[swahili, "Geschichte, Legende"]

Die drei Seelen, der Stern und der Mond

Ein Königssohn fuhr durch alle Königreiche, denn er wollte sich eine Frau suchen, doch nirgends fand er ein passendes Mädchen für sich. Da nahm er von seinem Vater, dem König, drei Groschen und wanderte los in die Welt. Er begegnete einem Alten, der sagte zu ihm: »Ach, erlauchter König, ich habe dich schon woanders gesehen, und nun treffe ich dich hier. Hast du nicht ein Almosen für mich?«

»Ich habe drei Groschen. Einen gebe ich dir, zwei bleiben für mich.« Und wieder ging er, und wieder traf er den Alten, doch er meinte, das wäre ein anderer. Und wieder bat der ihn. Und er gab ihm den zweiten Groschen. Und zum dritten Male geschah es ebenso, und er gab ihm den dritten Groschen.

Doch er fragte ihn wieder: »Wohin, o erlauchter König, gehst du?«

»Ich bin durch alle Königreiche gefahren, und nirgends fand ich ein passendes Mädchen für mich. Ich gehe jetzt auf Wanderschaft in die Welt, ob ich nicht irgendwo eins finde.«

»Kehre zurück, baue eine eiserne Brücke über den Fluss, an dem du wohnst. Das Mädchen wird von selbst zu dir gefahren kommen, du musst nur drei Nächte wachen und auf sie warten. Wenn sie angefahren kommt, frage sie: ›Wer fährt da?‹ Sie wird antworten: ›Ein Mädchen.‹ Und du sage dem Mädchen: ›Kannst du eine Naht ohne Naht zusammennähen, kannst du einen Flicken ohne Flicken aufsetzen, kannst du drei Seelen zurückhalten, wenn sie des Weges gehen?‹ Das Mädchen, das das tun will, die heirate!«

Darauf baute er die Brücke und stellte eine Nachtwache auf.

In der ersten Nacht kam ein Mädchen mit vier Pferden angefahren. Als sie herangefahren kam, rief er ihr zu, sie solle halten. Er fragte sie, wie es ihn der Greis gelehrt hatte, und sie antwortete auch, wie es der Alte gesagt hatte. Der Königssohn fragte sie alles und sagte dann: »Wenn du alles so machen kannst, dann nehme ich dich zur Frau.«

»Ich kann das nicht so machen«, antwortete sie. In der nächsten Nacht kam ein anderes Mädchen mit sechs Pferden gefahren. Auch sie kam heran, er hielt sie an und fragte wieder, und auch sie antwortete wie die erste, auch sie wollte die Arbeit nicht übernehmen.

In der dritten Nacht kam eine mit acht Pferden angefahren. Er hielt sie wiederum an und fragte wieder: »Wer fährt da?«

»Ein Mädchen.« Als sie aus dem Wagen gestiegen war, fragte er sie: »Kannst du eine Naht ohne Naht zusammennähen, kannst du einen Flicken ohne Flicken aufsetzen, kannst du drei Seelen zurückhalten, wenn sie des Weges dahingehen? Wenn du das kannst, dann nehme ich dich zur Frau. Ich werde dich heiraten.«

»Ich kann das alles machen: eine Naht nähen -.« Darauf nahm sie von ihrem Finger ein Ringlein und steckte es ihm an den Finger. Und während sie das tat, sagte sie: »Schnüre ihn, Ring, sei ruhelos, Herz! Ich habe dich gesucht, doch nun sollst du mich suchen. Du findest mich über dem Strom aus Milch, hinter dem Wald aus Honig, in dem hohen Wohnspeicher - hoch oben ein Schwan!« Dann fuhr sie davon, und er blieb stehen.

Jetzt muss er sie suchen gehen, denn sein Herz ist voller Unruhe, und der Ring schnürt seinen Finger. Er muss gehen. Er überlegt: Ich bin durch alle Königreiche gefahren, nirgends habe ich einen Strom aus Milch und einen Wald aus Honig gefunden!

