[swahili, "Geschichte, Legende"]

Ganul, der Zigeuner

Es war einmal, wie niemals zuvor. Es war einmal, was war, doch war es kein so großes Wunder; denn es handelt sich nur um einen Zigeuner namens Ganul. Wie sollte das auch ein großes Wunder sein? Denn Zigeuner hat es immer gegeben; hier gab's Zigeuner, dort Zigeuner, hüben Zigeuner, drüben Zigeuner, überall stößt du auf Zigeuner und immer begegnest du Zigeunern; ja manchmal sehen wir sogar einen Mann, der noch zigeunerischer ist als alle Zigeuner.

Mein Zigeuner aber und der eure, von dem ich erzählen will, war in einer Beziehung Zigeuner wie andere Zigeuner auch, er war nämlich bettelarm, der Arme, so dass er manchmal, ja sogar meistens von gebratenen Grobheiten lebte, die in gebackene Entbehrungen eingewickelt waren; in anderer Beziehung aber unterschied er sich von den andern Zigeunern. Er hatte nämlich Verstand. Es können auch mal Zigeuner verständig sein, aber nur in seltenen Fällen; denn im Allgemeinen sagt man dass die Zigeuner alle dumm seien. Der Zigeuner Ganul also besaß Verstand, wirklich, wie hätte es auch anders sein können, wenn er ohne jedes Handwerk, ohne Fiedel, ohne eigenen Herd, ohne Haus und ohne Tisch, nur mit einer Erdhütte, die aber auch nicht ihm, sondern seinem Paten gehörte, leben musste wie er konnte, von einem Tag zum anderen aber er lebte schlecht.

Dabei stand der Zigeuner Ganul nicht allein da; denn er hatte auch ein Weib, von dem er sechs Bengel, das heißt Zigeunerjungen bekommen hatte. Jetzt kann wohl niemand mehr behaupten, dass Ganul, der Zigeuner, ein Mann ohne Verstand gewesen sei, da er es, so arm er war, dennoch gewagt hafte, eine Familie zu gründen. Denn wenn wir überlegen, dass er mit seiner Armut sechs Kinder großzog, oder besser gesagt; nach Zigeunerbrauch groß wachsen ließ, so wie nun einmal alle Zigeuner ihre Kinder groß wachsen lassen, ist das nicht eine große Sache? Doch, das ist eine bewundernswerte Sache.

Schließlich aber war der Zigeuner Ganul doch am Ende seiner Künste. Die Leute aus dem Dorfe hatten ihm schon seit langem nichts mehr gegeben, jetzt aber bekam er seit einigen Tagen nicht einmal von seinem Paten mehr etwas zum Beißen, womit er seine Kinnbacken beschäftigen und seinen Magen hätte stopfen können.

Was war da zu tun? Die Entbehrungen hatte er satt wie die sauren Äpfel; Mangel - das wäre noch angegangen, aber er hatte ja gar nichts mehr, und seine Kinder warfen sich zu Boden vor Hunger, und seine Frau war dem Wege, es auch zu tun.

Was war da also zu machen? Er blies Trübsal, er dachte nach und berechnete, was er tun solle. Wohin sollte er sich wenden? Was sollte er beginnen? Stehlen zu gehen, kam nicht in Frage; denn zum Stehlen braucht es geschickte Menschen, flinke Menschen und Leute mit Mut, die sich wehren können, aber, wenn es nötig ist, auch rechtzeitig zu laufen verstehen. Zu so etwas sollte er geeignet sein? Nein, denn nicht nur, dass er keinen Mut hatte, er konnte nicht einmal laufen; denn er war lahm vor Hunger, weil er seit drei Tagen nicht mehr gegessen hatte.

Was sollte er also tun? Er dachte weiter nach und überlegte es sich noch einmal; dann kratzte er sich am Kopf, vielleicht aus Kummer, wenn nicht aus andern Gründen. Schließlich kam er zur Überzeugung, Gott sei schuld, dass er arm sei und deshalb vor Hunger sterben müsse. Wenn Gott nicht gerade die Ursache wäre, so wäre alles noch gewesen, wie es nun einmal war. So aber war der Zigeuner sehr verzweifelt. Zum Schluss gab er es auf; dann aber dachte er wieder daran, dass es nicht gut sei, wenn es so bliebe; dass es so überhaupt nicht bleiben könne, denn er hatte nichts mehr zu essen.

So sagte er denn zu seinem Weib: »Du, Alte!«

»Was gibt es, Ganutz?«

»Es steht schlecht«, sagte der Zigeuner, sich am Kopf krauend, »wer weiß, warum es so schlecht steht, aber schlechter kann es gar nicht sein; denn jetzt haben wir wirklich nichts mehr zu essen. Bis jetzt haben wir noch von hier und dort etwas bekommen, jetzt aber scheint es nicht mehr mit rechten Dingen zuzugehen; wir bekommen von niemandem mehr etwas, und so können wir nicht weiter leben. Mach mir einen Aschenkuchen, weißt du? aufgeweicht in frischem und klarem Bachwasser, damit ich auf dem Wege etwas zu essen habe; denn ich gehe jetzt zu Gott, um mit ihm zu hadern, weil er uns so schlecht behandelt; wo wir doch alle seine Kinder sind und er unser aller guter Vater ist.«

»Es ist richtig, was du sagst, lieber Ganutz«, antwortete sein Weib und seufzte schwer, »du hast Recht, ich will dir sofort den Kuchen machen, und dann geh; denn so können wir nicht weiter leben.«

Die Zigeunerin machte sich an die Arbeit, brachte frisches und klares Wasser aus dem Bach, nahm zwei Schüsseln mit Asche, weichte sie auf und knetete sie, wie es sich gehört; du hättest nur sehen sollen, wie sie knetete, sie knetete und beutelte es so, dass du geglaubt hättest, sie wolle im Backofen zwanzig Brote und einige Maiskuchen backen. Bald wurde der Kuchen auf den Herd gestellt und gebacken, bis er fertig war.

