[swahili, "Geschichte, Legende"]

Die Braut aus der Darre

Die Tochter eines Gutsherrn wurde krank: nun liegt und liegt sie schon manche Woche und steht nicht auf. Da helfen keine Doktoren und keine Arznei. Einmal kam der Vater und war - wer weiß, worüber - böse und sagte: »Vielleicht hat der Teufel selbst dich hierher gelegt, dass du so lange nicht aufstehst!« Zwar waren ihm diese Worte in dem Augenblick nur so herausgefahren, doch die Teufel lauern ja nur auf so etwas. In derselben Nacht - schwupp! - packten sie seine Tochter und brachten sie in die Getreidedarre, und an ihre Stelle legten sie einen Teufel, einen Kranken, der niemals gesund wird, immer böse ist, andere reizt und in Wut bringt. Denn siehst du, es gibt an jedem Tage einige böse Minuten, und wenn du in solch einer Minute etwas Böses aussprichst, so geht das in Erfüllung. Und so war das auch mit jenem Herrn.

Der Teufel also liegt und liegt nun dort, und es wird mit ihm nicht besser. Schon einige Jahre zieht sich das hin, er wird nicht gesund, aber er stirbt auch nicht. Und seine Bosheit ist ungeheuer - mal nörgelt er hierüber, mal quengelt er darüber - so quält er seine Pfleger aufs äußerste. Und in der Scheune, wo die Darre war, begann es zu spuken. Da gehen zwei zum Dreschen - sie dreschen aber zu dritt. Sie gehen zu dritt dreschen - es dreschen aber ihrer vier. Jedoch nur im Dämmerlicht: Wenn sie eine Kerze anstecken und dreschen, dann dreschen so viele Mann, wie man dreschen hört, aber sowie es dämmrig wird, kommt ein Drescher dazu. Es fing auch an, dass hier etwas herunterfiel, da etwas polterte, dort etwas sich zeigte. Da erhob sich allerlei Gerede über die Darre. Und wenn die Darre geheizt werden sollte, so fand sich nirgends ein Mensch, der für noch so viel Geld und gute Worte da hineingegangen wäre.

Bei dem Gut aber war ein Knecht, der für seine Arbeit ein Stückchen Land nutzen durfte. Dieser Knecht war dem Herrn sehr verschuldet. Den trieb der Herr dann auch immer in die Darre - bald sollte er etwas zum Trocknen zubereiten, bald sollte er heizen. Und wenn der nicht gehen wollte, so verlangte der Herr sofort, dass er das Geld zurückzahlen solle. Also ging er, aber nicht aus Gefälligkeit, sondern weil er musste. Einmal geschah es, dass dieser Mann krank wurde, und es war niemand da, der die Darre heizte. Deshalb holten sie einen Mietsknecht, ob der wollte oder nicht. Der ging dann auch hin. Er heizte die Darre, legte sich lang, stützte sich auf die Ellenbogen und schaute in den Ofen. Doch es raschelte etwas da hinten, und er wandte sich in die Richtung. Er wandte sich und sieht - im Winkel hinter dem Ofen steht so etwas wie ein Kasten, und da raschelt es. Er meint, dass da vielleicht Mäuse sind, und will nachsehen gehen.

Er kommt heran, steckt die Hand hinein - Geld! Sieh da, dachte er, wie schlau ist der Herr! Erst hat er erzählt, dass es in der Darre spukt, und dann bringt er sein Geld in die Darre, weil er weiß, dass jetzt niemand hierher kommt und hier herumkriecht! Na warte, denkt er, ein paar Handvoll will ich mir jetzt herausnehmen, ein paar ein andermal, und so jedes Mal etwas, allmählich den ganzen Schatz nach Hause bringen.

Aber kaum hatte er einige kleine Münzen herausgenommen, sofort - schwupp - packte ihn eine kalte Hand am Gelenk und ließ ihn nicht wieder los. Und wie er auch zerrt, sie hält ihn fest, und alles vergebens! Jetzt denkt er: Da bin ich schön reingefallen, und beginnt zu weinen und zu jammern. Wie er so wehklagt, hört er plötzlich auf dem Ofen eine Stimme: »Still, nicht gejammert, es wird schon nicht so schlimm werden, wie du meinst. Nichts Böses wird geschehen. Ich bin eine von ihrem Vater verwunschene Tochter und lebe in dieser Darre an die zehn Jahre. So lange muss ich hier bleiben, bis mich einer heiratet. Heirate mich also, dann lasse ich dich los und gebe dir das Geld; doch wenn nicht, dann halte ich dich so lange fest, bis du vertrocknest oder bis du mir versprichst, mich zu heiraten!« Da sah der Bursche ein, dass es schlecht um ihn bestellt war, und er versprach, sie zu heiraten. Kaum hatte er ihr das Versprechen gegeben, da dankte sie ihm, ließ ihn los und sagte, er solle sich als Handgeld soviel nehmen, als er wolle. Er füllte seine Taschen voll und kroch zurück. In dem Augenblick - hui - war der Kasten und alles verschwunden. Er heizte die Darre, Schloss sie wieder zu und ging nach Hause. Und Geld hatte er, dass es seine Jacke stramm herabzog, er konnte damit sogar eine halbe Hufe Land kaufen!

