[swahili, "Geschichte, Legende"]

Umdhlubu und der Frosch

Ein Häuptling heiratete einmal die Tochter eines anderen Häuptlings. Er liebte sie sehr, und darüber waren seine anderen Frauen beunruhigt. Die junge Frau wurde schwanger und gebar ein Mädchen, das der Vater über alle Maßen lieb hatte. Das Kind wuchs heran, und als es schon ein hübsches kleines Mädchen geworden war, schmiedeten die anderen Frauen einen Plan gegen sie. Sie sagten zueinander: »Der Vater der Kleinen ist nicht zu Hause, wir wollen Binsen schneiden gehen.« Den Kindern verboten sie streng, das Mädchen zu tragen. Als die Mutter das kleine Mädchen rief, das ihr Kind pflegte, weigerte die sich, es zu tragen. Da band sich die Mutter ihr Kind auf den Rücken und trug es selbst.

Die Frauen schnitten Binsen und gingen immer weiter. Als sie in ein ausgetrocknetes Flussbett kamen, setzten sie sich und nahmen eine Prise Schnupftabak. Die Mutter band aus Binsen ein Bündel und gab es der Kleinen, die damit spielte. Dann erhoben sie sich wieder, liefen beim Schneiden weiter und weiter, und die Mutter vergaß ihr Kind. Sie schnitten Binsen, banden sie zu Bündeln und trugen die nach Hause.

Als sie dort ankamen, riefen die Frauen nach den Kindermädchen. Alle kamen herbei, das der jungen Frau aber ohne das Kind. Da fragte sie: »Wo ist mein Kind?« Und die anderen sagten: »Du hast es mitgenommen.« Da geriet sie in Sorge und weinte und lief, es zu suchen. Aber sie fand es nicht und kehrte zurück.

Es gab ein großes Klagen, und die anderen Frauen des Häuptlings sagten: »Und was nun? Vaters Schoßkind haben wir beseitigt. Die Lieblingsfrau ist vernichtet.«

Ein Bote wurde ausgesandt, um dem Vater zu berichten. Man sagte ihm: »Häuptling, dein Kind ist verloren gegangen, als wir Binsen geschnitten haben.« Da war der Vater sehr betrübt.

Am anderen Morgen wollte eine alte Frau, die zur Häuptlingsfamilie eines anderen Volkes gehörte, Wasser holen. Da hörte sie das Kind spielen und sagen: »Ta, ta, ta.« Sie wunderte sich und fragte: »Was ist denn das?«, ging heimlich näher und fand das Kind, das da saß und spielte. Sie eilte nach Hause, ließ Kind und Wassergefäß zurück und rief der Hauptfrau ihres Häuptlings zu: »Komm zu mir.« Die Häuptlingsfrau verließ ihre Hütte. Da sagte die alte Frau: »lass uns gehen. Es ist etwas hier in der Nähe, das musst du sehen.« Die Häuptlingsfrau ging mit. Als sie ein Stück gelaufen waren, sagte die alte Frau: »Schau, ein Kind.« Da rief die Häuptlingsfrau voller Entzücken aus: »Nimm es mit.« Die alte Frau tat das. Dann gingen sie an den Fluss, und die Häuptlingsfrau sagte: »Wasch es.« Als die alte Frau das getan hatte, nahm die Häuptlingsfrau das Mädchen auf den Rücken und ging nach Hause.

Sie stillte es, denn sie hatte vor kurzem einen Jungen geboren. Das Mädchen wuchs heran. Zusammen mit dem Sohn der Häuptlingsfrau lernte es laufen und wurde schließlich ein großes Mädchen. Man ernannte sie zum Oberhaupt der Mädchen, und es gab ein großes Fest. Eine Menge Vieh wurde geschlachtet, und alle Leute vergnügten sich. Später sagten die Häuptlingsberater zu dem Jungen: »Heirate das Mädchen!« Der Junge wunderte sich und fragte: »Was soll denn das heißen? Ist sie nicht meine Schwester? Wir haben doch zusammen an der Brust meiner Mutter getrunken.« Da erklärten sie ihm: »Nein, sie wurde in einem Flussbett gefunden.« Er aber weigerte sich und meinte:

»Sie ist meine Schwester.« Am nächsten Morgen bedrängten ihn die Leute wieder: »Es schickt sich wohl, dass du sie zur Frau nimmst.« Da weigerte er sich noch einmal und war sehr betrübt.

