[swahili, "Geschichte, Legende"]

Die Geschichte vom Hasen

Vor langer Zeit einmal gruben die Tiere ein Loch und legten Fett hinein. Sie einigten sich, dass eins von ihnen als Wächter dableiben sollte. Als erstes bestimmte man das Kaninchen. Das war damit einverstanden, und alle anderen gingen weg. Binnen kurzer Zeit schlief das Kaninchen ein. Da kam der Inkalimeva in den Kraal, aß alles Fett auf und warf dann einen kleinen Stein nach dem Kaninchen.

Das Kaninchen schreckte hoch und rief: »Der Inkalimeva hat das Fett gegessen, das allen Tieren gehört!« Mehrere Male wiederholte es, so laut es konnte, diesen Ruf. Die Tiere, die weit weg waren, hörten das. Sie eilten zum Kraal, und als sie sahen, dass das Fett weg war, töteten sie das Kaninchen.

Wieder legten sie Fett in das Loch und wählten die Maus, das Tor zu bewachen. Sie war einverstanden, und wie zuvor gingen alle Tiere fort. Nach kurzer Zeit kam der Inkalimeva zum Kraal und brachte etwas Honig mit. Er bot dem Torwächter Honig an, und während sich die Maus daran labte, stahl der Inkalimeva alles Fett. Dann warf er einen Stein nach der Maus. Da blickte sie auf und rief: »Inkalimeva hat das Fett gegessen, das allen Tieren gehört!«

Sobald die Tiere den Schrei hörten, liefen sie zum Kraal und töteten die Maus.

Ein drittes Mal füllten sie Fett in das Loch und ernannten nun den Duiker zum Torwächter. Der stimmte zu, und die anderen gingen fort. Nach kurzer Zeit tauchte der Inkalimeva auf. Er schlug dem Duiker vor, Verstecken zu spielen. Dem war das recht. Da versteckte sich der Inkalimeva, und der Duiker suchte so lange nach ihm, bis er müde wurde und sich zum Schlafen niederlegte. Kaum schlief der Duiker, da aß der Inkalimeva das Fett auf, warf dann einen Stein nach dem Duiker, was den aufspringen ließ. Nun rief der Duiker: »Der Inkalimeva hat das Fett gegessen, das allen Tieren gehört!«

Als sie den Schrei hörten, rannten die Tiere zum Kraal und töteten den Duiker.

Zum vierten Mal taten sie Fett in das Loch. Diesmal war der Buntbock Torwächter. Als die Tiere gegangen waren, erschien wieder der Inkalimeva. Er fragte: »Was machst du da?« Der Buntbock antwortete: »Ich bewache das Fett, das den Tieren gehört.« Da meinte der Inkalimeva: »Ich werde dir Gesellschaft leisten. Komm, setzen wir uns und kraulen wir uns gegenseitig die Köpfe.«

Der Buntbock war's zufrieden. Der Inkalimeva setzte sich und kraulte dem anderen den Kopf, bis der einschlief. Dann erhob er sich und verschlang alles Fett. Als er fertig war, weckte er den Buntbock mit einem Stein. Der sah, was geschehen war, und rief laut: »Der Inkalimeva hat das Fett gegessen, das allen Tieren gehört!«

Da liefen die Tiere herbei und töteten auch den Buntbock.

Sie legten ein fünftes Mal Fett in das Loch und bestimmten das Stachelschwein zum Torwächter. Die Tiere entfernten sich, und der Inkalimeva kam wieder. Er schlug dem Stachelschwein vor: »Wir wollen miteinander um die Wette laufen.« Er ließ es gewinnen und sagte: »Ich hätte nicht gedacht, dass du so schnell rennen kannst. lass es uns noch einmal versuchen.« Wieder liefen sie, und er ließ das Stachelschwein ein zweites Mal gewinnen. Sie rannten und rannten, bis das Stachelschwein so müde war, dass es vorschlug: »Wir wollen uns jetzt ausruhen.«

Sie setzten sich, und das Stachelschwein schlief ein. Da stand der Inkalimeva auf und aß das ganze Fett. Als er fertig war, warf er einen Stein nach dem Stachelschwein, und es sprang auf. Laut rief es: »Der Inkalimeva hat das Fett gegessen, das allen Tieren gehört!«

Da kamen die Tiere herbeigelaufen, und das Stachelschwein verlor sein Leben.

