[swahili, "Geschichte, Legende"]

Der Nöck

Ganz anders als die riesigen Trolle der Berge, des Waldes oder jener aus dem Meer ist der Nöck. Er ist der Verwandlungskünstler unter ihnen. Deshalb ist er für den Menschen äußerst gefährlich. Um sie ins Verderben zu locken, wendet er die unwahrscheinlichsten Tricks an. Viele Menschen, ob groß oder klein verschwanden und wurden nie mehr gesehen. Er hält sich gerne im sumpfigen Gelände auf, bei Teichen, auf denen Seerosen blühen, weil er wusste, dass sie sich gerne hier aufhielten um auszuruhen und die angenehme Stille zu genießen. Askelad war ein junger Mann, der Tiere über alles liebte. Besonders aber hatten es ihm die Pferde angetan. Er hatte sechs davon in den Ställen stehen. Sie wurden von ihm liebevoll gepflegt und gehegt. Nie kam ein böses Wort über seine Lippen und eine Peitsche war in den Stallungen nicht zu finden. Auch sein Stallbursche Björn war gut zu den Tieren. Täglich ritten die beiden aus, während die zurückgebliebenen Tiere in der Koppel grasten. Eines Tages nun geschah es, dass sie am Heimweg von einem längeren Ausritt in der Dämmerung nahe dem Weiher, halb versteckt vom hohen Schilfgras einen herrlichen schneeweißen Schimmel entdeckten. Doch beim Näherkommen entschwand das Tier in der Dunkelheit. Nun geschah es, dass Askelad das Ross immer öfter sah. Jedes Mal, wenn sie aufeinander trafen, ließ es den jungen Reiter näherkommen. Nach zwei Wochen durfte er es sogar schon berühren, ohne das es weglief. Wie schön müsste es sein, auf den Schimmel zu reiten, dachte Askelad. Einige Tage später unternahm er den ersten Versuch. Nach anfänglichem Sträuben und kurzem Aufbäumen stand das Tier still und ließ den Reiter aufsteigen. Nun verging kaum ein Tag, ohne das Askelad eine kurze Strecke auf dem Schimmel ritt. Aber er durfte dieses Pferdes wegen seine anderen Tiere und das Gehöft nicht vernachlässigen. Er ging sorgfältig seinen Pflichten nach, richtete die Umzäunung, denn da waren einige Schäden aufgetreten, striegelte das Fell seiner Pferde, das es glänzte und mit Björns Hilfe hatte er die Ziegel, die vom Dach des Stalles gefallen waren, wieder an ihrem Platz befestigt. Aber die ganze Zeit ging ihm der Schimmel nicht aus dem Kopf. Wäre es nicht herrlich, dieses schöne Tier sein Eigen nennen zu können? Er wollte versuchen, es beim nächsten Mal, wenn er wieder auf ihn reiten durfte, hierher zu führen. Es war ein stürmischer Abend. Die Blitze zuckten über dem Himmel und jeder vernünftige Mensch wäre zu Hause in der warmen Stube geblieben. Nicht so Askelad. Mit einer unerklärlichen Gewalt zog es ihn hinaus zum Weiher. Das Pferd, mit dem er hinzureiten gedachte, weigerte sich, als er es satteln wollte. Auch die anderen im Stall waren unruhig. So machte er sich zu Fuß auf den Weg. Nach zwei Stunden hatte er die Stelle erreicht. Da stand tatsächlich der Schimmel. Ganz ruhig, als würde das Unwetter ihm nichts ausmachen. Askelad strich liebevoll über seine Nüstern, doch dann schwang er sich auf den Pferderücken. Langsam trabte das Tier dahin. Als aber Askelad ihn mit sanften Schenkeldruck die Richtung angab, in die es laufen sollte, folgte es nicht, sondern begann immer schneller und schneller zu rennen. Zu guter Letzt schoss es wie ein Pfeil dahin, so dass Askelad sich fest an der Mähne anhalten musste. Die Blitze zuckten nun fortwährend vom Himmel und der krachende Donner folgte ihnen auf dem Fuß. Dazu goss es in Strömen, so dass man kaum die Hand vor den Augen sah. Der prachtvolle Schimmel aber wurde zu einem schrecklichen Ungeheuer. Es war wieder einmal der Nöck, der als wunderschönes Pferd sich ins Herz eines Menschen geschlichen hat, um ihn als sein Opfer ins Verderben zu führen. Bevor Askelad noch einen Gedanken fassen konnte, war der Nöck mit ihm in der Tiefe des Moores verschwunden. Im gleichen Augenblick schlug ein Blitz in Askelads Besitz ein und zurück blieb nur eine rauchende Ruine.