Ein anderes Mal sagte eine alte Frau zu dem Mädchen: »Weißt du schon?« Sie fragte: »Was soll ich wissen?« Und die Frau antwortete: »Du sollst heiraten.« Das Mädchen fragte: »Wen?« Die Frau erwiderte: »Den jungen Mann aus eurer Familie.« Da meinte das Mädchen: »Was soll denn das heißen? Ist er nicht mein Bruder?« Und die alte Frau teilte ihr mit: »Nein, du bist in einem Flussbett gefunden worden, und die Häuptlingsfrau hat dich aufgezogen.« Da weinte das Mädchen und war sehr traurig. Sie nahm ein Wassergefäß, ging an den Fluss, setzte sich nieder und weinte bitterlich. Dann füllte sie das Gefäß und kehrte zurück. In der Hütte setzte sie sich. Ihre Mutter gab ihr zu essen, aber sie wollte nichts und wies es zurück. Da fragte die Mutter: »Was ist denn?« Sie antwortete: »Ach, ich habe Kopfweh.« So wurde es Abend, und sie legte sich schlafen.

Am Morgen erwachte sie, nahm das Wassergefäß und ging zum Fluss. Sie setzte sich ans Ufer und weinte wieder. Da tauchte ein großer Frosch auf und fragte: »Warum weinst du?« Sie antwortete: »Ich habe Kummer.« Der Frosch wollte wissen: »Was bekümmert dich denn?« Und sie erwiderte: »Man sagt, ich soll die Frau meines Bruders werden.« Da sagte der Frosch: »Geh und hol deine liebsten Sachen und bring sie her.« Sie stand auf, nahm das Wassergefäß und ging nach Hause. Dort holte sie ihre Sachen zusammen, ihren Bronzestab, ihren Schurz, einen Rock mit einer Borte aus Bronzeperlen, ihr Stirnband, ihre Perlenkette und den übrigen Schmuck. Alle diese Dinge nahm sie, ging zum Fluss und warf sie ins Wasser. Da fragte der Frosch: »Möchtest du, dass ich dich zu deinem eigenen Volk bringe?« Und das Mädchen sagte: »Ja.« Der Frosch verschlang erst alles, was sie in den Fluss geworfen hatte, dann verschlang er auch das Mädchen und machte sich auf den Weg.

Unterwegs begegnete er jungen Männern, die in einer Reihe hintereinander gingen. Sie erblickten den Frosch, und der Mann an der Spitze sagte: »Jetzt seht euch das an. Hier ist ein riesengroßer Frosch.« Da meinten die anderen: »Wir wollen ihn töten. Werfen wir mit Steinen nach ihm.« Der Frosch aber sagte: »Ich bin nur ein Frosch, ich darf nicht sterben.
Ich bringe Umdhlubu zu ihrem Volk.«
Da ließen sie ihn in Ruhe und sagten: »Oh, was ist das! Der Frosch hat gesprochen. Lassen wir ihn in Ruhe.« Damit gingen sie ihres Weges. Und so ging auch der Frosch weiter. Wieder begegnete er einer Reihe Männer. Der an der Spitze sagte: »Kommt mal und seht, ein ungeheurer Frosch.« Wieder hieß es: »Wir wollen ihn töten.« Und der Frosch sagte: »Ich bin nur ein Frosch, ich darf nicht sterben.
Ich bringe Umdhlubu zu ihrem Volk.«
Da gingen sie weiter, und auch der Frosch zog seines Weges. Bald traf er auf Jungen, die Vieh hüteten. Die sahen ihn, und zwar entdeckte ihn ein Junge, der ein Halbbruder des Mädchens war. Der sprach: »Bei Umdhlubu, der Tochter des Häuptlings! Kommt und tötet den großen Frosch. Lauft und schneidet spitze Stöcke, wir wollen ihn damit aufspießen.« Da sagte der Frosch: »Ich bin nur ein Frosch, ich darf nicht sterben.
Ich bringe Umdhlubu zu ihrem Volk.«
Der Junge staunte und hielt die anderen zurück: »Oh, Freunde, wir wollen ihn lieber nicht töten. Er macht mich traurig. Lassen wir ihn und gehen wir.« Da ließen sie ihn in Ruhe.

