[swahili, "Geschichte, Legende"]

Der Mann und die Büffelfrau

Ein junger Mann arbeitete auf seinem Feld, da tauchte plötzlich eine Büffelherde auf und fraß von seinem Mais. Als der Mann die Büffel bemerkte, bat er: »Fresst den Mais auf dieser Seite des Feldes, lasst den auf der anderen Seite für mich übrig. Mein Vater, meine Mutter und auch mein Bruder geben mir nichts, und wenn ich Hunger habe, möchte ich von dem Mais essen.« Die Büffel hörten ihn an und schienen seiner Bitte Gehör zu schenken, denn sie entfernten sich vom Feld und kehrten zum Wasser zurück. In Wirklichkeit aber waren die Büffel junge Mädchen, und nur wenn sie Mais haben wollten, verwandelten sie sich in Büffel.

Eines Tages sprach eines der Büffelmädchen zu seinem Vater und zu seiner Mutter: »In drei Tagen möchte ich fortgehen und einen Mann heiraten.«

»Gut, wir werden dir einen Mann suchen«, erklärten ihre Eltern und fügten hinzu: »Hast du dich aber in jenen jungen Mann verliebt, den wir auf dem Feld trafen, zu dem kannst du gehen.«

Zwei Tage später bereitete das Mädchen ein gutes Essen, Gemüse, Fleisch und Fufu, packte es in einen Korb und machte sich auf den Weg. Wie beim vorigen Mal traf sie den jungen Mann bei der Feldarbeit. Als er das Mädchen sah, forderte er sie auf: »Komm in mein Haus.« Das Mädchen folgte ihm und setzte ihm dort das Essen vor, das sie zubereitet hatte. Der junge Mann ließ es sich schmecken, aber das Mahl war so reichlich, dass er nicht alles aufessen konnte. Nun erkundigte sich das Mädchen, ob er noch Vater und Mutter habe. »lass uns doch zu ihnen gehen«, schlug der junge Mann vor. Sein Vater und sein Bruder freuten sich, dass der junge Mann nun eine Frau hatte, und halfen ihm, ein großes Haus für sie zu bauen. Als die Erntezeit herankam, heiratete der junge Mann noch eine zweite Frau. Eines Tages kochten die beiden Frauen für die Feldarbeiter. Die neue Frau hatte eine gute Soße bereitet, aber der Fufu war ihr nicht gelungen, die erste Frau dagegen hatte beides gut gekocht. Sie trugen nun das Essen aufs Feld. Unterwegs bat die erste Frau die zweite: »Gib ein Weilchen auf mein Essen acht, ich muss austreten gehen.« Die Frau versprach das, aber als die andere fort war, nahm sie deren Essen und lief fort. Die erste Frau kam zurück, merkte den Betrug und rief der Neuen nach: »Gib meinen Fufu zurück! Du hast das ja nur getan, weil deiner nicht so gut gelungen ist!« Ihr Mann, der das gehört hatte, schämte sich vor den anderen und stellte die erste Frau zur Rede: »Wie kannst du so etwas sagen! Jetzt soll die andere Hauptfrau sein, du aber bekommst zur Strafe Schläge.« Heftig schlug er auf sie ein. Als die Feldarbeiter das sahen, machten sie ihm Vorwürfe: »Warum tust du das?« fragten sie. »Bevor dieses Mädchen zu dir kam, hattest du überhaupt keine Frau, und nun behandelst du sie so schlecht.«

Nach einiger Zeit gebar die erste Frau ein Kind und musste daher längere Zeit zu Hause bleiben. Da schlug ihr Mann sie wieder. Sie ließ sich nun drei Flaschen und einen kleinen Krug bringen, füllte die Gefäße mit Muttermilch und sprach zu ihrer jüngeren Schwester, die mit bei ihr lebte: »Bleib mit dem Kind hier, ich will zu meiner Mutter zurückkehren, denn mein Mann liebt mich nicht mehr.« Danach ging sie weg.

Am Abend kochte die zweite Frau. Der Fufu war gut, die Soße aber schmeckte nicht. Als sie ihrem Mann die Mahlzeit gebracht hatte, rief der seine Freunde: »Kommt, ich lade euch zum Fufuessen ein.« Die Männer ließen sich nicht lange bitten. Aber als sie gekostet hatten, merkten sie, dass die Soße nicht gut bereitet war. Da sprachen sie zu ihrem Freund: »Du hattest eine Frau, die Fufu und Soße gleich gut kochen konnte, die Neue aber versteht sich nicht darauf.« Er erwiderte: »Es ist wahr, dass ich sie geschlagen habe, war nicht recht.«

Als die Muttermilch verbraucht war, nahm die Schwester der Frau das Kind und machte sich ebenfalls auf den Weg zu ihrer Familie. Am Fluss sang sie, um ihre Schwester herbeizurufen. Die hörte den Gesang und kam. »Dein Mann wird nachkommen«, teilte ihr die jüngere Schwester mit. »Ich weiß«, antwortete die ältere, »in vier Tagen werde ich wieder zurückkehren«. Sie wollte sich von der jüngeren Schwester verabschieden, aber die bestand darauf, mit ihr zu kommen, und so gingen beide hinunter ans Wasser.

Bald darauf kam auch der Mann. Als die Angehörigen seiner Frau ihn bemerkten, verwandelten sich alle in Büffel. Die junge Frau hob ihren Mann auf die Hörner und setzte ihn auf einem Baumast ab. Nun stießen die Büffel alle mit ihren Hörnern gegen den Baum, auf dem der Mann saß, aber er blieb oben. Lange rannten die Büffel so gegen den Baum, aber schließlich ließen sie davon ab und verwandelten sich wieder in Menschen. »Diesmal haben wir nur gespielt, also hab keine Angst«, sprachen sie und fuhren fort, »aber wir erlauben nicht, dass du die Frau schlecht behandelst!«

»Es ist wahr, ich habe Unrecht getan«, bekannte da der Mann. »Es soll vergessen sein«, antworteten die Büffelleute. »Wenn du die Frau liebst, kehre mit ihr zurück.«

»Lasst mich noch zwei Tage bleiben«, bat der Mann. Zwei Tage später ging er mit seiner Frau wieder in sein Dorf, und kaum waren sie angekommen, entließ er die andere Frau.