Und der Zigeuner brach auf mit der Absicht, bis zu Gott zu gehen, den er schlagen wollte, wenn er ihm nicht helfen würde. Er ging und wanderte lange und aß dann die Hälfte des Kuchens. Er hatte nicht gerade einen langen Weg zurückgelegt; denn er konnte nicht eben schnell gehen, weil er, wie ich euch schon sagte, lahm vor Hunger war. Wie er so seines Weges ging, siehe, da begegnete er einem alten Mann.

Es war der liebe Gott, der Menschengestalt angenommen hatte und dem Zigeuner entgegengekommen war, um etwas zu tun, was auch ihn zufrieden stellte. »Guten Abend, Zigeuner«, sagte Gott zu ihm. - »Gute Gesundheit, Alter!«

»Wohin gehst du?«

»Lass mich in Ruh, halte mich nicht auf«, fuhr ihn der Zigeuner an, »denn ich will jetzt zu Gott gehen, um mich mit ihm zu schlagen.«

»Weshalb willst du dich denn mit ihm schlagen?«

»Weil er mir nicht zu essen gibt und mich mit Frau und Kindern vor Hunger zugrunde gehen lässt. Ich gehe jetzt einmal nachsehen; entweder gibt er mir etwas, oder es geht uns beiden schlecht.«

»Lass ab von deinem Plan; denn Gott wirst du doch nicht finden. Sieh, ich will dir helfen und lasse dich mit deinem Weib und deinen Kindern nicht vor Hunger sterben. Schau her und nimm diesen Tisch; wenn du zu ihm sprichst: Tischlein mein,
mit Seide fein,
sei bedacht,
bedeckt zu sein,
mit viel Speisen,
Zigaretten,
und mit gutem,
rotem Wein!
dann wird sich der Tisch bedecken mit allerlei Speise und Trank, von denen du, wenn du hungrig bist, immerzu essen kannst, bis du satt bist. Und wenn du gesättigt bist, musst du sagen: Sammle ein,
Tischlein fein;
alle Speisen
und Brosamen
halt fürs nächste
Mal beisammen,
und sofort wird alles, was übrig geblieben ist, eingesammelt sein und verschwinden, und du kannst deiner Arbeit nachgehen und deine Frau der ihren; denn ihr braucht euch nun nicht mehr um das, was dem Mund und dem Bauch zukommt, zu plagen.«

»Ich danke dir«, antwortete der Zigeuner, »und küsse dir die Füße, die Hände, die Fußsohlen, den Rücken und alle andern Körperteile: Gott vergelte dir, was du mir gegeben hast; so brauche ich wenigstens nicht mehr zu arbeiten, und die Rumänen können nicht mehr die Hunde auf mich hetzen!«

Es war viel für den Zigeuner, diese Worte hervorzubringen; denn er redete sehr eilig und wusste kaum noch, was er sprach. Sein einziger Gedanke war nun der, wie er jetzt, essen und sich sättigen sollte; denn so etwas hatte er noch niemals gesehen. Er kehrte also auf dem eingeschlagenen Weg um; denn jetzt hatte er ja, was er für den Mund brauchte. Kaum konnte er es erwarten, einen versteckten Platz zu finden, um zu essen, was sein Herz begehrte. Zu seinem Glück fand er in der Nähe eine Grube in der Erde; hier setzte er sich, obwohl es Abend war, nieder, um sein Mittagessen einzunehmen.

Vorher aber nahm er den halben Aschenkuchen aus seinem über und über geflickten Zwerchsack, sah ihn an und sagte: »Du Aschenkuchen, mit dir hatte ich mehr zu tun, als mit allem übrigen auf dieser Welt. Ich habe wohl gemerkt, dass du schlecht bist, aber ohne dich wäre es mir noch schlechter ergangen. Jetzt brauche ich dich nicht mehr; denn von nun an wird nicht einmal der rumänische Pope besser leben als ich lebe. Also fort mit dir, damit ich dich nicht mehr sehe!« Indem er dies sagte, warf er ihn fort, so dass nicht einmal ein Krümchen mehr von ihm übrig blieb. Dann nahm er den Tisch, stellte ihn schön auf den Boden, leckte sich einmal über die Lippen und sagte dann: Tischlein mein,
mit Seide fein,
sei bedacht,
gedeckt zu sein,
mit viel Speisen,
Zigaretten,
und mit gutem,
rotem Wein!
Er hatte kaum diese Worte beendigt, da begann der Tisch sich mit allerlei Speisen und Getränken zu füllen, mit Zigaretten und mit allem, was auf einem herrschaftlichen Tisch zu finden ist. Es gab fette Suppe mit Teigsternchen, die zu funkeln schienen, es gab Kraut mit Speck und Blutwurst, es gab gebratenes Spanferkelfleisch, es gab Pfannkuchen, es gab - ach, wie viel es da noch gab! Wer könnte damit fertig werden, alles aufzuzählen, was es hier gab, so viel war da aufgetischt. Dann gab es guten, roten Wein, den nur die großen Herren trinken, und schließlich gab es noch etwas, was dem gesättigten Menschen sehr nützlich ist, nämlich Zigaretten. Aber wisst ihr, was für Zigaretten? Bei Gott, es waren solche mit Strohmundstück, die nur die Herren, und zwar solche Herren rauchen, die eine große und volle Geldtasche haben. All dieses war auf dem Tisch des Zigeuners Ganul zu finden. Als der Zigeuner das alles sah, traute er seinen Augen nicht Er hatte gehofft, dass der geheimnisvolle Tisch ihm höchstens Balmosch, einen Maisbrei mit Käse, Rahm und Milch, bieten werde, nicht aber solche Speisen, die er gar nicht kannte, weil er niemals etwas Ähnliches gesehen hatte. Als er aber erst den Wein sah! Wein, desgleichen niemand aus Ganuls Sippe, ja nicht einmal sein Pate jemals gekostet hatte. Er werde von nun an, so dachte er, jeden Tag solchen trinken und sich wie die großen Herren dabei vergnügen.

