[swahili, "Geschichte, Legende"]

Wie Aldar-Kosse einem Bei beibrachte, Esel anzubauen

Man sagt, für einen, der kein Pferd hat, ist auch ein Esel Vieh. Der kinderreiche arme Kamal besaß nicht einmal einen Esel. Deshalb freute er sich, als hätte er seine Tochter mit einem Sultan verheiratet, als ein reicher Verwandter ihm nach langen Bitten endlich drei Esel gab, damit er Holz in der Stadt verkaufen konnte. »Für die Esel hältst du deinen Kopf hin, für die Gutmütigkeit musst du drei Monate bei mir arbeiten«, sagte der Verwandte. Kamal lud Saksaulholz auf die Esel und begab sich guten Muts auf den Weg. Lang war der Weg in die Stadt. Kamal lief hinter den Eseln her und dachte: Wenn ich für das Holz einen guten Erlös erhalte, kaufe ich ein Lämmchen. Wer wenigstens ein einziges Schaf hat, ist kein Bettler mehr. Die Frau wird das Schäfchen melken und die Kinder mit Airan satt machen. Wenn das Schäfchen ein über das andere Mal Junge wirft, werden wir auch Fett in der Suppe haben und Wolle für Filzmatten, um die Jurte auszubessern. Mit der Zeit werde ich wohl auch ein Fohlen anschaffen. Man sagt ja ganz richtig: »Verachte nicht das Fohlen, in einem Sommer wird es zum Ross.« Das Ross aber sind die Flügel des Mannes. Ein Wanderer ist im Vergleich zu einem Reiter wie ein Kranker im Vergleich zu einem Gesunden. Ich setze mich in den Sattel und bin gleich ein Mensch. Dann beginnt das Leben für Kamal!...

Der Arme ließ sich so von seinen Träumen hinreißen, dass er alles auf der Welt vergaß und den kleinen Sumpf vor sich nicht bemerkte. Er hätte um die seichte Stelle herumgehen müssen, aber er trieb die Esel direkt darauf zu. Da geschah das Unglück: Die Esel versanken im Morast - zuerst bis zum Bauch, dann bis zur Last. Kamal rannte ihnen nach, wäre aber selbst beinahe ums Leben gekommen, nur wie durch ein Wunder kam er aus dem Sumpf heraus. In der Aufregung gelang es ihm lediglich, den Wegesack zu retten. An die Esel kam er nicht mehr heran, nur drei Köpfe an ausgestreckten Hälsen schaukelten über dem Sumpf. Wie sehr Kamal auch am Sumpf hin und her lief, wie sehr er um Hilfe rief, alles umsonst, es war keine Seele weit und breit.

Die Dämmerung brach herein. Der Ärmste fiel mit dem Gesicht auf die Erde und stöhnte: »O je, o je, könnte ich doch sterben!« Kaum hatte er das gesagt, hörte er eine Stimme: »Was fehlt dir, Mann?« Kamal zuckte zusammen: Was wird nun werden? Er hob den Kopf und sah einen Reiter auf einem stattlichen Pferd vor sich. Vor Angst brachte er kein Wort heraus, endlich stotterte Kamal: »Tod, habe Erbarmen mit dem dummen Kamal, Lass ihn leben! Hilf mir lieber, die Esel aus dem Sumpf herauszuziehen.«

»Von welchen Eseln sprichst du? Nun, erzähle der Reihe nach, was dir widerfahren ist.« Kamal erzählte alles wahrheitsgemäß und flehte wiederum: »Vernichte mich nicht, Tod, Lass mich gehen, damit ich von meiner Frau und meinen Kindern Abschied nehmen kann. Wenn ich nach Hause komme, dreht mir mein Verwandter wegen der Esel sowieso den Hals um.« Der Reiter lachte laut. »O Kamal, Kamal! Hast du mich nicht erkannt? Nicht der Tod bin ich, sondern Aldar-Kosse. Bin, wie ich sehe, zur rechten Zeit gekommen. Blase nicht Trübsal, Freund. Der Morgen schenkt uns Licht, das Licht erhellt den Weg.« Sie koppelten das Pferd, legten sich hin und schliefen ein.