Der Frosch wanderte weiter und traf wieder Menschen. Der Bruder des Mädchens sah ihn zuerst und rief aus: »Bei Umdhlubu, der Tochter des Häuptlings! Da ist ein riesengroßer Frosch. Wir wollen ihn mit Steinen bewerfen und töten.« Der Frosch aber sagte: »Ich bin nur ein Frosch, ich darf nicht sterben.
Ich bringe Umdhlubu zu ihrem Volk.«
Da meinte der Bruder: »Oh, lassen wir ihn. Er sagt etwas Schreckliches.«

Der Frosch setzte seinen Weg fort und näherte sich dem Kraal, in dem das Mädchen zu Hause war. Unterhalb des Kraals betrat er ein Dickicht und setzte das Mädchen dort auf den Boden. Er brachte ihre Sachen in Ordnung, rieb sie mit Udonqa ab und legte ihr den Schmuck an. Danach ging das Mädchen davon. Sie trat durch das Tor, schritt durch den Viehkraal und betrat bald darauf die Hütte ihrer Mutter. Die Mutter war ihr gefolgt und fragte: »Woher kommst du?« Sie antwortete: »Ich bin nur auf der Durchreise.« Die Mutter bat: »Erzähle.« Und sie antwortete: »Da gibt es nichts zu erzählen, ich bin nur auf der Durchreise.« Die Mutter fuhr fort: »Frauen, die so hübsche Kinder haben wie dich, sind glücklich. Ich habe Kummer, mein Kind ist verloren gegangen. Ich habe es in einem Flussbett zurückgelassen, und dort ist es gestorben.« Das Mädchen wollte wissen: »Warum hast du es verlassen? Hast du es getan, weil du es nicht lieb hattest?« Da erwiderte die Mutter: »Nein, die anderen Frauen haben dafür gesorgt, dass ich es vergaß.« Da sagte das Mädchen: »O nein. Es gibt keine Frau, die ihr Kind vergessen würde.« Und die Mutter verteidigte sich: »Es geschah nur, weil ich nicht daran gewöhnt war, ein Kind zu tragen. Gewöhnlich trug eines der älteren Mädchen mein Kind.« Aber sie erhielt zur Antwort: »Du hast es getan, weil du mich nicht geliebt hast.« Da sah die Mutter das Mädchen genau an und erkannte, dass es ihre Tochter war. Sie freute sich und nannte sie mit ihren Kosenamen. Dann legte sie ihr Festkleid an, setzte ihren Kopfputz auf, nahm ihren Stab und ging hinaus. Vor Freude sprang sie und jubelte. Sie lief in den Viehkraal und sprang herum. Die Frauen wunderten sich und fragten: »Was ist heute mit Utombinde los? Warum ist sie so vergnügt? Seit ihr erstes Kind starb, war sie nicht mehr vergnügt, sondern stets voller Sorgen.« Da kam eine Frau aus Utombindes Familie und sagte: »Ich werde mal nachsehen, was geschehen ist. Warum höre ich die Häuptlingsfrau die Kosenamen ihres toten Kindes sagen?« Sie betrat die Hütte, erblickte dort das Mädchen, lief wieder hinaus und rief laute Dankesworte.

Da kamen alle Leute herbei, jeder wollte der erste sein. Vor der Hütte drängten sie sich zusammen und erblickten das Mädchen. Alle, die der Mutter freundlich gesinnt waren, freuten sich, die anderen aber waren betrübt. Und diese Frauen sagten: »Was bedeutet das? Wir hatten doch angenommen, dass wir das Kind schon getötet hätten. Es ist wieder zum Leben erwacht. Unsere Kinder und wir sind verloren. Die Herrschaft unserer Kinder geht zu Ende.«