Er machte sich also ans Essen, und ausgehungert wie er nun einmal war, vor allem aber auch aus Freude am Essen, sättigte er sich, bis er wie ein gefüllter Käsebalg war. Dann aß er noch ein wenig, trank noch Wein, aß wieder, trank noch einmal, schließlich zündete er eine Zigarette an, rauchte sie auf bis ans Ende, den Stummel der Zigarette aber warf er in den Mund nach altväterlichem Zigeunerbrauch und legte ihn auf einen Backenzahn. Als er nun gut gesättigt war, sagte der Zigeuner zum Tisch: Sammle ein,
Tischlein fein;
alle Speisen
und Brosamen
halt fürs nächste
Mal zusammen.
Als er diese Worte gesprochen hatte, verschwanden alle Speisen, die auf dem Tisch geblieben waren, so schnell, als ob sie niemals drauf gewesen wären. Dann nahm er den Tisch auf den Rücken und machte sich auf den Weg heimwärts. Aber wie er es machte, wie er es nicht machte, was er sich dachte, was er sich nicht dachte, er kehrte bei seinem Paten ein, der ein Rumäne war. Vielleicht kehrte er deswegen ein, weil es sehr dunkel war und er sich fürchtete, weiter zu gehen. Er selbst hatte nicht die Absicht gehabt, hineinzugehen, nun war er aber drinnen, und die Furcht ist eine große Herrin, besonders für einen Zigeuner.

Sein rumänischer Pate, gastfreundlich wie es alle Rumänen, besonders zu ihren Patenkindern sind, lud ihn zum Abendessen ein, das gerade damals aufgetragen wurde. Das Abendessen reichte aus; denn der Rumäne bereitete immer so viel Essen, dass es ausreicht und, dass es an nichts mangelt. Es war ein Maisbrei, in dessen Schatten man die Sense hätte dengeln können, und er war auf ein Tuch gestellt. Eine Schüssel, so groß wie ein halbes Scheffel, war voller Sauerkraut, das geröstet war, wie es sich gehört, und auch kleine Fleischbrocken enthielt. Vom Kraut aß der Zigeuner, aber nicht zu viel; doch als in die andere Schüssel, in der der Maisbrei eingebrockt war, Buttermilch gegossen wurde, nahm er sich, nahm sich davon, dass man glauben musste - und so glaubte auch der Pate -, er habe seit drei Tagen nichts mehr gegessen. Er hatte ja genug gegessen, der Arme; weil aber die Buttermilch das Schmackhafteste, und Feinste an dieser Speise war, hätte sonst etwas geschehen können, als dass von der Buttermilch etwas hätte übrig bleiben dürfen.

So dachte er und handelte danach; denn während er in der Buttermilch schlemmte, hatte er vergessen, dass er kurz vorher satt geworden war, und da er sich am Tische seines Paten solches getraute, nahm er, als die andern aufgehört hatten, die Schüssel, stellte sie auf seinen Schoß und leerte sie vollends.

Nach dem Abendessen wollte der Zigeuner aufbrechen, sein Pate aber sagte: »Geh nicht, Patenkind, damit du dich nicht in dieser dunkeln Nacht in den Gassen des Dorfes verirrst, bleibe und schlafe bei uns, da du nun einmal einen Ort hast, wo du übernachten kannst. Sieh, meine Frau bringt dir Stroh her ins Zimmer und macht dir ein Bett, dass du gut ruhen kannst.«

»Ich bleibe. Aber seht hier meinen Tisch, ich habe ihn heute von einem alten Mann bekommen. Lasst es euch nicht einfallen, zu ihm sagen: Tischlern mein,
mit Seide fein,
sei bedacht,
gedeckt zu sein,
mit viel Speisen,
Zigaretten,
und mit gutem,
rotem Wein!
denn dann füllt er sich mit allerlei Speisen und Getränken, und ihr wisst nicht, was ihr sagen sollt, damit er wieder alles abräumt; man muss nämlich sagen: Sammle ein,
Tischlein fein;
alle Speisen
und Brosamen
halt für nächste
Mal zusammen.
Wenn ihr mir versprecht, dass ihr euch an meine Worte halten wollt, dann will ich bleiben; wenn nicht, dann gehe ich.«

»Wie sollten wir dir nichts gehorchen, Patenkind, wir haben doch nichts mit deinem Tisch zu tun, deswegen kannst du doch ruhig schlafen, wir werden uns nicht um ihn kümmern.« Der Zigeuner legte sich schlafen, auch die anderen beiden legten sich nieder, der Zigeuner auf die Herdbank, die andern beiden ins Bett. Der Zigeuner schlief bald ein, denn er war müde und voll gegessen. Der Pate und die Patin aber waren nicht schläfrig; denn sie hatten die Absicht, herauszufinden, was der geheimnisvolle Tisch des Zigeuners leisten könne.