Im Morgengrauen sprang Aldar auf, Kamal aber schlief schon lange nicht mehr. Den Kopf auf die Hand gestützt, schaute er traurig auf den Sumpf. Über Nacht waren die Esel auch mit den Köpfen eingesunken, nur drei Paar Ohren ragten aus dem Sumpf heraus. Aldaken ist ein Mann der Tat. »Gehe in die Steppe«, befahl er Kamal, »sammle so viel Hasenmist wie möglich und kehre schnellstens zurück.« Nach einer kurzen Weile kam Kamal mit einem vollen Wegesack wieder. »Nun besteige mein Pferd und reite im Schritt heim«, sprach Aldar. »Aber pass auf, verliere den Sack nicht! Auf dem halben Weg verwandelt sich der Hasenmist in Geld. Du glaubst es nicht? Wenn sich meine Worte nicht bewahrheiten, sollst du mein Pferd haben. Wenn sie sich bewahrheiten, bedenke: Wer so viel Glück hat, muss ein Fest geben.«

Kamal begriff nicht eines von Aldakens Worten. Scherzte er oder sprach er die Wahrheit? Wie konnte Hasenmist zu Geld werden? War Aldar-Kosse ein Zauberer? Was erzählt man nicht alles von ihm, davon allerdings hat man noch nichts gehört. Verwirrt und aufgeregt machte sich Kamal auf den Weg. Aldar aber ging zum Sumpf und wartete. Jeder weiß, wenn Aldaken wartet, dann heißt es, dass etwas zu erwarten ist. Und tatsächlich, der Tau war noch nicht getrocknet, da hörte man von ferne Schellengeläut, Kamelbrüllen, Wiehern, Muhen, Blöken, Menschenstimmen, Hundebellen. Ein reiches Nomadenlager zog durch die Steppe. Allen voran, sich nach seiner Herde umschauend, ritt stolz ein Bei im Seidengewand.

Er stieß auf Aldar-Kosse. »Warum sitzt du mitten in der Steppe wie ein Dummkopf?«

»Ein Dummkopf ist der, der etwas sieht und doch nicht erkennt, und wenn er auch was sieht, nicht darüber nachdenkt«, gab Aldar zur Antwort. »Überlege doch selbst einmal, Bei, wer von uns beiden ein Dummkopf ist. Wollen wir aber im Guten sprechen. Ich sitze hier nicht einfach so da, sondern passe auf meine Saat auf.«

»Was hast du denn gesät?«

»Schau dir an, was schon aufgegangen ist, vielleicht errätst du es selbst.« Und Aldar wies mit der Hand auf den Sumpf. Der Bei schaute, runzelte die Stirn, rieb sich die Augen. »Eselsohren? Warum ragen Eselsohren aus dem Morast?«

»Ach, Bei, war das nicht auf dich gemünzt: ›Besser kein Vieh haben als keinen Verstand.‹ Eselsohren - das sind die Sprosse von dem, was hier gesät wurde. Wie du siehst, baue ich hier Esel an, mein Lieber. Habe erst gestern Eselskörner gesät, und siehst du, was heute für Sprosse gewachsen sind!...«

Der Bei blickte misstrauisch zu Aldar, dann zum Sumpf. »Vierzig Jahre bin ich nun auf der Welt«, sagte er, »weiß, dass sesshafte Leute Baumwolle und Weizen, Hirse und Gerste säen. dass man aber Esel pflanzen kann... Das höre ich zum ersten Mal.«

»Bei, wundere dich nicht, alles kann man nicht wissen. Zu sagen ›Ich weiß alles‹ ist das gleiche, als wenn man sagt: ›Ich sterbe.‹ Ehrlich gesagt, habe ich selbst nichts von den Eselskörnern gewusst, bevor mich Allah nicht mit einem guten Menschen zusammenführte. Er heißt Kamal. Er reist aus Bagdad in seine Heimat, bringt von dort einen Wegesack voll Wundersamen mit sich. Mit großer Mühe und unter vielen Gefahren hat er sie aufgetrieben. An dieser Stelle habe ich Kamal gestern Abend getroffen, wir kamen ins Gespräch, und er zeigte mir seine Samen. Die sehen genau so aus wie Hasenkügelchen. Aber ein Pferd wird ja nicht nach der Farbe eingeschätzt, sondern nach der Schnelligkeit. Ich habe Kamal eine Handvoll Körner abgebettelt und sie in den Schmutz geworfen. Du glaubst, es sei Unsinn, aber sieh nur, was für Sprosse in einer einzigen Nacht geschossen sind! In einer Woche habe ich eine ganze Eselherde. Wenn ich will, verkaufe ich sie, wenn nicht, behalte ich sie. Nur eins bedaure ich, dass ich kein Geld hatte, um den ganzen Wegesack zu kaufen. Hundert Goldmünzen wollte Kamal dafür haben. Hätte ihn einfach verschleudert. Mit hundert Goldmünzen könnte man tausend herausschlagen...« Da hatte der Bartlose Glück, soll ihn der Werwolf holen, dachte der Bei, aber er konnte sein Glück nicht ganz packen. Wenn ich Kamal begegnen würde!

