[swahili, "Geschichte, Legende"]

Die Erlebnisse der Häuptlingstochter Umkxakaza

Es war einmal ein Häuptling. Der hatte eine Tochter, und die hieß Umkxakaza-Wakogingqwayo. Man hatte ihr diesen Namen gegeben, weil sie geboren wurde, als ein Trupp Krieger mit rasselnden Waffen in die Schlacht zog, und so nannte man sie eben »Die-mit-den-Waffen-rasselt«. Den Namen Wakogingqwayo erhielt sie, weil die Krieger viele Männer erschlugen, und als man die Toten alle auf einen Haufen warf, nannte man das Mädchen »Die-Tote-aufhäuft«. Der Häuptling bekam noch eine Tochter, und die wurde Ubalatusi, »die Bronzefarbene«, genannt.

Als Umkxakaza heranwuchs, sagte ihr Vater: »Schau, an dem Tag, an dem du ins heiratsfähige Alter kommst, soll eine Menge Vieh zusammengetrieben werden, um dich nach Hause zu holen. Denn die Rinder, die man dir bringt, sollen abgestochen werden. Wir werden fremde Stämme ausrauben, und wenn das Vieh kommt, wird es so viel sein, dass es die Sonne verdunkelt.«

Endlich war es soweit. Als sie mit anderen Mädchen im Freien war, sagte sie zu ihnen: »Ich bin Frau geworden.« Die anderen freuten sich und liefen in alle Dörfer, um die Mädchen zusammenzurufen. Und alle kamen und blieben bei ihr. Dann aber verließen sie Umkxakaza und gingen nach Hause, um das ganze Dorf zu plündern.

Das Dorf aber war unermesslich groß, und die Hütten waren nicht zu zählen. Wenn ein Mann in der Mitte des Viehkraals stand und rief, konnten die Leute am Rande nicht hören, dass da überhaupt gerufen wurde. Und wenn ein Mann auf einem Berg stünde, würde er meinen, dass das mehrere Dörfer wären, wo es in Wirklichkeit doch nur eines war.

Die Mädchen kehrten zu Umkxakaza zurück. Zu Hause waren die Leute erstaunt, als sie sahen, dass die Mädchen zum Plündern kamen. Sie riefen: »Die Häuptlingstochter ist Frau geworden!« Und der Häuptling wählte zwanzig Rinder aus, die sie zurückholen sollten. Aber Umkxakaza sagte: »Ich sehe gar nichts.« Da wurden die Tiere wieder nach Hause geschafft. Nun wählte der Vater vierzig aus, mit denen man zu Umkxakaza ging. Die aber sagte: »Ich sehe gar nichts.« Ihr Vater suchte hundert Tiere aus und sagte: »Geht mit denen.« Sie gingen, und Umkxakaza sagte: »Die Sonne ist noch da.« Und alle Männer vom Stamm ihres Vaters kamen mit Vieh angelaufen und riefen: »Umkxakaza ist Frau geworden.« Als die anderen, die das Vieh zu Umkxakaza gebracht hatten, zurückkehrten, gab man ihnen zweihundert Tiere, und sie gingen mit denen wieder hin. Umkxakaza sagte: »Ich sehe immer noch die Sonne. Ich werde so lange nicht zurückkommen, bis sich die Sonne verdunkelt, so, wie es mein Vater versprochen hat.« Damit kehrte man zum Häuptling zurück. Nun liefen die Männer im ganzen Land umher und nahmen den Leuten das Vieh weg, und auch die Tiere ihres Vaters wurden zusammengetrieben, und dann wurde alles zu Umkxakaza gebracht. Die aber sagte: »Ich sehe immer noch die Sonne.« Da gingen sie nach Hause.

Nun wurde ein Heer ausgerüstet, das fremde Völker ihres Viehs beraubte und damit zurückkam. Als es zu Umkxakaza gebracht wurde, sagte die: »Ich sehe immer noch die Sonne.« Da wurde ein zweites Heer aufgestellt, das mit vielen tausend Rindern wiederkam. Umkxakaza aber sagte, sie sehe noch immer die Sonne. Wieder wurde ein Heer zusammengestellt. Es rückte aus und entdeckte endlich in einem riesigen Tal weidende Rinder. Niemand zählte, wie viel hundert Tiere es waren. Da gab es helle und dunkle, braune, schwarze und rote. Bei einigen waren die Hörner nach unten gebogen, bei anderen waren sie beweglich, und wieder andere hatten nur ein Horn. Und alle waren unterschiedlich gefärbt. Auf den Bergen aber, oberhalb des Tales, in dem die Rinder waren, saß ein riesiges Untier. Sein Name war Usilosimapundu. So wurde es genannt, weil es auf ihm Berge und kleinere Erhebungen gab, und auf der einen Seite waren viele Flüsse und auf der anderen große Wälder, auf wieder einer anderen Seite gab es tiefe Abgründe und auf noch einer anderen offnes Hochland. Und zwischen all den Bäumen, die auf dem Tier wuchsen, gab es zwei, die sehr viel höher als alle anderen waren. Die hießen beide Imidoni und waren die Helfer von Usilosimapundu. Als das Untier sah, wie das Heer das Vieh davon trieb, fragte es: »Das Vieh da, das ihr wegtreibt, wem gehört das?« Sie erwiderten: »Pfui! Geh aus dem Weg, du runzliges Untier.« Da sagte es: »Na ja, dann geht nur damit weiter.«

Von Usilosimapundu waren aber nur das Maul und die Augen zu erblicken. Sein Gesicht war ein Felsen, sein Maul aber war ungeheuer groß und breit und rot. In einigen Ländern, die er auf seinem Körper trug, war Winter und in anderen Frühherbst. Die Krieger trieben Usilosimapundus Vieh fort. Als sie sich ihrer Heimat näherten, schien es, als wollte es regnen, denn weder die Sonne noch der Himmel waren zu sehen. Und sie wurden von dem Staub eingehüllt, den das Vieh aufwirbelte. Schließlich sagten sie: »Hoho! Der Himmel war doch klar, woher kommt diese Dunkelheit, die uns nichts mehr sehen lässt?« Dann merkten sie, dass das an dem Staub lag. Sie waren jetzt fast zu Hause, und es war so dunkel, dass sie das Vieh nicht mehr erkennen konnten. Sie brachten es zu Umkxakaza. Und die sagte: »Da ist ja das Vieh, das die Sonne verdunkelt.«

Nun gingen sie alle nach Hause. Als sie ankamen, war die Umgonqo schon fertig und die Matte war auf dem Boden ausgebreitet. Umkxakaza ging mit den Mädchen hinein und blieb dort.

