[swahili, "Geschichte, Legende"]

Das hochmütige Mädchen

Effiong Edem lebte in Cobham. Er hatte eine schöne Tochter namens Afiong. Alle jungen Männer des Landes wollten sie wegen ihrer Schönheit heiraten, aber sie schlug alle Bewerber aus, denn sie war sehr hochmütig. Sie sagte, sie wolle nur den schönsten Mann des Landes heiraten, einen, der jung und stark sei und sie richtig lieben könne.

An den Markttagen ging das Mädchen auf alle Märkte und sah sich die Männer an. Sie fand keinen, der ihr gefiel. Sie ging auf jeden Markt. Sie sah sich überall um. Kein Mann gefiel ihr. Aber sie ging an jedem Markttag zum Markt. Alle fünf Tage ging sie zum Markt. Sie hatte zwar nichts zu verkaufen, aber sie ging. Sie kaufte nichts, aber sie ging trotzdem. Sie ging, um einen Mann zu finden, der ihr gefiel, damit sie ihn heiraten könnte.

Der Schädel aus dem Geisterreich hörte von dem schönen Mädchen und wollte es haben. Er ging zu seinen Freunden und lieh sich verschiedene Körperteile, von allem das Beste. Vom einen bekam er einen schönen Kopf, ein anderer lieh ihm einen Körper, ein dritter starke Arme, ein vierter ein gutes Paar Beine. Zum Schluss war er komplett und ein vollkommenes Exemplar an Männlichkeit. Er verließ das Geisterreich und ging auf den Markt von Cobham.

Afiong hörte von dem schönen Mann auf dem Markt und dass er schöner war als alle anderen. Sogleich ging sie auf den Markt und sah den Schädel in seiner geliehenen Pracht. Sie verliebte sich in ihn und lud ihn in ihr Haus. Der Schädel freute sich und ging mit.

Afiong stellte ihn ihren Eltern vor, und er bat sie um die Hand ihrer Tochter. Die wurde ihm zuerst verweigert, denn sie wollten nicht, dass ihre Tochter einen Fremden heiratete, aber dann willigten sie ein.

Er wohnte mit Afiong zwei Tage im Haus ihrer Eltern und sagte dann, er wolle mit seiner Frau zurück in sein Land, das sehr weit weg sei. Das Mädchen war einverstanden, weil er so schön war. Die Eltern versuchten sie zu überreden, dazubleiben, aber sie war starrköpfig, und sie zogen zusammen fort.

Nach ein paar Tagen befragte der Vater einen Priester. Der warf das Orakel und fand heraus, dass der Schwiegersohn dem Geisterreich angehörte und das Mädchen sicherlich umbringen würde. Sie wurde als tot betrauert.

Afiong und der Schädel überschritten nach ein paar Tagen Wanderung die Grenze zwischen dem Geister- und dem Menschenreich.

Kaum hatten sie den Fuß ins Geisterreich gesetzt, kam ein Mann und forderte seine Beine zurück, dann ein anderer seinen Kopf, der nächste seinen Körper und immer so weiter, bis schließlich der Schädel in seiner ganzen natürlichen Hässlichkeit übrig blieb. Das Mädchen erschrak und wollte umkehren, aber der Schädel erlaubte es nicht und befahl ihr, weiterzugehen.

Im Haus des Schädels lernte Afiong dessen Mutter kennen, eine uralte Frau, die nicht mehr arbeiten und nur noch herumkriechen konnte. Afiong tat für sie, was sie konnte. Sie kochte das Essen und brachte ihr Wasser und Feuerholz. Die alte Frau war dankbar und schloss sie bald ins Herz. Eines Tages erzählte sie Afiong, sie habe Mitleid mit ihr, denn alle Leute im Geisterreich seien Menschenfresser, und wenn sie hörten, dass ein Mensch im Lande sei, würden sie ihn töten und auffressen.

Die Mutter des Schädels versteckte Afiong und versprach ihr, sie so bald wie möglich in ihr Land zurückzuschicken, weil sie ihr geholfen hatte. Von nun an sollte sie ihren Eltern gehorchen. Afiong war gern dazu bereit.

Die alte Frau ließ dann die Spinne holen, die ein guter Frisör war, und ließ Afiongs Haare nach der neuesten Mode frisieren. Sie schenkte ihr Fußspangen und andere Dinge. Dann zauberte sie und rief die Winde, die Afiong nach Hause tragen sollten.

Als erster kam der Wirbelsturm mit Donner, Blitz und Regen, aber die Mutter des Schädels schickte ihn als ungeeignet fort. Dann kam eine sanfte Brise, und der befahl sie, Afiong zum Haus ihrer Mutter zu tragen. Sie verabschiedete sich. Die Brise setzte Afiong vor ihrer Tür ab.

Als die Eltern ihre Tochter wieder sahen, waren sie sehr glücklich, denn sie hatten sie für verloren gehalten. Ihr Vater breitete von ihr bis zum Haus weiche Tierfelle auf dem Boden aus, damit sie ihre Füße nicht beschmutzte. Afiong ging ins Haus, und ihr Vater rief ihre Freundinnen zusammen, und sie tanzten und feierten acht Tage und Nächte lang.

Als das Fest vorüber war, berichtete der Vater dem Stadtfürsten, was geschehen war. Der Stadtfürst erließ daraufhin ein Gesetz, nach dem Eltern ihren Töchtern nicht erlauben sollten, Fremde aus einem anderen Land zu heiraten.

Dann gebot der Vater seiner Tochter, einen seiner Freunde zu heiraten, und das tat sie nun bereitwillig und lebte viele Jahre mit ihm und hatte viele Kinder.