[swahili, "Geschichte, Legende"]

Märchen aus tausend und einer Nacht Geschichte des Abul Hasan

Man erzählt nämlich, dass Harun Arraschid, Gott erbarme sich seiner! einst eine sehr unruhige Nacht hatte; er rief daher Masrur, das Schwert seiner Rache. Als dieser erschien, sagte ihm der Kalif: »Rufe mir den Barmekiden Djafar!« Als dieser nahte, sprach der Kalif: »Ich bin diese Nacht sehr unruhigen Gemüts, ohne dass ich weiß, warum, und kann nicht schlafen; wie könnte ich wohl diese Unruhe und Qual vertreiben?« Djafar antwortete: »O Fürst der Gläubigen! die Weisen sagen: Frauen besuchen, ins Bad gehen und Gesang hören, vertreibt Kummer und Sorgen.« Der Kalif antwortete: »Alles dies habe ich getan, es half aber nichts; ich schwöre nun bei meinem Vater und bei meinen reinen Ahnen, wenn du meinen Kummer nicht verscheuchest, so schlage ich dir den Kopf ab!« Djafar sagte: »Nun, Herr, so folge meinem Rat; lass uns einen Nachen besteigen und nach einem Ort fahren, Kam Asserat genannt, vielleicht werden wir dort etwas neues sehen oder hören; denn man sagt: durch drei Dinge kann man den Kummer vertreiben: etwas sehen, was man nie gesehen, etwas hören was man nie gehört, etwas erfahren was man nie erfahren. Vielleicht wird, so Gott will, dein Kummer verschwinden. An beiden Ufern sind Fenster und Altane: vielleicht hören wir da etwas, das unser Herz erfreute Djafars Vorschlag gefiel dem Kalifen, sie gingen zusammen mit Fadhl, Ishak, Masrur und Abu Nuwas, bestiegen einen vergoldeten Kahn und die Schiffsleute ruderten dem Ort zu, wohin sie wollten; auf dem Wege dahin hörten sie eine bezaubernde Mädchenstimme, von einer Laute begleitet, folgende Verse singen:

»Steh auf, Freund! der Wein ist klar und die Nachtigall singt auf den Bäumen! Wie lange noch dieses Zögern und Träumen? Erwache! das Leben ist nur geliehenes Gut, nimm ihn aus der Hand eines zarten Jünglings mit Blicken der Liebe, auf dessen Wangen frische Rosen gesäet sind, neben denen rote Kirschen wachsen.«

Als der Kalif dies hörte, erstarrte er und sprach: »O Ishak! was sagst du zu dieser Stimme?« - Ishak, der Gesellschafter des Kalifen, war nämlich der geschickteste Lautenspieler seiner Zeit. Er antwortete: »O Fürst der Gläubigen! mein Ohr hat nie so etwas Vortreffliches gehört; hinter dem Vorhang hören wir jedoch nur die Hälfte: wie muss es erst in der Nähe sein?« Der Kalif, der das weibliche Geschlecht liebte, sagte: »Kommt, wir wollen uns beim Herrn des Hauses als Gäste melden, vielleicht sehen wir sie dann, wie sie vor uns singt.«

Wir stiegen - so erzählt nämlich der Barmekide Djafar - aus dem Nachen, klopften an der Tür des Hauses, aus welchem der Gesang kam, und baten um Erlaubnis hineinzukommen. Es trat hierauf ein hübscher beredter junger Mann zu uns heraus und sagte: »Willkommen, ihr vornehmen Herren! kommt herein und macht es euch bequem!« Er führte uns in ein Haus, das nach vier Seiten frei stand; die Decke der Zimmer war golden und die Wände waren mit Lasursteinen gemauert; man sah darin einen großen Saal mit einem Sofa von Elfenbein und Ebenholz, mit dazu passenden Matratzen und Kissen. Auf demselben saßen fünf Mädchen wie der Mond. Der junge Mann rief ihnen, und sie standen auf. Er wandte sich dann zu mir und sprach: »Herr! ich kann den vornehmsten unter euch nicht unterscheiden; darum setze sich im Namen Gottes der Erste unter euch oben an, und so jeder nach seinem Rang.« Der Kalif setzte sich oben an; die verständigen Worte des jungen Mannes aber gefielen ihm sehr. Jeder nahm seinen Platz ein, bis auf Masrur, der zur Bedienung stehen blieb. Nachdem sie Platz genommen hatten, sagte der junge Mann: »Wenn ihr es erlaubt, meine Gäste, so lasse ich etwas auftragen«, und er befahl, ein Tischchen von Chalandj herzurichten.

