[swahili, "Geschichte, Legende"]

Als es Kringel schneite

Früher, noch zur Zeit der Leibeigenschaft, fand ein Bauer einen vergrabenen Topf mit Geld. Doch er kann das Geld nicht allein ausgraben und nach Hause schaffen. Aber wenn er seiner Frau etwas sagt, dann wird auch bald der Herr davon erfahren. Da fiel ihm etwas ein. Solange die Frau noch schlief, kaufte er einen Korb voll Kringel und streute sie überall auf dem Hofe aus. Dann ging er hinein und weckte seine Frau: »Frauchen, liebes Frauchen, steh auf, Kringel aufsammeln! Es hat heute viele Kringel geschneit! Und sie sind schon fast alle weg geschmolzen. Was wir noch aufsammeln können, gehört uns.«

»Du lügst doch!«

»Ich lüge nicht! Heute geschehen Wunder! Hörst du, wer da so schreit? Der Teufel schleppt die Frau des Herrn fort!« Er war nämlich in den Stall gegangen, hatte der Ziege den Schwanz zwiefach zusammen gebogen und zusammengeschnürt und sie dann oben auf den Stall gesetzt. Und sie schreit nun auch wirklich da oben. »Noch etwas: Ich habe einen Topf mit Gold- und Silbergeld gefunden, du musst mir ihn ausgraben helfen.« Und wirklich wunderte sich die Alte sehr. Sie ist mit dem Einsammeln der Kringel in den Korb fast fertig, doch der Alte treibt sie immerzu an: »Wir müssen schneller sammeln! Sieh, sie sind schon fast alle weg geschmolzen. Die wir noch sammeln können, gehören uns!«

Jetzt erzählt das Weib schon jedem, den sie trifft: »Gevatterin, Gevatterin, wir haben einen Topf voll Geld gefunden!« Die Frauen glauben ihr nicht. »Ihr glaubt mir nicht? Wir haben ihn gefunden, als noch andere Wunder geschehen sind: Am Morgen, als wir aufstanden, war alles mit Kringeln voll geschneit. Wir haben noch einen Korb voll aufgesammelt, die anderen sind weg geschmolzen. Die wir noch sammeln konnten, haben wir schon aufgegessen. Und dann schleppte der Teufel die Frau des Herrn weg. Ich habe sie schreien hören!«

Da rief auch schon der Herr den Mann zu sich. Er sagt: »Du hast doch, wie ich gehört habe, einen Topf mit Geld gefunden?«

»Wer hat denn dem Herrn gesagt, dass ich Geld gefunden habe?«

»Na, deine eigene Frau hat gesagt, dass ihr Geld ausgegraben habt!«

»Allerbester Herr, die weiß doch nicht, was sie spricht! Sollte sie schon ganz den Verstand verloren haben?« Der Herr befahl, die Frau herzurufen. »Nun, habt ihr Geld gefunden?« fragt der Herr. »Ja, ja, wir haben Geld gefunden.« Der Mann sagt: »Sie lügt!«

»Liebes Herrlein, höre doch, wir haben das Geld an dem Tage ausgegraben, als es Kringel geschneit hatte! Weißt du das denn nicht, Herr, das war, als der Teufel deine Frau weggeschleppt hat!«

»Geh, du lügst!«

»Ich lüge nicht! Wir haben Kringel gesammelt, einen ganzen Korb voll. Die anderen sind weg geschmolzen, und die von uns gesammelten haben wir schon aufgegessen. Als er die Herrin fortschleppte, da hat sie laut geschrieen!«

»Scher dich weg, aber schnell! Was plapperst du da für Unsinn!« rief der Herr.

Und er jagte die Alte hinaus.

Du musst wissen, früher, wenn sie ihr Vieh des Morgens am Dorfeingang den Hirten zutreiben mussten, da hatten viele Frauen bei der Heimkehr Gelegenheit, miteinander zu plauschen. Da ging es nur immer »...liebe Gevatterin, beste Gevatterin...«. So war es zur Zeit der Leibeigenschaft. Aber auch heute noch sagen die Männer zu den Frauen, wenn sie sich über ihre Schwatzhaftigkeit lustig machen wollen: »Das war wohl damals so, als es Kringel geschneit hatte?«