[swahili, "Geschichte, Legende"]

Tom Hickathrift

Vor der Zeit von Wilhelm dem Eroberer lebte ein Mann im Marschland der Insel Ely, der hieß Thomas Hickathrift. Er war ein armer Tagelöhner, aber so stark, dass er die Arbeit von zwei Tagen an einem tun konnte. Seinen einzigen Sohn nannte er nach sich Thomas Hickathrift, und er ließ ihn tüchtig lernen, aber der Bursche war nicht einer der Klügsten, er war in der Tat wohl etwas einfältig, und so kam beim Lernen gar nichts Rechtes heraus. Toms Vater starb, und seine Mutter umsorgte ihn sehr und machte ihm alles so angenehm, wie sie nur konnte. Der träge Bursche tat für gewöhnlich nichts, er saß nur in der Herdecke und aß auf ein Mal so viel, wie es vier oder fünf Männer satt gemacht hätte. Und er wuchs so sehr, dass er, als er nicht mehr als zehn Jahre zählte, schon acht Fuß groß war und Hände hatte wie Hammelschultern.

Eines Tages ging seine Mutter zum Hause eines reichen Bauern und bat um ein Bündel Stroh für sich und Tom. »Nehmt Euch, was Ihr wollt«, sagte der Bauer, ein ehrlicher, hilfsbereiter Mann. Als sie nach Hause kam, sagte sie also zu Tom, er solle das Stroh holen. Aber er wollte nicht, und sie mochte noch so sehr darum bitten, er wollte nicht, ehe sie ihm nicht ein Wagenseil lieh. Da ging er los, und als er zu dem Bauern kam, waren der Herr und die Knechte in der Scheune beim Dreschen. »Ich komme um das Stroh«, sagte Tom. »Nimm dir, soviel du tragen kannst«, sagte der Bauer. Da legte Tom das Seil nieder und fing an, sein Bündel zusammenzurichten. »Dein Seil ist zu kurz«, sagte der Bauer und wollte einen Spaß machen. Aber den Spaß machte Tom, denn als er mit seiner Ladung fertig war, da waren es einige zwanzig Zentner Stroh. Und obgleich sie sagten, er sei ein Narr, wenn er meine, er könne auch nur den zehnten Teil davon tragen, so warf er sich den Ballen über die Schulter, als wäre es nur ein Zentner, und Herr und Knechte bewunderten ihn deshalb sehr.

Als so Toms Stärke bekannt geworden war, war es nun für ihn vorbei mit dem Herumsitzen und Sich-am-Feuer-Wärmen. Jedermann pflegte ihn zur Arbeit anzustellen, und man sagte ihm, es sei eine Schande, so ein faules Leben zu führen. Als Tom sah, wie sie sich so um ihn bemühten, ging er zuerst zu dem einen, um bei ihm zu arbeiten, und dann zu dem andern. Und eines Tages bat ihn ein Holzfäller um seine Hilfe beim Heimschaffen eines Baumes. Tom ging los und mit ihm noch vier Männer, und als sie zu dem Baum kamen, begannen sie ihn mit Rollenzügen auf den Wagen zu ziehen. Als Tom sah, dass sie ihn nicht heben konnten, sagte er schließlich: »Geht zur Seite, ihr Narren«, und er packte den Baum, stützte ihn an dem einen Ende und legte ihn auf den Wagen. »Nun«, sagte er, »seht ihr, was ein Mann machen kann.«

»Meiner Seel', das ist wahr«, sagten sie, und der Holzfäller fragte, welchen Lohn er verlange. »Oh, ein Holzscheit für meiner Mutter Herd«, sagte Tom. Und als er einen Baum erblickte, der größer war als der im Wagen, legte er ihn sich auf die Schulter und ging damit nach Hause, so schnell wie der Wagen mit den sechs Pferden davor.

