[swahili, "Geschichte, Legende"]

Die unglückliche Prinzessin

Es war einmal eine Königin, die hatte drei Töchter, und sie konnte sie nicht versorgen. Die Königin hatte großen Kummer, weil alle anderen jungen Mädchen heirateten, und ihre, die doch Königstöchter waren, sollten womöglich ohne Mann alt werden. Eines Tages ging eine Bettlerin am Schloss vorbei und bat um ein Almosen. Als sie die Königin so bedrückt sah, fragte sie, was ihr fehle und sie erzählte ihren Kummer. Darauf sagte die Bettlerin: »Höre was ich dir sage. Nachts, wenn deine Töchter schlafen, musst du sie beobachten und sehen, wie sie liegen. Und das musst du mir sagen.« Das tat die Königin. Nachts beobachtete sie die Mädchen und sah dass ihre älteste Tochter die Hände über dem Kopf hielt, die zweit gekreuzt über der Brust und die dritte zusammengelegt zwischen den Knien. Als am nächsten Tag die Bettlerin kam und sie fragte, erzählte sie ihr, was sie beobachtet hatte. Da sagte die Bettlerin zu ihr: »Hör mich, Frau Königin. Die dritte, die im Schlaf die Hände zusammen gelegt zwischen den Knien hielt, die hat das schlimme Schicksal. Und ihr Schicksal steht dem Schicksal der anderen im Wege.« Als die Bettlerin fortgegangen war, blieb die Königin in Gedanke versunken. »Ich will dir etwas sagen, Mutter«, sagte die jüngst Tochter zu ihr, »sorge dich nicht, ich habe gehört und verstanden dass ich auch für meine beiden Schwestern das Hindernis für ihr Heirat bin. Gib mir meine ganze Mitgift in Dukaten und nähe sie mir in den Saum meines Rockes und lass mich ziehen.« Die Königin wollte sie nicht ziehen lassen und sagte zu ihr: »Wohin willst du denn gehen, meine liebe Kleine?«, aber sie hörte nicht. Sie kleidete sich als Nonne und brach auf, nachdem sie von ihrer Mutter Abschied genommen hatte. Als sie durch das Tor des Schlosses davonging, kamen zwei Freie für ihre Schwestern hinauf. Die Unglückliche ging und ging, bis sie am Abend in ein Dorf kam Dort klopfte sie an die Tür eines Händlers und bat ihn, sie in seinem Haus die Nacht verbringen zu lassen. Der sagte ihr, sie möchte i seine Wohnung hinaufsteigen, aber sie lehnte ab und bestand darauf im Keller zu bleiben. In der Nacht nun kam ihre Schicksalsfrau und fing an, die Stoffe, die dort unten aufbewahrt wurden, in Fetzen zu reißen, und brachte alles durcheinander, obwohl das Mädchen sie inständig bat, Ruhe zu halten. Aber wie hätte die Schicksalsfrau darauf hören sollen? Sie drohte ihr vielmehr, dass sie auch noch sie selbst zerreißen würde. Als es Tag wurde, kam der Händler herab, um nach der Nonne zu sehen, aber als er all das Unheil sah, all seine Ware verdorben und alles auf den Kopf gestellt, sagte er zu dem Mädchen: »Oh, Frau Nonne! Was hast du mir Schlimmes angetan! Du hast mich zugrunde gerichtet! Was soll jetzt aus mir werden?« »Sei nur ruhig«, sagte sie und öffnete ihren Rocksaum und holte Golddukaten heraus und sagte zu ihm: »Genügt dir das?«

»Genug, genug.« Und so nahm sie Abschied von ihm und machte sich wieder auf den Weg. Sie ging und ging, bis sie wieder von der Nacht überrascht wurde und im Haus eines Glaswarenhändlers blieb. Dort wieder dasselbe. Sie bat, im Keller bleiben zu dürfen, und wieder kam nachts ihre Moira und ließ nichts heil. Am andern Morgen kam der Händler, um nach der Nonne zu schauen, und sah die Katastrophe. Er fing an zu schreien und zu klagen, aber als sie auch ihm die Hände mit Golddukaten füllte, gab er Ruhe und ließ die Nonne ziehen. Wieder machte sich die Unglückliche auf den Weg, bis sie zum Königsschloss jenes Landes kam. Dort verlangte sie, die Königin zu sehen, und bat sie, ihr Arbeit zu geben. Die Königin als kluge Frau, die sie war, merkte gleich, dass sich unter der Kutte eine Herrentochter verbarg, und fragte sie, ob sie die Perlenstickerei verstünde. Sie antwortete, dass sie sehr gut mit Perlen arbeiten könne, und so behielt die Königin sie bei sich. Aber als die Unglückliche saß und stickte, stiegen die Gestalten aus den Bildern von den Wänden herab, nahmen ihr die Perlen weg, quälten sie und ließen ihr keinen Augenblick Ruhe. Das alles sah die Königin und bekam Mitleid mit ihr, und oft, wenn die Mägde sich beklagten, dass nachts das Tafelgeschirr zerspränge, und behaupteten, dass jene es zerbräche, sagte die Königin zu ihnen: »Seid ihr still, seid still, denn sie ist eine Prinzessin und Herrentochter, aber die Arme hat ein böses Schicksal.« Schließlich sagte eines Tages die Königin zu ihr: »Höre, liebes Kind was ich dir sagen möchte. Auf diese Weise kommst du mit deinem Leben nicht zurecht, da dich deine Moira hetzt, du musst vielmehr sehen, einen Weg zu finden, dass sie dir ein neues Schicksal zuteilt.«