Unter all den Männern, die mit dem Heer gezogen waren, gab es nicht einen, der keinen Ochsen getötet hatte. Jedermann im Kraal hatte seinen Ochsen getötet. Und weil es so viele waren, hatte man einen großen Teil der Rinder noch nicht abgehäutet. Und nun hielten sich die Krähen, die Geier und die Hunde schadlos. Über dem ganzen Land lag der Geruch von Fleisch. Das Vieh von Usilosimapundu aber wurde nicht geschlachtet, denn das gehörte Umkxakazas Vater.

Ungezählte Jahre blieb sie in der Umgonqo. Niemand kannte sie mehr außer den Mädchen, und die erlaubten keinem, die Umgonqo zu betreten. Und wer das Haus doch betrat, setzte sich nur hin. Zu sehen bekam er sie nicht, denn sie blieb im Inneren der Umgonqo. Nach langer Zeit sagten die Leute: »Ehe Umkxakaza herauskommt, wollen wir alle auf dem Feld des Häuptlings arbeiten gehen.« Jedermann stimmte zu, denn man hatte auch gesagt: »Wenn sie herausgekommen ist, wird es schwierig sein zu ernten, denn überall wird man Bier brauen.« Und so geschah es, kurz bevor Umkxakaza die Umgonqo verließ, dass alle Leute zeitig am Morgen aufstanden. Aber im Dorf ihres Vaters gab es überall Bier. An einer Stelle wurde es durchgeseiht, an einer anderen mit Malz gemischt und an einer dritten eingemaischt. Am Morgen brachen also alle auf, nur Umkxakaza und ihre Schwester blieben zu Hause. Nun war das Häuptlingsfeld weit entfernt, und sie hatten gedacht, wenn sie zeitig am Morgen aufstünden, könnten sie auch zeitig am Abend wieder zurückkehren.

Einige Zeit nach ihrem Aufbruch hörten Umkxakaza und ihre Schwester einen Donner, und die Erde bebte sogar in ihrem Haus. Umkxakaza sagte: »Geh hinaus, Ubalatusi, und sieh nach, was es ist, das den klaren Himmel donnern macht.« Ubalatusi ging hinaus und sah, dass sich ein Wald am Dorfeingang erhob, so dass sie den Eingang gar nicht mehr sehen konnte. Sie kam ins Haus zurück und sagte: »Kind des Häuptlings, da ist etwas Ungeheuerliches am Tor. Der Zaun ist auf der einen Seite umgebrochen und liegt jetzt am Boden.«

Während sie so sprachen, lösten sich zwei Blätter von den Imidoni, den Helfern des Untiers, und betraten das Haus. Sie sagten: »Nimm ein Wassergefäß, Ubalatusi, und geh zum Fluss Wasser holen.« Sie nahm das Gefäß und ging. Die Blätter aber setzten sich und warteten auf Ubalatusi. Am Fluss schöpfte das Mädchen Wasser in das Gefäß, und als es voll war, konnte sie den Ort nicht mehr verlassen. Schließlich sprachen die Blätter: »Geh du, Umkxakaza, und schau nach, ob es hier im Hause Wasser gibt.« Da sagte sie: »Ich bin Frau geworden. Ich werde die Umgonqo noch nicht verlassen.« Die Blätter erwiderten: »Das wissen wir schon. Aber wir sagen trotzdem: Geh und hole. Wasser.« Da ging sie, holte aus einer anderen Hütte Wasser und kam damit zurück. Nun sagten die Blätter: »Zünde ein Feuer an.« Sie erwiderte: »Ich kann nicht Feuer machen.« Die Blätter sagten wieder: »Wir wissen, dass du kein Feuer machen kannst. Trotzdem sagen wir: Zünde ein Feuer an.« Da tat sie es. Nun sagten die Blätter: »Nimm einen Topf und stell ihn auf den Herd.« Umkxakaza sagte: »Ich kann nicht kochen.« Die Blätter erwiderten: »Wir wissen schon, dass du nicht kochen kannst. Aber wir sagen: Koche!« Da stellte sie den Topf aufs Feuer und goss Wasser hinein. Nun sagten die Blätter: »Geh und hole etwas Korn aus eurem Vorratskorb und tu es in den Topf.« Sie holte etwas Korn und setzte es auf dem Feuer an. Sie saßen, bis das Korn gekocht war. Dann sagten sie: »Dreh den Mahlstein und schrote das gekochte Korn.« Sie erwiderte: »Ich kann nicht schroten, ich bin eine Häuptlingstochter. Seht her!« Und damit zeigte sie ihnen ihre Hände mit den sehr langen Nägeln. Eines der Blätter nahm ein Messer und sagte: »Gib deine Hand herüber.« Mit dem Messer schnitt es die Fingernägel kurz und sagte: »Jetzt schrote.« Umkxakaza sagte: »Ich kann nicht schroten, ich bin ein Häuptlingskind.« Da sprachen die Blätter: »Wir wissen schon, dass du nicht schroten kannst und dass du die Häuptlingstochter bist.« Eines der Blätter stand auf, richtete den Mahlstein her, schüttete das gekochte Korn auf den oberen Stein, schrotete und sagte: »Schau, das nennt man Schroten.« Dann ließ es von dem Stein ab und sagte: »Schrote.« Sie schrotete eine große Menge Korn. Nun sagten sie: »Nimm euren Amasi-Topf und stell ihn hierher.«, Sie tat das. Dann sagten sie: »Nimm einen großen Topf und stell ihn dahin.« Als sie das getan hatte, sagten die Blätter: »Jetzt wasch ihn ab.« Sie tat auch das. Nun sagten die Blätter: »Geh und suche aus euren Kalebassen die Milchkalebasse aus und bring sie her.« Umkxakaza sagte: »Unsere Milchkalebasse ist groß. Allein kann ich sie nicht tragen, das tun sonst drei Männer.« Aber die Blätter sagten: »Geh nur, wir kommen mit.« Sie holten die Kalebasse, und dann sagten die Blätter: »Mach sie leer.« Da stellte sie den Topf daneben, und zusammen gossen sie die Amasi hinein. Auch den großen Topf füllten sie mit Amasi. Dann nahmen sie einen Korb und taten etwas von dem geschroteten Korn hinein. Einen zweiten Korb legten sie auf das Korn. Dann nahmen sie noch einen Korb und deckten damit die Amasi im Topf zu. Eines der Blätter legte einen Löffel obendrauf und trug den Topf zu Usilosimapundu.