Als die Hähne zum ersten Male krähten, stand die Patin leise auf, zündete das Licht an, und sobald auch der Pate aufgestanden war, nahmen sie den Tisch, trugen ihn in die Stube, verschlossen die Tür hinter sich, und die Patin sagte zum Tisch: »Tischlein mein,
mit Seide fein,
sei bedacht,
gedeckt zu sein,
mit viel Speisen,
Zigaretten,
und gutem,
rotem Wein!«
so, wie sie es vom Zigeuner gehört hatte: kaum hatte sie diese Worte gesprochen, verwunderten sie sich sehr; denn sie sahen, dass es wahr war, was ihnen der Zigeuner, ihr Patenkind, gesagt hatte. Dies könnten auch wir gebrauchen, dachten sie, wie müssen wir es anstellen, dass wir es dem Zigeuner abnehmen? Schließlich sagte die Patin: »Mann, komm, wir verstecken diesen Tisch!«

»Was wird aber der Zigeuner dazu sagen?«

»Wir geben ihm unseren Tisch vom Boden, der sieht diesem ähnlich.«

Gesagt, getan. Sie brachten den Tisch vom Boden herunter, wuschen ihn, stellten ihn ins Zimmer; dann legten sie sich wieder zu Bett und schliefen bis in den hellen Tag.

Am Morgen stand der Zigeuner auf, dankte für die Gastfreundschaft, verabschiedete sich und ging. Als er in die Türe seiner Erdhütte trat, rief er: »Holla, meine Alte und meine Jungens, von jetzt an werdet ihr nicht mehr hungern, sondern ihr werdet wie Herren leben. Kommt, liebe Kinder, um diesen Tisch herum, und wartet, bis ich anordne, dass die Speisen kommen.« Und er fing an: »Tischlein fein,
mit Seide fein,
sei bedacht,
gedeckt zu sein,
mit viel Speisen,
Zigaretten,
und mit gutem,
rotem Wein!«
Da stand die Zigeunerin, da standen die Kinder mit offenem Mund, aber auch der Zigeuner stand da und wartete, dass etwas geschehe; aber es geschah nichts. Er sagte seinen Spruch noch einmal, er sagte ihn ein zweites und ein drittes Mal, aber es half nichts. Schließlich geriet er in Zorn, nahm die Axt und zerhackte den Tisch in lauter Stücke. Dann sagte er zu seiner Frau: »Du, Frau, ich sehe, dass Gott mich betrogen hat; denn er hat mich das Geschenk nicht behalten lassen, das mir der Alte mit dem Tisch gemacht hat. Mach mir wieder eine Aschentorte, wie du sie mir gestern gemacht hast; denn ich will mich gleich wieder aufmachen, und wo ich Gott finde, dort will ich ihn schlagen, bis er mir alles das gibt, was ich brauche. Hast du verstanden?«

»Ich hab's verstanden, lieber Ganutz, ich hab's verstanden, aber du siehst doch, dass ich mich kaum mehr rühren kann, weil ich vor Hunger ganz schwach geworden bin. Hörst du denn nicht, wie die Kinder jammern und schreien und Essen verlangen? Kannst du es anhören? Und wenn du es nicht hörst, sieh mich an, und dann sage mir, was soll ich tun, wie sollen wir noch weiter unser Leben fristen?«

»Jetzt, mein liebes Weib, tu, was du tun kannst, und bereite mir den Kuchen, denn um euretwillen gehe ich doch dorthin, wohin ich jetzt gehe. Wenn du damit fertig bist, gehe und verlange noch einmal etwas von den Nachbarn oder von andern Rumänen, denn dafür hat dir doch Gott einen so großen Mund gegeben.«

Die Zigeunerin sagte nichts mehr, denn sie wusste gut, aus welchem Grund sie nichts mehr verlangen konnte; weil nämlich alle ihre Betteleien satt hatten und niemand mehr ihr etwas gab. So machte sie also einen neuen Aschenkuchen, so wie sie den ersten zubereitet hatte, buk ihn, wie es sich gehört, und gab ihn ihrem Mann.

So zog der Zigeuner wieder aus, den Aschenkuchen im Zwerchsack mit den vielen Flicken.

Doch er ging nicht lange; denn an der Stelle, an der er gestern dem alten Mann - der der liebe Gott war - begegnet war, begegnete er ihm auch heute. »Wohin gehst du, Zigeuner?« fragte ihn Gott, der wieder die Gestalt eines alten Mannes angenommen hatte. »Jetzt gehe ich wirklich zu Gott, um mich mit ihm zu schlagen.«

»Aber warum denn?«

»Weil er nicht für mich sorgt, das ist das eine; zweitens aber hast du mir gestern eine Wohltat erwiesen, als du mir den Tisch schenktest, der mir immer zu essen geben sollte. Einmal hat er es mir auch gegeben, heute morgen aber, als ich mit ihm von meinem Paten kam, wollte er mir nichts geben, und deshalb gehe ich wieder dorthin, wohin ich gestern gehen wollte, du aber hältst mich auf.«