Tom merkte nun, dass er stärker war als zwanzig Männer zusammen, und er wurde sehr lustig. Er hatte Freude an Gesellschaft, ging gern zu Jahrmärkten und Zusammenkünften, er sah sich gern Spiele an und allerlei Zeitvertreib. Und beim Knüppelkämpfen, Ringen oder Hammerwerfen konnte niemand gegen ihn bestehen, so dass schließlich keiner wagte, zum Ringen gegen ihn in den Ring zu gehen, und sein Ruhm breitete sich immer weiter im Lande aus. Er ging immer zu allen Treffen, ob sie nah oder fern waren, zu Fußballspiel und ähnlichem.

Und eines Tages war er in einer Gegend, in der war er fremd und keiner kannte ihn, und er blieb stehen und schaute einer Gruppe beim Fußballspiel zu. Es war ein gutes Spiel, aber Tom verdarb es ganz und gar, denn er kam an den Ball und gab ihm einen solchen Tritt, dass er weit wegflog und keiner sagen konnte, wohin. Ihr könnt euch denken, dass sie wütend waren über Tom, aber es half ihnen nichts, denn Tom bekam einen großen Baumstamm zu fassen und schlug so mächtig um sich, dass er sich den Weg überall freimachte, obwohl die ganze Gegend sich ihm bewaffnet entgegenstellte.

Es war später Abend, bevor er heimkehren konnte. Auf dem Weg begegneten ihm vier kräftige Schurken, die schon den ganzen Tag Vorübergehende ausgeraubt hatten. Sie dachten, sie hätten in Tom eine leichte Beute, weil er ganz allein war, und waren schon todsicher, sein Geld zu bekommen. »Bleib stehen und gib's heraus!« sagten sie. »Was soll ich herausgeben?« sagte Tom. »Dein Geld, Mann«, sagten sie. »Zuerst müsst ihr mich freundlicher darum ansprechen«, sagte Tom. »Vorwärts, Schluss mit dem Geschwätz; Geld wollen wir und Geld werden wir bekommen, bevor du dich von der Stelle rührst.«

»Steht es so?« sagte Tom, »nun, dann kommt und holt es.«

Das Ende vom Lied war, dass Tom zwei von den Schurken tötete und die andern beiden schwer verwundete. Und er nahm ihnen alles Geld ab, das waren im ganzen zweihundert Pfund. Und als er nach Hause kam, brachte er seine alte Mutter zum Lachen mit der Geschichte, wie er die Fußballspieler bedient hatte und die vier Räuber.

Aber ihr werdet sehen, dass Tom auch einmal seinen Meister fand. Als er eines Tages durch den Wald dahinging, traf er einen stämmigen Kesselflicker. Der trug einen tüchtigen Stock über der Schulter und hatte einen großen Hund, der ihm seinen Sack und das Werkzeug schleppte. »Woher kommst du und wohin gehst du?« sagte Tom, »dies ist keine Landstraße.«

»Was geht das dich an?« sagte der Kesselflicker; »Narren haben es nötig, sich einzumischen.«

»Bevor wir auseinander gehen, werde ich dich lehren, was es mich angeht«, sagte Tom. »Gut«, sagte der Kesselflicker, »ich bin gegen jeden Mann zu einem Kampf bereit. Wie ich höre, gibt es hier in der Gegend einen gewissen Tom Hickathrift, von dem werden große Dinge erzählt. Ich würde ihn gern sehen und zu einer Runde gegen ihn antreten.«

»Nun ja«, sagte Tom, »mir scheint, er könnte dir den Herrn zeigen. Gleichviel, ich bin der Mann; was hast du mir zu sagen?«

»Nun, wahrhaftig, ich bin froh, dass wir uns glücklicherweise so getroffen haben.«

»Du scherzt sicherlich«, sagte Tom. »Meiner Treu, mir ist's ernst«, sagte der Kesselflicker. »Machen wir einen Wettkampf?«