Als das Blatt zu ihm kam, nahm Usilosimapundu das Korn gleich mit dem Korb und dem anderen, der es bedeckte, öffnete sein Maul und schlang alles hinunter, die beiden Körbe und das Korn. Dann nahm er die Amasi, die ja mit einem Korb zugedeckt war, und schlang auch sie, zusammen mit dem Löffel, auf einmal hinunter.

Das Blatt kam wieder zur Häuptlingstochter zurück und sagte: »Nimm drei Löffel herunter.« Dann sprach es: »Schau her, hier ist ein Löffel. Iß, und wir werden mitessen.« Umkxakaza aber sagte: »Ich esse keine Amasi, ich muss immer noch die Vorschriften der Umgonqo beachten.« Da erwiderten die Blätter: »Wir wissen schon, dass du Frau geworden bist und noch keine Amasi essen darfst. Und trotzdem sagen wir: Iß!« Umkxakaza brach in Tränen aus und sagte: »O weh, Mutter! Wer wird denn Amasi essen, wenn noch nicht alle Zeremonien beendet sind?« Sie sagte das, weil sie wusste, dass man viele Ochsen schlachten müsste, wenn für sie die Zeit gekommen wäre, Amasi zu essen, denn ihr Vater würde die Vorschriften genau beachten. Die Blätter aber sprachen: »Sofort isst du!« Da nahm sie einen Löffel, und sie aßen zusammen Amasi.

Die Blätter gingen nun zu der Hütte, die dem Dorfeingang am nächsten lag. Sobald sie angekommen waren, trugen sie alles, was sich in der Hütte befand, zum Dorfeingang: die Töpfe mit dem Bier und die mit dem gekochten Essen, die Matten und die Gefäße. Und obwohl das Dorf groß war, holten sie alle Sachen zusammen und ließen in keiner einzigen Hütte irgendetwas zurück. Als sie sich daran machten, die Hütte von Umkxakazas Mutter auszuräumen, bat Umkxakaza: »lasst mir nur den kleinen Topf, der im oberen Teil des Hauses steht. Er ist mit Kuhmist zugeklebt. Ihr werdet ihn schon sehen, es ist so ein kleiner.« Die beiden trugen die Sachen hinaus, ließen aber die sehr großen Töpfe mit dem durchgeseihten Bier und auch den kleinen Topf stehen. Dann gingen sie zum Tor. Alles, was aus dem Dorf getragen wurde, aß das Untier Usilosimapundu auf. Dabei kaute es nicht einmal, es schlang es nur so hinunter.

Schließlich waren alle Sachen aus dem Dorf geräumt, aber Usilosimapundu war noch nicht satt. Da gingen die Blätter in die Hütte, wo sie zwei Töpfe mit Bier hatten stehen lassen. Ein Blatt stürzte sich in den einen Topf, und das andere Blatt in den anderen, und als sie wieder herauskamen, waren beide Töpfe leer. Sie trugen sie zu Usilosimapundu ans Tor, der beide nahm, ins Maul steckte und verschluckte.

Usilosimapundu hatte ein sehr bewegliches Maul. Er sagte: »Jetzt komm her, Umkxakaza.« Umkxakaza ging in die Hütte, nahm den kleinen Topf und deckte ihn auf. Sie holte den bronzenen Körperschmuck heraus und legte ihn an, sie nahm die bronzene Kopfstütze und ihr Gewand, das mit bronzenen Ornamenten geschmückt war, dann den bronzenen Wanderstab und ihren Rock, der mit Bronzeperlen bestickt war. Nun zog sie sich an und ging hinaus. Da stand sie dann mit ihrem Gewand und ihrer Kopfstütze und lehnte sich auf ihre Schlafmatte und den Stab. Usilosimapundu sagte: »Dreh mir jetzt den Rücken zu, Umkxakaza.« Und als sie das getan hatte, forderte er sie auf: »Jetzt dreh dich wieder um, Umkxakaza.« Sie drehte sich um. Usilosimapundu sagte: »Nun lach einmal, Umkxakaza.« Umkxakaza aber wollte nicht lachen, denn sie war in Sorge, weil sie Vater und Mutter verließ und ihren Rang als Häuptlingstochter aufgab. Da sagte Usilosimapundu: »Dann komm jetzt her, Umkxakaza.« Und sie ging zu ihm hin. Aber als sie so ging, schien ihre kleine Schwester am Fluss diese Trennung zu spüren. Mit einem Ruck riss sie sich und ihr Wassergefäß los und lief ins Dorf hinauf. Und auch ihre Mutter schien zu spüren, was vorging, denn sie ließ all die Leute, die mit ihr gingen, hinter sich.

Umkxakaza stieg auf das Tier Usilosimapundu, und sobald sie oben war, lief es davon. Aber als es eben hinter einem Hügel verschwand, sah die Schwester etwas weghuschen, wusste aber nicht, was es war. Und auch die Mutter sah es und wusste nicht, was es war.

Das Mädchen und die Mutter kamen zur gleichen Zeit im Dorf an. Die Mutter sah den herunter gebrochenen Zaun und fragte: »Was ist hier gewesen?« Ubalatusi antwortete: »Ich nehme an, es war das Untier, dem das Vieh gestohlen worden ist.« Da fragte die Mutter: »Wo warst du?« Das Mädchen erwiderte: »Mich haben die Blätter zum Fluss geschickt, um Wasser zu holen. Und als ich dort war, konnte ich nicht wieder weg.« Da sagte die Mutter: »O weh! Glaubst du, dass mein Kind noch hier ist? Was war das, was da drüben verschwunden ist, als ich hergekommen bin?« Sie lief und betrat die Umgonqo, ihre Tochter war aber nicht dort. Sie ging in eine andere Hütte und fand sie nicht, und auch in der nächsten war ihre Tochter nicht. Da lief sie rasch zu den Männern zurück und sagte: »Beeilt euch! Das Untier, dem ihr das Vieh geraubt habt, hat meine Tochter entführt.« Die Männer fragten: »Hast du es gesehen?« Und sie antwortete: »Irgend etwas ist hinter einem Hügel verschwunden, als ich zum Dorf kam. Und mein Kind ist nicht mehr da.«