Wieder zog er aus auf Wanderschaft. Und wenn er geht, schnürt ihn das Ringlein nicht mehr. Also geht und geht er, und wieder begegnet er dem Alten. Da fragt er sogleich den Greis: »Ach, liebes altes Väterchen, weißt du nicht, wo der Strom aus Milch und der Wald aus Honig ist?«

»Ich weiß das nicht. Doch geh hier entlang, du wirst ein kleines Häuslein finden. In diesem Häuschen findest du einen Stern. Vielleicht geht er jenen Weg und zeigt ihn dir«, antwortet der Alte.

Der Königssohn geht in das kleine Häuschen und grüßt: »Gelobt sei -.« Eine Kerze brennt auf dem Tisch. Das Sternlein: »Ach«, sagt es, »erlauchter König, ich habe dich schon woanders gesehen, und nun bist du hierher gekommen!«

»Weiß Euer Gnaden nicht, wo der Strom aus Milch und der Wald aus Honig ist?«

»Ich weiß es, doch ich ziehe diesen Weg nicht. Geh in das andere Häuschen, dort wohnt der Mond, vielleicht zieht der jenen Weg.«

Schließlich fand er auch jenes Häuschen. Er grüßte ebenfalls »Gelobt sei -«, als er den Mond darin sitzen fand. »Ach, erlauchter König, ich habe dich schon woanders gesehen, und nun bist du hierher gekommen!«

»Ich bin hierher gekommen, denn ich bin unterwegs, ein Mädchen zu suchen. Sie sagte zu mir: ›Du findest mich über dem Strom aus Milch, hinter dem Wald aus Honig, in einem hohen Wohnspeicher - hoch oben ein Schwan.‹ So beschrieb es das Mädchen.«

Der Mond sagt: »Ich weiß es, ich ziehe den Weg. Ich kann dich dahinführen!« Der Mond gab ihm ein kleines Zaumzeug und brachte vier Ellen schmales Blech und band es ihm um den Bauch. Dann sagte er: »Geh hinter mein Häuschen und klirre mit dem Zaumzeug. Wenn mein Pferd angelaufen kommt, dann höre zu, was es sagt.« So tat er auch. Da. kam ein schönes Pferdlein angelaufen, es schnupperte und sagte dann: »Das ist wohl mein Zaumzeug, aber nicht mein Reiter. Er ist nicht würdig aufzusitzen noch zu reiten!«

Und als er wieder ins Häuschen zurückgekehrt war, fragte ihn der Mond: »Was hat mein Pferd gesagt?«

»›Es ist wohl mein Zaumzeug‹, sagte es, ›aber nicht mein Reiter. Er ist nicht würdig aufzusitzen noch zu reiten.‹« Und wieder brachte er weitere vier Ellen Blech und wickelte es ihm um den Bauch. Und so geschah es dreimal. »Jetzt klirre mit dem Zaumzeug, wirf es dann von dir und höre gut zu, was das Pferd sagt«, sprach der Mond. Und wieder schnupperte das Pferdchen und sagte wieder dasselbe. Und zum dritten Male umwand ihn der Mond mit dem schmalen Blech und sprach: »Jetzt klirre mit dem Zaumzeug, wirf es von dir und sieh zu, was das Pferd sagt.«

Das Pferd kam angelaufen, schnupperte und sagte: »Jetzt ist das mein Zaumzeug und mein Reiter, er ist würdig aufzusitzen und zu reiten. Dann trage ich dich jetzt«, sagte es, »durch den Strom von Milch. Wenn ich aber müde werde, drehe ich mich auf die Seite, dann setze dich auf meine andere Seite. Aber koste ja nicht von der Milch des Stromes!«

Schon sind sie nicht mehr weit vom Ufer, doch die Milch duftet so wunderbar, und er möchte so gern einmal lecken! Da machte das Pferd einen Satz und flog - husch! - hinaus. »Nun siehst du, ich habe es dir ja gesagt, dass du nicht widerstehen kannst und kosten wirst!« sagte das Pferd. (Dieser Strom war nämlich von Zauberern verhext.) »Jetzt habe ich dich nur durch den Milchstrom getragen, und du konntest das Kosten nicht unterlassen, doch wenn ich dich durch den Honigwald trage, da duftet es noch viel lieblicher. Ich will dich nicht mehr sehen!«