»Einverstanden.«

»lass mich zuerst eine Gerte holen«, sagte Tom. »Freilich«, sagte der Kesselflicker, »hängen soll der, der gegen einen waffenlosen Mann kämpft.«

Da nahm Tom einen Torbalken als Schlagstock, und sie fielen übereinander her, der Kesselflicker über Tom und Tom über den Kesselflicker. Wie zwei Riesen schlugen sie aufeinander ein. Der Kesselflicker hatte ein ledernes Wams an, das dröhnte bei jedem Schlag, den Tom ihm versetzte, aber der Kesselflicker wich keinen Zoll zurück. Schließlich versetzte Tom ihm einen Hieb auf den Kopf, der ihn niederstreckte. »Nun, Kesselflicker, wo bist du?« sagte Tom. Aber der Kesselflicker war ein flinker Bursche, er sprang wieder auf die Beine, versetzte Tom einen Schlag, der ihn taumeln machte, und ließ diesem Schlag einen von der anderen Seite folgen, der machte, dass Toms Genick knackte. Da warf Tom seine Waffe zu Boden, ließ dem Kesselflicker den Sieg und nahm ihn mit sich nach Hause. Dort versorgten sie ihre Wunden, und von diesem Tag an gab es kein treueres Freundespaar als diese beiden.

Toms Ruhm wurde so weithin verbreitet. Da kam schließlich ein Brauer von Lynn zu Tom, um ihn in Dienst zu nehmen, denn er brauchte einen tüchtigen starken Mann, der sein Bier nach Wisbeach schaffen könnte. Er versprach Tom, ihn von Kopf bis Fuß neu zu kleiden, und essen und trinken solle er vom Besten. So willigte Tom ein, in den Dienst zu treten, und sein Herr sagte ihm, welchen Weg er nehmen müsse. Denn ihr müsst wissen, es war da ein ungeheurer Riese, und der hatte einen Teil des Marschlandes in seiner Gewalt, so dass keiner diesen Weg zu gehen wagte.

Tom ging also jeden Tag nach Wisbeach, gute zwanzig Meilen waren es auf der Straße. Tom meinte, das sei eine langwierige Reise, und er fand bald heraus, dass der Weg, den der Riese überwachte, um die Hälfte kürzer war. Nun war Tom stärker denn je geworden, durch das gute Essen, das er erhielt, und das viele starke Bier, das er trank. Ohne seinem Herrn oder einem der Mitknechte etwas zu sagen, beschloss er also eines Tages, als er wieder nach Wisbeach ging, entweder den kürzesten Weg einzuschlagen oder das Leben zu verlieren: das Pferd zu gewinnen oder den Sattel zu verlieren, wie man so sagt. Gesagt, getan, er schlug den kurzen Weg ein und stieß die Torflügel auf, damit die Pferde und sein Wagen hindurch konnten. Schließlich erspähte ihn der Riese und kam eilig heran, und er hatte vor, ihm sein Bier als Beute abzunehmen.

Er kam Tom entgegen, wild wie ein Löwe, so als ob er ihn verschlingen wollte. »Wer gab dir das Recht, auf diesem Weg zu gehen?« brüllte er. »An dir will ich ein Exempel statuieren für alle Schufte unter der Sonne. Sieh, wie viele Köpfe dort an jenem Baum hängen. Der deinige soll zur Warnung höher hängen als alle anderen.« Aber Tom gab ihm Antwort. »Ich werde nicht wie sie nur eine erbärmliche Feige zwischen deinen Zähnen sein, verräterischer Schurke du!«

Voller Verachtung hörte der Riese diese Worte an, und er rannte zu seiner Höhle, um seinen großen Knüppel zu holen, er hatte vor, Toms Kopf mit dem ersten Schlag zu zerschmettern. Tom wusste nicht, was er als Waffe nehmen sollte. Seine Peitsche würde nur wenig nützen gegen ein riesiges Ungetüm von zwölf Fuß Länge und sechs Fuß Hüftmaß. Aber während der Riese seinen Knüppel holte, sann er über eine wirklich gute Waffe nach, überlegte dann nicht mehr länger, sondern packte seinen Wagen, drehte ihn um und nahm Wagenachse und Rad als Schild und Schutz. Und es zeigte sich, dass das sehr gute Waffen waren!