Und er sprach: »Aldaken, meine Seele, auch ich würde gern deinem Beispiel folgen und Esel sähen. Wie kann ich an die Eselskörner herankommen? Sag mir doch, in welche Richtung ritt Kamal? Und hat er ein gutes Pferd?«

»Kamals Pferd ist nicht schlecht, aber deins besser«, antwortete Aldar-Kosse. »Reite geradeaus, um Mittag hast du Kamal eingeholt. Grüße ihn von mir und sage ihm, dass ich gesund bin und wie versprochen unbedingt zu seinem Fest komme. Gute Reise, Bei!« Der Bei gab dem Pferd die Sporen und ward nicht mehr gesehen. Aldaken lachte ihm hinterdrein: »Möge das Elend dich so jagen, wie du, Knauser, jetzt dem Hasenmist nachjagst!«

Mittags hatte der Bei einen Reiter mit Wegesack eingeholt. »Bist du Kamal?« fuhr er ihn an und ritt ihm voraus. »Ja«, antwortete Kamal eingeschüchtert. »Höre, Kamal, ich weiß alles von dir und deinem Sack...« Kamal rutschte das Herz in die Hosentasche. Neues Unglück, dachte er. Vom Regen in die Traufe... »Ich kaufe den Wegesack!« fuhr der Bei fort. »Du willst hundert Goldmünzen dafür, habe ich gehört? Wir wollen nicht handeln. Nimm das Geld und gib mir den Sack!« Ehe Kamal es sich versah, hatte er den Geldsack schon in den Händen, der Wegesack hing auf dem Rücken des Beipferdes. »Lebewohl, Kamal!« Der zufriedene Bei winkte mit der Peitsche und trieb das Pferd an. »Wenn du Aldar-Kosse siehst, sage ihm, ich hätte das Gewünschte erhalten. Soll er sich ärgern, dass der Sack mir in die Hände fiel!« Damit verschwand er.

Einige Tage später feierte Kamal in der neuen sauberen und weiträumigen Jurte ein Fest. Jetzt konnte er, vor kurzem noch arm, seine Freunde bewirten! Viele Gäste drängten sich in der Jurte, und auch davor hatte man weiße gemusterte Matten ausgebreitet. Auch Aldar-Kosse kam zum Fest. Kamal empfing ihn wie den älteren Bruder nach langer Trennung. »Wie kann ich dir danken, mein Freund Aldaken?« fragte er, und Tränen traten ihm in die Augen. »Du hast mir das Leben gerettet, meiner Familie Glück geschenkt!«

»Wofür willst du mir danken, Kamal?« fragte Aldar-Kosse lächelnd. »Dir ist nicht mein Geld in die Hände gefallen. Der Bei verdient kein Mitleid, obwohl er dir einiges abgeben Musste: ›Ein sattes Pferd wird nicht auf einmal mager.‹ Soll der Tölpel es sich merken: Wer sich auf etwas Heißes stürzt, verbrennt sich den Mund.« Unter lautem Gelächter erzählte Aldar-Kosse den Gästen Kamals, wie er den Bei hinters Licht geführt hat. Am nächsten Tag war die Geschichte in der Steppe in aller Munde. Nur dem Bei, der die »Eselskörner« gekauft hatte, kam sie nicht zu Ohren. Der saß still und heimlich, dass keiner ihn sah, am Sumpf und wartete, wann endlich Eselssprossen aus dem Morast schossen.