Auf sein Geheiß nahten sich vier umgürtete Sklavinnen mit kristallenen und chinesischen vergoldeten Gefäßen in der Hand, worauf die kostbarsten Butterspeisen, Feldhühner und junge Tauben waren. Auf dem Rande des Tischchens waren folgende Verse:

»Brich das Brot und die Kuchen an und lass dir Gebackenes und Geflügel wohlschmecken, strecke dann die Hand nach den Fischen aus und dem wohlgebackenen Brot. Göttlich schmeckt hierauf der Braten mit Gemüsen und sauren Speisen; schon ist der Hafen mit Milch überfüllt, dass die Hand bis zu den Armbändern hineinreicht! O Leben! Geduld! Das Schicksal ist wunderbar: wenn es uns einen Tag beengt, so wird es uns am folgenden wieder leicht.«

Wir aßen bis wir satt waren, dann wuschen wir unsere Hände mit Rosenwasser im silbernen Waschbecken. Endlich sagte der junge Mann: »Ihr habt mir eure Freundschaft bewiesen; wenn ihr nun irgendein Anliegen habt, so sagt es mir, ich werde mir eine Ehre daraus machen, euch gefällig zu sein.« Wir fragten ihn: »Willst du das wirklich tun?« Er antwortete: »Ja.« Wir sprachen zu ihm: »Wir sind nur in dein Haus gedrungen, weil wir von außen eine schöne Stimme gehört haben; wir bitten dich nun, sie uns in der Nähe vernehmen zu lassen, dann werden wir, so Gott will, wieder hingehen, woher wir gekommen sind.« Er sagte: »Gerne«, und rief einer schwarzen Sklavin zu: »lass deine Herrin kommen!« Sie ging weg, blieb eine Weile aus, dann brachte sie einen chinesischen Sessel mit griechischem Seidenstoff überzogen; ihr folgte ein Mädchen wie der Vollmond, wie man nie ein schöneres gesehen; das Mädchen grüßte und setzte sich. Ein anderes Mädchen überreichte ihr ein Futteral von roter Seide, woraus sie eine Laute nahm, die mit Gold und Juwelen besetzt war. Sie legte sie an ihren Busen, und neigte sich zu ihr hin, wie die Mutter zu ihrem Kinde; dann ergriff sie die Saiten und schlug einen Ton an, wie ein Kind, das nach seiner Mutter ruft. Dazu sang sie folgende Verse:

»Die Zeit ist mit dem Gegenstande meiner Liebe zurückgekehrt und ich kann ihm Vorwürfe machen. O Freund! Da du doch wiedergekehrt, so trinke von dem Wein, der, sobald er das Herz berührt, allen Kummer in Entzücken verwandelt. Der Zephyr selbst stand auf und pries ihn im Becher, und ich sah den Vollmond, der einen Stern trug; wie manche Nacht habe ich mit dem Vollmond gekost über dem Tigris, ehe er unterging. Dann neigte er sich zum Untergang, und es war, als ginge ein goldenes Dach über dem Wasser her.«

Als dies diese Verse vollendet hatte, weinte sie heftig, wir aber waren höchst entzückt und ganz außer uns, wegen ihrer schönen Stimme und Gestalt. Der Kalif sprach zu Ishak, indem er sich zu ihm hinneigte: »Was hast du gesehen; O Ishak?« Er antwortete: »O Fürst der Gläubigen! ihre Kunst ist unübertrefflich!« Der Kalif betrachtete dann den jungen Mann, und bewunderte seine Schönheit und Anmut, obgleich sein Gesicht so gelb aussah, als wollte er sterben. Der Kalif sagte: »Junger Mann!« Dieser antwortete: »Was beliebt, O Fürst der Gläubigen?« - Dies wurde ihm nämlich gesagt, während das Mädchen sang. - Der Kalif sprach: »Ich möchte wissen, ob das Gelbe in deinem Gesichte dir angeboren, oder ob es Folge einer Krankheit ist?« - Er antwortete: »O Fürst der Gläubigen! erst später ist es an mich gekommene - »Und wieso? erzähle mir, vielleicht kann dir durch mich geholfen werden.« Der junge Mann sprach: »Höre mich an, ich will dir es erzählen.«