Dann wurde ein Bote zum Vater des Mädchens geschickt. Als er bei ihm ankam, sprach er: »O Häuptling, dein Kind, das tot war, ist wieder zum Leben erwacht.« Der Häuptling sagte: »Oho! Bist du von Sinnen? Was für ein Kind?« Und der Bote antwortete: »Umdhlubu.« Da fragte der Vater: »Woher kommt sie?« Der Bote erwiderte: »Ich weiß es nicht, Häuptling.« Der Häuptling sprach: »Wenn es nicht Umdhlubu ist, werde ich dich töten. Ist sie es, dann lauf und ruf überall aus, dass die Männer alle großen Ochsen zusammentreiben und mit ihnen kommen sollen.« Da lief der Bote los und rief: »Die Tochter des Häuptlings ist gekommen. Beeilt euch und bringt die Ochsen.« Die Leute fragten: »Welche Tochter?« Und er antwortete: »Umdhlubu, die Tochter des Häuptlings, die tot war.« Da freuten sich die Männer. Sie holten ihre Schilde und trieben die Ochsen zusammen. Auch die Geschenke nahmen sie mit, mit denen sie die Häuptlingstochter erfreuen wollten, denn sie war vom Tode auferstanden. Sie hatten sie wiederbekommen, als es niemand mehr erwartet hatte. Dann kamen sie. Sie schlachteten eine Menge Vieh, auch schon unterwegs, damit die Alten und die Kranken essen konnten, die nicht mehr bis zu dem Kraal gehen konnten, wo die Häuptlingstochter war.

Umdhlubus Vater erschien und sprach: »Komm heraus, mein Kind, dass ich dich ansehen kann.« Aber sie antwortete nicht. Da schlachtete er zwanzig Ochsen. Sie trat an die Tür und blieb stehen. Da schlachtete er noch zehn Ochsen, nun kam sie heraus. Der Vater sagte: »Geh in den Viehkraal, wir wollen für dich, für unsere große Freude, tanzen. Denn ich habe immer gesagt, dass du in Wirklichkeit noch lebst, wenn es auch hieß, dass du tot wärest.« Sie aber stand still. Noch einmal schlachtete der Häuptling zehn Ochsen, da ging sie und betrat den Kraal. Nun tanzte man für sie. Auf der anderen Seite des Kraals aber freute sich niemand. Man tanzte auch nicht mit den Kindern und den Frauen dieser Seite, man verließ sogar den Tanz. Der Vater ging mit seiner Tochter in die Hütte, und sie setzten sich nieder. Dann ordnete er an: »Schlachtet einen fetten jungen Ochsen und kocht ihn für meine Tochter, damit wir essen und uns freuen können, denn sie war tot und ist von den Toten auferstanden.« So waren alle Leute vergnügt. Das Mädchen nahm wieder seinen Platz beim Häuptling ein. Auch der Vater handelte wieder wie ein Häuptling. Er nahm seine früheren Gewohnheiten wieder auf und lebte von nun an in diesem Kraal. Er war nämlich nicht mehr oft dort gewesen, weil er immer an sein Kind denken musste, das gestorben war. Die Mutter und die anderen Kinder freuten sich.

Eines Tages fragte der Vater: »Wie bist du hierher gekommen?« Das Mädchen antwortete: »Ein Frosch hat mich hergebracht.« Da fragte der Vater: »Wo ist er jetzt?« Und das Mädchen erwiderte: »Er ist dort drüben im Dickicht.« Der Vater sagte: »Wir wollen Ochsen mitnehmen und für ihn tanzen, damit er zu unserem Haus kommt.« Also gingen sie hin und tanzten für ihn. Dann geleiteten sie ihn in den Kraal. Sie brachten ihn in eine Hütte und gaben ihm Fleisch, und er aß. Der Häuptling fragte: »Was wünschst du dir als Belohnung?« Der Frosch antwortete: »Ich möchte ein paar schwarze Rinder ohne Hörner haben.« Da bestimmte der Häuptling eine Menge Vieh und auch Leute und sagte: »Nimm sie mit.«

