[swahili, "Geschichte, Legende"]

Die gefangenen Elfen

Da waren einst in dem kleinen Dorf Hoghton zwei faule Taugenichtse, die es auf irgendeine Weise fertig brachten, ihr Leben zu verbringen, ohne den Tag vom Morgen bis zum tauigen Abend am Webstuhl zu sitzen. Während ihre achtbareren Nachbarn fest bei der Arbeit waren, konnte man sie gewöhnlich im Eingang der kleinen Kneipe herumlungern sehen oder beim Dominospielen in der altmodischen Herberge. Und so manches Mal waren ihre kräftigen Stimmen bei hellem Tageslicht zu hören, wie sie das herzhafte Wildererliedchen vor sich hinträllerten: »Das Herz mir lacht in der Mondscheinnacht«.

Man wusste, dass sie Grund hatten, die Gefühle mitzuempfinden, die diese alte Ballade ausdrückte. Jedem von ihnen folgte ein zottiger, verdächtig aussehender Spürhund, und wenn die vier über den Platz schlenderten, dann schüttelten die ordentlichen Leute den Kopf und prophezeiten einem so ungeregelten Lebenswandel jede Art von unerquicklichem Abschluss. Soweit es die Hunde betraf, bewahrheiteten sich die unguten Voraussagen, denn vom Wildern in Gesellschaft ihrer Herren wandten sich die schlauen Köter einem Treiben auf eigene Rechnung zu, und als sie hinter dem Wild her waren, wurden beide von Wildhütern erschossen, und die waren nur zu froh über die Gelegenheit, die Umgebung von solcher missgeleiteter Klugheit zu befreien.

Die beiden Männer selbst entkamen nur knapp, und bald nach diesem unerfreulichen Begebnis wurden ihnen ihre Fangnetze genommen. Sie waren zu arm, sich andere zu kaufen, und wenn sie umhergegangen wären, sich derartige Gegenstände auszuleihen, wäre es gleichbedeutend gewesen damit, dass sie ihre Freunde beschuldigen, Wilderergebräuche zu pflegen. Also blieb ihnen nichts anderes übrig, als Säcke zu benutzen, wenn sie den Feldern des Gutsherrn einen Besuch abstatteten.

Eines Nachts kletterten sie über den Zaun und machten sich auf den Weg zu einem gut besetzten Kaninchenbau. Sie steck ten ein einsames Frettchen hinein und machten schnell die Säcke über den Ausgängen des Baus fest. In gespannter Erwartung des Auszugs mussten sie nicht lange ausharren, da gab es auch schon ein wildes Gefummel, sie packten hastig die Säcke fest um die Öffnung, und ohne erst den Fang aus dem Loch zu untersuchen, krochen sie durch die Hecke und machten sich in scharfem Trab auf den Heimweg. Eine ganze Weile lang merkten sie nicht, welcher Art ihre Ladung war, und sie beglückwünschten sich zu dem Erfolg, der ihren Fleiß gekrönt hatte. Da ertönte plötzlich ein Ruf von einem der Gefangenen: »Dick, wo bist du?« Die Wilderer standen vor Schreck wie versteinert, und fast im gleichen Augenblick quiekte eine Stimme aus dem andern Sack: »Bin im Sack,
huckepack,
reit hinauf Hoghton Brow.«
Die entsetzten Männer ließen sogleich ihre Packen fallen und flohen in größter Eile. Zurück ließen sie die Säcke, die voller Elfen waren, die hatten sie durch das eindringende Frettchen aus ihren Wohnungen vertrieben. Am nächsten Morgen wagten sich jedoch die beiden Wilderer zu der Stelle, an der sie die übernatürlichen Stimmen gehört hatten. Die Säcke waren sauber gefaltet und lagen an der Wegseite, und die Männer hoben sie sehr sachte auf, so als erwarteten sie eine andere geheimnisvolle Äußerung, und sie schlichen sich damit davon.

Nicht nötig zu sagen, dass diese Säcke später zu keinem Zweck verwendet wurden, der aufregender war als die Beförderung von Kartoffeln von dem zuvor vernachlässigten kleinen Gartenfleckchen. Das Abenteuer hatte die Männer so ziemlich geheilt von jedem Verlangen, Kaninchen »aufzuklauben«. Jedoch wurden wie die meisten plötzlichen Bekehrungen auch die der beiden Wilddiebe in schwer arbeitende Weber von den Bewohnern dieses Dorfes aus der guten alten Zeit mit Misstrauen betrachtet, und um sich zu rechtfertigen, sahen sich die ehemaligen Tagediebe gezwungen, die Geschichte von den gefangenen Elfen zu erzählen. Die wundersame Erzählung wurde bald überall verkündet. Und an manchem Sommerabend danach, wenn die beiden Bekehrten in ihrer Webstube fest an der Arbeit saßen und vielleicht fast unbewußt das alte Liedchen summten: »Das Herz mir lacht in der Mondscheinnacht«, dann streckte sich der Haarschopf eines Jungenkopfes durch das von Geißblatt fast bedeckte Fensterloch. Und der grinsende Bursche, der geduldig gewartet hatte, bis der Weber das Lied beginnen und so die Gelegenheit bieten würde für die so oft wiederholte schlagfertige Antwort, rief: »Nein, das Herz lacht dir nicht, ›Dick, wo bist du?‹«