Doch für ihn ist das jetzt alles gar nichts wert, er denkt nur immer daran, was nun werden soll - wie kann er denn aus dieser Darre jemanden heiraten? So etwas hat ja noch keiner gemacht. Er weiß doch gar nichts; er hat nicht gesehen, ob sie vielleicht hübsch ist. Er weiß nicht einmal, was da überhaupt war: womöglich irgendein Teufelswesen, und er hatte versprochen, es zu heiraten! Er vertraute aber niemandem an, was er erlebt hatte; nur das Geld gab er mit vollen Händen aus und dachte dabei immerzu daran, was nun weiter werden sollte.

Jetzt kam sie auch schon nachts zu ihm, diese Braut! Sie kommt, umarmt ihn und küsst ihn: »Nimm mich und basta! Komm mit dem Hochzeitsordner in die Darre, ihr macht aus, wann die Hochzeit sein soll und alles andere!« Was sollte er nur tun? Er bekam mit Müh und Not jemanden als Hochzeitsordner, ging mit ihm in die Darre, und sie besprachen alles wegen der Hochzeit. Niemand sah etwas oder jemanden, doch es wird alles besprochen. Der Hochzeitsordner hörte nicht einmal, was die Jungfrau sagte, nur die Worte des Kavaliers hörte er. Sie sprachen über die Hochzeit, wie das einzurichten wäre, doch der Hochzeitsordner meinte, der junge Bursche sei entweder verrückt geworden oder wolle sich über ihn lustig machen: Im Dämmerdunkel der Darre spricht nur einer und ordnet angeblich eine Hochzeitsfeier. Bloß raus aus der Darre und - geb's Gott! - die Füße aus der Scheune!

Sie hatten abgesprochen, dass nach zwei Wochen er, der junge Bursche, zur Beichte und zum Abendmahl gehen solle, und wenn er die Hostie bekomme, dann solle er sie nicht runterschlucken, sondern im Munde behalten und ihr in die Scheune bringen. Und so machte er es dann auch. Er kam zur Beichte, der Priester legte ihm die Hostie in den Mund, und er - sofort aus der Kirche und in die Darre. Vorsichtig öffnet er die Tür ein wenig und sieht: auf dem Ofen sitzt ein wunderschönes Mädchen, so schön, dass man sie immer nur anschauen möchte! Sie sitzt und kämmt sich ihr Haar, aber sie ist nackt. Nun überlegt er, wie er ihr die Hostie übergeben soll: Mit sündigen Fingern soll man den Herrgott nicht berühren, das darf nur der Priester. Wie soll er sie also der Braut übergeben? »Komm hierher«, sagt das Mädchen, »fürchte dich nicht! Ich werde den Mund aufmachen und du steckst mir die Hostie mit der Zunge hinein, so werde ich sie bekommen.«

Also machte er es auch. Kaum hatte sie die Hostie empfangen, sprang sie sofort vom Ofen, umarmte ihn stürmisch, küsste und küsste ihn, weil er sie erlöst hatte. Das waren Küsse! Sie trieben ihm sogar die Tränen aus den Augen. Darauf nahm sie ihn bei der Hand und führte ihn in die Scheune, teilte das Stroh auseinander und fand einen Kasten mit den verschiedensten Kleidern. Sie suchte die schönsten Gewänder heraus, und als sie sie angezogen hatte, da war sie wie eine Königstochter. Sie nahm auch für ihn Kleider heraus, Schuhe, einen schönen Hut und alles Übrige. Und wie schön hatte sie ihn angezogen, wie prächtig gekleidet! »Jetzt«, sagte sie, »gehen wir zum Priester: Der wird uns trauen, und danach kaufen wir uns Pferde und fahren, die Aussteuer zu holen.«

Sie gingen hin, und er konnte sich nicht genug freuen: War das eine Schönheit von einer Frau, und was waren das für Gewänder! Selbst der Priester - auch der war erstaunt. Anfänglich wollte er sie nicht gleich trauen: ohne Aufgebot, ohne alles, und dabei noch ein Gespenst! Aber als sie ihm zweimal beide Hände voll Goldstücke auf den Tisch schütteten, da sagte er nichts mehr. Sofort ging's in die Kirche, er traute sie, und sogar alle Kerzen auf allen Altären zündete er während der Trauung an. Nach der Trauung gingen beide sofort und kauften sich ein Viergespann von Pferden und einen Kutschwagen und fuhren zur Scheune. Und alle machten lange Hälse wie Kraniche und schauten, was hier für Herrschaften fahren. Sie fuhren zur Scheune und ließen sofort einige Männer bitten, beim Aufladen der Aussteuer zu helfen. Sie teilte das Stroh auseinander - dort standen ein Kasten mit Seide, ein anderer mit Baumwolle und ein dritter mit feinem Linnen. Kaum, kaum konnten die Männer die auf den Wagen heben!