Die Männer liefen und holten ihre Waffen. Dann folgten sie den Spuren des Untiers. Als sie es erblickten, blieb es stehen und wartete auf sie. Und als sie herankamen, lachte es und sagte: »Tut, was ihr tun wollt, aber tut es rasch, damit ich weitergehen kann. Die Sonne steht schon tief.« Da schleuderten sie ihre Speere auf ihn. Einer fiel in einen Teich, ein anderer traf einen Felsen, ein dritter fiel ins Gras und wieder ein anderer landete im Wald. Nun waren alle Speere geworfen, nicht einer war übrig geblieben, und keiner hatte etwas getroffen. Da sagte das Untier: »Geht und holt euch neue Waffen.« Sie liefen nach Hause und taten das. Und wieder schleuderten sie ihre Speere, aber es war wie zuvor: Sie verwundeten das Untier nicht. Da sagten sie: »Jetzt sind wir geschlagen.« Usilosimapundu aber sagte ihnen Lebewohl. Da schrieen alle Leute und sagten: »lass die Häuptlingstochter doch herunter.« Damit war das Untier einverstanden und sagte: »Dann steig ab.« Als sie herunterkam, küsste man sie und weinte, und auch Umkxakaza weinte. Die Menge nahm sie in die Mitte. Aber das Untier sah das und sagte: »Die wollen wahrhaftig mit ihr weggehen.« Es drehte sich herum und ging mitten durch die Menge hindurch.

Und Umkxakaza war es, als ob irgendetwas sie hoch in die Luft schleuderte. Dann drehte das Untier wieder um und ging mit ihr davon.

Umkxakazas Mutter und ihre Schwester, ihr Vater und der Bruder folgten ihnen, weiter und weiter. Und wo das Untier rastete, da rasteten auch sie. Wenn es am Morgen aufwachte und weiterging, gingen auch sie weiter. Die Mutter weinte fortwährend. Als Vater, Bruder und Schwester müde wurden, kehrten sie um. Ihre Mutter aber begleitete das Untier. Sie gingen ein Stück, dann rasteten sie. Und Usilosimapundu brach Zuckerrohr und Mais und gab das der Mutter. Sie aß es.

Wenn Usilosimapundu am Morgen aufbrach, dann brach auch Umkxakazas Mutter auf. Aber schließlich war sie müde geworden und bat das Untier, Umkxakaza herunterzulassen, damit sie ihre Tochter sehen konnte. Er sagte: »Dann komm herunter, Umkxakaza, komm herunter, damit dich deine Mutter sehen kann.« Sie kam, und beide, Mutter und Tochter, weinten. Dann küsste die Mutter ihre Tochter und sagte: »Geh in Frieden, mein Kind.«

Usilosimapundu befahl: »Steig auf, Umkxakaza.« Als sie das getan hatte, zog er mit ihr davon, so weit weg, dass sie nicht mehr wusste, wo das Land ihres Stammes lag. Sie erreichten die Fluren eines alten Dorfes, in deren Mitte es einen großen Tabakgarten gab. An seinem Rand war eine wunderschöne Höhle, deren Boden mit Fett eingeschmiert war und in der es sehr hell war. Es gab dort auch eine Decke und eine Schlafmatte, eine Kopfstütze und ein Gefäß mit Wasser.

Usilosimapundu sprach: »Du bleibst hier, Umkxakaza. Ich habe deinem Vater sehr viel genommen, denn wenn du verheiratet worden wärest, hätte er für dich viel Vieh bekommen. Und ich habe ihn bestohlen, denn du wirst ihn nie wieder sehen und er dich auch nicht. Bleib also hier. Dein Vater hat mich ausgeraubt, als er mir mein Vieh gestohlen hat, und nun habe ich ihn ausgeraubt.«

Mit diesen Worten ging Usilosimapundu davon. Und Umkxakaza blieb allein dort. Sie hatte zwei Stück Zuckerrohr und vier Maiskolben, die ihr Usilosimapundu gegeben hatte. Sie saß da, bis sie sich zum Schlafen in der Höhle niederlegte. Als sie am Morgen aufwachte, setzte sie sich in die Sonne. Sie nahm ein Zuckerrohr, brach das obere Stück ab und warf es weg und brach dann auch das untere Stück ab und warf es weg. Ein Stück nur behielt sie übrig, das schälte sie und aß es auf. Dann nahm sie die Maiskolben und röstete sie. Dann streifte sie die Körner ab und aß nur die aus der Mitte des Kolbens, den Rest warf sie zusammen mit dem Zuckerrohr weg.

Gegen Mittag, die Sonne stand jetzt hoch, sah sie, wie sich in der Ferne etwas näherte. Es gab nämlich nur einen Baum auf dem Hochland, einen einzigen. Das Wesen lief hin und setzte sich unter den Baum. Und dann sah die Häuptlingstochter wieder, dass es sich in Sprüngen näherte. Umkxakaza ging in die Höhle. Das Wesen betrat den Tabakgarten und pflückte Blätter. Als es Fußabdrücke sah, erschrak es, schaute sich um, pflückte dann aber wieder Tabakblätter und legte sie vor dem Garten ab. Nun betrat es die Höhle. Als Umkxakaza es erblickte, stand sie auf und streckte die Hand aus. Das Wesen sah die Hand und floh und ließ den Tabak liegen. Es verschwand über einen Hügel, und Umkxakaza blieb da, bis es dunkel wurde.

Am Morgen ging Umkxakaza hinaus und setzte sich nieder. Und wieder sah sie, wie sich etwas in Sprüngen näherte. Es waren diesmal zwei Wesen, die sich in den Schatten des Baumes setzten. Nach einer Weile standen sie wieder auf und gingen in den Tabakgarten. Umkxakaza schlich in die Höhle. Die beiden Wesen pflückten Tabakblätter, und das eine, das sie schon gestern gesehen hatte, war fahrig und ängstlich dabei. Es sagte: »Oh, Fußabdrücke! Woher kommen hier Fußabdrücke?« Da fragte das andere: »Wo hast du sie gesehen?« Und das erste erwiderte: »Dort.« Da gingen sie und legten die Tabakblätter vor dem Garten nieder. Dann betraten sie die Höhle. Umkxakaza erhob sich und streckte beide Hände aus. Sie merkte, dass es Einbeinige waren. Als sie die Hände sahen, flohen sie und verschwanden hinter einem Hügel. Sie kamen zu ihrem Häuptling und sagten zu ihm: »In der Häuptlingshöhle ist irgend etwas.« Der Häuptling der Einbeinigen fragte: »Und was ist dort?« Da antworteten sie: »Es sind zwei.«

