[swahili, "Geschichte, Legende"]

Azi-Bazi

Es war einmal ein kleiner Azi-Bazi. Er fürchtete nichts auf der Welt, kletterte neugierig in die dunkle Schlucht, in der der Ashdacha lebte, und sang dort den lieben langen Tag fröhliche Lieder. Abends fand Azi-Bazi einen Feigenkern, grub ihn in die Erde und sprach: »Liebes Samenkorn, gehe auf und werde bis morgen zu einem Baum.« Das Samenkorn erfüllte Azi-Bazis Bitte und wurde zu einem Baum. Azi-Bazi freute sich darob von Herzen, sang den lieben langen Tag in seinen Zweigen und sprach gegen Abend: »Liebe Zweige, erfreut mich morgen mit zarten Blüten!« Die Zweige erfüllten Azi-Bazis Bitte und trieben Blüten. Azi-Bazi spielte den lieben langen Tag mit ihnen und sprach am Abend: »Liebe Blüten, setzt morgen Früchte an!« Die Blüten erfüllten seine Bitte und trugen süße Früchte. Azi-Bazi freute sich von Herzen und verspeiste sie.

Inzwischen hatte der böse Ashdacha vernommen, dass Azi-Bazi in seiner Schlucht wohnte. Er trat unter den Baum und rief: »Azi-Bazi, hüpfe von Zweig zu Zweig und wirf mir eine süße Feige herunter.« Azi-Bazi tat ihm den Gefallen, doch der Ashdacha sprach: »Azi-Bazi, hüpfe weiter von Zweig zu Zweig und wirf mir noch eine süße Feige herunter.« Azi-Bazi hüpfte von Zweig zu Zweig und stürzte zu Boden.

Der böse Drache packte ihn, stopfte ihn in den Churdshun und machte sich mit Azi-Bazi eilends auf den Heimweg. Während der Ashdacha durch den Wald ging, sagte Azi-Bazi plötzlich: »Dach-dach, in diesem Wald lebt auch ein Azi-Bazi.«

»Wo?« fragte der gierige Ashdacha. »Auf dem Baum dort sitzt er.« Der Ashdacha warf seinen Churdshun auf den Waldboden und ging in die gewiesene Richtung. »Noch weiter, noch weiter!« rief Azi-Bazi. Der Ashdacha ging weiter. Azi-Bazi aber schlüpfte geschwind aus dem Churdshun, füllte ihn mit Wackersteinen und machte sich davon.

Der böse Drache schleppte die Satteltasche heim, kletterte aufs Dach seiner Sakija und schrie mit fürchterlicher Stimme in den Rauchfang: »Steh auf. Drachentochter! Stell den großen Kessel aufs Feuer, wir wollen Azi-Bazi kochen!« Die Drachentochter stellte, wie ihr befohlen, den großen Kessel aufs Herdfeuer. Der Ashdacha schüttete die Wackersteine aus dem Churdshun, und der Kessel zersprang. Der Drache wurde bitterböse. »Er hat mich überlistet, dieser Azi-Bazi!«

Am nächsten Morgen ging der Ashdacha wieder zum Feigenbaum und sprach: »Azi-Bazi, hüpfe von Zweig zu Zweig und wirf mir ein paar süße Früchte herab!« Azi-Bazi pflückte alle faulen Früchte und warf sie dem Ashdacha zu. »Wie viele herrliche süße Früchte!« Der Drache schien außer sich vor Freude und bat erneut: »Azi-Bazi, hüpfe von Zweig zu Zweig und wirf mir noch mehr Früchte herab!« Azi-Bazi pflückte alle schwarzen Früchte und warf sie dem Drachen in den aufgerissenen Schlund. »Was für saftige Früchte!« lobte der Ashdacha und schmeichelte: »Azi-Bazi, hüpf noch weiter von Zweig zu Zweig!«

Azi-Bazi tat es und stürzte zu Boden. Der garstige Drache packte ihn, steckte ihn in seinen Churdshun und schleppte ihn heim.

Unterwegs bekam der Ashdacha schreckliches Bauchgrimmen von den verfaulten Früchten. Als er in den Wald kam, warf er deshalb den Churdshun ab und sagte: »Azi-Bazi, ich will mich ein wenig ausstrecken und ruhen.« Doch Azi-Bazi rief aus der Satteltasche: »Dach-dach, das hier ist der Garten meines Vaters. Geh lieber ein Stück weiter!« Der Drache ging weiter, Azi-Bazi schlüpfte aus dem Churdshun, füllte ihn wieder mit Wackersteinen und machte sich aus dem Staube.

