[swahili, "Geschichte, Legende"]

Wie Eulenspiegel in Berlin einem Kürschner Wölfe statt Wolfspelze machte

Sehr schlaue und kluge Leute sind die Schwaben. Wo die zuerst hinkommen und kein Auskommen finden, da verdirbt ein anderer ganz. Doch sind etliche von ihnen mehr den Bierkrügen und dem Saufen zugeneigt als ihrer Arbeit. Deshalb liegen ihre Werkstätten oft wüst usw.

Einmal wohnte ein Kürschner in Berlin, der war in Schwaben geboren und in seinem Gewerbe sehr kunstreich. Er hatte auch gute Einfälle, war reich und unterhielt eine einträgliche Werkstatt. Denn er zählte zu seinem Kundenkreis den Fürsten des Landes, die Ritterschaft und viele gute Leute und Bürger. Nun begab es sich, dass der Fürst des Landes zur Winterszeit ein großes Turnier mit Rennen und Stechen abhalten wollte, wozu er seine Ritterschaft und andere Herren einlud. Da keiner als altmodisch gelten wollte, wurden zu dieser Zeit viele Wolfspelze bei dem genannten Kürschner bestellt.

Das bemerkte Eulenspiegel, kam zu dem Meister und bat ihn um Arbeit. Der Meister, der zu dieser Zeit des Gesindes bedurfte, war froh über sein Kommen und fragte ihn, ob er auch Wölfe machen könne. Eulenspiegel sagte ja, darin sei er nicht als der schlechteste im Sachsenland bekannt. Der Kürschner sprach: »Lieber Geselle, du kommst mir eben recht. Komm her, über den Lohn werden wir uns wohl einigen.« Eulenspiegel sagte: »Ja, Meister, ich halte Euch für so redlich; Ihr sollt selbst den Lohn bestimmen, wenn Ihr meine Arbeit seht. Ich arbeite aber nicht bei den anderen Gesellen; ich muss allein sein, nur so kann ich meine Arbeit nach meinem Kopf und unbeirrt tun.« Da gab ihm der Kürschner ein Stübchen und legte ihm viele Wolfshäute vor, die gehärt und zu Pelzen zugerichtet waren. Und er gab ihm die Maße von etlichen Pelzen, großen und kleinen. Da begann Eulenspiegel, sich mit den Wolfsfellen an die Arbeit zu machen. Er schnitt sie zu, machte aus allen Fellen nichts als Wölfe, füllte sie mit Heu und gab ihnen Beine von Stecken, als ob sie lebten.

Als er nun die Felle alle verschnitten und nur Wölfe daraus gemacht hatte, sprach er: »Meister, die Wölfe sind fertig. Ist noch mehr zu tun?« Der Meister sagte: »Ja, mein Geselle, nähe Wölfe, so viel du nur immer kannst.« Damit ging er hinaus in Eulenspiegels Stube. Da lagen die Wölfe auf der Erde, kleine und große. Die sah der Meister an und sagte: »Was soll das sein? Dass dich das Fieber schüttle! Was hast du mir für einen großen Schaden getan! Ich will dich einsperren und bestrafen lassen.« Eulenspiegel sprach: »Meister, ist das mein Lohn und Dank? Ich habe das nach Euren eigenen Worten gemacht. Ihr hießet mich doch, Wölfe zu machen. Hättet Ihr gesagt: ›Mach mir Wolfspelze!‹, so hätte ich das auch getan. Und hätte ich gewusst, dass ich nicht mehr Dank verdienen wle. Der Spitalmeister sagte ihm das Geld zu, wenn er den Kranken hülfe. Eulenspiegel war damit einverstanden: der Spitalmeister brauche ihm keinen Pfennig zu geben, wenn er die Kranken nicht gesund mache. Das gefiel dem Spitalmeister sehr gut, und er gab ihm 20 Gulden Vorschuss.

Da ging Eulenspiegel ins Spital, nahm zwei Knechte mit sich und fragte einen jeglichen Kranken, welches Gebrechen ihn plage. Und zuletzt, bevor er den Kranken verließ, beschwor er jeden und sprach: »Was ich dir jetzt offenbaren werde, das sollst du als Geheimnis bei dir behalten und niemandem verraten.« Das schworen ihm dann die Siechen mit großer Beteuerung. Darauf sagte er zu jedem einzelnen: »Wenn ich euch Kranken zur Gesundheit verhelfen und euch auf die Füße bringen soll, kann ich das nur so: ich muss einen von euch zu Pulver verbrennen und dies den anderen zu trinken geben. Das muss ich tun! Den Kränkesten von euch allen, der nicht gehen kann, werde ich zu Pulver verbrennen, damit ich den anderen damit helfen kann. Um euch alle zu wecken, werde ich den Spitalmeister nehmen, mich in die Tür des Spitals stellen und mit lauter Stimme rufen: ›Wer da nicht krank ist, der komme sogleich heraus!‹ Das verschlafe nicht! Denn der letzte muss die Zeche bezahlen.« So sprach er zu jedem allein.

Auf diese Rede gab jeglicher wohl acht. Und am angesagten Tage beeilten sie sich mit ihren kranken und lahmen Beinen, weil keiner der letzte sein wollte. Als Eulenspiegel nach seiner Ankündigung rief, begannen sie sofort zu laufen, darunter einige, die in zehn Jahren nicht aus dem Bett gekommen waren. Als das Spital nun ganz leer und die Kranken alle heraus waren, begehrte Eulenspiegel von dem Spitalmeister seinen Lohn und sagte, er müsse eilig in eine andere Gegend reisen. Da gab er ihm das Geld mit großem Dank, und Eulenspiegel ritt hinweg.

Aber nach drei Tagen kamen die Kranken alle wieder und klagten über ihre Krankheit. Da fragte der Spitalmeister: »Wie geht das zu? Ich habe ihnen doch den großen Meister hergebracht! Er hat ihnen geholfen, so dass sie alle selbst davongegangen sind.« Da sagten sie dem Spitalmeister, womit er ihnen gedroht hatte: wer als letzter zur Tür hinauskäme, wenn er zur festgesetzten Zeit riefe, den wolle er zu Pulver verbrennen.

Da merkte der Spitalmeister, dass er von Eulenspiegel betrogen war. Aber der war hinweg, und er konnte ihm nichts mehr antun. Also blieben die Kranken wieder wie zuvor im Spital, und das Geld war verloren.