Wisse, O Fürst der Gläubigen! ich bin ein Kaufmann aus der Stadt Oman; mein Vater war auch Kaufmann, besaß viele Güter und trieb einen großen Seehandel; er war ein edler Mann, lehrte mich schreiben und was sonst der Mensch wissen soll. Einst saß ich in meiner Wohnung mit mehreren Kaufleuten, da kam mein Diener und sagte: »Herr! es ist ein Mann an der Türe, der um Erlaubnis bittet, vorgelassen zu werden;« ich erlaubte es ihm und er kam mit einem Träger, der einen zugedeckten Korb auf dem Kopf hatte, den er vor mir niedersetzte. Als ich ihn aufdeckte fand ich seltene Früchte darin; ich dankte ihm, gab ihm hundert Dinare, auch dem Träger seinen Lohn; er ging fort und wünschte mir viel Glück. Ich teilte die Früchte unter die Anwesenden, und fragte die Kaufleute, wo diese Früchte herkommen? Sie sagten: von Bagdad, beschrieben mir die Stadt und fügten hinzu: »Es gibt in der Welt keine angenehmere Stadt als Bagdad, und keine besseren und wohlgesitteteren Leute als die Bewohner derselben.« Ich hatte keine Ruhe mehr, so groß wurde meine Sehnsucht, dahin zu reisen; ich verkaufte zuerst meine Güter und meine Schiffe für hunderttausend Dinare; dann meine Sklaven und Sklavinnen, und mein Vermögen belief sich auf eine Million Dinare, außer den Juwelen und Edelsteinen. Ich bestieg ein Schiff, ließ alles darauf bringen und reiste nach Basrah, wo ich einige Zeit verweilte; ich verkaufte zuletzt auch dieses Schiff und mietete ein anderes, auf das ich mein Vermögen brachte, und fuhr damit nach Bagdad. Daselbst angekommen, fragte ich, wo die Kaufleute wohnen? und man sagte mir: in einem Ouartier, Karch genannt; ich ging dahin, mietete ein schönes Haus in der Safranstraße, ließ alles, was ich bei mir hatte, dahin bringen, und lebte dort recht angenehm. Eines Tages, es war Freitag, begab ich mich in die Moschee, um zu beten; als dies geschehen war, ging ich mit den Leuten heraus nach einem Orte, Karn Asserat genannt, und sah daselbst ein altes Haus mit Altanen nach dem Ufer hin und eisernen vergoldeten Gittern. Die Leute gingen alle nach diesem Gitter zu, ich folgte der Menge und sah einen schönen, alten Mann vor demselben sitzen, kostbar gekleidet, fein parfümiert, mit einem Bart, der wie zwei Silberstangen sich über seiner Brust zerteilte; vier Sklavinnen und fünf Sklaven umgaben ihn zu seiner Bedienung. Ich fragte jemanden: »Wer ist dieser alte Mann?« Man antwortete mir: »Es ist Zaher, Sohn AIas, der sich aller Betrübten in Bagdad annimmt; wer bei ihm einkehrt, kann essen, trinken und schöne Mädchen sehen.« Da sagte ich: »Bei Gott! ich suche schon lange ein solches Haus.« Ich ging also auf den Alten zu, grüßte ihn und sprach zu ihm: »Herr, ich habe ein Anliegen an dich.« Er antwortete: »Komm nur und trage es vor.«

Er stand vor mir auf; ich ging mit ihm hinein und sagte ihm: »Herr, ich wünsche diese Nacht dein Gast zu sein.« Er sagte: »Recht gerne; sieh, mein Sohn, ich habe sehr viele Mädchen im Hause, von zehn bis zu hundert Dinaren, wähle dir eine!« Ich zahlte ihm sogleich dreihundert Dinare aus für einen ganzen Monat. Er ließ mich hierauf ins Bad, und von da in ein Zimmer bringen, wo ein Mädchen war, und der Diener sagte ihr: »Nimm hier deinen Gast!« Sie nahm mich gut auf, ließ mich neben sich sitzen und befahl vier Sklavinnen, die sie umgaben, mir zu essen und zu trinken zu bringen. Sie brachten einen Tisch mit kostbaren Speisen, worauf folgende Verse geschrieben waren:

»Sage, hast du nicht Lust zu Hammelfleisch in einem großen Topf gekocht, das wie Rosenwasser,

Moschus und Ambra duftet? Willst du essen, so greife zu, magst du nicht, so bist du ein Narr.«

