[swahili, "Geschichte, Legende"]

Geschichten von Uhlakanyana

Eine Frau war einst schwanger. Als ihre Zeit gekommen war, sprach das Kind in ihrem Leibe: »Mutter, bring mich sogleich zur Welt; das Vieh meines Vaters wird von den Leuten aufgezehrt.« Die Mutter rief: »Kommt und hört! Etwas Außergewöhnliches geschieht. Das Kind in mir spricht.« Man fragte: »Was sagt es?«

»Es verlangt, ich soll es sogleich zur Welt bringen; das Vieh im Kraal gehe zu Ende, sagt es.«

Der Vater hatte Ochsen geschlachtet. Aber die Leute kümmerten sich nicht darum, sie liefen zusammen und riefen: »Kommt und hört! Hier geschieht etwas Seltsames! Ein ungeborenes Kind spricht!« Der Vater sagte: »Lasst es reden.« Und das Kind sprach: »Wahrhaftig, ich sage, dass meine Mutter mich zur Welt bringen soll, denn das Vieh im Kraal geht zu Ende. Und ich sage, sie soll mich gehen lassen, damit ich mir selbst Fleisch verschaffe.« Die Leute fragten einander erstaunt: »Was geht hier vor?« Der Vater aber forderte: »Geht alle hinaus. Und du bring es zur Welt, damit wir sehen können, ob es ein Mensch ist oder nicht. Seltsam ist das!« So gingen alle hinaus. Der Vater meinte: »Niemand soll hier bleiben, denn es hat angefangen zu sprechen, als seine Mutter allein war.« Also gingen sie, und das Kind wurde geboren. Gleich nach der Geburt stand das Kind auf. Seine Mutter sagte: »Komm her und lass mich die Nabelschnur zerschneiden.« Das Kind aber sprach: »Nein, das tust du nicht. Ich werde sie selbst zerschneiden. Ich bin erwachsen und gehöre zu den Ältesten.« Er nahm den Speer seines Vaters, schnitt die Nabelschnur ab und warf sie weg. Seine Mutter nahm Wasser und wusch ihn.

Mit dem Speer lief er hinaus. Seine Mutter nahm ihm den weg, und der Kleine ging in den Viehkraal. Die Männer liefen fort. Er setzte sich ans Feuer und aß einen Streifen von dem Fleisch, von dem eben die Männer gegessen hatten. Da kamen sie zurück und sagten: »Also ein Mann ist es! Ein alter Mann! Und wir dachten, ein Kind.« Und sie erkundigten sich: »Ist er das Kind, das in dir gesprochen hat?«

»Ja, er ist es«, erwiderte die Mutter.

Die Leute sagten: »Oh, wir danken dir, Häuptlingsfrau. Du hast uns ein Kind geboren, das von Geburt an weise ist. Niemals zuvor haben wir solch ein Kind gesehen. Es ist das bedeutendste von allen Kindern unseres Häuptlings, denn es hat uns durch seine Weisheit in Staunen versetzt.«

»Wohlan, Vater«, sagte der Kleine, »wenn du meinst, dass ich ein Kind bin, und ich merke ja, dass du das denkst, so nimm eine Ochsenkeule und wirf sie in den Kraal. Wir wollen doch sehen, wer sie als erster bekommt. Lass alle deine Leute, die Jungen und die Männer und mich, nach der Keule laufen. Dann werden wir endlich herausfinden, wer der Mann ist. Der soll es sein, der die Keule hat.« Also nahm der Vater die Keule und warf sie in den Kraal. Alle drängten zur Öffnung am oberen Ende des Kraals. Der Kleine aber lief zum unteren Ende, kroch durch den Zaun und begegnete den anderen erst, als er sich mit der Keule schon auf dem Rückweg befand. »Nimm, Mutter«, sagte er, »hier ist Fleisch.« Und die Mutter sprach: »Ich bin heute froh, weil ich einen klugen Mann geboren habe.« Der Kleine kehrte zum Viehkraal zurück. Als sein Vater einem anderen ein Stück Fleisch gab, sagte der Kleine zu dem Mann: »Gib es mir, ich trage es in deine Hütte.« Der Mann antwortete: »Aber gern, Kind des Häuptlings.« Der Kleine nahm das Fleisch und ging zur Hütte des Mannes. Dort holte er die Essmatte und nahm den Stock herunter, an dem das Fleisch aufgehängt wird, beschmierte beides mit Blut und ging wieder. Das Fleisch brachte er seiner Mutter und sagte: »Nimm, Mutter, hier ist Fleisch.« Sie bedankte sich mit den Worten: »Ich habe heute einen Mann geboren!« Auf die gleiche Weise verfuhr er mit allen anderen Männern. Er nahm ihnen das Fleisch unter dem Vorwand ab, dass er es in ihre Hütte tragen wolle, beschmierte dort aber immer nur Essmatte und Stock, und brachte so nach und nach alles Fleisch an sich. Jedem der Männer dankte er, wenn er ihm das Fleisch abnahm, und noch einmal, sobald er von seinem Gang zurückkehrte. Aber nicht einer von ihnen fand später Fleisch in seiner Hütte, das war alles bei dem Kleinen, der an dem Tag geboren wurde, als man seines Vaters Ochsen schlachtete. Die Sonne ging unter, und die Leute, die ihr Fleisch nicht vorfanden, kamen zu ihm gelaufen: »Seht euch doch den Stock und die Essmatte an«, sagte er zu ihnen, »habe ich das Fleisch etwa nicht auf die Matte gelegt und dann so aufgehängt, wie es sich gehört?«

»Die Matte ist blutig und der Stock auch, das sehen wir. Also ist das Fleisch wieder heruntergenommen worden?«

»Ja«, entgegnete er, »denn die Matte ist doch wirklich blutig.« Jeder, der kam, erhielt dieselbe Auskunft. Jedes Mal nannte der Kleine die Matte als Beweis.