Ein sechstes Mal taten sie Fett in das Loch und wählten den Hasen als Torwächter aus. Der wollte zuerst nicht. Er sagte: »Das Kaninchen ist tot, die Maus ist tot, der Duiker und das Stachelschwein sind nicht mehr am Leben, und mich wollt ihr auch töten.«

Aber sie versprachen ihm, ihn nicht zu töten, und nach langem Überreden war er schließlich damit einverstanden, das Tor zu hüten. Als die Tiere fort waren, legte er sich hin, aber er tat nur so, als ob er schliefe.

Kurz darauf kam der Inkalimeva und wollte sich eben über das Fett hermachen, als der Hase rief: »lass das Fett in Ruhe!« Der

Inkalimeva sagte: »Bitte, lass mir nur ein kleines bisschen.« Spöttisch ahmte der Hase ihn nach: »Bitte, lass mir nur ein kleines bisschen.«

Aber dann leisteten sie einander Gesellschaft. Der Hase schlug vor, dass sie Schwänze festbinden spielen wollten. Der Inkalimeva war einverstanden. Zuerst band er den Schwanz des Hasen fest. Der Hase sagte: »Nicht so fest.« Danach band er den Schwanz vom Inkalimeva an. Der Inkalimeva sagte: »Binde nicht so fest.« Aber der Hase antwortete nicht. Als er den Schwanz gut festgebunden hatte, nahm er einen Knüppel und schlug den Inkalimeva tot. Seinen Schwanz nahm er und aß ihn auf, bis auf ein kleines Stückchen, das er im Zaun versteckte.

Dann schrie er: »Der Inkalimeva hat das Fett gegessen, das allen Tieren gehört!«

Die Tiere kehrten zurück. Als sie sahen, dass der Inkalimeva tot war, freuten sie sich sehr. Sie fragten den Hasen nach dem Schwanz des Untiers, der für den Häuptling sein sollte. Der Hase erwiderte: »Der, den ich erschlagen habe, hatte keinen Schwanz.«

»Wie ist es möglich«, wunderten sie sich, »dass ein Inkalimeva keinen Schwanz hat?«

Sie begannen zu suchen, und endlich fanden sie ein Stückchen in der Umzäunung. Da teilten sie dem Häuptling mit, der Hase hätte den Schwanz aufgegessen. Der befahl: »Bringt ihn zu mir!« Die Tiere liefen alle nach dem Hasen, er aber floh, und sie konnten ihn nicht einfangen. Der Hase schlüpfte in ein Loch. Die Tiere stellten eine Schlinge davor auf und gingen weg. Viele Tage blieb der Hase in dem Loch, schließlich gelang es ihm, herauszukommen, ohne gefangen zu werden.

Er machte sich davon und fand einen Buschbock beim Hüttenbau. Auf dem Feuer stand ein Topf mit Fleisch.

Er fragte den Bock: »Darf ich mir das kleine Stück Fleisch nehmen?« Der Bock antwortete: »Das darfst du nicht.«

Aber der Hase aß alles Fleisch auf. Dann pfiff er, und ein Hagelsturm brach los, der den Buschbock tötete. Aus dem Fell des Bocks machte er sich einen Umhang.

Dann ging der Hase in den Wald, um sich ein paar Stöcke zu besorgen. Als er einen Stock abschnitt, warfen die Affen mit Blättern nach ihm. Da rief er, sie sollten herunterkommen und ihn schlagen. Sie kamen, aber mit seinen Stöcken tötete er sie alle.