[swahili, "Geschichte, Legende"]

Warum Hund und Katze Feinde sind

Ein Mann und eine Frau besaßen einen goldenen Ring. Es war ein Glücksring, und wer ihn besaß, litt niemals Not. Der goldene Ring aber sah sehr unscheinbar aus, der Mann und die Frau kannten seine Kräfte nicht und verkauften ihn um wenig Geld.

Kaum aber hatten sie den Ring fortgegeben, als das Unglück begann. Schließlich waren sie so arm geworden, dass sie nicht mehr wussten, was sie am nächsten Tag essen sollten.

»Seit der Ring fort ist, hat das Glück unser Haus verlassen«, seufzte der Mann. »Es muss ein Glücksring gewesen sein«, sagte die Frau, »hätten wir ihn doch niemals verkauft!« Und sie sah traurig auf ihre beiden Haustiere, einen Hund und eine Katze, die mit ihnen Hunger leiden mussten.

Hund und Katze aber hatten die Worte der Menschen verstanden. »Was sollen wir tun?« fragte die Katze. »Unsere Herrin war immer gut zu uns«, sagte der Hund. »Und wir hatten stets genug zu fressen«, schnurrte die Katze. Die beiden Tiere saßen ratlos nebeneinander. Schließlich sagte der Hund: »Wir wollen den Ring unserem Herrn und unserer Herrin wieder zurückbringen.«

»Aber er liegt wohlverwahrt bei seinem neuen Besitzer, in einen festen Kasten eingeschlossen«, sagte die Katze.

»Ich weiß, was wir tun müssen«, meinte der Hund. »Fang du eine Maus, und versprich ihr, sie am Leben zu lassen, wenn sie ein Loch in den Kasten nagt und den Ring herausholt.«

Dieser Rat gefiel der Katze. Sie fing eine Maus, und mit der gefangenen Maus im Maul wanderten Hund und Katze zum Haus des neuen Besitzers des Ringes. Der Weg war weit und sie kamen zu einem großen Fluss. Als die Katze den großen Fluss sah, setzte sie sich niedergeschlagen ans Ufer, denn sie konnte nicht schwimmen. Aber der Hund wusste wieder Rat. »Spring auf meinen Rücken«, befahl er, »ich will mit dir hinüberschwimmen.« So geschah es. Die Katze lief mit der Maus im Maul zum Haus, in dem der Kasten mit dem Ring stand. »Wenn du willst, dass ich dich nicht fresse«, sagte die Katze zur Maus, »so nage geschwind ein Loch in die Kastentür und bring mir den Ring, der darin liegt.« Die Maus nagte eifrig, schlüpfte durch das Loch und kam mit dem Ring wieder heraus. Nun nahm die Katze den Ring ins Maul und lief zurück zum Fluss. Der Hund hatte dort auf sie gewartet, sie sprang auf seinen Rücken, und er trug sie über den Strom.

Vergnügt und fröhlich wanderten sie dann heimzu. Die Katze war so ungeduldig, dass sie über alle Zäune sprang, über die Dächer kletterte und den Hund weit zurückließ, der um jedes Haus und um jeden Garten einen Bogen machen musste. So kam die Katze früher heim als der Hund, lief zu der Herrin und legte ihr den Ring in den Schoß. »Sieh«, rief die Frau ihrem Mann zu, »unsere Katze hat uns den Glücksring zurückgebracht! Das gute Tier! Wir wollen ihr immer genug zu fressen geben und sie pflegen wie unser eigenes Kind.«

Nach einiger Zeit kam auch der Hund, müde und staubbedeckt vom weiten Weg. »Du achtloses Tier!« rief die Frau. »Wo hast du dich herumgetrieben? Warum hast du der treuen Katze nicht geholfen, die uns den Glücksring zurückgebracht hat?« Sie schalt und schlug ihn, und die Katze saß beim Herd, schnurrte und sagte kein Wort. Da wurde der Hund böse auf die Katze, und er vergaß niemals, dass sie ihn um seinen Lohn betrogen hatte.

Seit jener Zeit sind Hund und Katze einander Feind.