»Bleib stehen, Zigeuner, und gehe nicht weiter; siehst du das Pferd, das neben uns steht? Packe es am Zügel und nimm es mit; denn es wird dir von großem Nutzen sein. Wenn du zu ihm sagen wirst: Gib, mein Sieben-
bürgisch Pferdchen,
mir aus vollem Mund
viele Kreuzer,
breite Taler
und viel Gulden rund,
dann wird es allerlei Geld von sich speien, und davon kannst du verwenden, soviel du willst, was aber übrig bleibt, wird es wieder einschlürfen, wenn du ihm sagst: Schlürf sie ein,
die Kreuzerlein,
aus dem Grase
in die Nase.«
»Ich danke dir, guter Mann, du hast mir eine große Wohltat erwiesen. Hättest du das nicht getan, ich wäre geradeswegs zu Gott gegangen. Bis ich ihn gefunden hätte, wäre ich nicht mehr still gestanden.« Der Zigeuner hätte noch mehr gesagt, aber der Alte war verschwunden, und so kehrte er denn nach Hause zurück. An der Stelle aber, wo er gestern gegessen hatte, blieb er stehen, um zu sehen, ob es wahr sei, was der wohltätige Alte von dem Pferd gesagt hatte. Er führte das Pferd in die Grube und sprach: Gib, mein sieben-
bürgisch Pferdchen,
mir aus vollem Mund
viele Kreuzer,
breite Taler
und viel Gulden rund.
Sogleich, o Wunder! begann das Pferd aus Mund und Nase Geld auszuspeien, dass sein Glanz die Augen blendete. Es waren große dicke Taler, es waren Gulden, große und kleine, mit einem Wort: es war so viel Geld, wie es sicherlich niemand so reichlich besaß. Der Zigeuner freute sich noch mehr als gestern; denn er dachte daran, dass das Geld das Rad der Welt ist, und er werde nun, im Besitze so vielen Geldes, tun, was ihm beliebte, er werde nun gut leben und werde sich einige Höfe anlegen, wie sie ähnlich niemand auf dieser Welt besaß. Er füllte sich also die Taschen mit Geld, und was noch am Boden liegen blieb, schlürfte das Pferd auf, als er sprach: »Schlürf sie ein,
die Kreuzerlein,
aus dem Grase
in die Nase.«
Dann zog er weiter, bis er; zu einem Wirtshaus kam; dort trat er ein, aß und trank und lebte, wie es sein Herz begehrte, wofür er dann, ohne zu zählen, Geld hingab.

Als es Abend wurde, machte er sich heimwärts auf, da es aber dunkel war und er Angst hatte, nach Hause zu gehen, kehrte er wieder beim Paten ein. »Guten Abend, Pate, ich komme wieder...«

»Gute Gesundheit, Patenkind, gut, dass du kommst; denn uns tut es immer wohl, wenn unsere Patenkinder uns besuchen. Du, Alte, sieh zu und beeile dich mit dem Abendessen, damit wir gemeinsam speisen. Bis dahin, Patenkind, setz dich dort auf den Stuhl.«

»Ich würde gerne sitzen, Pate, ich danke schön, ich habe aber draußen ein kostbares Pferd und fürchte, dass es mir gestohlen wird. Sei so freundlich und weise mir einen Platz an, irgendwo, wo das Pferd angebunden werden und wenigstens ein paar Heustängel vorgesetzt bekommen kann.«

»Warum nicht, Patenkind, sehr gern! Geh hinaus, Knecht, und sieh nach dem Pferd meines Patenkindes, führe es in den Stall und gib ihm Heu zu fressen, damit es nicht hungrig bleibt.« So sprach der Pate, denn wenigstens damit wollte er dem Zigeuner seinen Tisch vergelten, zudem aber meinte er: »Wer weiß, was es wieder mit diesem Pferd auf sich hat, und wie viel es wert ist.«

»Pate, ich bitte dich noch um die Güte, mir einen Tropfen Wasser zu trinken zu geben.«

»Lass doch, Patenkind, du sollst kein Wasser trinken, sieh, hier hat meine Alte aus dem Keller einen Krug voll Branntwein gebracht; kosten wir ihn, bis das Nachtmahl fertig ist.«

So taten sie es denn auch. Der unvernünftige Zigeuner betrank sich ein wenig; und als das Nachtmahl aufgetragen wurde, aß er; danach aber wollte er aufbrechen. »Ich bitte dich, Pate, gib mir mein Pferd, denn ich will nach Hause gehen«, sagte der Zigeuner und konnte kaum auf den Füßen stehen. »Oh, daran sollst du gar nicht denken, Patenkind, bleibe bei uns über Nacht, du wirst doch nicht durch eine solche Finsternis gehen, wenn du einen Platz hast, wo du schlafen kannst. Du, Alte, geh und bring ein wenig Stroh und mach dem Patenkind ein Bett, damit er sich niederlegt und ausruht; denn er ist müde. Und du, Knecht, sollst gut Acht haben auf das Pferd meines Patenkindes.«

»Ich will bleiben«, antwortete der Zigeuner, »dass ihr euch aber nicht verleiten Lasst, zu meinem Pferd zu sagen: Gib, mein sieben-
bürgisch Pferdchen,
mir aus vollem Mund
viele Kreuzer,
breite Taler,
Gulden, gelb und rund!
sonst speit es so viel Geld, dass ihr nicht Platz genug habt, es aufzubewahren, und nicht wisst, was ihr damit anfangen sollt. Und nachher würdet ihr nicht wissen, dass ihr dem Pferde sagen müsst: Schlürf sie ein,
die Kreuzerlein,
aus dem Grase
in die Nase,
denn nur bei diesen Worten schlürft es sie wieder ein. Wenn es das nicht tut, werden die Diebe bald wissen, was ihr besitzt, werden kommen und euch ermorden und das Pferd stehlen.«

