[swahili, "Geschichte, Legende"]

Zwei Wanderer

Ein Jüngling, der gut zu Fuß war, überholte auf seiner Wanderschaft einen Greis, und sie setzten ihren Weg gemeinsam fort. Schließlich schlug der Jüngling dem Greis vor: »Wäre es nicht praktischer, da wir beide kein Ross besitzen, wenn wir abwechselnd einer auf dem Rücken des anderen reiten? Wer macht den Anfang?« Diese Worte erzürnten den Greis. »Keiner soll auf dem Rücken des anderen reiten! Was redest du da!«

»Wie Ihr wollt«, entgegnete der Jüngling, und so zogen sie zu Fuß weiter. Sie gerieten in einen Wald. Da schlug der Jüngling dem Greis wiederum vor: »Wollen wir nicht die Pferde besteigen?«

»Wo gibt es hier Pferde? Seit wann wachsen im Wald statt Bäumen Pferde? Wir könnten natürlich reiten, wenn dein Vater Pferde besäße«, spottete der Greis. »Wenn Ihr nicht wollt, können wir auch zu Fuß weitergehen«, meinte der Jüngling. So gelangten sie zu einer Wiese, auf der weiches, trockenes Heu lag. »Vielleicht sollten wir uns ein Ruhelager bereiten«, schlug der Jüngling dem Greis vor. »Was redest du für dummes Zeug, junger Freund! Wer bereitet sich schon am Wegesrand ein Ruhelager?« sagte vorwurfsvoll der Greis. »Na schön, lassen wir auch das«, erwiderte der Jüngling. Eine Arba, mit der man Korn zur Mühle fährt, kam ihnen entgegen. Da wandte sich der Jüngling erneut an den Greis. »Haben wir alles verzehrt, oder ist uns noch etwas geblieben?«

»Was man verzehrt hat, bringt man nicht mehr zur Mühle, sondern an einen anderen Ort«, antwortete der Greis lächelnd. »Mag es geschehen, wie Ihr sagt«, stimmte der Jüngling zu. Und sie setzten ihren Weg fort. Sie begegneten Menschen, die einen Toten bestatteten. »Der Unglückliche!« rief der Jüngling aus. »Ist er jetzt erst gestorben, oder war er schon lange tot?« Diesmal war der Greis über alle Maße erzürnt. »Was wäre das für ein Brauch, Tote nicht sofort zu bestatten? Natürlich ist er heute gestorben. lass diese dummen Reden! Überhaupt, zieh allein deines Wegs! Ich bin deiner müde.«

Als der Greis in seine Sakija heimkehrte, trat ihm die Tochter freudig entgegen. »Gut, dass du wieder da bist, Vater. Hat dich der Weg auch nicht erschöpft? Und hattest du einen Weggenossen?« Das Mädchen überschüttete den Vater mit Fragen. »Ach, mein Kind, der Weg hat mich nicht sonderlich erschöpft, aber als Weggefährten hatte ich einen rechten Tölpel. Was der alles für dummes Zeug geredet hat!« Und der Greis erzählte seiner Tochter alles. Zum Schluss fügte er mit einem Seufzer hinzu: »Mein Lebtag bin ich keinem solchen Narren begegnet.« Doch die Tochter begriff besser als der Vater, was der Jüngling gemeint hatte. »Nein, Vater, dein Weggefährte war kein Narr, du hast ihn nur nicht verstanden. Zu Anfang fragte er dich, wer mit seiner Erzählung beginnen solle, damit euch der Weg kürzer wird. Dann schlug er vor, im Wald zwei Stöcke abzuschlagen, damit sie euch die Pferde ersetzen und als Wanderstab dienen. Die dritte Frage bedeutete: Wollen wir uns nicht die Tscharyki mit weichem Gras voll stopfen? Doch du maßest alledem keine Bedeutung bei. Als euch dann die Arba mit dem Getreide begegnete, wollte er sagen: Ob den Bauern, wenn sie das Mehl heimbringen, noch etwas für den eigenen Topf übrig bleibt, oder können sie nur gerade ihre Schulden abtragen? Als der Jüngling die fünfte Frage stellte, meinte er damit: Es gibt viele tote Menschen auf der Erde. Sie sind lange vor ihrer Beerdigung gestorben: träge, willensschwache, nichtsnutzige Tölpel. Sie sind gestorben, lange bevor Asrail ihre Seele zu sich nahm.« Verblüfft rief der Greis aus: »Darauf also zielten die Worte des Jünglings ab!« Erst jetzt verstand er ihn und war aufrichtig betrübt.

Doch im nächsten Augenblick leuchteten seine Augen vor Stolz über seine kluge Tochter.