Man brachte uns Wein, das Mädchen nahm die Laute und sang; ich verließ sie hierauf und ging zu einer anderen, und fuhr so fort, bis ich zur Schönsten kam, die ein wahres Wunder von Anmut und Liebenswürdigkeit war. Eines Abends hörte ich ein großes Geschrei, fragte, was es wäre, und man sagte mir: »Alle Bewohner der Stadt fahren auf dem Fluss spazierend Der Alte aber sagte mir: »Mein Sohn, wenn du willst, so kannst du alles von hier aus sehen.« Ich stieg daher mit ihm auf die Terrasse, von wo ich eine Menge Volk mit Wachslichtern und Fackeln in großem Gedränge sah. Als ich an das Ende der Terrasse kam, sah ich einen schönen Vorhang vor einer schönen Wohnung; mitten in der Wohnung war ein Sofa von Zypressenholz mit Gold belegt und dazu passenden Kissen und Matratzen, und ein Mädchen saß darauf, ich hatte nie ein schöneres in meinem Leben gesehen. Neben dem Mädchen stand ein Jüngling, der seine Hand um ihren Hals geschlungen hatte und sie küsste; als ich dies sah, o Fürst der Gläubigen! da war ich nicht mehr Herr meiner selbst und wusste nicht mehr, wo ich auf Gottes Erde war, so schön war ihre Gestalt. Als ich dann wieder herunterstieg, erkundigte ich mich nach ihr bei meinem Mädchen, und fragte es: »Was ist das für ein junges Mädchen, das so schön ist, dass mir der Kopf schwindelte Sie lächelte und sagte: »Hättest du wohl Lust, dich ihr zu nähern?« Ich antwortete: »Ja, bei Gott! und kostete es mein Leben.« Da sagte sie: »Das ist die Tochter Zahers und unsere Herrin, wir alle sind ihre Sklavinnen; weißt du, was es kostet, einen Tag bei ihr zuzubringen? Fünfhundert Dinare, und das tut doch dem Herzen eines Kaufmanns wehe.« Ich aber sagte: »Bei Gott! ich will gerne mein ganzes Vermögen für sie hingeben.« Ich konnte kaum den Morgen erwarten, stieg ins Bad, zog ein kostbares mit Gold und Juwelen verziertes Kleid an und ging zum Alten. Er hieß mich willkommen und fragte mich, was ich wolle? Ich sagte: »Ich möchte zu dem Mädchen, das fünfhundert Dinare kostet.« Er sprach: »Glück dazu! willst du die Summe erlegen?« Ich sagte ja, und brachte sogleich fünfzehntausend Dinare für einen ganzen Monat. Er befahl dann einem Diener: »Geh, bringe ihn deiner Herrin Zahra!« Dieser brachte mich in eine Wohnung, dergleichen sich in der Welt nicht wieder findet; als ich hineinkam und das Mädchen dasitzen sah, fiel ich vor Gott nieder und dankte ihm für ein so bezauberndes Geschöpf; sie war so blühend und schön, wie der Dichter sagt:

»Wenn sie mit der Sonne wetteifern wollte, so würden alle Leute sie statt ihres Idols anbeten; wenn sie in das bittere Meer spie, es würde von ihrem Speichel süß werden, und wenn sie im Westen einem frommen Pilger sich zeigte, er würde den Osten lassen, und ihr nach Westen folgen.«

Kurz, o Fürst der Gläubigen! fuhr der junge Mann fort, sie war über alle Beschreibung schön. Als ich sie grüßte, stand sie vor nur auf und hieß mich vielmal willkommen. Ich sah sie gehen, als hebe sie den Fuß aus weicher Erde auf und setze ihn auf harten Stein nieder. Gepriesen sei der, der sie geschaffen! Ich setzte mich neben sie, und sie befahl den Sklavinnen, eine Mahlzeit zu bringen. Da kamen vier junge Mädchen mit einem Tisch voll Speisen, wie man sie nur bei Königen sieht, und stellten ihn vor uns auf. Ich griff nach den Speisen und verlor vor Entzücken meine ganze Besinnung. Als wir genug gegessen hatten, wuschen wir unsere Hände. Man brachte hierauf Wein, eine ihrer Sklavinnen reichte ihr eine Laute, die sie auf ihren Schoß legte und stimmte. Die Laute gab einen so rührenden Ton von sich, wie ein kleines Kind, das nach seiner Mutter schreit, wie der Dichter sagt:

»Wir tranken edlen Wein in der Dunkelheit der Nacht, wenn die Auflaurer schliefen. Sie sang, drückte die Laute an ihren Busen, und ließ Wangen und Halsband darüber herunterhängen, neigte sich liebevoll zu ihr hin als hätte sie ein Kind in ihrem Schoße.«