»Aber was soll ich machen?« fragte das Mädchen. »Was muss ich denn tun, dass sie mir ein neues Schicksal zuteilt?« »Komm, ich will es dir sagen. Siehst du den hohen Berg, den man in der Ferne erkennt? Dort sind alle Schicksalsfrauen der Welt versammelt. Dort ist ihr Schloss, und das ist der Weg, den du nehmen musst. Geh auf die Spitze des Berges, um deine Moira zu finden, und reiche ihr das Brot, das ich dir mitgeben werde. Dann sage zu ihr: ›Liebe Moira, die du mir mein Schicksal zugeteilt hast, tausch es mir um.‹, und du darfst nicht fortgehen, was sie dir auch antun mag, sondern musst zusehen, dass sie das Brot in ihren Händen behält.« So tat denn auch die Prinzessin. Sie nahm das Brot und machte sich auf den Weg, ging den Fußsteig, bis sie oben auf die Spitze des Berges kam. Sie klopft an die Gartenpforte, und ein wunderschönes, wohlgepflegtes Mädchen öffnet und tritt heraus. »Oh, du gehörst nicht zu mir«, sagt sie und geht wieder hinein. Nach kurzer Zeit kommt eine andere heraus, ebenso hübsch und schön. »Ich kenne dich nicht, mein liebes Mädchen«, sagte sie zur Prinzessin und ging fort. Es kam noch eine und noch eine, und viele traten heraus, aber keine erkannte sie als zu ihr gehörig, bis eine ungekämmte, zerlumpte, schmutzige an der Tür erschien. »Was willst du, Kind, warum bist du hier hergekommen?« sagte sie zur Prinzessin. »Pack dich, mach, dass du fortkommst, geh, ich werde dich töten!« Die Unglückliche gab ihr das Brot und sagte zu ihr: »Liebe Moira, die du mir mein Schicksal zugeteilt hast, tausch es mir um.«

»Weh dir! Geh zu deiner Mutter und lass dich noch einmal zur Welt bringen, lass dich an ihre Brust legen und dich in Schlaf singen, dann kannst du kommen, und ich werde dir dein Schicksal umtauschen.« Die anderen Moiren sagten zu der schlimmen: »Gib doch der Unglücklichen ein anderes Schicksal! Sie gehört zu dir und taumelt dahin und ist doch eine Königstochter. Gib es ihr, gib es ihr.« »Ich kann nicht, sie soll machen, dass sie fortkommt!« Und sie nimmt das Brot, wirft es ihr an den Kopf, und es rollt zu Boden. Das Mädchen hob es auf und trat wieder an sie heran und sagte zu ihr: »Nimm es, meine gute Moira, nimm es, und tausche mein Schicksal um.« Aber die trieb sie fort und warf sie mit Steinen. Zuallerletzt, war es der Zuspruch der einen Moira oder einer anderen, war es die Beharrlichkeit des Mädchens, die ihr das Brot reichte, mit einem Mal wurde die böse Moira anderen Sinnes und sagte zu ihr: »Gib es mir«, und griff nach dem Brot. Zitternd stand das Mädchen vor ihr, voll Furcht, sie würde es wieder von sich werfen, aber sie hielt es fest und sagte zur Prinzessin: »Höre, was ich dir sage! Nimm dieses Knäuel«, und sie wirft ihr ein Knäuel Seide zu, »und bewahre es gut. Du darfst es weder verkaufen noch verschenken, sondern wenn jemand es von dir haben will, darfst du es nur weggeben für das, was es selbst wiegt. Nun geh und mach deine Sache gut.« Das Mädchen nahm das Knäuel und ging zurück zur Königin. Jetzt störte sie nichts mehr. Im Nachbarland heiratete der König, und für das Kleid der Braut fehlte es an Seide, die genau zu dem Kleid passen musste. Die Schlossleute fragten nun überall herum, ob sie irgend etwas Passendes finden könnten. Sie hatten gehört, dass im benachbarten Königreich ein Mädchen war, das ein Knäuel Seide besaß. Also gingen sie zu ihr und baten sie, mit dem Knäuel zum Schloss der Braut zu kommen, damit sie prüfen könnten, ob die Seide zum Kleid passe. Als sie angekommen waren, hielten sie das Knäuel an das Kleid und sahen, dass es ohne jeden Unterschied genau passte. Da fragten sie das Mädchen, was sie verlange, denn sie wollten die Seide kaufen. Da antwortete sie, dass sie es nicht verkaufe, sondern nur aufwiegen ließe. Sie legten es also auf die Waage, und auf die andere Seite legten sie Dukaten, aber die Waage rührte sich nicht. Sie legten immer mehr Dukaten dazu, aber umsonst. Da stieg der Königssohn selbst auf die Waage, und so war die Seide aufgewogen. Nun sagte der Königssohn: »Da nun deine Seide soviel wiegt wie ich selbst, musst du, damit wir das Seidenknäuel nehmen können, mich nehmen.« Und so geschah es, der Königssohn heiratete die Prinzessin, und sie feierten ein großes Fest und lebten gut und wir noch besser.