Die Frauen des Kraals aber riefen: »Was ist da heute geboren worden? Was für ein Wesen ist das? So einen Menschen haben wir noch nie gesehen. Warum habt ihr ihn geschickt, wo ihr doch deutlich sehen könnt, dass das Uhlakanyana ist? Behauptet ihr, das sei ein Mensch? Behauptet ihr, dass es je einen Menschen gab, der als Neugeborener schon reden konnte? Und der so klug war, dass er alte Männer zu überlisten vermochte? Habt ihr nicht gesehen, wie er die Ochsenkeule an sich gebracht hat? Da hättet ihr erkennen können, dass dieser Mann nicht auf natürliche Weise entstanden ist. Er ist in die Frau des Häuptlings gefahren, er ist in sie hinein gefahren! Auf natürliche Art ist er nicht entstanden, und er ist nicht der Sohn des Häuptlings. Wir Frauen bestreiten das jetzt, und ihr Männer werdet es eines Tages begreifen. Er wird Großes tun, denn er hat geredet, ehe er geboren war. Da hat er euch, auch euch alten Männern, das Fleisch abgeschwatzt, und mit der Ochsenkeule hat er sogar seinen Vater überlistet. Er wird Unheil bringen, denn er selbst ist unheimlich, wahrhaftig unheimlich.«

Uhlakanyana ging zum Fluss. Er fand viele Fallen, und in allen hatten sich Vögel gefangen, zu zweien oder dreien. Er nahm die Vögel heraus, band sie zu einem Bündel zusammen und kehrte heim. Er ging zu seiner Mutter und sagte: »Mutter, nimm mir meine Last ab, sie drückt mich nieder.« Sie fragte: »Was trägst du da?«

»Ich trage Vögel, die ich gefangen habe«, sagte er. Die Mutter wiederholte ihre Dankesworte: »Mein Junge ist ein Mann. Er ist geschickt. Du übertriffst alle Männer und deinen Vater und deine Freunde.« Dann band sie die Vögel los. Er sagte: »Bereite sie alle zu. Bedecke sie mit Kuhmist.« Das tat die Mutter. Der Kleine sagte: »Ich gehe heute weg und schlafe bei den Jungen. Nimm nicht den Deckel von meinen Vögeln. Morgen früh komme ich wieder, dann werden sie gut sein.« Er ging, um bei den Jungen zu schlafen. Die fragten ihn: »Warum kommst du her? Wir wollen nicht, dass du hier schläfst.« Er entgegnete: »Warum soll ich nicht bei euch schlafen? Bin ich etwa ein kleines Mädchen?« Sie sagten: »Nein. Aber du bist sehr schlau. Du hast unsere Väter um ihr Fleisch betrogen, das ihnen der Häuptling gegeben hatte. Du hast gesagt, du wolltest es in ihre Hütten tragen. Nicht einer im Dorf hat etwas von seinem Fleisch wieder gesehen. Und wir glauben, dass du nicht der Sohn des Häuptlings bist.« Er fragte: »Wessen Sohn bin ich denn?« Und sie antworteten: »Wir wissen es nicht. Keines der Kinder des Häuptlings gleicht dir. Du bist ein seltsames Wesen, das steht fest. Du bist auf Unheil aus, und das ist noch nicht vorüber. Du bist ein seltsames Wesen.« Er sagte: »Da ihr so redet, werde ich erst recht hier schlafen, um mich mit euch zu messen.« Sie entgegneten: »Wie willst du dich mit uns messen? Du bist nicht größer als ein Junge. Glaubst du, du bist kräftig genug, um zu kämpfen? Nur mit Worten bist du stark. Damit kannst du uns besiegen, aber Kraft hast du nicht, denn du bist eben erst auf die Welt gekommen. Nun, wir wissen, dass du in Wirklichkeit klein bist. Deine Stärke sind Worte, darin übertriffst du uns so gut wie unsere Väter.« Damit wurden sie still. Er ging schlafen.

Der Hahn krähte. Uhlakanyana erwachte und sagte: »Der Tag bricht an. Ich werde nun gehen, denn Krähen oder Menschen könnten meine Vögel holen.« Er lief zur Hütte und kroch vorsichtig hinein. Seine Mutter schlief noch. Er nahm den Deckel vom Topf und aß seine Vögel, jeden einzelnen, aber nur die Körper. Die Köpfe aß er nicht. Dann kratzte er draußen etwas Kuhmist zusammen und füllte ihn in den Topf. Die Vogelköpfe steckte er darauf und deckte alles wieder zu. All das geschah, während seine Mutter schlief. Er schlüpfte wieder aus der Hütte, entfernte sich ein Stückchen und kehrte dann wieder zurück. »Mutter, Mutter!« rief er, so, als ob er eben gekommen wäre. »Wach auf!« Er trat ein und wusch sich. Dann forderte er: »Jetzt gib mir meine Vögel.« Vorher hatte er noch gesagt: »Du schläfst ewig! Die Vögel können sich alle in Mist verwandelt haben, denn die Sonne steht schon hoch. Ich weiß, dass sich Vögel verwandeln, wenn die Sonne so hoch steht wie jetzt. An ihrer Stelle finden wir dann etwas anderes im Topf.« Er nahm den Deckel ab und sagte: »So wie jetzt, da ist nichts als Mist. Nur die Köpfe sind übrig geblieben.« Seine Mutter fragte: »Wie ist das nur geschehen?« Er sagte: »Du weißt es nicht?« und fuhr dann fort: »Ich aber weiß es. Du bist wie ein kleines Kind. Du hast mich geboren? Habe ich nicht gesagt: ›Bring mich schnell zur Welt, das Vieh meines Vaters wird immer weniger?‹ Hast du jemals ein Kind so reden hören? Ein Kind, das allem und jedem unterliegen würde? Ich bin sehr alt, ich bin nicht dein Kind. Und der Mann, mit dem du lebst, ist nicht mein Vater, er ist nur irgendein Mann, einer von unserem Volk, nicht mehr. Du bist seine Frau, aber ich, ich habe nur in dir geruht. Wir werden nicht gemeinsam leben. Ich will meinen eigenen Weg gehen und verlasse euch, damit ihr hier zusammen sein könnt. Ich werde durch die ganze Welt streifen.« Die Mutter erwiderte: »Leider hast du die Wahrheit gesprochen, mein Kind. Du hast vorausgesagt, dass sich die Vögel im Topf in Mist verwandeln werden. Und wahrhaftig, nun ist nichts als Mist darin und darauf die Köpfe.« Der Junge sagte: »Lass sehen!« Er schaute und aß die Köpfe einen nach dem anderen auf, dabei sagte er: »Weil du meine Vögel gegessen hast, werde ich dir nicht einmal diese Köpfe geben, denn du hast das Fleisch gegessen.« Damit aß er die Köpfe auf.

Uhlakanyana nahm seinen Wanderstab und lief vor sich hinschimpfend hinaus: »Es war nicht recht, dass meine Vögel gegessen wurden, während ich mir vorstellte, wie ich sie essen werde, und wahrhaftig, sie hat ewig geschlafen, bis aus allen Vögeln Mist geworden war.« Er schwieg und ging weiter. Da gelangte er zu den Fallen eines Menschenfressers. Er nahm die Vögel heraus, aber als er noch dabei war, kam der Menschenfresser dazu. Ertappt sagte der Kleine: »Töte mich nicht.« Der Menschenfresser hatte nämlich gesehen, dass irgendjemand die Vögel genommen hatte, und deshalb Stöcke mit Vogelleim vor den Fallen versteckt. Und so konnte er Uhlakanyana fangen.