Und so ging der Frosch mit ihnen in seine Heimat. Dort baute er einen riesigen Kraal und wurde ein mächtiger Häuptling. Oft schlachtete er Vieh, und die Leute kamen und baten um Fleisch. Sie fragten: »Wer ist euer Häuptling, der diesen Kraal gebaut hat?« Man sagte ihnen: »Uselesele.« Da fragten die Leute wieder: »Wie war es ihm möglich, einen so großen Kraal zu errichten?« Und die Antwort war: »Er hat ihn sich verdient, weil er dem Häuptling seine Tochter wiedergebracht hat. Da schenkte der ihm Vieh und Menschen.« Die Leute sagten: »Also seid ihr das Volk von Uselesele?« Man antwortete ihnen: »Ja. Sprecht nicht geringschätzig über ihn, sonst tötet er euch, denn er ist ein mächtiger Häuptling.« Uselesele nahm viele Menschen unter seinen Schutz, die gegen ihre Häuptlinge aufbegehrt hatten, als sie gesehen hatten, dass es bei Uselesele Essen in Hülle und Fülle gab. So regierte Uselesele und wurde sehr mächtig.

Der Häuptling des Hochlandes hörte davon, dass der Häuptling des Flachlandes eine wunderschöne Tochter mit Namen Umdhlubu habe. Er sagte seinen Leuten: »Geht hin und seht euch an, was für ein Mädchen das ist.« Sie brachen auf und kamen zum Häuptling des Flachlandes: »Häuptling«, sprachen sie, »unser Herrscher hat uns gesandt, damit wir unter deinen Töchtern ein schönes Mädchen aussuchen.«

Der Häuptling rief die Mädchen zusammen, und alle kamen. Schließlich erblickten die Abgesandten ein einzelnes Mädchen, das all die anderen an Schönheit übertraf. Aber sie erinnerten sich daran, dass es sich gehört, sehr sorgfältig Umschau zu halten, wenn der Häuptling Leute ausschickt, die ein schönes Mädchen auswählen sollen. Denn diese Leute sind die Augen des Häuptlings, und er vertraut ihnen. Also prüften sie sehr genau, damit sie keinen Tadel ernteten, wenn sie das Mädchen heimbrachten. Finden die Männer zu Hause, dass die Auserwählte hässlich ist und für einen Häuptling nicht gut genug, betrachten sie das als ein großes Vergehen und fragen: »Warum beleidigt ihr den Häuptling, indem ihr so ein hässliches Ding für ihn aussucht?« Und damit haben diese Männer ihre Ehre verloren. Sie werden aus ihrem angesehenen Amt entfernt, weil sie nicht vertrauenswürdig sind. Deshalb wurde diesmal Umdhlubu um ihrer Schönheit willen gewählt, und die Abgesandten sprachen: »Sie ist die einzige, die es wert ist, vor allen anderen Häuptlingsfrau zu sein.«

Jene aber, die nicht gewählt worden waren, schämten sich deshalb, und ihre Mütter schämten sich und ihre Brüder. Im Kraal von Umdhlubu aber herrschte große Freude. Umdhlubu freute sich, weil sie mit ihrer Schönheit unter vielen anderen hervorstach und weil alle sagten: »Sie ist wirklich eine wunderschöne Frau!« Ihre Mutter war von Herzen froh und sagte sich: »Ich habe ein prächtiges Kind zur Welt gebracht.« Und ihre anderen Kinder wurden dadurch ausgezeichnet, so wie ihre Mutter vor langer Zeit dadurch ausgezeichnet worden war, dass der Häuptling sie liebte. Das alles vergrößerte den Hass gegen Umdhlubu und ihre Familie, denn der Häuptling eines anderen Volkes liebte Umdhlubu ebenso sehr, wie ihre Mutter von Umdhlubus Vater geliebt wurde. In den Herzen der anderen Frauen saß ein tiefer Groll gegen Umdhlubus Schönheit, die der Häuptling eines anderen Volkes all ihren Kindern vorzog. Sie waren für immer beschämt. Die Boten hatten sich also umgesehen und Umdhlubu gewählt. Dann gingen sie, um ihrem Häuptling zu berichten. Zu Hause angekommen, sagten sie: »Häuptling, wir haben die schöne Frau gesehen. Sie heißt Umdhlubu.« Der Häuptling sprach: »Es ist gut. Wir müssen hingehen und tausend Stück Vieh mitnehmen.« So also brachen sie auf.

