[swahili, "Geschichte, Legende"]

Liebesbeweise

Phorambyana hatte geheiratet. Eines Tages fragte ihn seine Frau: »Liebst du mich, Phorambyana?« Er versicherte ihr, dass er sie sehr liebe. Daraufhin sprach die Frau: »Wenn du mich liebst, so geh und bring mir das Herz von einem Nghute.« Phorambyana bat seine Frau, sie möge ihm etwas zu essen und auch geröstete Bohnen für unterwegs mitgeben. Er packte alles in seinen Sack und machte sich auf den Weg. Nach einiger Zeit gelangte er zum Dorf der Nghute, die sich von Steinen ernähren. Es war Nachmittag, und nur der Häuptling war da. Er fragte Phorambyana: »Nanu, mein Freund, was bist du für ein Nghute? Was die Augen betrifft, würde man dich für einen Menschen halten, der Mund ist wie der eines Menschen, auch die Nase. Ebenso gleichen Haare, Hände, Brust, Schultern, Beine und dein Rücken denen der Menschen.« Phorambyana erwiderte: »Doch, ich bin ein Nghute, mein Freund!« Der Häuptling las nun Steine auf und gab sie ihm. Phorambyana warf sie schnell in seinen Sack, nahm dafür die Bohnen heraus und kaute sie. Da sprach der Häuptling: »In der Tat, du bist ein Nghute, Freund.« Bald darauf kam ein anderer Nghute von der Jagd auf Steine zurück. Auch er wunderte sich und fragte Phorambyana, ob er ein Nghute oder ein Mensch sei. Er gab ihm Steine zu essen, und Phorambyana kaute wiederum an Stelle der Steine seine Bohnen. Alle anderen Bewohner des Dorfes, die nach und nach heimkehrten, prüften Phorambyana auf die gleiche Weise, und schließlich stimmten sie überein: »Du bist wirklich ein Nghute, Freund!« Darauf legten sie sich nieder, um zu schlafen. Am nächsten Morgen brachen die Nghute früh auf und gingen auf die Jagd nach Steinen. Nur der Häuptling blieb zurück. Da zog Phorambyana sein Messer und tötete ihn, schnitt das Herz heraus und machte sich auf den Heimweg.

Die anderen Nghute spürten, dass ihr Häuptling getötet worden war und eilten sogleich zurück. Sie fanden ihren Häuptling tot und riefen: »Er, der aussah wie ein Mensch und behauptete, ein Nghute zu sein, hat uns betrogen!« Sie nahmen seine Verfolgung auf und holten ihn ein, als er auf einen hohen Baum geklettert war. Die Nghute riefen: »He, Baum, neige dich herab!«, aber Phorambyana befahl: »He, Baum, wachse nach oben!«, und der Baum wurde immer größer. Die Nghute lagerten sich um den Baum und schliefen nach einer Weile ein. Um Mittemacht rief Phorambyana: »He, Baum, beuge dich mit deiner Spitze zur Erde!« Der Baum neigte sich hinab, und Phorambyana konnte unbemerkt heruntersteigen und davonlaufen. Morgens, als die Nghute aufwachten, staunten sie sehr, nahmen aber sogleich die Verfolgung Phorambyanas auf. In der Nähe einer Hütte hatten sie ihn beinahe eingeholt, doch Phorambyana war schneller und entkam ihnen. Zu Hause sagte er zu seiner Frau: »Hier hast du das Herz eines Nghute«, und er erzählte ihr die ganze Geschichte. Die Frau war nun überzeugt, dass er sie sehr liebe. Doch Phorambyana fragte gleich darauf: »Und du, meine Frau, liebst du mich ebenfalls?« Sie antwortete: »Ja, ich liebe dich.«

»Wenn du mich liebst, so hole mir Wasser von da, wo keine Frösche sind!«

Da nahm die Frau einen Krug und packte auch etwas zu essen ein, denn sie wusste, dass sie solches Wasser nicht in der Nähe finden würde. Sie kam zu einem Fluss und sang: »Gibt es hier Wasser, in dem keine Frösche sind?« Sogleich kam die Antwort: »Wir sind hier.« Sie lief weiter und gelangte zu einem anderen Fluss: »Sind hier Frösche?«

»Wir sind hier!« Die Frau wanderte weiter, bis die Sonne unterging und sie sich schlafen legen musste. Am nächsten Morgen fand sie bald wieder einen Fluss: »Gibt es hier Wasser, in dem keine Frösche sind?«

»Wir sind hier!« So ging es weiter, bis sie an einem Teich sang: »Gibt es hier Frösche?« Totenstille! Wieder sang sie: »Gibt es hier Frösche?« Totenstille! Die Frau schöpfte Wasser, dann sang sie noch einmal: »Ist das Wasser, in dem keine Frösche sind?«

»Wir sind hier!« Enttäuscht schüttete sie das Wasser aus und ging weiter.