Da wurden andere Einbeinige herbeigerufen, und die gingen am nächsten Morgen zu der Höhle des Häuptlings. Umkxakaza sah die vielen Wesen herankommen und sagte zu sich: »Nun ist der Tag gekommen, an dem ich getötet werden soll.« Als die Einbeinigen den Baum erreichten, setzten sie sich in seinen Schatten und nahmen eine Prise Schnupftabak. Sie setzten sich immer dort in den Schatten, wenn sie Tabak pflücken gingen. Dann standen sie auf und gingen in den Tabakgarten, pflückten Tabakblätter und legten sie draußen hin. Der Häuptling der Einbeinigen hatte nämlich befohlen, seine Höhle regelmäßig zu fegen. Und er hatte angeordnet, dass alle Leute, die fegen gingen, damit anfangen sollten, Tabak zu pflücken und vor den Garten zu legen. Nun wollten die Einbeinigen von den beiden wissen, wo sie etwas gesehen hätten. Die zwei sagten: »Es war in der Höhle.« Da trug man ihnen auf, hinzugehen und in den Eingang zu schauen, ob es dort wäre. Ängstlich schlichen sie sich hin und sahen hinein. Aber sie konnten nichts deutlich erkennen, weil Umkxakazas Körper glänzte und strahlte. Sie kamen zurück und sagten: »Es ist nur eins, es glänzt, wir haben es nicht genau gesehen.« Da sprach der Häuptling: »Wir wollen alle zusammen rufen: Bist du ein Mensch oder ein Tier?« Sie riefen also alle, und Umkxakaza erwiderte: »Ich bin ein Mensch.« Da sagten sie: »Komm heraus, dass wir dich sehen können.« Umkxakaza aber sagte: »Ich möchte nicht herauskommen, ich bin nämlich eine Häuptlingstochter.« Da schickte der Häuptling ein paar Einbeinige fort und trug ihnen auf, schnell einen großen Ochsen zu holen. Als der Ochse da war, wurde er geschlachtet. Da verließ Umkxakaza die Höhle. Sie trug ihre Decke und ihre Schlafmatte, die Kopfstütze und den Stab und hatte ihren Rock angezogen, der mit Bronzeperlen verziert war. Am Eingang legte sie Decke und Kopfstütze nieder und lehnte sich auf ihren Stab und die Schlafmatte. Der Häuptling der Einbeinigen sagte: »Dreh uns deinen Rücken zu.« Umkxakaza tat das. Nun sagte der Häuptling: »Dreh dich um.« Umkxakaza tat auch das. Und die Einbeinigen sagten: »Oh, das Wesen ist hübsch! Aber die zwei Beine, o weh!« Und noch einmal sagten sie: »Es wäre wirklich hübsch, wenn es nicht zwei Beine hätte.« Dann schickten sie Umkxakaza in die Höhle zurück und gingen davon.

Nun wurden viele Einbeinige zusammengerufen. Am nächsten Morgen gingen sie zu Umkxakaza und brachten ihr ein durchsichtiges Tuch. Sie kamen, setzten sich in den Schatten und schnupften eine Prise. Als Umkxakaza sie erblickte, sagte sie: »Jetzt kommen sie also, um mich zu töten.« Die Einbeinigen gingen zu dem Tabakgarten, pflückten Blätter und legten sie vor dem Garten hin. Dann betraten sie die Höhle und sagten zu ihr, sie solle herauskommen. Als sie hinausging, gaben sie ihr das Tuch. Sie legte es um, und die Einbeinigen schauten sie an und sagten: »Oh, es wäre ein hübsches Wesen - aber die zwei Beine, o weh!« Sie sprachen so, weil das Mädchen zwei Beine und zwei Hände hatte. Denn die Einbeinigen sind wie - also wenn der Ochse eines Weißen abgezogen und in zwei Hälften zerlegt wird, so wie eine Hälfte davon, so sind die Einbeinigen, eine andere Hälfte gibt es nicht. Nun tanzten sie für Umkxakaza, und als sie damit fertig waren, nahmen sie sie mit nach Hause. Als Umkxakaza das Dorf des Häuptlings erblickte, sagte sie: »Ach, dieses Dorf. Es ist groß, wie das meines Vaters.« Denn es war sehr groß. Sie wurde in einer Hütte am oberen Ende des Dorfes untergebracht. Dann wurde eine Menge Vieh geschlachtet, und sie aß Fleisch. Sie wurde Häuptlingskind gerufen, denn der Häuptling der Einbeinigen liebte sie sehr und nannte sie sein Kind. Umkxakaza lebte in dem dunklen Palast.

Am unteren Ende des Dorfes gab es noch einen weißen Palast. Schließlich wurde Umkxakaza sehr dick und konnte nicht mehr laufen. Wenn sie den Palast verließ, dann wurde sie auf halbem Wege zwischen dem weißen und dem schwarzen Palast müde und kehrte um. Und wenn sie aufstand, blieb eine Fettlache zurück. Der Häuptling pflegte dieses Fett, das aus Umkxakaza heraustropfte, zu trinken, denn das Volk der Einbeinigen aß Menschenfleisch. Die Leute sagten: »O Häuptling, wir wollen sie aufessen und das Fett auslassen. Auf dem Boden ist es unnütz.« Aber der Häuptling liebte Umkxakaza sehr und sprach: »Solange ich lebe, wird sie nicht gegessen.« Da baten die Einbeinigen: »Ach, Häuptling, sie ist doch eine Missgeburt. Und welchen Nutzen hat ein Wesen, das nicht mehr laufen kann und bloß das Fett verschwendet, das dem Häuptling gehört?«

Schließlich stimmte der Häuptling zu, nachdem sie ihn drei Monate lang angefleht hatten: »Wir wollen das Fett auslassen.« Er war also einverstanden, und es wurden viele Leute aufgeboten, die eine Menge Feuerholz sammelten. Dann wurde ein großes Loch gegraben und ein mächtiges Feuer entzündet. Nun nahm man eine riesige Schale und stellte sie auf das Feuer.