Und dann gingen sie in die Darre. Dort zog sie unter dem Ofen einen Kasten ganz voll Gold hervor und einen anderen voll Silber.

Als alles aufgeladen war, konnten die Pferde den Wagen nur mit Mühe von der Stelle bringen. Und sie fuhren auf und davon, kauften sich ein Gut und lebten da. Sie leben und leben dort lange Zeit - da sagt die Frau zu ihm: »Weißt du was, liebe Seele? In meinem Vaterhaus ist es schon das zehnte Jahr, dass dort ein Kranker liegt, und niemand kann ihn heilen, weder Ärzte noch Priester. Geh du, liebe Seele, und mach ihn gesund!«

»Wie soll denn ich ihn gesund machen, wo ich doch nicht einmal ein Doktor bin! Wenn nicht mal die Doktoren ihn heilen können, wie soll dann ich, ein einfacher Mensch, das fertig bringen?«

»Achte auf nichts, geh nur hin, und du wirst ihn heilen. Wenn du dort ans Fenster kommst, klopfe an und frage, ob sie nicht einen kranken Teufel im Hause haben. Weißt du, die Leute da sind nämlich so wütend auf den Kranken, dass sie ihn immer nur den kranken Teufel nennen. Wenn sie antworten: ›Ja, wir haben einen‹, dann sage: ›Ich werde ihn heilen‹. Wenn du in die Stube kommst, wo der Kranke liegt, greife gleich zu einem Beil und sage: ›Wenn du aufstehen kannst, so steh auf und geh, wenn aber nicht, dann gebe ich dir eins mit dem Beil, dass du wie Brei auseinanderspritzt!‹«

Was sollte er machen? Als Jungverheirateter muss man schließlich seiner Frau gehorchen. Er ging hin, kam ans Fenster, klopfte an und fragte: »Habt ihr keinen kranken Teufel?«

»Einen kranken Teufel haben wir nicht, aber unsere Tochter liegt schon zehn Jahre auf dem Krankenbett und ist abscheulich wie ein Teufel: Kommst du ihr nahe, ist es nicht richtig, willst du sie pflegen, ist es verkehrt - nichts kann man ihr recht machen. Ein Scheusal ist sie, dass Gott erbarm'!«

»lasst mich nur machen, ich werde sie heilen!«

Und er bat, eintreten zu dürfen. »Was willst du, lieber Bruder, hier noch heilen? Schon ganz andere Doktoren waren hier, sogar aus dem Ausland, und auch die haben nichts ausrichten können; du Menschlein kannst nicht einmal daran denken, sie zu heilen - aber versuch's!« Sie ließen ihn hinein. Und da drinnen ist es voll von allerlei Doktoren, die sitzen wie die Kolkraben im Kreise herum und denken nach, wie sie den Kranken heilen können. Sie schauen den jungen Mann alle an und lachen über solch einen Doktor. Er aber mustert den Kranken und sagt: »Oh, ich weiß, was ihm fehlt! Gebt mir nur ein Beil.« Kaum hatten sie ihm das Beil gereicht, da trat er mit dem Beil ganz nahe an den Kranken heran. Und alle saßen bereit mit ausgestreckten Fingern wie Krallen: Wenn er zuschlägt, packen sie ihn und reißen ihn in Stücke. Er tritt mit dem Beil ans Bett, deckt den Kopf auf und sagt: »Na, was liegst du hier faul im. Bett herum? Wenn du aufstehen kannst, dann steh auf, wenn aber nicht, dann kriegst du eins von mir mit der Schneide in die Schläfe, und dann wirst du schon wissen, was mit dir los ist!« Und er holte mit dem Beil aus. Da - hui! - fuhr der Kranke aus dem Bett und mitsamt den Scherben durch das Fenster nach draußen, dass sogar der Schwanz zu sehen war. »Na seht ihr, habe ich nicht gesagt, dass ihr einen kranken Teufel habt? Jetzt ist er weg - versucht nur, ihn wieder zu fangen! Schon längst hätte man dieser Bestie so kommen müssen, doch die sitzen ganze zehn Jahre hier und bedienen ihn hinten und vorne wie einen großen Herrn!« Er verspottete sie und lachte.

Da kamen der Hausherr und die Hausfrau angestürzt, sie schrieen und lärmten, dass ihre Tochter weg ist! Sie ringen die Hände, rennen umher und lamentieren. Da - schwups - kommt seine Frau in das Haus und fällt der Mutter zu Füßen, damit sie sie segne. Die Eltern erkannten die Tochter sofort; sie hoben sie auf und fragten sie unter vielen Küssen, wo sie gewesen sei. Sie erzählte alles - wo sie war, wie sie gelebt und sich verheiratet hatte - vom Anfang bis zum Ende.

Darum dürfen Eltern ihr Kind niemals verfluchen, denn du weißt nicht, in was für einer Minute du die Verwünschung aussprichst, und dann ist es zu spät, und es ist nicht wieder gut zu machen.