Nach langer vergeblicher Suche erreichte sie schließlich einen sehr großen Teich, den viele Schatten spendende Bäume umstanden. Und wieder sang sie: »Gibt es hier Wasser, in dem keine Frösche sind?« Totenstille! Sie sang noch einmal - Totenstille! Sie schöpfte Wasser, stellte den Krug ab und sang wiederum, alles blieb still. Nun wusch sie sich das Gesicht, trank von dem Wasser und sang wieder. Kein Geräusch war zu hören. Da sagte sie: »Das ist wirklich das Wasser, das ich suche.« Sie hob den Wasserkrug auf den Kopf und sang noch einmal, doch sie hörte keinen Laut.

Im Schatten eines großen Baumes setzte sie den Krug ab und meinte: »Ich will noch etwas ausruhen und dann weitergehen.«

Als sie den Krug nach einer Weile wieder hochnehmen wollte, vermochte sie es nicht, denn er hatte inzwischen Wurzeln geschlagen. Da hoppelte ein Hase herbei und fragte: »Wer ist das, der im Schatten des Häuptlings sitzt?«

»Ich bin es, die Frau von Phorambyana!« Der Hase rief: »Heute wirst du etwas Großes sehen!« Dann sprang ein Bock heran. Er stellte die gleiche Frage und verkündete ebenfalls: »Heute wirst du etwas Großes sehen!« Nach und nach stellten sich viele Tiere ein, und immer fragten sie: »Wer ist das, der im Schatten des Häuptlings sitzt?« Und wenn Phorambyanas Frau geantwortet hatte, riefen sie: »Heute wirst du etwas Großes sehen!« Ganz zum Schluss erschien ein Ungeheuer von einem Elefanten. Nachdem er Phorambyanas Frau die übliche Frage gestellt und sie mit vor Angst ganz leiser Stimme geantwortet hatte, stampfte er an ihr vorbei zum Teich und trank Wasser. Als sein Durst gestillt war, nahm er mit seinem Rüssel Wasser auf und bespritzte seinen Körper. Er brachte das Wasser des Teiches so in Bewegung, dass es trübe wurde. Dann kam er heraus, lief zu seinem Schattenplatz, dort, wo Phorambyanas Frau saß, und ruhte sich aus. Nachdem die Sonne untergegangen war, machten sich alle Tiere zum Schlafen bereit. Nur der Hase sprach: »Bitte deckt mich mit einem schweren Klotz zu, damit ich nicht weg kann. Falls etwas geschehen sollte, kann man dann nicht sagen, dass ich es gewesen wäre.« Die Tiere deckten ihn mit einem Klotz zu. Nachts schob der Hase aber den Klotz weg, nahm eine Axt und ging zu Phorambyanas Frau. Er fragte sie: »Möchtest du nach Hause gehen?« Sie antwortete: »Ja, das möchte ich, aber ich kann nicht wegen des Kruges, der Wurzeln bekommen hat.« Da hackte der Hase die Wurzeln ab, half ihr, sich den Krug auf den Kopf zu heben und sagte: »Geh jetzt!« Er begleitete sie noch ein Stück, kehrte dann zurück und deckte sich wieder mit dem Klotz zu. Am nächsten Morgen entdeckten die Tiere, dass Phorambyanas Frau verschwunden war. Sie riefen: »Einer ist hier, der die Wurzeln an dem Krug abgeschlagen hat!« Es wurde eine Versammlung einberufen, und man verlangte, dass sich derjenige, der Phorambyanas Frau geholfen hatte, melden solle. Der Tumult war groß, da sich alle Tiere gegenseitig befragten. Da machte der Hase unter dem Klotz Spektakel und rief: »lasst mich heraus. Ich will auch sehen, was geschehen ist. Warum lasst ihr mich nicht heraus?« Sie achteten aber nicht auf ihn, obwohl er so laut schrie. Erst nach einer ganzen Weile wurde der Klotz zur Seite geschoben, und der Hase kam hervor. Auch er fragte voller Verwunderung, wer wohl der Schuldige sei. Es wurden viele Meinungen geäußert. Manche sagten: »Sollte der Hase, der doch aus einer so klugen Familie stammt, nichts von der Sache wissen?« Andere aber widersprachen: »Nein, er war mit dem Klotz zugedeckt, als wir schliefen. Eben erst haben wir ihn herausgelassen, er konnte sich nicht selbst befreien. Es könnten viel eher die Hyänen gewesen sein. Das sind Diebe, und ihre Zähne sind. scharf. Sie sind es, sie können die Wurzeln mit ihren Zähnen durchbeißen. Sicher sind die Hyänen die Schuldigen!« Inzwischen war Phorambyanas Frau zu Hause angekommen. Ganz mager war sie geworden von den erlittenen Schrecken. Sie reichte ihrem Mann das Wasser und erzählte ihm die ganze Geschichte. Und Phorambyana erwiderte: »Ich sehe, dass du nicht gelogen hast. Du liebst mich sehr!« Hier endet die Geschichte von Phorambyana und seiner Frau.