Ich lebte so, o Fürst der Gläubigen: von einem Monat zu andern, bis ich all mein Geld verschwendet hatte. Eines Tages saß ich bei ihr und dachte, wie ich mich nun von ihr trennen müsse, und weinte. Sie fragte: »Was weinst du?« Ich antwortete: »Über unsere Trennung, o Licht meiner Augen!« Sie fragte wieder: »Und warum müssen wir uns trennen?« Ich antwortete: »Bei Gott! von dem Tage an, als ich zu dir kam, nimmt dein Vater jeden Tag fünfhundert Dinare von mir; nun habe ich aber nichts mehr. Die Leute sagen: die Armut macht einen zum Fremden in der Heimat und der Reichtum ersetzt sie dem Fremden.« Sie aber sprach: »Wisse, mein Vater ist gewöhnt, jedem Kaufmann, der sein Vermögen bei uns verschwendet, drei Tage zu schenken und ihn dann fortzuschicken: fürchte du aber nichts, ich will es so einrichten, dass wir uns nie trennen müssen, denn wisse, mein Vater ist so reich, dass nur Gott weiß, wie viel er besitzt, und all sein Geld gibt er mir aufzubewahren, ich werde dir jeden Tag fünfhundert Dinare geben, die du meinem Vater bezahlst; wie er es mir schickt, gebe ich es dir zurück, und du kannst auf diese Weise, solange Gott will, bei mir bleiben.« Als ich dies hörte, o Fürst der Gläubigen! stand ich auf und küsste ihr die Hand, wir lebten auf diese Weise ein ganzes Jahr fort, bis einst Gott unsere Trennung wollte; sie schlug nämlich eine ihrer Sklavinnen sehr heftig, und diese sagte: »Du hast durch Schläge mir weh getan, bei dem erhabenen Gott! ich will nun auch deinem Herzen weh tun.« Sie ging hierauf zu ihrem Vater und erzählte ihm die ganze Geschichte von Anfang bis zu Ende. Als ihr Vater dies hörte, stand er auf, kam zu mir und sagte: »O Omaner! bei uns ist es Sitte, wenn jemand arm wird, so schenken wir ihm drei Tage: du hast nun schon ein ganzes Jahr genossen.« Er befahl dann einem Diener: »Zieh ihm seine Kleider aus!« Man zog mir meine Kleider aus, gab mir statt derselben alte zerrissene, die keine Drachme wert waren, und schenkte mir zehn Drachmen. Der Alte sagte mir: »Ich werde dich nicht schlagen und dir nichts zuleide tun, geh nur deines Weges, bleibe nicht in diesem Land und erwähne unserer niemals, sonst haftet dein Blut an deinem eigenen Hals.« So ging ich gezwungen fort, ohne zu wissen wohin.

Aller Gram von der Welt drückte mich, als ich an das Geld dachte, das ich hier hergebracht hatte, wie ich mit einer Million Dinare aus meiner Heimat gekommen war, die ich nun in dem Hause dieses versuchten Alten verschwendet hatte, und wie ich nun elend und zerknirscht weggehen musste. Es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer bei Gott, dem Erhabenen! Ich blieb nur noch drei Tage in großer Verzweiflung in Bagdad, und konnte weder essen noch trinken. Am vierten Tag sah ich ein Schiff, das nach Basrah ging, ich bestieg es und gab die zehn Drachmen her. Als wir nach Basrah kamen, ging ich hungrig auf den Markt und sah daselbst einen Gemüsehändler, der mich von früher her kannte; er stand vor mir auf, umarmte mich und fragte, wie es mir gehe, dass er mich in so schlechten Kleidern sehe? Ich erzählte ihm meine ganze Geschichte, und er sagte: Herr, dass ist kein Verfahren eines verständigen Mannes.« Er fragte hierauf: »Was hast du nun vor?« Ich antwortete: »Bei Gott! ich weiß es nicht.« Er aber sagte: »Bleibe bei mir und führe mein Buch, du sollst jeden Tag zwei Drachmen nebst freier Kost haben.« Meine Antwort war: »Gut, alles ist nach der Bestimmung des erhabenen Gottes.« Ich blieb nun bei ihm bis ich hundert Dinare beisammen hatte, mietete mir eine Hütte am Ufer des Flusses und wartete auf ein Schiff, das nach Bagdad segelte.