»Nein, nein, nein, Patenkind, sei unbesorgt, wir sind nicht solche Menschen.« Da der Zigeuner müde und ziemlich betrunken war, schlief er bald ein, so dass er nichts mehr von sich wusste. »Was sollte das nun wieder sein?« sagte etwas später die Patin zum Paten, »Lass uns aufstehen und versuchen, ob es wahr ist, was unser Patenkind sagt.« Sie standen auf, gingen in den Stall und sprachen zum Pferd: »Gib, mein sieben-
bürgisch Pferdchen,
mir aus vollem Mund
viele Kreuzer,
breite Taler,
Gulden, gelb und rund!«
Was sie nun sahen, versetzte sie in Staunen, das Pferd erbrach unzählige Geldstücke. Ah, dachte der Pate, dieses Pferd wird uns gute Dienste tun. Dem Patenkind werden wir eines von unsern geben, er kennt dieses ohnehin nicht so genau. Er sagte also zum Pferd: »Schlürf sie ein,
die Kreuzerlein,
aus dem Grase
in die Nase.«
So machten sie es denn auch. Am Morgen, als der Zigeuner aufstand, nahm er das Pferd, das ihm der Pate gab, und brach heimwärts auf. Dort angekommen, sagte er zu der Zigeunerin:«Du, Alte, jetzt sind wir die Armut losgeworden, wir haben jetzt Geld und mehr noch, als wir nötig haben, sieh, was jetzt geschieht, wenn ich sage: »Gib, mein sieben-
bürgisch Pferdchen,
mir aus vollem Mund
viele Kreuzer,
breite Taler,
Gulden, gelb und rund!«
Er wartete und wartete, dass das Pferd Geld speie, aber umsonst. Er sagte noch einmal seinen Spruch, auch ein zweites Mal. Dann sah er ein, dass er dennoch nichts bekommen werde, nahm die Axt und schlug das Pferd tot. Dann durchsuchte er seine Taschen und fand einen Taler, der am Vortage zurückgeblieben war, den gab er der Zigeunerin und sagte: »Geh, Alte, irgendwohin und kaufe für dies Geld etwas zu essen, damit ihr alle etwas zu essen habt; aber beeile dich, du musst mir jetzt einen Kuchen aus Mehl machen, das du jetzt kaufen sollst. Denn ich will wieder aufbrechen und zu Gott gehen, um mit ihm zu hadern, weil er mich nun schon zweimal betrogen hat. Diesmal lasse ich mich nicht mehr abhalten, geschehe, was da wolle.«

Die Zigeunerin ging und erhandelte für den Taler ein wenig Mehl, ein wenig Käse, ein wenig Sauermilch, so dass sie sich alle einmal satt essen konnten nach dem Hunger, den sie einige Tage lang erduldet haften. Aus dem Mehl, das übrig blieb, machte die Zigeunerin einen Kuchen, gut zubereitet und geknetet, wie es sich gehört. Der Zigeuner brach auf, er wollte nicht mehr warten, und ging, um zu tun, was jetzt zu tun war, um den Hohn los zu werden, der ihm widerfahren war, als er zweimal des Glückes teilhaftig geworden und beide Mal nicht fähig gewesen war, es festzuhalten.

Am bekannten Ort begegnete er wieder dem Alten, der, wie wir wissen, der barmherzige Gott selbst in Menschengestalt war.

»Wohin gehst du, Zigeuner?« Der Zigeuner antwortete nichts und ging weiter. »Wohin gehst du, Zigeuner?« fragte Gott zum zweiten Male. »Lass mich in Ruhe und halte mich nicht auf!«

»Bleib stehen, Zigeuner!«

»Was willst du von mir?«

»Ich will dich fragen, wohin du wieder gehst.«

»Wenn du es unbedingt wissen willst, jetzt geh ich bestimmt zu Gott, um mich mit ihm zu schlagen; denn nur er ist schuld daran, dass ich unglücklich bin.«

»Bist du unglücklich?«

»Ja.«

»Weshalb? Hast du vielleicht, nichts zu essen und zu trinken? Hast du kein Geld? Was hast du mit all dem getan, was ich dir gegeben habe?«

»Nachdem ich beim Paten geschlafen habe, hin ich am Morgen nach Hause gegangen, aber ich habe vergeblich gewartet; denn der Tisch hat mir nicht Essen und Trinken und das Pferd hat mir kein Geld gegeben, und daran ist nur Gott schuld.«

»Lass ab davon, Zigeuner, geh nicht weiter; denn ich will dir noch etwas schenken, und ich weiß, dass du damit umzugehen verstehst.«

»Aber nur dann will ich es haben, wenn ich nicht mehr damit betrogen werde.«

»Gut, du brauchst dich nicht zu fürchten; denn jetzt wirst du es nicht mehr aus der Hand geben.«

»Was willst du mir denn schenken?«

»Sieh her, was ich dir gebe! Nimm dieses Bündel aus zusammengebundenen Ruten! Wenn du zu ihm sagen wirst: Rutenbündel, hart und dick,
festgebunden mit dem Strick,
spring' und tanze kunstgerecht,
setze ihm den Kopf zurecht!
dann wirst du sehen, was du bekommst, und wenn du davon genug hast, muss du nur sagen: Halte ein und ruh' dich aus,
jetzt ziehn wir den Nutzen draus.«
»Was wird es mir denn geben?« fragte der Zigeuner. - »Das wirst du schon noch sehen, was du bekommst.« Als der Zigeuner sich bedanken wollte, war der alte Mann verschwunden, aber es war ihm auch nicht so sehr ums Zanken zu tun, denn schon beeilte er sich, zu dem Ort zu gelangen, wo er schon zweimal das Glück probiert hatte. Er war sehr ungeduldig zu sehen, was er diesmal von seinem alten Wohltäter zu Geschenk erhalten habe.

