[swahili, "Geschichte, Legende"]

Paddy

Der Mensch, von dem ich euch erzählen möchte, hat irgendwo draußen in einer Hütte gelebt, zwischen grünen Hügeln, Moor und Heide. Er hieß Paddy, und seine Frau hieß Maddy. Sie hatten einige Schafe, die hütete Paddy. Und wenn die Wolle lang genug war, wurden sie geschoren, die Wolle wurde gewaschen, gekämmt und gesponnen, und dann strickte Maddy Strümpfe daraus. Wenn sie genügend Strümpfe beisammen hatte, wurden sie gewaschen und gepresst, und dann brachte Paddy sie in einem großen Korb zum Markt und verkaufte sie. So verlief ihr Leben tagaus, tagein, jahraus, jahrein. Und Paddy sprach nicht viel. Er sagte höchstens »Guten Morgen!« oder »Guten Abend!« oder »Hallo!« - mehr nicht, und mehr war auch nicht nötig. Aber eines Tages, da kam Paddy völlig außer sich vom Markt zurück, und er konnte gar nicht anders, er musste erzählen, was ihm geschehen war.

Er war am Vortag wie üblich mit seinem Korb voller Strümpfe zum Markt gegangen. Er kannte den Weg, er war ihn schon hunderte Mal gegangen, und so achtete er nicht groß darauf, sondern hing seinen Gedanken nach. Nach einer Zeit aber bemerkte er einen Baum, den er nicht kannte. »Seltsam«, dachte Paddy. »Ich kenne doch hier jeden Stein, beinahe jeden Grashalm, aber diesen Baum habe ich wirklich noch nie gesehen. Aber ich kann mich doch unmöglich verlaufen haben.« Und er ging weiter.

Die Sonne erreichte ihren höchsten Punkt. Sonst hatte Paddy um diese Zeit den Markt schon lange erreicht, aber an diesem Tag konnte er noch keine Spur davon entdecken. Es war überhaupt keine menschliche Behausung oder auch nur eine Menschenseele zu sehen, nur grüne Hügel, Moor und Heide. Und all diese Hügel kamen ihm fremd vor... Paddy erkannte, dass er sich verirrt hatte. Er wusste nicht, in welche Richtung er sich wenden sollte, und ging aufs Geratewohl weiter.

Langsam sank die Sonne, die Schatten wurden länger, und Paddy dachte: »Ich werde heute wohl nicht mehr heim finden. Oh, es wird eine kalte und feuchte Nacht werden hier draußen...« Es dämmerte, dünner Nebel stieg auf, und die feuchte Kälte kroch ihm unter den Mantel. Da erblickte er in der Ferne ein kleines Licht. Er lief darauf zu und kam zu einer kleinen Hütte. Er klopfte an die Tür, und von drinnen rief jemand: »Hallo Paddy! Komm herein!«

Paddy wunderte sich, dass man hier seinen Namen kannte. Er trat ein. Drinnen brannte ein gutes Feuer im Kamin, und ein alter Mann mit weißen Haaren und einem buschigen, weißen Schnurrbart begrüßte ihn: »Guten Abend Paddy! Setz dich doch zu mir ans Feuer!« Paddy wunderte sich wieder, dass der Alte seinen Namen kannte, denn er hatte ihn noch nie zuvor gesehen. Aber er freute sich über das wärmende Feuer und folgte der Einladung gern. Er streckte seine Beine aus und dachte: »Die Kälte bin ich los. Wenn ich jetzt noch etwas zu essen bekäme, ginge es mir noch besser.« Und kaum hatte Paddy das gedacht, da sprach der alte Mann: »He, Paddy, wie wär's mit etwas zu essen?« »O ja!« rief Paddy, und der alte Mann brachte Brot und Käse, Schinken und Bier, und sie setzten sich an den Tisch und aßen und tranken.

Als Paddy sich satt gegessen hatte, klopfte er sich auf den Bauch und dachte: 'Jetzt fehlt mir nur noch ein Pfeifchen Tabak zu meinem Glück.' Und kaum hatte er das gedacht, da sprach doch der Alte. »He, Paddy, wie wär's mit einem Pfeifchen Tabak nach diesem guten Essen?« »O ja!« rief Paddy mit leuchtenden Augen, und der Alte brachte zwei Pfeifen und Tabak. Sie stopften die Pfeifen und rauchten sie langsam und mit Genuss, wohl eine Stunde lang.