Uhlakanyana sagte: »Schlag mich nicht, ich will dir etwas erzählen. Hol mich heraus, wasch mir den Leim ab und nimm mich mit nach Hause. Hast du denn keine Mutter?« Der Menschenfresser erwiderte: »Natürlich habe ich eine Mutter.« Der Junge fragte: »Warum willst du mich dann gleich vernichten und nicht erst mit nach Hause nehmen? Ich schmecke bitter. Ich werde nicht lecker sein. Wenn du mich so schlägst, werde ich nicht wohlschmeckend sein. Säubere mich und nimm mich dann mit nach Hause, damit mich deine Mutter kochen kann. Setz mich in deiner Hütte ab, dass ich trockne, und du geh fort. Ich darf nicht gekocht werden, wenn du da bist. Ich werde schlecht sein, ich kann nicht gut schmecken.«

Also nahm ihn der Menschenfresser mit nach Hause. Auch die Vögel nahm er mit. Als er zu seiner Mutter kam, sagte er: »Mutter, hier ist das Tier, das meine Vögel gefressen hat. Ich habe es mit meinem Vogelleim gefangen und heute gefunden. Er hat gesagt, ich soll ihn herausholen und säubern. Auch schlagen soll ich ihn nicht. Er sagt, er würde bitter schmecken, wenn ich ihn schlage. Also habe ich eingewilligt, habe ihn abgewaschen und nach Hause mitgebracht. Er hat gefragt, ob ich eine Mutter habe. Ich habe ihm, diesem Tier hier, geantwortet, dass ich natürlich eine habe. Er meinte, du solltest ihn kochen, wenn ich fort bin. Er würde nicht gut schmecken, wenn er in meiner Gegenwart gekocht wird. Ich habe zugestimmt. Lass ihn die Nacht über liegen und koch ihn morgen früh.« Der Bruder des Menschenfressers, ein Junge noch, stimmte dem zu: »Lass ihn über Nacht liegen.«

Am Morgen sagte der Menschenfresser: »Mutter, pass auf meine Beute auf.« Uhlakanyana bat: »Leg mich aufs Hüttendach, damit ich in der Sonne trockne.« Er dachte bei sich, dass er dann sähe, in welche Richtung sich der Menschenfresser entfernte. So wurde er aufs Dach der Hütte gesetzt. Der Menschenfresser und sein Bruder gingen los und verschwanden hinter dem Hügel. Uhlakanyana kletterte vom Dach und fragte: »Mutter, liegst du noch?« Die Mutter des Menschenfressers sagte: »Ja.« Da meinte Uhlakanyana: »Steh auf und Lass uns spielen, dass wir uns gegenseitig kochen. Du kochst mich ein bisschen und ich dich. Wir wollen in dem großen Topf kochen, denn ich werde mächtig aufgehen und ihn ausfüllen. Der Topf dort ist gerade richtig für mich.« Die Mutter des Menschenfressers sagte: »Du sprichst gewiss die Wahrheit, denn du kennst dich und weißt, was geschieht, wenn du gekocht wirst.« Er meinte: »Nun, dann nimm den Topf und stell ihn aufs Feuer.« Uhlakanyana entzündete das Feuer. Er fachte es ein Weilchen an und sagte dann: »Das Feuer brennt gut, wir wollen sehen, ob das Wasser schon heiß ist.« Er steckte seine Hand hinein und meinte: »Gerade richtig, du musst mich hineinlegen. Wir wollen mit mir anfangen.«

»Gut«, entgegnete die Frau, steckte ihn in den Topf und legte den Deckel darauf. Uhlakanyana war ganz still. Schließlich rief er: »Jetzt nimm mich heraus.« Sie tat es. Er rief aus: »Pfui über das Feuer! Wir müssen es ein bisschen anfachen.« Er blies hinein und sagte: »Ich habe gemerkt, das Wasser ist nicht heiß, wir wollen ein stärkeres Feuer machen.« Er entfachte ein mächtiges Feuer, und als er sah, dass das Wasser kochte, forderte er: »Zieh dich aus, das Wasser ist jetzt soweit, dass du hineingehen kannst. Ich war schließlich auch drin, jetzt bist du an der Reihe. Es ist hübsch warm.« Uhlakanyana fing an sie auszuziehen. Sie wehrte ab: »Lass mich, ich will mich allein ausziehen. Dränge mich nicht. Warum drängst du so?« Uhlakanyana sagte: »Was ist schon dabei, wenn ich dich ausziehe, ich bin bloß ein Stück Wild, das du und deine Söhne essen werden.« Er legte sie in den Topf und deckte ihn zu. Sie schrie: »Uhlakanyana, hol mich raus! Ich werde zu Tode gebrüht!« Er meinte: »Nein, wirklich? Du bist noch nicht zu Tode gebrüht. Wärst du tot, könntest du nicht sagen, dass du tot bist. Ich bin ein Mensch, und du musst begreifen, dass ein Mensch, der sagt, er sei tot, noch längst nicht tot ist. Wenn er tot ist, sagt er das nicht. Er ist tot, und das ist alles.« Sie rief: »Uhlakanyana, ich bin gar.« Uhlakanyana sagte: »Nein, du bist noch nicht gar. Ich weiß, wenn ein Mensch wirklich gar ist, dann sagt er nicht immerfort ›Ich bin gar‹. Er sagt nichts, wenn er wirklich gar ist.« So wurde die Mutter des Menschenfressers gekocht und sagte bald nichts mehr. Uhlakanyana meinte: »Nun denn, ich merke, dass du gar bist, weil du nichts mehr sagst. Jetzt bist du still geworden, und deshalb denke ich, dass du schön durch bist. Deine Kinder werden dich essen. Weg damit. Ich sehe, dass du wirklich gekocht bist, denn jetzt bist du still.«

Dann nahm Uhlakanyana alles, was die Frau anhatte und zog es übereinander an. Er sah nun dick aus. Danach legte er sich dorthin, wo die Alte gelegen hatte. Endlich kamen die Menschenfresser zurück und riefen: »Mutter!« Mit leiser Stimme, wie die Mutter, antwortete Uhlakanyana: »Ja. Warum ruft ihr mich? Da ist euer Wild. Es ist mächtig aufgegangen und gar, so wie er es gesagt hat. Esst nur, ich stehe nicht auf. Ich habe schon gegessen.« Als sie aßen, sagte der junge Menschenfresser: »Diese Hände sehen wie Mutters Hände aus.«