Der Himmel war vollkommen klar, nicht eine einzige Wolke gab es da. Endlich glühte die Schale. Als sie weiß glühend war, wurde Umkxakaza gerufen. Sie ging mit den Leuten, und als sie am Tor war, schaute sie sich um. Sie sah die vielen Leute und begann zu singen: »Höre, Himmel! Gib gut Acht! Mayoya, hör nur hin!
Da ist kein lauter Donnerschlag, es grollt nur leis.
Was ist geschehn?
Nur Donner bringt uns Regen her, die neue Jahreszeit.«
Die Einbeinigen sahen, wie sich am Himmel mit Ungestüm eine Wolke zusammenzog. Umkxakaza aber sang noch einmal: »Höre, Himmel! Gib gut Acht! Mayoya, hör nur hin!
Da ist kein lauter Donnerschlag, es grollt nur leis.
Was ist geschehn?
Nur Donner bringt uns Regen her, die neue Jahreszeit.«
Der Himmel bezog sich, es donnerte schrecklich, und ein gewaltiger Regen stürzte hernieder. Er kühlte die glühende Schale ab, nahm sie und schleuderte sie in die Luft. Sie zerbrach in tausend Stücke. Und der Blitz erschlug die Einbeinigen, die mit Umkxakaza gingen, sie aber blieb unverletzt. Auch einige andere wurden getroffen, viele aber blieben, wie ihr Häuptling, am Leben.

Der Himmel wurde nun wieder klar und licht. Und die Einbeinigen sagten: »Wir wollen sogleich wieder ein Feuer machen, damit die Schale schnell heiß wird. Und dann ergreifen wir Umkxakaza und heben sie auf die Schale, da wird sie nicht mehr singen können.« Die Schale wurde also erhitzt und glühte schließlich. Nun gingen sie, um Umkxakaza zu holen. Sie hoben sie auf. Als sie am Tor war, schaute sie nach oben und sagte: »Höre Himmel! Gib gut Acht! Mayoya, hör nur hin!
Da ist kein lauter Donnerschlag, es grollt nur leis.
Was ist geschehn?
Nur Donner bringt uns Regen her, die neue Jahreszeit.«
Wieder erschienen die Wolken, und Umkxakaza sagte noch einmal: »Höre, Himmel! Gib gut Acht! Mayoya, hör nur hin!
Da ist kein lauter Donnerschlag, es grollt nur leis.
as ist geschehn?
Nur Donner bringt uns Regen her, die neue Jahreszeit.«
Da regnete und donnerte es fürchterlich. Es erschlug den Häuptling und viele andere Einbeinige, nur sehr wenige blieben am Leben. Und die hatten Angst und sagten: »Wir wollen sie nicht immer wieder anfassen. Wir werden ihr kein Essen mehr geben, damit sie dünn wird und stirbt.«

Umkxakaza freute sich sehr, weil sie ihr jetzt nur wenig zu essen gaben. Sie blieb, bis sie dünn geworden war; sie war nicht dürr geworden, nur das viele Fett war verschwunden. Dann nahm sie einen Korb und tat die Dinge hinein, die ihr der Häuptling der Einbeinigen geschenkt hatte, und dann brach sie auf. Den Korb trug sie auf dem Kopf, und er war eine Last auf ihrem Weg, denn einige der Kleider waren mit Bronzeperlen verziert. Auf der Reise schlief sie im Freien, weil sie die Einbeinigen fürchtete. So wanderte sie lange dahin, ohne zu essen, bis sie schließlich zu einem Menschenvolk kam. Nun konnte sie auf ihrer Reise bei denen schlafen; manchmal gab man ihr in einem Dorf etwas zu essen, manchmal wurde sie in einem anderen Dorf weggeschickt. So wanderte sie, bis sie sehr dünn geworden war.

Eines Tages langte sie auf einem Hügel an. Sie erblickte ein sehr großes Dorf und sagte: »O weh! Dieses Dorf! Es erinnert an das Dorf der Einbeinigen, aus dem ich komme. Und das war wie das Dorf meines Vaters.« Sie stieg hinunter und sah aus den Hütten den Rauch der Feuer aufsteigen. Als sie an den Eingang kam, saß da ein Mann im Schatten, dessen Haar so lang wie bei einem Menschenfresser war. Sie ging weiter, betrachtete ihn aber genau und sagte sich: »Dieser Mann erinnert mich an meinen Vater.« Sie ging bis ans obere Ende des Dorfes und erkannte, dass es das Dorf ihres Vaters war. Als sie ankam, bereitete ihre Mutter gerade Bier zu. Da setzte sich Umkxakaza an der Mauer nieder und sagte: »He, Frau des Häuptlings! Gib mir etwas von deinem Bier.« Man wünschte ihr »Guten Tag«, und sie grüßte zurück. Dann sah sie den unordentlichen, struppigen Kopf ihrer Mutter und fragte: »Was ist denn in diesem Kraal geschehen? Und was ist mit dem Mann am Eingang?« Die Mutter fragte zurück: »Woher kommst du denn?« Sie antwortete: »Ich komme von dort drüben;« Da sagte die Mutter: »O du Kind, wahrlich, hier ist der Tod eingezogen. Die älteste Tochter meines Hauses ist verschwunden. Und der Mann, den du am Eingang gesehen hast, das ist ihr Vater. Hast du nicht auch bemerkt, in welchem Zustand ich bin?« Umkxakaza fragte: »Wohin ist eure Älteste denn gegangen, als sie verschwand?« Die Mutter sagte: »Sie ist mit dem Untier weggegangen.« Umkxakaza fragte: »Und wohin hat das Untier sie gebracht?« Da erzählte die Mutter: »Sie war ins heiratsfähige Alter gekommen, und da wurde dem Untier das Vieh gestohlen, weil ihr Vater vorher versprochen hatte, dass sie, wenn sie einmal Frau wird, mit soviel Vieh heimgeholt würde, dass es die Sonne verdunkelt. Aber der Vater besaß nicht soviel Vieh, also gingen sie hin und stahlen das des Untiers.« Da sagte das Mädchen: »Ach, aber warum weint ihr dann? Ihr selbst habt doch euer Kind schlecht behandelt. Wie konntet ihr dem Untier das Vieh stehlen? Fürwahr, ihr habt sie bei vollem Verstand selbst getötet.« Da rief die Mutter: »Oh, pfui über dich elendes Geschöpf! Und so einer habe ich mein Bier gegeben. Jetzt lacht es mich wegen meines toten Kindes aus. Gibt es denn einen Menschen, der dem Untier freiwillig etwas überlassen würde? Von dem Tage an, als mein Kind mitten aus seines Vaters Volk fort ging, hat es keine Freude mehr gegeben. Wir leben nur so dahin.« Da sagte das Mädchen: »Hier bin ich. Ich, Umkxakaza-Wakogingqwayo. Obwohl ihr mich im Stich gelassen habt, bin ich wieder da.« Die Mutter und die anderen, die an der Tür saßen, weinten laut auf. Da kam der Vater herbeigelaufen und fragte: »Warum weint ihr?« Sie antworteten: »Umkxakaza ist wiedergekommen.« Ihr Vater sagte: »Nun, warum weint ihr denn, wenn sie gekommen ist?« Dann schickte er Männer aus, die zu allen im Volk gehen sollten, es zusammenrufen und ihm auftragen sollten, überall im Land Bier zu brauen, weil Umkxakaza-Wakogingqwayo zurückgekommen sei.