Eines Tages kam ein Schiff, mit Waren beladen; alle Kaufleute und Großen des Landes gingen, um einzukaufen, und ich mischte mich unter die Menge. Da stiegen zwei Männer vom Schiff; man stellte ihnen zwei Stühle, auf die sie sich setzten. Die Kaufleute begrüßten sie, sie aber befahlen dem Diener, Teppiche auszubreiten. Als dies geschehen war, holten sie einen Sack mit Perlen und Edelsteinen, Karneol, Kristall, Korallen und anderen Steinen. Dann sagten sie: »O ihr Kaufleute, heute verkaufen wir nur dieses. Die Kaufleute überboten dann einander, und es wurden vierhundert Dinare geboten. Da sah mich einer der Leute, die auf dem Schiff waren, und der früher mein Freund war, er kam herunter und grüßte mich. Er fragte mich: »Warum sprichst du nicht mit den Kaufleuten?« Ich antwortete: » Die Unfälle der Welt sind über mich gekommen und haben mir mein Vermögen geraubt; ich besitze nur noch hundert Dinare! so hat die Bestimmung es gewollt.« Ich schämte mich so sehr vor ihm, dass ich weinen musste. Als er mich in diesem Zustand sah, bekam er Mitleid mit mir, und weinte mit mir. Er sagte dann den Kaufleuten, die um ihn herum waren: »Ihr seid meine Zeugen, dass ich diesen Teppich mit allem, was darauf ist, diesem Omaner für hundert Dinare verkaufe, obschon ich weiß, dass er noch einmal so viel wert ist; doch schenke ich es ihm gerne.« Ich wünschte ihm viel Gutes, und alle Kaufleute lobten seine Freigebigkeit. Ich nahm die Waren, ging damit auf den Perlenmarkt, und handelte ein Jahr lang. Nun war unter diesen Edelsteinen auch ein Amulett von Korallen, worauf ganz keine Talismane, die ich nicht verstand, so fein wie Bienenfüße, geschrieben waren; ich nahm dieses Amulett und gab es dem Makler, der damit eine Weile ausblieb, dann kam er wieder und sagte. »Verkaufst du es für zehn Drachmen?« Ich sagte: »Nein, dafür gebe ich es ]nicht her.« Er warf es vor mich hin und ging wieder fort. Ich ließ es an einem anderen Tag wieder ausrufen, da fragte er mich: »Verkaufst du es für fünf Drachmen?« Ich nahm es ihm weg und warf es vor mich hin. Als ich eines Tages so dasaß, kam ein Reisender zu mir, grüßte mich und ich erwiderte seinen Gruß. Er sagte: »Erlaube mir, alles, was du hier hast, genau zu betrachtend Ich antwortete: »Tu, was du willst.« Ich wurde aber missmutig, als er von allen Edelsteinen nichts als dieses Amulett kaufen wollte, und eine große Freude hatte, als sein Blick darauf fiel, und seine Hand küsste. Er fragte mich: »Verkaufst du dies?« Ich sagte: »Ja«, und sah wohl, dass er eine große Lust dazu hatte. Er fragte.- »Wie teuer?« Ich antwortete: »wie viel hast du bei dir?« Er sagte: »Zwanzig Drachmen.« Ich versetzte: »So lass es nur und gehe deines Weges.« Er sprach: »lass mir es um fünfzig Dinare.« Ich glaubte, er mache nur Spaß, und sagte: »Geh, lass mich, scherze nicht mit mir, hier ist kein Ort zum Spaßen. Er sagte dann: »Verkaufst du es um hundert Dinare? um zweihundert, um fünfhundert, um tausend Dinare?« Das alles sprach er lachend, und ich glaubte immer, er scherze nur. Er bot dann noch mehr als tausend, ich aber antwortete vor Zorn nicht mehr. Endlich aber sagte er: »Verkaufst du es für zwanzigtausend Dinare?« Da musste ich lachen und spaßte nun auch mit ihm. Alle Leute des Marktes versammelten sich um uns und riefen mir zu: »Verkaufe es ihm und wenn er nicht bezahlt, so machen wir uns alle gegen ihn auf und treiben ihn aus der Stadt.«

Ich sagte: »Nun in Wahrheit, wie viel Geld hast du?« Er aber fragte: »Verkaufst du es?« Ich antwortete: »Ja, wenn du es kaufen willst.« Da sagte er: »Ich habe dreißigtausend Dinare, verkaufst du es dafür? nimm sie und gib das Amulett.« Ich sprach zu den Anwesenden: »Ihr seid Zeugen. Doch verkaufe ich es nicht, bis du mir sagst, wozu es dient, dass du so viel Geld dafür gibst.« Er sagte: »Mache nur den Handel richtig, dann sage ich es dir, und Gott bürgt mir für deine Aufrichtigkeit.« Ich sagte: »Nun, es sei!« Da freute er sich sehr, nahm das Gold heraus, gab es mir, nahm das Amulett, hing es um seinen Hals und fragte noch einmal: »Bist du zufriedene Ich antwortete: »Ja.« Er sagte dann zu den Anwesenden: »Ihr seid Zeugen, dass er zufrieden ist und den Wert angenommen hat.« Er wandte sich hierauf zu mir und sagte: »Bei dem erhabenen Gott! hättest du noch mehr gefordert, ich hätte dir hundert-, zweihundert-, dreihunderttausend Dinare gegebener Als ich dies hörte, war mir, als sei ich aus dem Schlaf erwacht, das Blut entfloh aus meinem Gesicht, und von damals an wurde ich durch die Bestimmung Gottes, gelobt sei er! so gelb. Ich fragte ihn: »Und wozu dient es?« Er sagte mir: »Mein Sohn, höre meine Geschichte!