»Was redest du da?« sagte der ältere. »Du bringst Unheil über Mutter.«

»Nein«, antwortete der andere, »dann nehme ich das zurück.« Damit vertilgten sie den Arm. Sie zogen ein Bein heraus, und wieder sagte der Junge: »Dieser Fuß ist so wie Mutters Fuß. Obwohl du mir bei den Händen widersprochen hast, sage ich es. Ich behaupte noch einmal, dass dieser Fuß wie Mutters ist.« Da schlug ihn der Bruder. Und Uhlakanyana, der noch immer dort lag, sprach: »Mein Sohn, dieses Ungeheuer, würde mich tatsächlich essen. Isst er Wild, hält er es für seine Mutter und glaubt, Ähnlichkeiten zu entdecken! Sei nur ruhig, mein Kind, und iss weiter.« Uhlakanyana bat: »Geht mir aus dem Weg, ich möchte hinaus. Ich werde bald zurück sein, Esst ihr nur weiter.« Als Uhlakanyana die Tür erreichte, meinte der ältere Menschenfresser: »Wirklich, diese Ferse ist wie die von Mutter.« Jetzt bekam Uhlakanyana Angst. So schnell wie möglich lief er hinaus und beeilte sich, von der Hütte fort zu kommen. Dann fing er an, sich auszuziehen, und nun rannte er, was er konnte. Als er merkte, dass er endlich so weit weg von der Hütte war, dass sie ihn nicht mehr fangen konnten, rief er: »Ihr Esst eure Mutter, ihr Menschenfresser, die ganze Zeit schon!« Kaum hörten die Menschenfresser das, liefen sie ihm nach. Der Junge meinte: »Ich habe gesagt, dass das Mutters Hände sind und ihr Bein.« Sie rannten, was sie konnten. Uhlakanyana gelangte ans Ufer eines Flusses, der Hochwasser führte, und verwandelte sich in einen Hackenstiel. Die Menschenfresser kamen heran und sahen Uhlakanyanas Fußabdrücke. Sie sahen auch den Hackenstiel. Der ältere von beiden hob ihn auf und meinte: »Der ist drüben.« Und mit den Worten: »Er hat's geschafft!« warf er den Stiel hinüber. Aber, es war ja Uhlakanyana, der sich in den Stiel verwandelt hatte! Und der war glücklich, als er auf der anderen Seite stand, und rief: »Ihr habt mich herübergebracht!« Sie sagten: »Oh, fürwahr, er war es, und wir haben ihn für ein Stück Holz gehalten.« Und damit kehrten sie um.

So war Uhlakanyana über den Fluss gelangt und wanderte weiter. Da traf er einen Hasen und sagte: »Hase, komm her, ich will dir eine Geschichte erzählen.« Aber der Hase sägte: »Nein, ich möchte nichts mit dir zu tun haben.« Uhlakanyana sagte wieder: »Ich will dir etwas über die Sache erzählen, die ich mit dem Menschenfresser vom anderen Flussufer ausgefochten habe.« Der Hase aber mied ihn immer noch. Schließlich aber kam Uhlakanyana näher und näher und fing den Hasen. Er zog ihm das Fell ab, spießte ihn auf einen Stock und entzündete ein Feuer. Er briet den Hasen und aß ihn auf. Aus einem der Knochen schnitzte er eine Flöte. Dann machte er sich wieder auf den Weg.

Er traf einen Leguan, der hoch oben auf einem Baum saß und »Guten Morgen, Uhlakanyana!« sagte. Er antwortete: »Danke! Guten Morgen auch dir, Leguan.« Der Leguan bat: »Leih mir deine Flöte, ich möchte hören, wie sie klingt.« Uhlakanyana aber antwortete: »Nein, wahrhaftig, ich kann dir meine Flöte nicht leihen. Ich möchte das nicht.« Der Leguan beruhigte ihn: »Ich gebe sie dir wieder zurück.« Darauf meinte Uhlakanyana: »Dann komm vom Wasser weg«, der Baum stand nämlich am Flussufer, »komm hierher, aufs flache Land. Nahe am Wasser habe ich Angst, dass du mit meiner Flöte hineinspringst, denn du lebst ja im Wasser.« Also kam der Leguan ein Stück weg vom Ufer. Uhlakanyana lieh ihm die Flöte, und der Leguan spielte darauf und sagte: »Oh, deine Flöte klingt aber gut! Leih sie mir, damit ich morgen wieder spielen kann.« Aber Uhlakanyana meinte: »Nein, bring sie her. Ich möchte jetzt gehen.« Der Leguan erwiderte: »O nein, jetzt hast du sie mir geliehen.« Uhlakanyana wurde ärgerlich: »Bring sie sofort her!« Er griff nach dem Leguan und sagte: »Gib her!« Aber der Leguan schlug Uhlakanyana mit seinem Schwanz und traf ihn schwer. Uhlakanyana hatte große Schmerzen und gab seine Flöte auf. Der Leguan aber verschwand damit im Wasser.

So ging Uhlakanyana weiter. Da fand er ein Stück Fleisch, das einem alten Mann gehörte. Er nahm es und rannte weg. Als der alte Mann ihn sah, rief er: »Uhlakanyana, leg mein Fleisch hin!« Uhlakanyana aber versteckte sich in einem Schlangenloch. Der alte Mann kam, steckte seine Hand hinein und packte ihn. Aber Uhlakanyana lachte: »Haha! Du hältst eine Wurzel fest.« Der Mann ließ los und fasste noch einmal zu. Diesmal ergriff er wirklich eine Wurzel. Da schrie Uhlakanyana: »O weh! Du tötest mich!« Der alte Mann zog mit aller Kraft, bis er müde wurde. Aber die ganze Zeit zog er nur an einer Wurzel. Endlich ging er fort. Uhlakanyana aß das Fleisch auf und wanderte weiter.