Der Häuptling des Flachlandes, der mit seinen Männern im Viehkraal im Schatten saß, sagte: »Was ist denn das dort hinten? Da steigt eine riesige Staubwolke zum Himmel auf.« Alle erschraken, und der Häuptling befahl seinen Kriegern: »Macht euch bereit zu kämpfen. Wir wissen nicht, was da kommt.« Endlich aber konnten sie den Häuptling des Hochlandes mit seinen Begleitern und dem Vieh erkennen, und die Männer gingen ihnen entgegen.

Der Häuptling sagte: »Ich bin Unkosi-yasenthla. Ich komme Umdhlubu besuchen.« Da ging man mit ihnen ins Dorf, und dort baten die Besucher, man möge ihnen Umdhlubu zeigen. Als ihr Vater das hörte, war er sehr vergnügt. Nun schlachtete man viel Vieh, und dann sprach der Häuptling des Hochlandes mit dem Vater von Umdhlubu. Er sagte: »Ich komme zu dir, Unkosi-yasenzansi, weil ich deine Tochter heiraten möchte. Wenn du einverstanden bist, ist alles gut. Ich habe tausend Stück Vieh mitgebracht.« Da sagte Umdhlubus Vater:

»Es ist recht.« Nun rief er alle Mädchen zusammen und alle Männer, die Kopfringe trugen, und die Jugendlichen. Dann bestimmte er Männer, die für Umdhlubu arbeiten sollten, holte für die Hochzeit Bronze und Perlen und fünfhundert Ochsen und sagte: »Jetzt ist alles nach der Ordnung. Nun geht. Hier ist ein Helfer, der die Hochzeitsfeiern leiten wird.«

Nun zogen der Häuptling des Hochlandes und sein Gefolge heim. Als sie dort ankamen, erhob sich ein großes Geschrei. Aus allen Himmelsrichtungen liefen die Leute herbei und riefen: »Die Frau von Unkosi-yasenthla ist angekommen!« Es herrschte große Freude. Dann zog man sich zur Ruhe zurück. Am anderen Morgen, als die Sonne aufgegangen war und es warm wurde, gingen die Mädchen und die jungen Männer und die Jugendlichen in den Busch und setzten sich nieder. Als es Zeit zum Tanzen war, tanzten sie. Dann holte man die junge Frau aus dem Busch, und sie ging zum Kraal, um zu tanzen. Als der Tanz vorüber war, nahm sie Bronzestücke, legte sie vor ihrem Schwiegervater auf den Boden und bat: »Herr, sorgt immer für mich, denn jetzt bin ich in Eurer Hand. Beschützt mich.« Nun ließen sich die Begleiter der Braut nieder, und die Leute tanzten für sie. Am Morgen tötete die junge Frau zehn Ochsen. Alle aßen und waren vergnügt.

Dann sagte der Helfer: »Herr, wir möchten jetzt heimkehren, es ist alles getan.« Da nahm der Häuptling fünfhundert Stück Vieh und gab sie ihnen als Geschenk für seine Schwiegermutter mit. So zogen sie heim.

Die jungen Frauen aber blieben da. Umdhlubus Vater hatte angeordnet, dass sie nicht zurückkommen, sondern bei Umdhlubu bleiben und für sie arbeiten sollten. Und auch viele andere Männer und Frauen blieben bei ihr, um für sie einen Kraal zu bauen. Der Häuptling sprach: »Nun errichtet für meine Frau einen Kraal, in dem sie mit ihren Leuten wohnen kann.« So wurde der Kraal gebaut. Als der Häuptling Umdhlubu besuchte, wurde eine Menge Vieh geschlachtet, damit die Krieger zu essen hatten und den Kraal fertig stellen konnten. Nun zog auch der Häuptling in den neuen Kraal und nahm so Umdhlubu zur Frau.

Die Leute von Umdhlubus Vater kamen nach Hause und sagten: »O Häuptling, wir haben alles gut erledigt. Hier ist Vieh für Umdhlubus Mutter, ihr Sohn schickt es ihr. Er trug uns auf, seinen Vater und seine Mutter zu grüßen.« Und so lebten sie in Frieden.