einzuseifen, damit sie auch ja schön aussehen. Doch der Dumme liegt so einfach auf dem Ofen und reibt mit Asche seinen Nabel. Am Tage vor der Hochzeit, so gegen Abend, kleideten sich die klugen Brüder an, sattelten die Pferde und gehen schon, um zur Hochzeit los zu reiten. Der Dumme bittet sie: »Liebe Brüderlein, nehmt mich doch auch mit zur Hochzeit!« Aber die denken nicht daran, ihn mitzunehmen! »Reibe dir nur mit Asche deinen Bauchnabel ein und rede keinen Unsinn! Willst du vielleicht, dass wir deinetwegen bei den Leuten in Verruf kommen? Krieche auf deinen Ofen und bewache das Haus!« Was konnte er da machen? Der Ärmste kletterte auf seinen Ofen und begann wieder seine Beschäftigung, doch seine Brüder ritten zur Hochzeit.

Natürlich, im Herbst ist der Tag nur kurz, es begann bald zu dämmern, es wurde dunkel - und schon war es Nacht. Der Dumme zündete sich kein Licht an: warum sollte er unnötig Lichtspäne vergeuden? Er konnte seine Arbeit auch im Dunkeln tun. Wie lange er sein Nabelchen rieb, das konnte er selber nicht sagen, doch es kam ihm in den Sinn, nach draußen zu gehen und frische Luft zu schöpfen.

Er ging hinaus, sah sich um, blickte umher und wollte schon wieder hineingehen, doch plötzlich hörte er ein Pferd herangaloppieren und blieb in der Tür stehen. Das Ross kam herangejagt. War das schön, war das eine Pracht! Man musste das Pferd nur immer anschauen! Gewaltsam zog es das Auge auf sich - sein Haar war wie Sternenschimmer, und sein Sattel und das Geschirr noch schöner.

Es kam gelaufen und sagt: »Dummkopf, schlage mir über das Ohr!« Dem Dummen tat das Pferd ein wenig leid, und er wollte anfangs nicht schlagen, doch als das Ross sehr zu bitten begann, schlug er zu. Doch er hatte noch gar nicht richtig zugeschlagen, da sprangen schon aus dem anderen Ohr Kleider hervor, die waren so schön, so schön, dass es eine Freude war! Das Ross sagt zum Dummen: »Ziehe diese Kleider an und sitze bei mir auf!« Der Dumme zog die Kleider an, stieg in den Sattel und - heidi! - ging es von dannen. Er ritt und ritt, ritt und ritt und holte die Brüder ein. Er versetzte jedem einen gehörigen Hieb über den Rücken - und vorbei war er. Er ritt zu der Hochzeit, zu der die Brüder ihn nicht mitnehmen wollten.

Er ritt vor die Haustür und machte halt. Da kamen alle Hochzeitsgäste heraus, laden ihn ein, fordern ihn auf, bitten, er möchte doch geruhen einzutreten. Doch er kommt nicht, sondern sagt: »Da muss die junge Braut schon selber erscheinen, dann werde ich kommen, sonst nicht.« Da kam auch schon die junge Braut selbst heraus, trat an ihn heran und lud ihn ein, doch er packte sie - schwupp - am Handgelenk, zog sie geschwind zu sich aufs Ross und - heidi - weg war er! Die Hochzeitsgäste wollten ihn noch ergreifen, aber wo denkst du hin - er war längst fort, sogar seine Fußspuren waren schon kalt geworden.

Er kam nach Hause geritten, er führte das Ross und das Mädchen in seinen kleinen Wohnspeicher, und er sieht - in dem kleinen Speicher steht ein Bett, ein Stuhl und andere kleinere Sachen, die eine Frau für das Leben braucht. Er Schloss den Speicher zu, kletterte auf den Ofen und reibt sich wieder den Bauchnabel mit Asche. Während er noch so reibt, kamen seine Brüder heim. Sie kamen nach Hause, aßen etwas, wollten schon schlafen gehen, da fragte sie der Dumme: »Na, wie war's, liebe Brüderlein, hattet ihr eine schöne Hochzeit?«

»Ach, Brüderchen, frage lieber nicht - besser nicht daran denken, die Wut könnte einen packen!«

»Wie denn das? Was war denn los?«

»Das war so: Wir ritten und ritten, und als wir so ritten, fing es schon an zu dämmern, da hörten wir, dass von hinten irgendein Reiter angejagt kommt. Er holte uns ein, versetzte jedem von uns einen Hieb quer über den Rücken, und schon hatte er uns überholt. Wir kommen zur Hochzeit geritten und sehen - der Herr steht da auch auf dem Hofe mit seinem Ross. Alle laden ihn ein und bitten, er möchte doch hereinkommen, doch er kommt nicht. Schließlich kam die junge Braut selber heraus, ihn zu bitten, doch er - schwupp - packte sie, warf sie auf sein Ross und ritt davon. Unter den Hochzeitsgästen war große Aufregung - so sind wir auch nach Hause gekommen, - alles vergebens, als wenn man dem Pferd in den Schwanz pustet!«