Auf seiner Wanderschaft traf Uhlakanyana junge Leoparden. Die Leopardenmutter war nicht zu Hause, und so blieb er bei ihnen. Endlich kam die Leopardin und schleppte einen Bock herbei. Als sie Uhlakanyana sah, wurde sie ärgerlich, und ihr Fell sträubte sich. Sie war sehr aufgebracht, warf den Bock hin und kam auf ihn zu. Uhlakanyana sagte: »Meine Gebieterin, sei nicht böse. Du bist wirklich eine Herrin. Ich will bei deinen Kindern bleiben, und du kannst jagen gehen. Ich werde mich um sie kümmern, wenn du auf der Jagd bist. Ich baue auch eine wunderschöne Hütte, damit du mit deinen Kindern nicht hier am Fuße eines Felsens liegen musst. Ordentlich werde ich sie bauen und sie auch decken.« Die Leopardenmutter sagte: »Nun gut, ich bin einverstanden, dass du bei den Kindern bleibst und auf sie aufpasst, während ich fort bin.« Uhlakanyana meinte dann: »Ich werde dir die Kinder reichen, damit du sie eins nach dem anderen säugen kannst.« Und er gab ihr ein Kind. Sie forderte: »Bring mir auch das andere. Sage nicht, dass eins allein trinken soll. Sie sollen zusammen trinken, damit das andere nicht weint.« Uhlakanyana wehrte ab: »Auf keinen Fall! Säuge erst das eine, und wenn das wieder bei mir ist, gebe ich dir das andere.« Sie erwiderte: »Das kommt nicht in Frage! So nähre ich sie nicht. Bring du mir nicht bei, wie ich meine Kinder säugen soll. Jetzt bring sie beide her.« Uhlakanyana aber bat: »Komm schon, gib mir das erste wieder.« Sie gab es ihm schließlich zurück, und er reichte ihr das andere. Dann forderte die Leopardin: »Jetzt komm dort heraus, zieh meinen Bock ab und koch das Fleisch, wie du es versprochen hast. Du hast doch gesagt, du würdest kochen.« Er ging also, häutete den Bock und kochte ihn. Das Leopardenweibchen und die Kleinen aßen. Dann gingen alle schlafen. Als sie wieder aufwachten, war es Morgen.

Die Leopardenmutter wandte sich an Uhlakanyana: »Bleib hier und pass auf. Ich vertraue dir meine Kinder an, behüte sie.« Uhlakanyana baute eine Hütte, versah sie aber nur mit einer sehr kleinen Tür. Dann grub er einen langen Gang, dessen Schlupfloch weit entfernt war, und von vier Spießen sägte er die Schäfte ab. Die Leopardenmutter kam wieder und brachte einen Bock mit. Sie rief: »Uhlakanyana!« Er antwortete: »Ja?« Er hatte inzwischen eines der Kleinen gegessen, es war nur noch eins übrig. Sie sagte: »Bring mir jetzt meine Kinder.« Er gab ihr das eine, und sie säugte es. Dann verlangte sie: »Bring mir das andere.« Er erwiderte: »Gib mir das da zurück.« Aber sie sagte: »Nein, ich will sie beide.« Uhlakanyana weigerte sich und forderte: »Gib mir das erste zurück, dann will ich dir das andere geben.« Die Leopardenmutter reichte es ihm, und er brachte es ihr wieder zurück. Es war ja jetzt nur noch ein Kind da. Die Leopardin verlangte: »Komm heraus und häute den Bock.« Also häutete Uhlakanyana den Bock und kochte ihn. Die Leopardenmutter und ihr Kleines aßen und Uhlakanyana ging in die Hütte. Da sagte die Leopardin: »Ich werde jetzt auch hineinkommen.«

»Komm nur«, antwortete Uhlakanyana. Sie kam. Das war schwer für sie, denn Uhlakanyana hatte die Tür ganz geschickt ersonnen, weil er ja beabsichtigte, das Kleine zu essen, und weil die Mutter dann sehr böse sein würde. Er hatte sich gesagt: »Sie wird nicht leicht hereinkommen und dabei ganz zusammengedrückt werden, und so kann ich, während sie sich hereinquetscht, durch den langen Gang verschwinden. Und wenn sie schließlich drin ist, bin ich weit von der Hütte weg.« Also schlüpfte er in den Gang, und die Leopardenmutter kam herein. Als sie drin war, fand sie nur ein Kind vor. Sie rief: »O weh! So einer ist also dieser Uhlakanyana! Wo ist mein Kind? Sicher hat er es gefressen.« Sie wandte sich zu dem Gang, in dem er verschwunden war, und wollte den anderen Ausgang erreichen. Aber Uhlakanyana war schon draußen. Er kehrte zur Hütte zurück und steckte die Speerspitzen vor der Türöffnung in die Erde. Als die Leopardin dorthin kam, wurde sie von den vier Spitzen durchbohrt und starb. Als sie tot war, ging Uhlakanyana zu ihr. Er war zufrieden. Dann tötete er auch das zweite Leopardenkind. Er aß Mutter und Kind auf, behielt aber eine Keule übrig. Dann machte er sich wieder auf den Weg, denn er war kein Mann, der lange an einem Ort blieb.

Auf seinem Wege begegnete er einem Menschenfresser, der ihn begrüßte: »Guten Morgen, Uhlakanyana.« Uhlakanyana erwiderte: »Guten Morgen, Onkel.« Der Menschenfresser sagte: »Einen guten Morgen, Kind meiner Schwester.«

»Einen guten Morgen auch dir, mein Onkel«, dankte Uhlakanyana und sagte: »Komm, ich werde dir eine Geschichte von der Leopardin und mir erzählen.«