Er eilte also atemlos bis zu seiner bekannten Grube, setzte sich nieder und sagte: »Rutenbündel, hart und dick,
festgebunden mit dem Strick,
spring' und tanze kunstgerecht,
setze ihm den Kopf zurecht!«
Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als das Rutenbündel auch schon über ihn herfiel und ihn schlug, über den Kopf, über den Rücken, über die Hände und wohin es nur reichen konnte. Und so drosch es auf den armen Zigeuner ein, dass ihm der Verstand stehen blieb und ihm kaum mehr der Spruch einfiel, den ihm der Alte gesagt hatte, bis er endlich unter den Schlägen schrie: »Halte ein und ruh dich aus,
jetzt ziehn wir den Nutzen draus.«
Als die Schläge aufhörten, konnte er kaum noch atmen. Jetzt kam er wieder zu Verstand und wusste, was er zu tun habe. Er ging also weiter und überlegte: »Ich muss jetzt wieder beim Paten einkehren, um ihnen ein wenig aufzuspielen, wenn sie die Ursache meines Unglücks sein sollten. Übrigens werde nicht ich ihnen aufspielen, sondern sie werden das selbst besorgen.«

Als er beim Paten ankam, war es schon Abend geworden. »Guten Abend, Pate«, sagte der Zigeuner, während er eintrat, »wieder falle ich euch zur Last.«

»Recht hast du, dass du kommst, Patenkind, wir haben doch nur noch dich, und an diesen langen Herbstabenden ist es uns langweilig so allein; setz' dich auf den Stuhl, damit wir uns aussprechen: über die Zeiten und die Nöte, und du, Alte, geh in den Keller und bring uns einen Krug Branntwein, damit wir mit unserm Patenkind auch etwas zu schlucken haben zwischen unsern Geschichten; denn den Branntwein haben wir selbst hergestellt. Und nachher gib dir Mühe und bereite ein gutes Nachtmahl, diesmal da uns Gott unser Patenkind etwas zeitiger ins Haus geschickt hat; denn heute können wir uns nicht ausreden, dass er zu spät gekommen sei wie an den andern Abenden.«

»Nun, unser Patenkind wird es uns noch verzeihen«, sagte die Patin, »dass wir manchmal etwas überrascht und unvorbereitet sind, obwohl uns ja Gott bisher gegeben hat, was wir brauchen, um ohne viele Gedanken von einem Tag zum andern leben zu können.«

»Ich entschuldige das gern«, antwortete der Zigeuner; »denn ich bekam jedes Mal, wenn ich euch besuchte, zu essen und zu trinken. Ich weiß nur nicht, ob ihr mir das nicht übel nehmt.«

»Deswegen mach' dir keine Gedanken«, entgegnete der Pate, »sondern nimm es gerne an, was wir dir anbieten; wir geben es dir mit reinem Herzen.«

Inzwischen brachte die Patin den Krug mit dem Branntwein, und sie gingen daran, ihn zwischen den Erzählungen zu kosten. Während die Alte das Essen zubereitete, blickte sie sich um, bald hierhin, bald dorthin, um zu sehen, was der Zigeuner diesmal mitgebracht habe; als sie aber das Rutenbündel entdeckte, konnte sie nicht recht verstehen, wozu es zu gebrauchen sei. Trotzdem hoffte sie, dass auch bei diesem Zusammentreffen etwas Gutes herausschauen werde. Sie trug das Abendessen auf, das dem Zigeuner sehr gut schmeckte; denn er war hungrig und war zudem von den Prügeln, die er bekommen hatte, stark geschwächt; er hatte somit eine Stärkung nötig.

Nachdem er gegessen und eich für die Gastfreundschaft bedankt hatte, nahm er das Rutenbündel und wollte aufbrechen.

»Patenkind, du wirst doch nicht jetzt mitten in der Nacht aufbrechen«, sagte der Pate, »bleibe hier, du wirst ja morgen früh weitergehen, hier kannst du dich gut genug ausruhen. Geh, Alte, und bring ein wenig Stroh!«

»Mein Gott! Patenkind, was willst du tun«, sagte die Patin, indem sie auf ihn zueilte und ihm das Rutenbündel aus der Hand nahm, »ich muss mich wundern über dich, wie du dich nicht fürchtest, durch diese Dunkelheit zu gehen, das ganze Dorf entlang. Setz dich doch auf den Stuhl, gleich will ich gehen und Stroh herbeiholen und dir ein Bett machen, dass du so gut wie ein Herr schlafen wirst.«

»Ich gehe«, sagte der Zigeuner, »ich will euch keine Ungelegenheiten bereiten, sonst würde ich bleiben. Aber ich fürchte auch, dass ihr zu meinem Rutenbündel sagen könntet: Rutenbündel, hart und dick,
festgebunden mit dem Strick,
spring' und tanze kunstgerecht,
setze ihm den Kopf zurecht!
und das wäre nicht gut für mich.«

»Fürchte dich nicht, Patenkind, wie kannst du so etwas nur denken, wir haben doch genug Reichtum vom lieben Gott empfangen und haben es nicht nötig, einen andern auf betrügerische Weise um den seinen zu bringen, am wenigsten aber unser Patenkind.«

»Dann will ich bleiben, wenn ich euch nicht zur Last falle.«

»Wir würden dich doch nicht nötigen, wenn du uns zur Last fielst, wir sehen dich doch gern bei uns.«

Die Patin brachte Stroh, und bis man einmal in die Hände klatschen kann, war auf dem Boden schon ein Bett bereitet, und alle legten sich schlafen. Bald darauf begann der Zigeuner zu schnarchen und gab damit zu erkennen, dass er eingeschlafen war.