»Ich werde nicht mehr kosten!« bittet er das Pferd, »ich werde bestimmt nicht mehr kosten!«

»Na, sitz auf, aber koste nicht mehr! Denn wenn du das tust, dann sind wir beide verloren!«

Er stieg auf. Der Honig duftet so lieblich, von den Ästen tropft es herab. Er war schon durch den Wald bis zum Rande geritten, wo nur noch kleine Sträucher standen. »Ich streife nur ein wenig ab«, sagte er. Das Pferd machte ein paar Sätze - husch-husch! - und brauste heraus, dass er nichts mehr abwischen konnte. »Du siehst: Wie fest du es auch versprochen hast - du kannst nie widerstehen!« sagte das Pferd. Doch schon war ein schönes, großes Herrenhaus mit drei Stockwerken zu sehen. »Na«, sagt das Pferd - oder der in das Pferd verwandelte Mond -, »ich werde dich in ein kleines Käferchen verwandeln. Doch bewege dich nie in der Mitte der Gemächer, sondern immer nur an den Wänden entlang, bis du in den dritten Stock gekommen bist. Wenn du da hinaufsteigst, wirst du wieder ein Königssohn sein wie vorher, und du findest dort dein Mädchen.«

Als er dort eintrat, sagte sie zu ihm: »Ach, erlauchter Königssohn, es ist wunderbar, dass du mich trotz allem gefunden hast! Du bist sehr müde - lege dich nieder, ruhe dich ein wenig aus. Ich werde dir etwas zu essen machen.« Er schlief auch ein. Da stürzte ihre Mutter, eine Hexe, herein. »Wer schläft denn hier?« fragt sie, »ist das nicht mein Schwiegersohn?«

»Ja, dein Schwiegersohn«, antwortete die Tochter. Und die Mutter ging hinaus. Die Tochter lief schnell. Holzstückchen zu holen, doch die Mutter schnitt ihm den Bauch auf und riss die Lunge heraus. Die Tochter läuft hinein, sie eilt sehr. Sie schaut und sieht: Die Mutter schleift die Lunge in der Hand über den Lehmfußboden. Sie entreißt der Mutter die Lunge, legt sie zurück und näht den Schnitt wieder zu. Und er schläft wie zuvor. Das Mädchen lief hinaus, um Wasser zum Frühstück zu holen, da riss die Hexe dem Schwiegersohn wieder die Lunge heraus, doch das Mädchen legte sie hinein und nähte wieder zu. Und zum dritten Male, als die Tochter hinausgegangen war, kam die Mutter wieder hereingestürzt und riss dem Gast die Lunge heraus. Die Hexe wollte die Lunge unbedingt in das Kesselchen werfen, in dem das Wasser kochte, doch die Tochter griff sofort zu, obwohl die Lunge an einer Stelle schon den Rand des eisernen Kessels berührt hatte. Wieder legte sie sie hinein und nähte alles schön zu.

Der Gast schlief sich aus und stand auf; das Mädchen fragt ihn: »Hast du dich ausgeschlafen?«

»Gut habe ich mich ausgeschlafen, nur hat mir etwas wehgetan.« Denn es tat ihm die Stelle weh, mit der die Mutter den heißen Kessel berührt hatte. »Das ist eine Kleinigkeit«, sagt das Mädchen, »ich gebe dir eine Arznei, und du wirst gesund!«

Da kamen alle zusammen zum Frühstück. Die Mutter legte sich einen silbernen Löffel zum Essen hin. Als sie gegessen hatte, steckte sie ihn in ihre Tasche und sagte: »Nun, Gast, wenn du mir morgen zum Frühstück meinen Löffel gibst, dann wirst du mein Schwiegersohn, doch wenn nicht, dann wirst du es nicht!« Sie trug aber den Löffel mit sich herum. Sie, die Mutter, und zwei ihrer Töchter sind verdammte Zauberinnen. Doch die dritte Tochter fährt nicht zu den Teufeln zum Festgelage und Tanz, denn sie war gut.