»Gut«, meinte der Menschenfresser. Uhlakanyana hielt ihm die Keule hin: »Iß, hier ist ein bisschen Fleisch.« Der Menschenfresser dankte ihm: »Kind meiner Schwester, du hilfst mir wirklich; ich bin sehr, sehr hungrig.« Die beiden aßen. Da tauchten zwei Kühe auf, eine weiße und eine schwarze. Der Menschenfresser sah sie und sagte: »Dort laufen meine Kühe.« Uhlakanyana aber sagte: »Die schwarze gehört mir.« Da meinte der Menschenfresser: »Mir gehört die weiße, also die fette.« Sie gingen zu den Kühen hin und trieben sie zurück. Und Uhlakanyana schlug vor: »Onkel, lass uns eine Hütte bauen.« Der Menschenfresser antwortete: »Gut gesprochen! Dann werden wir ein bequemes Leben führen und unser Vieh essen.« Eilig wurde die Hütte gebaut und Gras zusammengetragen. Dann sagte Uhlakanyana: »Wir wollen deine Kuh, die weiße, fette, zuerst schlachten, Onkel, damit wir sehen, ob sie auch wirklich so fett ist, wie du sagst.« Der Menschenfresser stimmte zu. So wurde die Kuh getötet und abgezogen. Sie war aber dürr. Da weigerte sich Uhlakanyana: »So etwas esse ich nicht. Wir wollen meine Kuh fangen.« Wieder war der Menschenfresser einverstanden. Die Kuh wurde getötet, und es zeigte sich, dass sie sehr fett war. Der Menschenfresser lobte Uhlakanyana: »Kind meiner Schwester, du bist wahrhaftig klug. Auf den ersten Blick hast du gesehen, dass deine Kuh fett ist.« Aber Uhlakanyana forderte ihn auf: »Wir wollen jetzt das Dach decken, dann können wir unser Fleisch essen. Sieh dir den Himmel an, wir werden Regen bekommen.« Der Menschenfresser erwiderte: »Du hast recht, Kind meiner Schwester. Du erweist dich wahrhaftig als ein Mann, wenn du so sprichst.« Aber Uhlakanyana sagte nur: »Dann fang an. Ich werde nach drinnen gehen und das Dach von innen verflechten.« Der Menschenfresser stieg hinauf. Er hatte sehr, sehr langes Haar. Uhlakanyana ging hinein und fing an zu flechten. Dabei verflocht er auch das Haar des Menschenfressers. Stetig knüpfte er es in das Dach hinein, Strähne für Strähne, so dass es fest mit dem Dach verbunden war. Als er sah, dass er genug Haar verknüpft hatte, um den Menschenfresser oben festzuhalten, ging Uhlakanyana zu dem Feuer, auf dem das Euter der Kuh kochte. Er holte, es herunter und legte es auf eine Essmatte. Dann nahm er ein Messer, schnitt sich ein Stück Euter ab und füllte sich den Mund. Der Menschenfresser fragte: »Was tust du da, Kind meiner Schwester? lass uns erst das Dach vollenden, danach können wir zusammen essen.« Uhlakanyana antwortete: »Dann komm herunter. Ich muss nicht mehr in die Hütte gehen, das Dach ist fertig.« Der Menschenfresser war einverstanden. Wenn er aber geglaubt hatte, er könne freikommen, so hatte er sich getäuscht. Er schrie: »Kind meiner Schwester, wie hast du denn deine Arbeit getan?« Uhlakanyana antwortete: »Sieh selbst. Ich habe gut gearbeitet, denn ich werde keinen Ärger mehr haben. Jetzt kann ich in Frieden essen. Ich muss mich mit niemandem mehr streiten, denn nun bin ich mit meiner Kuh allein.« Und er fuhr fort: »Was hättest du gesagt, wo doch deine mager ist und überhaupt kein Fett hat? Komm aus eigener Kraft herunter, so wie du hinaufgestiegen bist. Ich kann nicht hinkommen und dich befreien.« Und er schnitt von dem fetten Fleisch ab und sagte: »Nimm.« Der Menschenfresser sagte: »Bring es sofort her! Steig herauf und bring es mir, Kind meiner Schwester. Hilf mir! Mach mich los, damit ich zu dir kommen kann. Ich werde dir keinen Ärger machen. Gib mir etwas Fleisch ab, ich habe ja gesehen, dass meine Kuh dürr ist, die fette gehört dir. Wer wird um das Eigentum eines anderen streiten, auf das er kein Recht hat?« Da brachen Blitz und Hagel vom Himmel herab. Uhlakanyana trug alles Fleisch in die Hütte und zündete ein Feuer an. Der Menschenfresser auf dem Dach schrie, die Hagelkörner trafen ihn. Und so starb er dort oben. Dann klarte es auf. Uhlakanyana ging hinaus und rief: »Onkel, komm jetzt herunter zu mir, es ist wieder hell geworden. Es regnet und hagelt nicht mehr, und es blitzt auch nicht. Warum bist du so still?« Dann aß Uhlakanyana von seiner Kuh, bis er sie aufgegessen hatte, und machte sich wieder auf den Weg.

Da traf er einen anderen Menschenfresser, der ein Musikinstrument trug, das aus einer riesigen Kalebasse gemacht war. Uhlakanyana sprach ihn an: »Onkel.« Der andere fragte: »Wieso bin ich dein Onkel?« Uhlakanyana fragte zurück: »Das weißt du nicht?« Der Menschenfresser erwiderte: »Davon weiß ich nichts.« Uhlakanyana sagte: »Das meinst du nicht im Ernst! Du bist wirklich mein Onkel.« Der Menschenfresser antwortete: »Ich mag deine Betrügerei nicht. Ich kenne dich, du bist Uhlakanyana. Ich täusche mich nicht, ich bin ein Mann. Also halt den Mund. Ich werde niemals anerkennen, dass du das Kind meiner Schwester bist.« Uhlakanyana fragte: »Nein? Dann leih mir deine Kalebasse.« Der Menschenfresser lehnte ab: »Nein, mit dir will ich keinen Umgang haben.« Uhlakanyana verließ ihn. Er wanderte weiter, fand in einer Hütte noch einen Menschenfresser und ging zu ihm. Der Menschenfresser fragte ihn: »Woher kommst du?« Und Uhlakanyana antwortete: »Ich komme von dort hinten. Ich war bei meinem Onkel, dem Menschenfresser, und auch du bist mein Onkel.« Aber der Menschenfresser, den er vorher getroffen hatte und der ihm seine Kalebasse nicht borgen wollte, war ihm gefolgt. Der, den er in der Hütte angetroffen hatte, meinte: »lass uns die Trommel schlagen, Kind meiner Schwester.« Also schlugen sie die Trommel. Da ertönte die Kalebasse sehr laut. Uhlakanyana rannte hinaus und fragte: »Hörst du das?«

»Wo?« fragte der Menschenfresser zurück. »Hier draußen«, sagte er. Der Menschenfresser kam heraus und horchte. Auch er hörte die Kalebasse laut dröhnen. Da ging er wieder hinein und sagte: »Schlag die Trommel, ich werde es auch tun.« Er arbeitete schwer, und es erhob sich ein großer Lärm. Jetzt hallte die Kalebasse ganz außergewöhnlich, und es ertönte lautes Blasen. Uhlakanyana fragte: »Hast du nicht gesagt, dass draußen kein Lärm ist? Was für Töne kommen da immer näher?« Jetzt war das Blasen direkt vor ihnen. Sie gingen hinaus - und beide machten sich aus dem Staub. Der Besitzer der Kalebasse war erschienen. Er stand jetzt auf dem einen Hügel, Uhlakanyana mit dem Menschenfresser auf dem anderen, und der Menschenfresser fragte: »Wer bist du, der uns so erschreckt?« Der mit der Kalebasse erwiderte: »Ich bin der Schlucker. Ich verschlinge wilden Spinat. Und einen Mann verschlucke ich, den kaue ich nicht, den schlinge ich so hinunter.« Als der andere Menschenfresser hörte, dass ein Mann nicht einmal zerkaut würde, rannte er fort. Uhlakanyana ging zu dem mit der Kalebasse. Der hatte die Hütte schon mit Beschlag belegt. Aber Uhlakanyana sprach: »Onkel, schon als Kind habe ich hier gelebt. Und ich will bei dir bleiben und dein Kind sein. Ich möchte bei dir wohnen, denn du bist auch mein Onkel.« Der Menschenfresser sagte: »Nun gut. Du bist kleiner als ich. Also bleib.« So lebten er und der Menschenfresser mit der Kalebasse zusammen. Der mit der Kalebasse trug ihm auf: »Bleib hier und bewache meinen Kraal, damit ihn der Strolch, den ich vertrieben habe, nicht anzünden kann.« Uhlakanyana stimmte zu: »Gewiss. Geh nur und jage.« Also entfernte sich der Menschenfresser, und Uhlakanyana blieb zurück.