Im ganzen Land wurde Bier gebraut, die Leute sammelten sich, brachten Vieh und freuten sich, dass die Häuptlingstochter wieder da war. Es wurde Vieh geschlachtet, und Vater und Mutter hatten einen großen Festtag. Der Vater schnitt sich das Haar und legte einen Kopfring an, und die Mutter schnitt sich das Haar und knüpfte sich einen Haarknoten. Und überall im Land herrschte Freude.

Unter allen Völkern verbreitete sich die Kunde, dass die Häuptlingstochter in ihr Haus zurückgekehrt sei und dass sie sehr schön war. Aus einem anderen Land kam ein Häuptling, um bei ihrem Vater um Umkxakaza anzuhalten. Der aber lehnte ab und sagte: »Sie ist eben erst heimgekommen. Das Untier hat sie fort getragen, und deshalb möchte ich nicht, dass sie wieder weggeht. Ich möchte mit ihr zusammen leben und glücklich sein.« Es kamen noch viele Häuptlinge, aber ihr Vater gab allen die gleiche Antwort. Schließlich gingen die Häuptlinge wieder, ohne Umkxakaza zur Frau bekommen zu haben.

In einem fernen Land lebte aber noch ein Häuptling, der von dem Mädchen gehört hatte. Er schickte einen alten Mann dorthin. Als der Mann an den Eingang des Dorfes kam, verwandelte er sich in einen schönen, glitzernden Frosch. Hüpfend kam der Frosch ins Dorf und ließ sich am Torbalken nieder. Umkxakaza spielte mit anderen in der Nähe des Eingangs. Da erblickten sie den Frosch. Umkxakaza rief: »Kommt heraus und seht euch dieses schöne Geschöpf an!« Die Leute kamen alle heraus, sahen ihn und sagten: »Was für ein wunderschöner Frosch.«

Da sprang er zum Tor hinaus. Als er weg war, sagte Umkxakaza: »Oh, gebt mir meine Sachen. Tut sie alle in einen Korb, ich nehme sie mit.« Sie jammerten: »Du bist eben erst angekommen. Wohin willst du jetzt wieder gehen?« Sie erwiderte: »Ich will dem Frosch folgen, um zu sehen, wohin er geht.« Der Vater wählte zwanzig Männer aus, die ihre Sachen und das Essen tragen sollten. Sie brachen auf und folgten dem Frosch, wohin er hüpfte, bis sie müde wurden.

Da ging Umkxakaza allein mit ihm weiter. Und als sie allein waren, verwandelte sich der Frosch in einen Mann. Umkxakaza staunte und fragte: »Was hat man dir angetan, dass du ein Frosch geworden bist?« Er erwiderte: »Ich bin eben ein Frosch geworden.« Da fragte sie: »Wohin bringst du mich?« Und er antwortete: »Ich bringe dich zu unserem Häuptling.« Nun gingen sie miteinander, bis sie zu einem anderen Volk gelangten. Als sie eine große Strecke gewandert waren, erblickten sie einen riesigen Wald, durch den ein Pfad führte. Als sie den Wald erreichten, wusste der alte Mann, dass sie nahe beim Dorf waren. Er sagte: »Beeil dich, der Ort, zu dem wir wollen, ist noch weit weg.« Als sie zu dem Wald kamen, hielt der alte Mann sie fest, verließ den Pfad und ging mitten in den Wald hinein. Dort sagte er: »O nein. Soll ich ein so schönes Geschöpf wie dieses einem anderen bringen?« Auf einer Lichtung blieb er mit ihr stehen. Umkxakaza wunderte sich über einen so schönen Platz mitten im Wald. Es war, als ob dort Menschen wohnten. Da sagte der alte Mann: »Kommt, alle ihr Tiere, die ihr kommen wollt.« Umkxakaza hörte, wie der Wald in Aufruhr geriet und krachte und knackte. Da bekam sie Angst. Der alte Mann aber ging tiefer in den Wald hinein und rief und pfiff: »Fuitt, fuitt! Kommt, alle ihr Tiere, die ihr kommen wollt!«

Umkxakaza stand ganz still und sagte: »Öffne dich, mein Kopf, dass ich meine Sachen hineintun kann.« Da öffnete sich ihr Kopf, und sie legte alles hinein. Der Kopf schloss sich wieder, und es war, als wäre nichts geschehen. Aber er war fürchterlich groß. Wenn man ihn ansah, war es schrecklich. Sie kletterte auf einen Baum, und als sie in der Spitze war, schlossen sich hinter ihr wieder die Zweige. Sie war nämlich da hinaufgeklettert, wo die Bäume dicht und gedrängt standen. Sie hatte die Zweige zur Seite gebogen, und nun schlossen sie sich hinter ihr wieder.

Vor dem Wald erblickte Umkxakaza ein Dorf. Aber sie blieb auf ihrem Baum. Da kamen wilde Tiere und suchten nach Beute. Sie packten den Alten, aber der sagte: »Nein, fresst mich nicht, die, um derentwillen ich euch gerufen habe, ist nicht mehr hier. Ich sehe sie nicht mehr.« Sie zerrten an ihm, und er schalt sie: »lasst mich in Frieden, meine Kinder. Morgen werde ich euch etwas bringen.« Da verschwanden die Tiere, der alte Mann aber ging nach Hause. Als Umkxakaza sah, dass er den Wald verlassen hatte, stieg sie schnell herunter und lief auch aus dem Wald. Sie erblickte den alten Mann in der Nähe des Dorfes und rief: »Warte auf mich! Wir gehen zusammen: Warum hast du mich allein gelassen?« Er blieb stehen. Aber er wunderte sich, als er ihren großen Kopf sah, denn eigentlich hatte Umkxakaza einen kleinen Kopf. Aber er fürchtete sich, danach zu fragen, weil er ja ihretwegen die wilden Tiere gerufen hatte.