Der Drache schleppte den schweren Churdshun heim, kletterte aufs Dach seiner Sakija und brüllte in den Rauchfang: »Steh auf, Drachentochter, und schiebe den mittelgroßen Kessel aufs Herdfeuer!« Die tat, wie ihr befohlen. Der Ashdacha schüttete die Wackersteine aus, und der Kessel zersprang. »Da hat mich dieser heimtückische Azi-Bazi doch wieder an der Nase herumgeführt!« Der Drache war bitterböse.

Am nächsten Morgen ging er erneut zum Feigenbaum. »Azi-Bazi, hüpfe von Zweig zu Zweig und wirf mir süße Früchte herab!« Azi-Bazi hüpfte von Zweig zu Zweig und fiel zu Boden. Der böse Drache steckte ihn in die Satteltasche, schleppte sie schnurstracks nach Hause, kletterte aufs Dach seiner Sakija und brüllte in den Rauchfang: »Steh auf, Drachentochter, und schiebe den kleinen Kessel aufs Herdfeuer!« Gehorsam schob die Drachentochter den kleinen Kessel aufs Herdfeuer. Der Ashdacha warf Azi-Bazi hinein, verschloss den Kessel mit einem festen Deckel und ging in den Wald auf Jagd.

Das Wasser im Kessel erwärmte sich allmählich, und Azi-Bazi wendete sich von einer Seite auf die andere, verlor aber nicht den Mut. Fröhlich sang er auch jetzt sein Liedlein: »Piw-piw, Azi-Bazi, du lässt dich nicht unterkriegen...
Piw-piw, du wirst den bösen Drachen schon besiegen!«
Die Drachentochter hörte, dass Azi-Bazi sang, konnte aber nichts verstehen und bat: »Du singst so schön, Azi-Bazi, sing etwas lauter.« Azi-Bazi riet ihr: »Heb den Deckel an, dann klingt's lauter.« Die Drachentochter hob den Deckel an, und Azi-Bazi sang mit halblauter Stimme: »Piw-piw, Azi-Bazi, du lässt dich nicht unterkriegen...
Du wirst den bösen Drachen schon besiegen.«
»Ich verstehe dich noch immer schlecht«, klagte die Drachentochter. »Sing lauter!« Azi-Bazi erwiderte: »Nimm den Deckel vom Kessel, dann klingt's lauter.« Die Drachentochter nahm den Deckel vom Kessel, Azi-Bazi sprang heraus, stieß Ashdachas Tochter in den Topf, schob den Deckel drauf und versteckte sich hinter der Tür. Bald darauf kehrte der Ashdacha von der Jagd zurück, schaute in den Kessel und wurde fuchsteufelswild. »Dieser schlitzohrige Azi-Bazi hat mich wieder überlistet!«

Dann verspeiste der Drache seine Tochter, trat auf den Hof und brüllte: »Azi-Bazi, wo steckst du, zum Teufel?«

»Im Magen deines Pferdes«, gab Azi-Bazi zur Antwort. Der böse Drache fraß sein Pferd, konnte Azi-Bazi aber in dessen Magen nicht finden. Da schrie er abermals: »Azi-Bazi, wo steckst du?«

»Im Magen deiner Kuh, dach-dach.« Der Ashdacha verschlang die Kuh, fand Azi-Bazi natürlich nicht und schrie wiederum: »Azi-Bazi, wo steckst du?«

»In deiner Sakija auf dem Küchenbord, dach-dach.«

»Was tust du dort, Azi-Bazi?«

»Ich esse Chalwa«, antwortete Azi-Bazi. »Wirf mir auch etwas davon herab!« Azi-Bazi tat es. Der Ashdacha verschlang die feine Erdnusspastete und sagte: »Wunderbar süß schmeckt diese Chalwa! Gib mir mehr!« Azi-Bazi nahm die Chalwa und was sonst auf dem Küchenbord stand und warf alles dem Drachen in den gierigen Schlund. Der Ashdacha war glücklich. »So viel Chalwa! Gib mir mehr!« Da füllte Azi-Bazi den leeren Kochtopf mit glühenden Kohlen aus dem schwelenden Herdfeuer und schleuderte alles dem Ashdacha in den aufgerissenen Rachen. Der Ashdacha erstickte, Azi-Bazi aber kehrte auf seinen Lieblingsbaum zurück, hüpfte von Zweig zu Zweig wie eh und je, erquickte sich an den süßen Feigen und trällerte seine fröhlichen Lieder.