»Und weiß vielleicht jemand, woher der Herr kam? Hat ihn niemand erkannt?«

»Wie soll den jemand erkennen! Niemand hat ihn erkannt, und das ist das Schlimme.«

»Aber vielleicht bin ich das gewesen, liebe Brüderlein?«

»Schweig, du Dummer, rede keinen Unsinn, sonst bekommst du eine aufs Maul! Sieh mal an, diese Rotznase, will uns noch ärgern! Du hast deine Arbeit, also lass uns in Ruhe und reibe dir den Bauchnabel!« Der Dumme war still, alle legten sich hin und schliefen ein.

Nach einigen Tagen kommen wieder Leute, um sie zur Hochzeit einzuladen. Die andere, die jüngere Schwester heiratet denselben Bräutigam. Wiederum machen sich die beiden älteren Brüder neue Kleider zurecht, so neu sind die, dass sie sogar knistern, nach der letzten, neuesten Mode! Doch der Dumme, der Ärmste, reibt sich nur mit Asche den Bauchnabel. Der Tag der Hochzeit kam, und wieder reiten die beiden älteren Brüder zur Hochzeit. Der Dumme bittet sie wieder, sie möchten ihn mitnehmen, doch sie weigern sich und lassen ihn da, das Haus zu bewachen.

Der Dumme lag und lag auf dem Ofen. Als er das Liegen satt hatte, stand er auf und ging nach draußen, um frische Luft zu schöpfen. Doch da kommt wiehernd und schnaubend ein Ross angejagt, schön wie der Mond: alles blinkt und glitzert an ihm. Es kommt angelaufen, macht vor dem Dummen halt und sagt: »Dummkopf, schlage mir über das Ohr!« Der Dumme schlug zu. Und Kleider kamen heraus, dass es eine Pracht war - wie der liebe Mond blinkten und blitzten sie! Der Dumme zog sich die Kleider sogleich an, stieg aufs Ross und ritt los, dass die Staubwolken nur so flogen. Er holte die Brüder ein, versetzte jedem einen Hieb über den Rücken - da war er auch schon vorüber und ritt zur Hochzeit. Und wieder bitten sie ihn zum Fest. Doch er will nicht kommen, ehe nicht die junge Braut selber heraustritt und ihn bittet. Die Braut kam heraus. Er bittet sie, nicht böse zu sein, weil er so vornehm tut. Als ob er mit ihr sprechen wollte oder so - und da packt er - schwupp - die junge Braut am Handgelenk - hinauf mit ihr auf das Ross und fort - das war alles, was sie sahen!

Er kam nach Hause geritten, Schloss den kleinen Wohnspeicher auf und sieht - da steht ein zweites Bett und ein Stuhl, auch für das Ross ist Platz. Er stellte das Ross ein, setzte die Braut ab, zog sich aus, Schloss den Speicher zu, ging ins Wohnhaus, stieg auf den Ofen und reibt seinen Nabel mit Asche und Speck.

Am anderen Morgen kommen die älteren Brüder von der Hochzeit nach Hause. Der Dumme liegt auf dem Ofen und fragt: »Na, wie war's, liebe Brüderlein, habt ihr eine schöne Hochzeit gehabt?«

»Hör du nur auf zu fragen, denn diese Hochzeit war fast so wie die erste. Wieder haben sie die junge Braut entführt, und aus war's. Wir haben noch jeder von dem Herrn eins mit der Knute bekommen, noch jetzt schimmert unser Rücken braun und blau!«

»Und woher war dieser Herr?«

»Das weiß der Teufel.«

»Vielleicht war ich das, liebe Brüderlein?« fragte der Dumme. »Schweig und rede keinen Unsinn! Willst du uns ärgern und schüttest glühende Kohlen ins Feuer, oder willst du uns für dumm verkaufen? Du hast deine Arbeit, also Lass uns in Ruhe und mach dich nicht über andere lustig, sonst bekommst du eins aufs Maul!« Der Dumme schwieg still, und alles war wie früher - die Klugen flochten Bastschuhe, und der Dummkopf rieb mit Asche seinen Bauchnabel. So verging wohl eine Woche oder auch mehr.