Uhlakanyana nahm einen Sack und ging fort. Er sah eine Schlange, die fing er und steckte sie in den Sack. Dann fand er eine Wespe, die er ebenfalls in den Sack steckte. Auch einen Skorpion, den er aufstöberte, fing er und steckte ihn in den Sack. Alle bissigen und tödlich giftigen Tiere fing er und steckte sie in den Sack. Als der Sack voll war, band er ihn zu und trug ihn zur Hütte zurück. Da kam der Menschenfresser. Uhlakanyana meinte: »Onkel, es wäre richtig, noch heute die Tür enger zu machen, eine breite Tür ist nicht gut.« Der Menschenfresser aber sagte: »Nein. Ich mag keine schmale Tür.« Uhlakanyana erwiderte: »Gut, von mir aus. Ich gehe jetzt zum Kraal meiner Mutter und hole meine Nichte, damit sie mit mir hier leben kann.« Er nahm den Sack mit und versteckte ihn. Als es dunkel war, schlich Uhlakanyana zur Hütte des Menschenfressers, um die Tür zu verengen. Er öffnete sie, trat ein, legte den Sack ab und verschwand wieder. Später machte er den Eingang schmaler, so dass er nicht einmal für ein Kind groß genug war. Am Morgen rief Uhlakanyana, der immer noch am Eingang baute: »Onkel! Onkel!« Der Menschenfresser fragte: »Wer bist du?« Er antwortete: »Ich bin es, Onkel.« Und der andere sagte: »Du, Kind meiner Schwester?«

»Ja«, antwortete Uhlakanyana, »mach mir auf. Ich bringe dir Neuigkeiten. Ich bin nicht bis zu meiner Mutter gekommen. Ich habe schlechte Nachrichten erfahren.« Der Menschenfresser stand auf. Aber als er versuchte, die Tür zu öffnen, war die fest zu. Er rief: »Kind meiner Schwester, die Tür ist nicht aufzukriegen.« Der Sack aber lag im Haus. Uhlakanyana hatte ihn in der Nacht hineingelegt, als er die Tür schmaler machte. Er rief jetzt: »Öffne den Sack und leg ihn hierher. Ich habe mich auch schon über die schmale Tür gewundert. Binde den Sack auf, schüttle ihn und bring ihn zu diesem kleinen Loch hier, das von der Tür übrig ist, ich werde es erweitern.« Der Menschenfresser öffnete nun den Sack. Da kam die Schlange heraus und biss ihn in die Hand, die Biene stach ihn ins Auge, die Wespe in die Wange. Der Menschenfresser schrie: »Kind meiner Schwester, was du heute getan hast, habe ich noch nicht erlebt, seit ich von einem Weib geboren wurde. Hilf mir, ich werde hier in meiner eigenen Hütte aufgefressen! Ich kann nichts mehr sehen.« Der Skorpion hatte den Menschenfresser auch gestochen. Uhlakanyana sagte: »Ich weiß überhaupt nicht, wie diese Tiere in meinen Sack gekommen sind.« Und der Menschenfresser flehte: »Mach die Tür auf, damit ich heraus kann.« Alle Tiere krochen aus dem Sack und bissen den Menschenfresser. Und so starb er am Gift der Schlangen, Bienen, Skorpione und Wespen. Er schrie und schrie, bis er starb. Uhlakanyana öffnete nun die Tür und fragte: »Bist du noch böse, Onkel? Du rufst ja nicht mehr, ich habe geglaubt, du hättest geschrieen. Sprich, Onkel! Warum bist du so still? Spiel auf der Kalebasse, damit ich zuhören kann.« Endlich ging er hinein. Der Menschenfresser war tot. Uhlakanyana trug ihn hinaus und nahm die Hütte in Besitz. Dann schlief er, denn jetzt war er zufrieden.

Jetzt kehrte der Menschenfresser, dem die Hütte eigentlich gehörte, zurück und sprach: »Kind meiner Schwester, ich habe dich gesehen. Ich war ganz in der Nähe, und als du die Tür enger gemacht hast, habe ich erkannt, dass du ein ganzer Mann bist, weil du einen Menschen eingeschlossen hast, der mich aus meiner Hütte vertrieben hat.« Aber Uhlakanyana entgegnete: »Ach du - ich bin jetzt größer als du. Du wurdest von deinem Freund besiegt, und ich habe ihn besiegt. Jetzt werde ich dich zu mir nehmen.« Der Menschenfresser antwortete: »Das ist nur recht, denn es ist klar, dass ich unterlegen bin.« So blieben sie für eine Weile zusammen.

Uhlakanyana sagte eines Tages: »Ich gehe fort. Meine Flöte! Es ist jetzt lange her, dass der Leguan sie mir weggenommen hat.« So brach er auf. Er erreichte den Ort und ging flussaufwärts. Der Leguan war zum Fressen auf den Mist gegangen, das ist nämlich Futter für ihn, und trug die Flöte bei sich. Uhlakanyana kletterte auf den Baum, auf dem sich der Leguan gesonnt hatte, und rief: »Leguan! Leguan!« Der Leguan fragte: »Wer ruft mich da? Jetzt, wo ich fressen gegangen bin, soll er doch zu mir kommen.« Uhlakanyana sagte: »Du hast recht. Ich komme dorthin.« Er kletterte herunter und ging zu dem Leguan: »Wo ist meine Flöte?« Und der antwortete: »Hier ist sie.« Uhlakanyana sagte: »Und was nun? Wo ist denn tiefes Wasser? Weit weg!« Der Leguan erwiderte: »Was willst du mit mir machen? Hier ist doch deine Flöte. Und außerdem hast du selbst sie dagelassen. Ich hab dich gerufen, um sie zurückzugeben, aber du warst schon gegangen.« Uhlakanyana aber schlug ihn und nahm ihm die Flöte weg. Er tötete den Leguan und ließ die Leiche zurück. Als er wieder zu dem Menschenfresser wollte, war der nicht mehr da, und die Hütte war abgebrannt. So wohnte Uhlakanyana im Freien und war betrübt. Schließlich verließ er den Ort, weil es da keine Hütte mehr gab, und streunte herum. Endlich aber sagte er sich: » Jetzt gehe ich zu meiner Mutter zurück, denn ich merke, dass ich jetzt zu einsam bin.«