Sie mussten nun in ein Boot steigen und über einen Fluss setzen. Doch sein Mädchen sagte ihm: »Du musst mit ihnen zusammen über das Wasser fahren und ihr den Löffel wegnehmen. Wenn sie in das Boot steigen, werden sie sagen: ›Ich in das Boot! Ich in das Boot!‹ Auch du musst so sagen: ›Auch ich in das Boot, auch ich in das Boot!‹« So belehrte ihn das Mädchen. Doch die Mutter sagt, als ob sie etwas geahnt hätte: »Was ist denn das: als ob hier die Stimmen von vieren wären!« Aber ihre jüngste Tochter sagt: »Das ist heute ein Echoabend.« Als sie ausstiegen, sagten sie: »Ich aus dem Boot! Ich aus dem Boot! Ich aus dem Boot!« Und er sagt: »Auch ich aus dem Boot!« Da stiegen sie schon aus, und es war nahe am Palast der Teufel.

Als sie dort zur Festgesellschaft kamen, wie haben sie die Teufel da tanzen lassen - einer ließ eine los, da grillt sie schon der nächste. Na, als die Zauberin etwas müde geworden war, sagt sie zu den Teufeln: »Ich habe einen Schwiegersohn!« Sie nahm den Löffel aus der Tasche, zeigte ihn den Teufeln und fragte, wo sie ihn hinlegen könnte. »Der Ofen brennt, wirf ihn in den Ofen, er wird dort zerschmelzen.«

Der Schwiegersohn passte auf und wartete, ohne dass die Zauberinnen ihn sahen. Er ergriff den Löffel und behielt ihn nun bei sich. Na, da ist auch schon die Stunde herangekommen, wo die Hähne zu krähen beginnen, und sie müssen nach Hause zurückkehren. Und wieder, als sie über das Flüsschen setzen, sagen sie: »Ich in das Boot! Ich in das Boot!« Auch der Schwiegersohn sagt als vierter so. Beim Aussteigen sagen die Hexen wieder: »Ich aus dem Boot! Ich aus dem Boot!« Die Hexe sagt: »Aber hier sind doch die Stimmen von vieren!«

»Das ist wie ein Echoabend, Mütterlein«, sagen die Töchter, »deshalb antworten auch vier Stimmen.« Da erwartet ihn auch schon das Mädchen und fragt: »Nun, wie ist's? Hast du den Löffel? Hast du ihn bekommen können?«

»Ja, ich habe ihn, dem Herrgott sei Dank!«

»Ja, dem Herrgott sei Dank, dass du ihn hast!« sagt das Mädchen. »Hier ist vielleicht ein Riemenschneider in der Nähe. Er soll drei so dicke Riemenpeitschen machen. Wir werden sie zum Heiligen Geist bekehren.«

Nun, da hatte er sie fertig. Er brachte die drei Riemenpeitschen mit. Da kamen sie alle zusammen zum Frühstück. Die Mutter sagt: »Na, Schwiegersöhnchen, wo ist nun mein Löffel, den ich dich gestern hieß mir zu geben?«

»Nun, da, wo du ihn hingelegt hast!« Sein Mädchen hielt die Tür zu, und er schlug auf die Hexen ein, und er prügelte und schlug sie so, dass schon das Fleisch von ihren Knochen flog: »Ihr werdet nicht mehr zu dem Tanzvergnügen gehen!«

Nun heirateten die beiden. Das Mädchen hatte, als sie seine Lunge zunähte, gezeigt, dass sie eine Naht nähen kann ohne Naht, dass sie einen Flicken aufsetzen kann ohne Flicken und drei Seelen festhalten kann, die schon auf dem Wege dahingehen. (Und die Seelen, das heißt, dass sie die Lunge, nämlich die Menschenseele, in seine Brust zurücklegte.)