Wieder werden sie zur Hochzeit eingeladen - diesmal heiratet die dritte Schwester, die jüngste und schönste. Die klugen Brüder nähen sich wieder Kleider, so schöne wie möglich. Gegen Abend kleiden sie sich an und gehen hinaus. Da bittet sie der Dumme wieder, ihn mitzunehmen, doch wo denkst du hin - ihn mitnehmen! Sie sagten ihm, er solle auf das Haus aufpassen und nur hinauf auf den Ofen.

Der Dummkopf lag nun und lag, rieb und rieb sein Nabelchen. Es wurde dunkel, die Mitternacht kam heran. Er stieg vom Ofen, er wollte hinausgehen, um frische Luft zu schöpfen. Er ging auch hinaus, ließ sich vom Winde umwehen und wollte schon wieder hineingehen, da hörte er die Hufe eines Rosses, das angaloppiert, das angejagt kam. Den Kopf zurückgeworfen, mit fliegendem Schweif kam es heran. Es glänzt wie die Sonne, mit den Füßen reißt es den Boden auf, wie wenn man pflügt. Vor dem Dummkopf macht es halt und sagt: »Schlage mir übers Ohr!« Der Dumme versetzte ihm einen Hieb übers Ohr, da kamen aus dem anderen Ohr Kleider hervor - ach, wie schön, wie schön waren die, sie funkelten und glänzten! Der Dummkopf zog sie an, stieg aufs Ross und heidi! - fort war er. Er ritt und ritt, holte die Brüder ein, zog jedem einen solchen Hieb über, dass die Kleider platzten, und ritt zur Hochzeit.

Und wieder bitten alle, dass er hereinkommen möchte, doch er will nicht, ehe die junge Braut nicht selber erscheint, um ihn einzuladen. Da kam die Braut selber heraus und bittet ihn. Doch er sie - schwupp - aufs Ross, gab ihm noch einen Hieb, damit es schneller laufen sollte, und galoppierte mit Gepolter von dannen. Alle schrieen ihm nach: »Haltet ihn! Haltet ihn! Die Braut raubt er!« Aber wo denkst du hin - er war schon Gott weiß wo. Er stürmte nach Hause - die Braut und das Ross in seinen kleinen Wohnspeicher, die schönen Kleider zog er in dem Speicher aus, Schloss ab und ging in das Wohnhaus, stieg auf den Ofen und nahm seine Arbeit wieder auf.

Da kamen seine Brüder von der Hochzeit zurück, und er fragt sie: »Na, wie war's, liebe Brüderlein, war es eine schöne Hochzeit?« Die sagten, dass alles vergebens gewesen sei, und erzählten, wie es gekommen war: dass wieder irgendein Herr ihnen den Rücken gegerbt hätte, wie er die Braut gepackt und so schnell davon geritten sei, dass ihn niemand hätte einholen können. Der Dumme fragte wieder: »Vielleicht habe ich das gemacht?« Doch die Brüder schrieen ihn an, und damit war Schluss.

Als einige Tage verstrichen waren, sagte der Dummkopf: »Na, liebe Brüderlein, jetzt wollen wir doch einmal in unsere kleinen Wohnspeicher gehen und nachsehen, was ein jeder von uns hat.« Die klugen Brüder sagen: »Gehen wir!« Sie gingen hin. Zuerst nahm der älteste Bruder einen Schlegel, schlug damit - bums! - gegen die Ecke seines Speicherhäuschens: da antwortete innen das Geraschel der Bastschuhe.

Sie gingen zum zweiten: bei dem war es ebenso. Sie gingen zum Speicherhäuschen des Dummen und lachten. Die klugen Brüder sagen: »Was wird da von den leeren Wänden für ein Ton kommen?« Der Dummkopf ergriff den Schlegel, krach! - schlug er wuchtig gegen die Ecke seines Speicherhäuschens - und da fingen die Mädchen an zu singen, die Rosse zu wiehern, dass es lieblich anzuhören war! Die Brüder bedrängten ihn mit Bitten, ihnen doch zu zeigen, was da drinnen ist. Er wollte es ihnen anfänglich nicht zeigen, aber als sie ihn gar so sehr baten, zeigte er es ihnen.

Die klugen Brüder schauten und schauten, mit hängender Zunge, mit abstehenden Ohren, und sagen: »Bruder, für dich allein sind drei doch zu viel. Besser, wir teilen sie unter uns! Wir werden dir ein paar Dutzend Bastschuhe geben, und du gibst jedem von uns ein Mädchen. Danach können wir wieder leben wie früher.« Der Dummkopf war damit einverstanden, er bekam einige Dutzend Paare Bastschuhe und heiratete das jüngste Mädchen, und die klugen Brüder heirateten die beiden älteren. Sie luden zur Hochzeit auch die ehemaligen Bräutigame der Mädchen ein. Der Dummkopf hatte sich einen angetrunken und tanzte und tanzte, dass er beim Tanzen alle Bastschuhe zerriss!