Der Riese kam hervor und starrte Tom an. »Mit diesen Waffen wirst du ja wohl viel ausrichten«, brüllte er. »Hier habe ich ein Ästlein, das wird dich und dein Rad zu Boden schlagen.« Nun war dieses Ästlein so dick wie manche Meilensäulen, aber deshalb verlor Tom den Mut nicht, wenn auch der Riese mit solcher Gewalt auf ihn losging, dass das Rad davon krachte. Aber Tom gab zurück, wie er es bekam, und versetzte dem Riesen solch einen mächtigen Schlag gegen das Haupt, dass er davon taumelte. »Wie denn«, sagte Tom, »bist du schon betrunken von meinem starken Bier?« So ging es weiter. Schweiß und Blut liefen über des Riesen Gesicht, und Tom schlug so gewaltig auf ihn ein, dass er, dick wie er war und benebelt und erschöpft vom langen Kampf, Tom bat, er solle ihn ein wenig trinken lassen. »O nein, nein«, sagte Tom, »solche Weisheit hat mich meine Mutter nicht gelehrt. Wer wäre dann wohl der Dumme?« Und weil er sah, dass der Riese ermüdete und seine Schläge danebengingen, dachte Tom, es sei das beste, zu heuen, solange die Sonne scheint, und er schlug drauf zu wie von Sinnen und schlug den Riesen zu Boden.

Vergeblich brüllte der Riese und bat und versprach, sich Tom auszuliefern und sein Knecht zu werden. Tom hieb auf ihn ein, bis er tot war. Dann schnitt er ihm den Kopf ab und ging in die Höhle. Dort fand er eine große Menge von Silber und Gold, so dass ihm das Herz hüpfte vor Freude. Er belud also seinen Wagen, und nachdem er sein Bier in Wisbeach abgeliefert hatte, kam er nach Hause und erzählte seinem Herrn, was ihm zugestoßen war. Und am Morgen machten er und sein Herr und mehrere von den Stadtleuten sich auf nach der Höhle des Riesen. Tom wies ihnen das Haupt und zeigte, was für Silber und Gold da in der Höhle waren. Und nicht nur einer machte da Freudensprünge, denn der Riese war für das ganze Land ein großer Feind gewesen.

Landauf, landab verbreitete sich die Nachricht, dass Tom den Riesen getötet hatte. Und wohl dem, der zur Höhle laufen und sie ansehen konnte. Alle Welt entzündete Freudenfeuer, und wenn Tom vorher hoch geachtet war, dann war er das jetzt noch viel mehr. Unter allgemeiner Zustimmung nahm er die Höhle in Besitz, und alle sagten, er verdiene das, auch wenn es doppelt soviel gewesen wäre. Tom riss die Höhle ein und baute sich ein ordentliches Haus. Von dem Grund, den sich der Riese durch Gewalt angeeignet hatte, gab Tom einen Teil an die Armen ab als gemeinsamen Landbesitz, und einen Teil verwandelte er in gutes Weizenland, als Lebensunterhalt für sich und seine alte Mutter, die Jane Hickathrift. Und nun war er der wichtigste Mann in der Gegend geworden, er war nicht mehr länger der einfache Tom, sondern Herr Hickathrift, und ich kann euch versichern, man brachte ihm gebührende Achtung dar. Er hielt sich Knechte und Mägde und lebte sehr ordentlich. Einen Park richtete er sich ein, um darin Wild zu halten, und bis ans Ende seiner Tage verging ihm in seinem großen Haus die Zeit glücklich und in Freuden.