Als sie das Dorf betraten, blieb sie am Eingang stehen. Der alte Mann verbeugte sich vor seinem Häuptling und sprach: »Ich habe für dich eine Frau gefunden, aber ihr Kopf ist nicht ganz in Ordnung.« Dann gingen sie in eine Hütte und setzten sich hin. Alle Leute wunderten sich und sagten: »Oh, sie ist wunderschön, aber ihr Kopf ist wie der von einem Tier.« Und dann sagten sie: »Wir wollen sie wieder wegschicken.« Aber da war auch die Schwester des Häuptlings, und die widersprach: »lasst sie in Ruhe. Wenn sie auch entstellt ist, was macht das schon?« Aber der Bräutigam liebte sie nicht und sagte: »Ich heirate zum ersten Male, und da soll ich, ein Häuptling, mit einer missgestalteten Frau anfangen?« Aber seine Schwester sprach: »Das macht nichts. lass sie in Ruhe, damit sie hier bleibt, selbst wenn du sie nicht heiratest.« So blieb sie, und die Leute nannten sie Großkopf. Einmal kamen die Leute zum Tanzen zusammen. Die Schwester des Häuptlings forderte Umkxakaza auf, mit ihr zusammen hinzugehen und sich den Tanz anzusehen. Aber Großkopf meinte: »Da ich missgestaltet bin, werden mich die Leute auslachen und wegjagen und sagen, dass ich ihnen den Tanz verderbe. Denn wenn ich erscheine, werden die Mädchen den Tanz verlassen und fortlaufen.« Da sagte die Schwester: »Nein, wir werden uns ein Stückchen weiter weg hinsetzen, wenn sie lachen.« Großkopf fragte: »Willst du nicht auch tanzen?« Aber die Schwester meinte: »Nein, ich möchte nicht tanzen, ich will mit dir zusammen sein.« Die beiden liebten einander nämlich sehr, und deshalb wollte die Schwester nicht tanzen gehen und sie allein lassen.

Sie legten also ihren Schmuck an und gingen zusammen zum Tanz. Wer sie erblickte, lief weg und rief: »Da kommt ein hässliches Wesen mit der Schwester unseres Häuptlings!« Man fragte: »Was ist mit ihr?« Und die Antwort war: »Oh, ihr Kopf ist ganz schrecklich.« Als sie auf dem Tanzplatz ankamen, liefen sogleich alle Leute fort, und ein paar wollten die beiden verscheuchen und sagten: »Kommt ja nicht hierher.« Da liefen sie davon und setzten sich auf einen Hügel, bis der Tanz vorbei war. Dann gingen sie nach Hause. Und voller Verwunderung rief das ganze Volk: »Seht euch nur das Geschöpf an, das unser Häuptling geheiratet hat!«

Viele Tage lang blieben sie zu Hause. Einmal aber gingen sie baden. Sie planschten herum, stiegen aus dem Wasser und stellten sich ins Gras, damit ihr Körper und die Füße, die sie sich glatt geschabt hatten, trocknen konnten. Die Schwester fragte: »Wodurch bist du so geworden, Großkopf?« Da erwiderte die: »Ich bin von Natur aus so.« Daraufhin sagte die Schwester: »Oh, du wärest schön, Kind meiner Eltern, wenn dich dein Kopf nicht entstellen würde.« Da lachte Großkopf und sagte: »Öffne dich, mein Kopf, damit ich meine Sachen herausholen kann.« Sogleich öffnete sich ihr Kopf, die Sachen kamen heraus, und sie legte sie auf den Boden. Dann schloss sich der Kopf und war wieder klein. Als die Schwester das sah, umarmte sie Umkxakaza fest. Sie lachten unmäßig, und die Schwester sagte: »Ist das wirklich diejenige, die wir Großkopf nennen?« Lachend wälzten sie sich im Schlamm und konnten einfach nicht mehr aufstehen. Endlich erhoben sie sich und badeten noch einmal. Als sie wieder standen, sagte die Schwester: »Was hast du denn getan?« Umkxakaza erwiderte: »Ich hatte meine Sachen im Kopf untergebracht.« Und dann berichtete sie alles, was der alte Mann getan hatte. Die Schwester staunte. Umkxakaza schloss: »Das also war es, was mir einen großen Kopf verschafft hat.« Sie streifte sich eines ihrer eigenen Kleider über und sagte: »Ich bin Umkxakaza-Wakogingqwayoayo, das ist mein richtiger Name.«

Nun kehrten sie nach Hause zurück und blieben am Dorfeingang stehen. Die Leute kamen heraus und sagten: »Da ist ein junges Mädchen gekommen, das seinen Bräutigam sucht.« Nun fragten andere: »Wessen Tochter ist sie denn?« Und die, die sie sahen, antworteten: »Wir wissen nicht, woher sie kommt.« Da fragte man: »Ist sie allein?« Und die anderen antworteten: »Es sind zwei. Aber wir glauben, dass die eine nur zur Begleitung mit ist.« Nun gingen alle Leute hinaus, schauten und fragten: »Wer von euch beiden sucht einen Bräutigam?« Sie konnten sie nämlich nicht genau sehen, weil die beiden ihre Köpfe gesenkt hielten und auf den Boden schauten. Da hob die junge Frau, die aus dem Dorf stammte, den Kopf und sagte: »Das ist Großkopf.« Die Leute wunderten sich alle und liefen hin und sagten zum Häuptling: »Du solltest Großkopf sehen, so wie ihr Kopf jetzt ist.« Der Häuptling ging hinaus und erblickte sie. Er verlangte viel Vieh, und es wurde eine Menge geschlachtet. Das ganze Volk wurde zusammengerufen. Es hieß: »Das Volk soll sich versammeln und für die Frau des Häuptlings tanzen.« Alle, die Großkopf sahen, staunten. Es wurde Bier gebraut, und der Häuptling tanzte. Er liebte Umkxakaza sehr. Seine Schwester fragte: »Was ist nun? Hattest du nicht befohlen, sie wegzuschicken?«

Der alte Mann wurde wegen seiner Verfehlungen getötet. Endlich kehrte Umkxakaza zu ihrem Vater zurück, mit dem Vieh, mit dem das Volk des Bräutigams sie zu seiner Auserwählten erklärte. Als sie in ihres Vaters Dorf ankamen, sagte man dort: »Umkxakaza-Wakogingqwayo ist zurückgekommen.« Das Volk des Bräutigams hatte viel Vieh geschlachtet und bezahlte sogleich den Brautpreis. Dann wurde sie verheiratet. Der Häuptling liebte sie sehr. So wurde sie seine Frau und lebte glücklich mit ihrem Mann.