Etwas später sprach die Patin: »Mann, Lass uns aufstehen; denn jetzt weiß ich, dass das Patenkind schläft, damit wir sehen, was für eine Kostbarkeit er diesmal mitgebracht hat.« Sie standen auf, nahmen das Rutenbündel, trugen es in die Stube, zündeten ein Licht an, dann sagte die Patin zum Rutenbündel, während der Pate offenen Mundes zusah: »Rutenbündel, hart und dick,
festgebunden mit dem Strick,
spring' und tanze kunstgerecht,
setze ihm den Kopf zurecht!«
Kaum hatte sie das letzte Wort ausgesprochen, als auch schon das Rutenbündel über sie herfiel und schlug und schlug; sie ergriffen die Flucht, das Bündel kam hinter ihnen her, schließlich liefen sie in den Wohnraum und schlugen einen so großen Lärm, dass der Zigeuner aufwachte. »Lass uns nicht zugrunde gehen, Patenkind, denn es tötet uns; bitte, Lass uns nicht im Stich.«

»Ich kann nichts tun, Pate, bis euch der Verstand wiederkehrt.«

»Verlass uns nicht, Patenkind, wir wollen dir den Tisch und das Pferd wiedergeben, die wir dir genommen haben.« Nun sagte der Zigeuner: »Halte ein und ruh dich aus;
jetzt ziehn wir den Nutzen draus,«
und sofort hörte das Bündel auf zu prügeln. Der Pate brachte aus dem Stall das Pferd des Zigeuners, die Patin aus der Kammer den Tisch, dann machte sich der Zigeuner mitten in der Nacht mit allem heimwärts auf, ohne dass ihn der Pate noch zum Bleiben genötigt hätte. Als er zu Hause ankam, weckte er seine Familie, rief sie um den Tisch und sagte: »Tischlein mein,
mit Seide fein,
sei bedacht,
gedeckt zu sein,
mit viel Speisen,
Zigaretten,
und mit gutem,
rotem Wein!«
Sobald der Tisch sich gedeckt hatte, setzte sich die Zigeunerin mit ihren Zigeunerjungen zum Essen hin, und sie aßen, dass selbst das Tischlein kaum imstande war, sie zu befriedigen. Danach führte er das Pferd in die Erdhütte und sagte: »Gib, mein sieben-
bürgisch Pferdchen,
mir aus vollem Mund viele Kreuzer,
breite Maler,
Gulden, gelb und rund!«
Das Pferd begann Geld zu speien, und die Zigeunerjungen sammelten es ein. Schließlich sagte der Zigeuner: »Jetzt habt ihr gegessen und getrunken, ihr habt Geld bekommen, jetzt gebe ich euch noch etwas, was ich auch erhalten habe.«

»Was hast du noch bekommen, Vater?« fragten sie alle. - »Gleich werdet ihr es sehen!« Er brachte das Rutenbündel und sagte: »Rutenbündel, hart und dick,
festgebunden mit dem Strick,
spring' und tanze kunstgerecht,
setze ihm den Kopf zurecht!«
Das Rutenbündel tanzte durch die Hütte und nahm die Zigeuner der Reihe nach vor, so dass sie einen Heidenlärm machten; schließlich erbarmte sich der Zigeuner seiner Familie und sagte: »Halte ein und ruh dich aus,
jetzt ziehn wir den Nützen draus.«
Nach all dem legten sie sich nieder und schliefen gut, bis es tagte. Früh am Morgen aber kam der Steuereintreiber, der gehört hatte, dass der Zigeuner ein Pferd habe, also musste er jetzt die Steuern zahlen; wenn nicht, dann würde er das Pferd pfänden. Der Zigeuner bat den Steuereintreiber in die Hütte und nötigte ihn zum Sitzen, bis er - so sagte er - das Geld bringen werde.

Er ging hinaus, tat dort, was zu tun war, und als er zurückgekehrt war, befahl er dem Rutenbündel: »Rutenbündel, hart und dick,
festgebunden mit dem Strick,
spring' und tanze kunstgerecht,
setze ihm den Kopf zurecht!«
Da sprang das Rutenbündel auf den Steuereintreiber und verbläute ihn, wie es sich gehört, so dass er kaum noch Zeit zum Fliehen fand. Um die Mittagszeit, siehe, kamen zwei alte Bettler, es waren Gott und der Heilige Petrus, die damals auf Erden umhergingen. Sie kehrten auch beim Zigeuner ein und baten ihn um eine mildtätige Gabe. Der Zigeuner rief sie in die Hütte und verprügelte sie mit dem Rutenbündel. Dazu sprach er voller Stolz: »Auch ich war ein armer Teufel wie ihr, aber ich habe mich abgemüht und habe mich nicht unterkriegen lassen, bis ich erworben habe, wovon ich leben kann.«

Der Heilige Petrus, der durch Flucht den Prügeln schließlich entronnen war, sagte zu Gott: »Siehst du, Herr, wie undankbar auf dieser Welt die Zigeuner sind? Lass sie wieder deine Gaben entbehren; denn sie verdienen sie nicht.« Da sagte Gott: »Ich habe geglaubt, dass ich den Zigeuner, wenn ich auch ihm meine Gaben schenke, zu einem anständigen Menschen machen würde. Aber ich sehe, dass ich mich getäuscht habe. Aus einem Zigeuner wird niemals ein anständiger Mensch werden. Deshalb soll der Zigeuner in Zukunft meine Gaben entbehren müssen, und nur das Pferd soll ihm bleiben, und auch mit diesem wird er sich plagen müssen, damit er leben kann.«

Von dieser Stunde an hat der Zigeuner auch keine richtigen Speisen mehr gegessen, denn der Tisch hat ihm keine mehr hergegeben; die Prügel aber kommen über ihn wie der Regen. Seither sind die Zigeuner so, wie ihr sie heute vor euch seht. So habe ich es vernommen,
Ich bin auf dem Sattel gekommen,
Ich ritt auf der Gans, ihr Lieben,
Bin im Dreck fast stecken geblieben,
Ich bin auf der Sense auch geritten.
Doch, was ich gesagt, war aufgeschnitten.