So kehrte er heim. Als ihn seine Mutter nach so langer Zeit wieder sah, freute sie sich sehr. Sie fragte: »Wie geht es dir, mein Kind? Ich freue mich über deine Rückkehr. Es ist nur recht, dass ein Kind, das lange von seiner Mutter fort war, einmal wieder zu ihr zurückkommt. Ich war in Sorge, du würdest sterben, weil du ja noch so klein warst, als du weggingst. Ich habe mich gefragt, was du wohl essen würdest.« Er antwortete: »Oh, jetzt bin ich wieder da, Mutter, ich habe mich an dich erinnert.« Er verschwieg, dass er sich einsam gefühlt hatte, denn er sagte sich: »Wenn ich meiner Mutter erzähle, dass ich zurückgekommen bin, weil ich nicht allein sein wollte, dann geschieht es noch, dass sie mir vorwirft, ich hätte mich ihr gegenüber schuldig gemacht. Sie wird mich wegjagen und sagen: ›Verschwinde von hier! Du bist verflucht!‹ Und so wirst du von dem Ort, den du selbst verlassen hast, wieder fortgejagt.« Deshalb verschwieg er seine Not und sagte immer wieder: »Ich bin aus Liebe zu dir zurückgekehrt, Mutter.« Und das tat er, damit seine Mutter ihn wiederliebte und ihn nicht verfluche, wenn er einmal widerspenstig wäre. So verbarg Uhlakanyana seine Fehler, weil er wusste, er würde schlecht behandelt werden, wenn er sie bekannte.

Am Morgen ging Uhlakanyana zu einer Hochzeitsfeier. Bei seiner Ankunft schaute er dem Tanz zu. Die jungen Mädchen tanzten. Als sie aufhörten, ging er wieder nach Hause. Er kam an einen Hügel und fand essbare Knollen, die er ausgrub. Zu Hause gab er sie seiner Mutter und sagte: »Mutter, koch mir die Knollen, ich gehe jetzt melken.« Die Mutter kochte die Knollen, und als sie gar waren, sagte sie sich: »Ich will einmal kosten, wonach das schmeckt.« Sie kostete, fand sie gut und aß alle auf. Uhlakanyana kam wieder und sagte: »Mutter, gib mir meine Knollen.« Aber die Mutter erwiderte: »Ich habe sie aufgegessen, mein Kind.« Aber Uhlakanyana beharrte: »Gib mir meine Knollen, ich habe sie auf einem kleinen Hügel ausgegraben. Ich war bei einer Hochzeit.« Seine Mutter schenkte ihm einen Melkeimer, er nahm ihn und ging davon. Da traf er Jungen, die Schafe hüteten. Zum Melken hatten sie nur angeschlagene Tongefäße. Er bot ihnen an: »Nehmt meinen Melkeimer, melkt dahinein und gebt mir auch einen Schluck.« Sie nahmen den Eimer, aber der letzte der Jungen zerbrach ihn. Uhlakanyana sagte: »Gebt mir meinen Melkeimer, den ich von meiner Mutter habe. Meine Mutter hat meine Knollen gegessen, die ich auf einem kleinen Hügel ausgrub. Ich war bei einer Hochzeit.« Die Jungen schenkten ihm ein Messer, und Uhlakanyana ging fort. Er traf einige andere Jungen, die Leber aßen und sie mit einem Stück Rinde in Scheiben schnitten. Da gab er ihnen das Messer und sagte: »Nehmt es und schneidet damit. Gebt mir auch etwas ab.« Sie nahmen das Messer, schnitten damit und aßen. Da geschah es, dass beim letzten Jungen das Messer zerbrach. Uhlakanyana forderte: »Gebt mir mein Messer, das ich von den Jungen habe. Sie hatten meinen Melkeimer zerbrochen, den meine Mutter mir gab. Meine Mutter aß meine Knollen, die ich auf einem kleinen Hügel ausgegraben hatte. Ich war bei einer Hochzeit.« Sie gaben ihm eine Axt, und er ging fort. Da stieß Uhlakanyana auf ein paar Frauen, die Feuerholz sammelten. Er sagte: »Mütter, womit zerkleinert ihr euer Holz?« Sie antworteten: »Wir haben nichts, Freund.« Er sagte: »Nehmt meine Axt, zerhackt es damit. Wenn ihr fertig seid, bringt sie wieder.« Da geschah es, dass in der Hand der letzten die Axt zerbrach. Uhlakanyana sagte: »Gebt mir meine Axt, die ich von den Jungen erhielt. Die Jungen haben mein Messer zerbrochen, das mir die anderen Jungen gaben, die meinen Melkeimer zerbrachen, den ich von meiner Mutter bekam. Meine Mutter aß meine Knollen, die ich auf einem kleinen Hügel ausgegraben hatte. Ich war bei einer Hochzeit.« Die Frauen reichten ihm eine Decke. Er nahm sie und ging fort. Da fand er zwei junge Männer, die ohne Decke schliefen. Uhlakanyana fragte: »Ach, Freunde, habt .ihr keine Decke?« Sie antworteten: »Nein.« Da sagte er: »Nehmt meine.« Die beiden deckten sich damit zu. Aber weil die Decke klein war, zerrten sie fortwährend hin und her, bis sie schließlich zerriss. Am anderen Morgen forderte Uhlakanyana: »Gebt mir meine Decke wieder, die ich von den Frauen habe. Die Frauen zerbrachen meine Axt, die mir die Jungen gegeben hatten. Und die hatten mein Messer von den anderen Jungen zerbrochen. Das Messer hatten mir die Jungen gegeben, weil mein Melkeimer entzweigegangen war, den ich von meiner Mutter hatte. Meine Mutter aß meine Knollen, die ich auf einem kleinen Hügel ausgegraben hatte. Ich war auf einer Hochzeit.« Da gaben die Männer ihm einen Schild. So ging er fort. Er traf auf Männer, die ohne Schild mit einem Leoparden kämpften. Er fragte: »Habt ihr keinen Schild?«

»Nein«, antworteten sie. Da sagte Uhlakanyana: »Nehmt meinen und kämpft weiter.« Sie nahmen den Schild und töteten den Leoparden. Aber die Handschlaufe des Schilds war entzwei. Uhlakanyana verlangte: »Gebt mir meinen Schild wieder, den ich von den jungen Männern habe. Sie hatten meine Decke zerrissen, die ich von den Frauen bekam. Die Frauen hatten meine Axt zerbrochen, die mir die Jungen schenkten, die mein Messer zerbrochen hatten, das mir die anderen Jungen gaben. Die hatten meinen Melkeimer zerbrochen, der von meiner Mutter war. Meine Mutter aß meine Knollen, die ich auf einem kleinen Hügel ausgegraben hatte. Ich war auf einer Hochzeit.« Die Männer gaben ihm einen Speer. So ging Uhlakanyana seines Weges.

Was er mit dem Speer tat, das werde ich euch vielleicht ein andermal erzählen.