Dann sprach der Alte: »Paddy, ich teile die Nacht immer in drei Teile. Im ersten Teil wird gegessen und geraucht, im zweiten Teil wird gesungen und erzählt, und im dritten Teil wird geschlafen. Gegessen und geraucht haben wir, -jetzt kommt also der zweite Teil. Paddy, sing mir ein Lied!«

Nun konnte aber Paddy nicht singen. Seit seiner Kindheit hatte er kein Lied gesungen, und so stammelte er: »Das ... das kann ich nicht.«

Da runzelte der alte Mann die Stirn und sagte: »Das ist schlecht, Paddy. Wenn du nicht singen kannst, dann kannst du hier auch nicht schlafen. Es sei denn, du kannst mir etwas erzählen. Los Paddy, erzähl mir eine Geschichte!«

Aber ihr wisst ja, dass Paddy nie viel sprach und nichts erzählte, und so stammelte er wieder: »Das ... das kann ich nicht.«

Da verfinsterte sich das Gesicht des alten Mannes, und er sagte: »Das ist schlecht, Paddy, sehr schlecht! Du kannst nicht singen und du kannst nichts erzählen, dann kannst du hier auch nicht schlafen! Paddy, hinaus!« Und er beförderte Paddy in die kalte, dunkle Nacht hinaus.

Paddy ging durch die Finsternis und dachte: »Zumindest konnte ich mich eine Weile wärmen und habe gut gegessen.« Da erblickte er in der Ferne wieder ein kleines Licht. Er lief darauf zu und erreichte ein kleines offenes Feuer. Ein kleiner Kerl mit einem riesigen schwarzen Schnurrbart saß am Feuer und drehte langsam einen Spieß mit einem Ferkel daran. Als Paddy herankam, rief der Kleine: »He, Paddy, komm und setz dich zu mir ans Feuer!« Paddy wunderte sich, denn auch diesen kleinen Kerl hatte er noch niemals gesehen. Aber er folgte gerne der Einladung, wärmte sich am Feuer, betrachtete wohlgefällig das Ferkel, dessen Kruste schon knusprig braun schimmerte, und dachte zufrieden: »Ich habe diese Nacht zwar kein Bett, aber dafür bekomme ich zwei Mal zu essen!«

Nach einer Weile sagte der kleine Kerl: »Paddy, ich muss mal verschwinden. Dreh du solange den Spieß für mich. Aber pass auf, dass du den Braten nicht anbrennen lässt!« »Ja, natürlich!« antwortete Paddy. Er drehte den Spieß, sog den Duft des Bratens ein und freute sich schon auf das leckere Essen. Da aber schrie plötzlich das Ferkel am Spieß: »Du Dummkopf! Du Tölpel! Du hast mir den Schnurrbart versengt! Kannst du nicht aufpassen?!«

Paddy erschrak wie noch nie zuvor in seinem Leben. Er sprang auf und lief Hals über Kopf davon. Aber der Spieß verfolgte ihn, piekte ihn immer wieder in den Hintern und schrie: »Du Dummkopf! Du Tölpel! Du hast mir den Schnurrbart versengt!« Paddy rannte und rannte, so schnell er konnte, aber der Spieß holte ihn immer wieder ein und piekte ihn. Er keuchte, rang nach Atem - da sah er in der Ferne ein kleines Licht. Mit seiner letzten Kraft lief er hin - es war die Hütte des Alten. »Ich muss jetzt hinein!« dachte Paddy verzweifelt, und er stürzte zur Tür hinein und japste: »Entschuldigung, aber es ist schrecklich, fürchterlich!« Der alte Mann schloss die Tür und fragte: »Aber Paddy, was ist denn mit dir geschehen? Du siehst ja entsetzlich aus!« Da erzählte ihm Paddy, was er mit dem kleinen Kerl am Feuer und dem Ferkel am Spieß erlebt hatte. »Aber Paddy, das ist ja eine ganz unglaubliche Geschichte!« sagte darauf der Alte. »So etwas habe ich noch nie gehört! Und du hast mir ja jetzt etwas erzählt, Paddy! Dann kannst du auch hier schlafen. Komm mit!« Und er führte Paddy in eine Kammer mit einem schönen, weichen Bett. Paddy seufzte tief auf, fiel ins Bett und war im Nu eingeschlafen.

Als er am nächsten Morgen erwachte, schmerzten ihn alle Knochen. Er öffnete die Augen. Da war kein Bett, keine Kammer, keine Hütte - er lag im Straßengraben, und sein Korb mit den Socken stand neben ihm. Und als er sich umsah, stellte er fest, dass er keine zwei Meilen von seinem Haus entfernt war! Er lief nach Hause, so schnell er konnte, und dort musste er seiner Frau sofort erzählen, was ihm geschehen war - die Geschichte, die ich euch gerade erzählt habe.