Es versammelten sich nun mehr als tausend Menschen um uns, und er sprach: »Wisse! Kaschmir, der große König von Jemen, der ein Dritteil der Welt besitzt, ist der Vater der schönsten Tochter der Welt, die aber die fallende Sucht hat. Der König ließ alle Sterndeuter kommen, um sie zu heilen. Da sagte einer der Anwesenden: O König! ich kenne einen Mann, er heißt Abd Allah aus Babel, und ist der geschickteste Mann auf der Welt, um derartige Krankheiten zu heilen; wenn du willst, so schicke mich zu ihm. Der König gab ihm ein Stück Karneol und hunderttausend Dinare, und der Mann reiste damit nach dem Lande Babel, fragte nach dem alten Mann und brachte ihm die Geschenke. Der Alte nahm sie an und beobachtete sieben Monate lang die Sterne, bis er eine günstige Stunde fand, in der er nach seiner Einsicht die Talismane und Namen auf dieses Amulett schrieb. Der Mann nahm es und brachte es dem König, der es seiner Tochter umhängte. Diese war an vier Ketten gefesselt, jede Nacht musste ein Mann bei ihr wachen, den man des Morgens tot fand. Sobald ihr nun der König dieses Amulett umgehängt, wurde sie durch den Willen des erhabenen Gottes wieder gesund, und von jenem Tag an bekam sie keinen Anfall mehr. Der König freute sich sehr, machte jenem Mann viele Geschenke, und alle Bewohner der Stadt erwiesen ihm Wohltaten. Eines Tages aber machte die Prinzessin mit ihren Sklavinnen eine Spazierfahrt auf dem Fluss und spielte mit ihnen; da streckte eine Sklavin scherzend die Hand nach ihr aus, das Amulett machte sich los und fiel ins Wasser. Die Prinzessin fiel in Ohnmacht und wurde wieder krank wie zuvor. Als der König dies hörte, gab er mir Geld und befahl mir, zum Allen zu gehen, und ein neues Amulett machen zu lassen; als ich aber nach seinem Ort kam, war er schon tot. Gottes Barmherzigkeit sei mit ihm! Der König schickte uns dann zu zehn ab und gab uns viel Geld, um in allen Ländern nachzusuchen, bis mich mein Glück zu dir trieb.« Mit diesen Worten nahm er das Amulett und ging fort. Du hast nun, Fürst der Gläubigen, die Ursache meines gelben Gesichts gehört! Ich kehrte hierauf nach Bagdad zurück, nahm mein Geld mit mir und mietete wieder mein altes Haus. Am Morgen nach meiner Ankunft zog ich mich an und ging nach dem Hause Zahers, Sohn Alas, in der Hoffnung, meine Geliebte wieder zu sehen. Als ich dahin kam, sah ich die Fenster geschlossen; ich blieb eine Weile stehen und dachte über meine Lage und über die Macht des Schicksals nach, bis ich einen Diener sah. Ich fragte ihn, was aus dem Herrn dieses Hauses geworden? Er antwortete: »Mein Onkel, er hat sich zu dem erhabenen Gott bekehrt.« Ich fragte ihn: »Und was hat ihn zu seiner Buße veranlasst?« Er antwortete: »Vor einigen Jahren war ein Mann bei uns, mit Namen Abul Hasan aus Oman, den seine Tochter sehr liebte; als er sie verließ, wurde sie so krank, dass sie vor Gram dem Tode nahe war. Sie erklärte sich nun ihrem Vater, der nach allen Ländern schickte, um ihn aufzusuchen. Er versprach dem, der ihn bringen würde, hunderttausend Dinare. Niemand aber wusste, wo er hingekommen, und man konnte keine Spur von ihm entdecken; die Tochter wurde deshalb immer kränker und nun ist sie dem Grabe sehr nahe. Ihr Vater hat des großen Unglücks seiner Tochter willen alle Mädchen verkauft und sich zu dem erhabenen Gott bekehrt.« Ich sagte dem Diener: »Was wirst du sagen, wenn dir jemand den Abul Hasan zeigt?« Er antwortete: »O ich beschwöre dich bei Gott, hilf mir und meinem Vater aus unserem Elend.« Ich sagte ihm: »Geh hinein und sprich: Abul Hasan aus Oman ist an der Tür und lässt dich grüßen.« Er rief aus: »Was sagst du? Ich beschwöre dich bei Gott, sprich die Wahrheit!« Ich antwortete ihm: »Geh hinein und sage, was ich dir aufgetragene worauf er von mir weglief, wie ein Maulesel, der von der Mühle entflieht. Nach einer Weile kam er wieder mit dem Alten zurück. Als dieser mich sah, grüßte er, umarmte mich und sprach: »Gelobt sei Gott, der dich wohl erhaltenen Mit diesen Worten ging er in sein Haus, gab dem jungen Mann tausend Dinare und kam hierauf wieder zu mir, umarmte mich nochmals und sagte: »Gelobt sei Gott, der dich wohl erhalten! Wo warst du, mein Sohn? deine Trennung hat meine Tochter niedergeschlagen. Komm mit mir herein.« Ich trat mit ihm in seine Wohnung. Er hieß mich sitzen, ging zu seiner Tochter und sagte: »O meine Tochter, lasse einmal diese Krankheit!« Sie erwiderte: »O mein Vater, ich werde nicht eher gesund, bis ich den Geliebten meines Herzens wieder sehe; wäre mir doch vergönnt, auch nur einen einzigen Blick auf sein Antlitz zu werfen.« Er aber sprach: »Ich gelobe, dich mit deinem Geliebten zu vereinigen; geh nur zuerst ins Bad und iss etwas.« Als sie diese Worte hörte, rief sie: »Sprichst du wahr?« Hierauf sagte der Alte zu seinem Diener: »Geh zu dem Herrn, der eben angekommen ist.« Er kam zu mir, und ich trat mit ihm hinein. Kaum hatte das Mädchen mich erblickt, o Fürst der Gläubigen! so fiel sie in Ohnmacht. Als sie wieder zu sich kam, seufzte sie tief und sprach diese Verse:

»Sobald ich ihn noch beim Leben sah, erschrak ich so sehr, dass ich ihm nichts erwidern konnte.«

Sie setzte sich dann aufrecht und sagte: »O mein Herr, bei Gott, ich habe geglaubt, dich nur im Traume wieder zu sehen!« umarmte mich und weinte heftig. Hierauf sagte sie ihrem Vater: »Geh, reiche mir etwas zu essen.« Der Alte freute sich sehr darüber, und brachte ihr Speisen und Getränke; wir aßen und tranken. Ich brachte einige Zeit bei ihr zu: ihre Schönheit und Anmut kehrten aber zusehends wieder. Dann ließ ihr Vater den Kadi und die Zeugen rufen und verheiratete mich mit ihr: nun ist sie meine Gemahlin, o Fürst der Gläubigen, und ich habe schon einen Knaben von ihr.

Er brachte dann einen Knaben herbei, schön wie der aufgehende Mond, er küsste die Erde vor dem Kalifen; der Kalif nahm ihn zu sich, küsste ihn und pries Gott für seine Schönheit.

Der Kalif, dem diese Geschichte sehr wohl gefiel, stand auf, indem er zu Djafar sagte: »Bei Gott, das ist eine wunderbare Begebenheit!« Sie gingen dann miteinander in den Palast des Kalifen. Als dieser am folgenden Morgen auf dem Thron saß, rief er Masrur, und ließ ihn drei Ladungen Geld, eine von Bagdad, eine von Arsan und eine von Basrah zusammentragen, bis es eine so ungeheure Summe ausmachte, dass nur Gott sie zählen konnte; er befahl dann Djafar, den jungen Mann zu rufen. Er ging zu ihm, klopfte an der Tür, und als er zu Djafar herauskam, sagte er zu ihm: »Der Fürst der Gläubigen lässt dich rufen!« Als er mit ihm zum Fürsten kam, küsste er die Erde, nahte sich zitternd und ließ seine Hände herunterfallen, denn er fürchtete sich, er habe in etwas gegen den Kalifen verstoßen, dessen Reich Gott verewige und dem Gott seine Huld zuströmen lasse! Der Kalif hieß ihn den Vorhang, den er über das Geld hatte decken lassen, wegnehmen. Als der junge Mann den Vorhang wegnahm und das viele Geld sah, erschrak er und schwieg. Der Kalif sagte ihm: »Ich schenke dir dieses Geld als Ersatz für das, was du bei dem Amulett verloren.« Der junge Mann antwortete: »O Fürst der Gläubigen! das ist ja mehr als noch einmal so viel.« Der Kalif sprach zu den Anwesenden: »Ihr seid Zeugen, dass ich dieses Geld diesem jungen Manne schenke.« Derselbe trat dann vorwärts, küsste die Erde und schwieg; er schämte sich und weinte, es flossen Tränen über seine Wangen; mit Erlaubnis des erhabenen Gottes kehrte das Blut wieder in sein Gesicht zurück, und es war wie der Vollmond. Als der Fürst der Gläubigen ihn sah, sagte er: »Es gibt keinen Gott, außer Gott! gepriesen sei der ewig Unveränderliche! sieh einmal in den Spiegel!« Als er sein Gesicht gesehen, fiel er dankend vor Gott nieder, und dankte auch unserem Herrn Harun Arraschid, dem Fürsten der Gläubigen. Der Kalif sprach: »Bei der Herrlichkeit Gottes und seinem vollkommenen Wesen! ich nehme keinen Drachmen von diesem Geld! Ich schenke dir alles, und was ein Edler verschenkt, nimmt er nicht zurück.« Er ließ das Geld in sein Haus tragen, nahm in auf immer in seine Dienste, machte ihn zu seinem Gesellschafter, und sie lebten in Wonne, Freude und Annehmlichkeiten, bis ihnen der Herr der Welten den Tod sandte.

Doch was ist dies im Vergleich zur Geschichte der Hajat Alnufus mit Ardschir?